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Laufberichte

Heißes Heimspiel

 

Weit anzureisen brauche ich nach Salzkotten nicht. Trotzdem benötigte ich mehrere Anläufe, um dieses Jahr im Paderborner Land endlich mein Marathondebüt zu geben. Dabei hat diese Veranstaltung viel zu bieten und ist auch bei meinen Vereinskollegen beliebt, doch dazu später mehr. Ich nutze die kurze Anfahrt, um bereits am Samstag meine Unterlagen abzuholen, schließlich möchte ich meine Familie am Marathontag nicht zu früh aus den Federn jagen. Gleichzeitig melde ich Silke und Nikita noch zum Fit- und Funlauf über 5,5 Kilometer nach. Damit erlebe ich eine weitere Premiere, denn am Sonntagmorgen gehe ich zusammen mit meiner Familie auf die Strecke.

Am Sonntag reisen wir entspannt in die Stadt an der Heder. Die Windräder in der Paderborner Ebene drehen sich nicht. Mit Gegenwind ist heute wohl nicht zu rechnen. Kurz nach acht erreichen wir den ausgeschilderten Parkplatz an der Sälzer Lagune. Von hier aus wird ein Shuttleservice zur Sälzer Halle angeboten. Da wir ja gut zu Fuß sind, nehmen wir ihn nicht in Anspruch und genießen das sonnige Wetter auf dem Weg zum Start. Die Temperaturen sind angenehm und laden förmlich zum Laufen ein. Der Start erfolgt am Bürgerturm. Bereits jetzt haben sich zahlreiche Läuferinnen und Läufer eingefunden. Auch wenn die zurückzulegenden Distanzen unterschiedlich sind, starten alle gemeinsam. Die Läuferschar wächst bis auf über 700 Teilnehmer an. Alle sind um kurz vor 9.00 Uhr versammelt, um nach der Begrüßung durch den Veranstalter, den Sponsor und Bürgermeister Ulrich Berger auf die Strecke gelassen zu werden.

 

Erste Runde – unterwegs im Pulk

 

Wie ein Lindwurm schlängelt sich das Teilnehmerfeld auf dem ersten Kilometer durch die Innenstadt. Vorbei geht es am Rathaus, bei dem ich nach 4 Runden finishen werde. Rechts zu sehen bekomme ich die St. Johanneskirche aus dem 13. Jahrhundert. Nach einer 180 Grad-Kurve verläuft die Strecke über die Lange Straße wieder Richtung Westen. Nach wenigen hundert Metern mach ich nach dem ersten Kilometer am Westerntorturm die Biege und lasse Silke und Nikita in ihrem etwas langsameren Tempo zurück, damit sie im Ziel nicht so lange auf mich warten müßen. Zudem ist es für mich derzeit noch leichter, mit dem Läuferstrom zu schwimmen. Nur für Fotos heißt es, zur Seite raustreten. Das ist aber auch kein Problem, denn bis KM 3 hat sich das Feld schon etwas auseinandergezogen.

Die Strecke führt in diesem Abschnitt aus der Kernstadt heraus in Richtung Verne. Ich überquere erstmals die Heder, die hier bereits mehr als die Hälfte ihres nur etwa 11 KM langen Weges von der Quelle zur Lippe zurückgelegt hat. Das klare Wasser sieht erfrischend aus. Eine Erfrischung könnte ich jetzt auch schon gebrauchen und bekomme sie prompt nur wenige Meter weiter. Der erste Durst wird in Klein Verne gelöscht. Die Anlieger haben eine Dusche improvisiert, doch diese Abkühlung brauche ich noch nicht. Nur wenige Meter weiter wird es dann bereits merklich übersichtlicher. Die Fit- und Funläufer biegen nach links Richtung Ziel ab, während alle anderen sich weiter nach Norden begeben.

Ich komme mit Michael vom ausrichtenden Verein ins Gespräch. Früher wurde der Marathon über 2 Runden ausgetragen, ehe die Streckenführung aus Gründen des Naturschutzes nicht mehr genehmigungsfähig war. Mir kommt das heute sehr entgegen, denn so bleibt mir das Teilstück über das offene Feld nach Thüle erspart. Ich genieße lieber den Schatten, den die zahlreichen Bäume spenden, die die Straße nach Verne säumen, die ich jetzt erreiche.

Der folgende Kilometer ist Begegnungsstrecke und damit sehr abwechslungsreich, da erste Einschätzungen über die Position im Feld gewonnen werden können. Und tatsächlich begegnen mir nach wenigen Metern die ersten Staffelläufer, dicht gefolgt von meinem Vereinskollegen Matthias, der uns Marathonis anführt. Schon jetzt hat er mir einige Kilometer abgenommen. Ist halt eine andere Preisklasse. Dafür hat er niemanden zum Quatschen. Ich wähle diese Alternative und durchquere bis etwa KM 7 Verne sehr unterhaltsam gemeinsam mit Michael.

Erneut am Ortsausgang angelangt, laufe ich zurück nach Salzkotten, im ersten Teil jetzt der Begegnungsstrecke in umgekehrter Richtung folgend. Die Gegenseite ist noch gähnend leer. Ich bin zu langsam, um den Rest des Feldes bereits entscheidende Kilometer abgenommen zu haben. Noch ist es früh am Tag, die Sonne hat ihren Zenit längst nicht erreicht, die Bäume am Straßenrand spenden noch großzügig Schatten. Die angenehmen Temperaturen lassen Luft für einen kleinen Plausch mit Rolf, der heute sein Marathondebüt gibt. Die richtige Strecke hat er sich dafür ausgesucht. Ob das sonnige Wetter auch gut für ihn ist, bleibt abzuwarten. Zumindest bleiben uns heute die drückenden 33 Grad vom Freitag erspart.

Bei KM 8,5 erreiche ich die nächste Verpflegungsstelle. Strategisch günstig liegt sie unter einer Brücke und bietet Schutz vor Sonne und Regen. Dafür folgen auf den nächsten Metern einige der wenigen Höhenmeter des Rundkurses. Jetzt ist es nicht mehr weit und nach der Querung zweier Kreisel einmal nach rechts und einmal nach links kommt die Sälzer Halle in Sicht. Hier ist für die Läuferschar extra der rote Teppich ausgelegt. Ich durchlaufe den Eingangsbereich. Die Paderpiraten haben hier ihre Höhle eingerichtet, um uns kräftig anzufeuern. Wer möchte, kann sogar eine Gerstenkaltschale bekommen. Noch ist hier allerdings nicht soviel los. Schließlich sind zahlreiche Mitglieder dieses Vereins noch auf der Strecke. Der ehemalige Karnevalsverein sammlt Geld für Kindereinrichtungen im Paderborner Land, das  eins zu eins weiter gegeben wird.

Wenige Meter hinter der Halle geht es vorbei am Gradierwerk. Dies ist zwar nur ein Nachbau, trotzdem erfrischt es mich wie eine laue Meeresbrise. Es erinnert zudem an die Bedeutung von Salzkotten im Mittelalter. Als das Salz, auch als weißes Gold bezeichnet, noch rar war, konnte dieses vor Ort bereits durch Sieden gewonnen werden und bot so eine sichere Einnahmequelle.

Jetzt ist es nicht mehr weit. Ich folge der Strecke noch in einem kurzen Schwenk über die Bruchstraße. Anschließend folge ich erneut die Heder. Jetzt nur noch schnell überqueren und schon habe ich den Startbereich am Bürgerturm wieder erreicht. Ist doch gar nicht so schwer bis hierhin.

 

Zweite Runde – unbeschwertes Laufen

 

Auf in die zweite Runde. Links stehen Silke und Nikita. Sie haben bereits fertig. Ich will die ausstehenden 30 KM noch genießen. Schon geht es wieder über den Marktplatz am Rathaus. Die Stimmung im Publikum ist ausgelassen. Ich schwenke nach rechts, um kurz darauf an der Johanneskirche erneut Flüßigkeit aufzunehmen. Gedränge herrscht nicht mehr, denn auch die 10 KM-Läufer sind schon im Ziel. So bin ich unverzüglich versorgt und kann meinen Weg leichtfüßig weiter verfolgen. Das Feld hat sich mittlerweile gut sortiert. Mit meinem Tempo fällt es leicht, meine Position zu halten. Die Überholenden tragen in der Regel ein gelbes Band, das sie als Staffelläufer outet. An denen muß ich mich also nicht orientieren. Kurz hinter KM 13 leuchtet in Sichtweite Adalberts neongelbes Trikot auf. Das ist mein Tempo, zu ihm könnte ich aufschließen. Aber nur nicht zu schnell aufholen, um nicht zu überdrehen. Mir genügt es, ihn in Klein Verne zu erreichen.

Die nächsten KM vergehen anschließend wieder sehr kurzweilig. Die Strecke kenne ich ja jetzt und werde mich nicht mehr verlaufen. Da darf ich mich schon mal ablenken lassen. Bereits nach etwa 1,5 Stunden erreiche ich erneut Verne. An allen Abzweigungen weisen freundliche Helfer den Weg. Nach wenigen Kurven schallen mir typisch westfälische Klänge entgegen. Der örtliche Spielmannszug unterhält uns und die Zuschauer. Jetzt nur nicht ins Marschieren verfallen, deshalb schnell weiter im eigenen Laufschritt. Kurzweilig ist die Strecke, so kommt es mir bis jetzt zumindest vor. Einmal noch kurz Wasser gefasst und vorbei an den Mohnblumen und schon befinde ich mich wieder auf dem Rückweg Richtung Salzkotten. Am Ende der Begegnungsstrecke begrüßt mich Markus. Er ist bereits auf der dritten Runde. Mann, ist der heute stark unterwegs.

Ich habe mich derweil meinen Trott gefunden. Gleichmäßig geht es im Läuferfeld dahin. Ab und zu überholen Staffelläufer oder Halbmarathonis. Die Verpflegungsstelle unter der Brücke ist bereits Routine. Die freundlichen Helfer an den Kreiseln und der Sälzer Halle weisen den Weg. In der Piratenhöhle ist schon mehr los. Dafür steht die Luft, der erfrischende Hauch des Gradierwerkes bleibt aus. Macht aber nichts. Locker erreiche ich kurz vor der Halbmarathonmarke wieder die Heder. Nur noch wenige Meter und ich bade in der Menge am Marktplatz. Silke schickt mich auf die zweite Hälfte.

 

Dritte Runde - Überholungen

 

Die dritte Runde ist angebrochen. Mein Laufstil ist weiter flüssig. Gutes Tempo. Kurz hinter KM 22 überholt mich trotzdem der Führungswagen und wenige Augenblicke später Matthias. Das schlägt mir schon ein wenig aufs Gemüt. Immerhin hat er jetzt bereits 10,5 KM Vorsprung. Ich lasse mich dennoch nicht irritieren, schließlich werde ich das heute nicht wieder aufholen können. Nur im Rhythmus bleiben ist die Devise, denn das wird mir, das weiß ich aus Erfahrung, noch schwer genug fallen.

Über Klein Verne erreiche ich erneut das Begegnungsstück. Gegenüber ist jetzt zwar weniger los, aber der dünnere Läuferstrom reißt nicht ab. Immer noch gleichmäßig unterwegs durchquere ich den Wallfahrtsort Verne. Schon seit vielen Hundert Jahren wird hier die Gottesmutter Maria verehrt,  vor allem im Mai. Dafür bin ich dieses Jahr zu spät. Rechtzeitig erreiche ich dagegen wieder die Verpflegungsstelle am Sportplatz. Das Wasser nehme ich erwartungsvoll entgegen. Die Abkühlung tut gut. Auf geht’s in Richtung Salzkotten. Die unterhaltsamen Sprüche, die die Strecke hier zieren, sind mir inzwischen wohlvertraut, auch wenn ich sie noch nicht auswendig kann.

Weiter geht es gleichmäßig über die Allee. Den Ortseingang Salzkotten habe ich bereits vor Augen, da muntert mich Markus von hinten auf. Doch nur kurz, denn schon zieht er wie ein Pfeil an mir vorbei und ward nicht mehr gesehen. Da kommt mir das nächste Schild gerade recht: Heult nicht, lauft! Trotzdem knabbert die starke Vorstellung meiner Vereinskameraden an meinem Gemüt.

 

Vierte Runde – jetzt wird’s schwer

 

Nach knapp 3 Stunden erreiche ich ein weiteres Mal den Marktplatz. Verstohlen blicke ich nach links Richtung Ziel. Matthias und Markus sind schon da. Nicht meine Liga, also frisch auf in die letzte Runde. An der Johanneskirche nehme ich mittlerweile auch liebend gerne Cola zum Wasser. Frische Kohlehydrate sind nötig. Zurück über die Lange Straße in Richtung Westerntorturm. Die Ideallinie verläuft rechts. Ich nutze trotzdem lieber die linke Spur, um den verbliebenen Schatten auszunutzen. Für mich das Gebot der Stunde, denn auf den nächsten Kilometern nach Norden in Richtung Verne werde ich dazu nicht mehr allzu viel Gelegenheit bekommen.

Die Verpflegungsstelle in Klein Verne liegt derzeit auch im Schatten, angenehm. Auf geht’s zur Straße nach Verne. Die Baumschatten sind schon merklich kleiner. Von der gegenüberliegenden Straßenseite ertönt: „Da samer dabei, dat is prima.“ Ja, dabei bin auch ich,  laufend sogar. Das Ortschild Verne ist erreicht. Ab nach rechts in die letzte Runde. Die Zuschauer halten immer noch aus. Nicht schwer, bei leckeren Getränken und Grillen. Ich freue mich über ihre Unterstützung. Der Spielmannszug hat derzeit die Aktivität eingestellt. Dafür haben sie Wasser bereitgestellt, kann ich jetzt auch besser gebrauchen. Ein letztes Mal laufe ich an der Bartholomäuskirche vorbei. Gibt  es die Steigung hier schon immer? Eine kleine Gehpause ist da doch mal angebracht. Natürlich nur, um anschließend mit frischen Elan wieder anzulaufen. Die nächste Verpflegungsstation ist schließlich nicht weit, denn inzwischen kenne ich mich auf der Strecke ja schon aus. Frisch aufgetankt liegen jetzt bereits 37 KM hinter mir.

Ein letztes Mal mache ich mich auf in Richtung Salzkotten. Ein letztes Mal Begegnungsstrecke. Diejenigen, die mir jetzt noch entgegenkommen, habe ich auf jeden Fall hinter mir gelassen. Letzter werde ich heute also nicht. „An Tagen wie diesen“ muntert mich noch einmal auf, dann liegt Verne endgültig hinter mir. Gehpausen bleiben mir trotzdem nicht erspart. Ich nutze dafür den immer spärlicher werdenden Schatten. In der Sonne laufe ich. So kann ich mein Tempo einigermaßen halten. Der Spruch am Rande „Quäl dich, du Sau“ scheint jetzt nur mir zu gelten. So schlimm kann es aber nicht mehr werden, denn schon liegt KM 40 hinter mir.

Michael hat seinen Halbmarathon längst bewältigt und ist mittlerweile als Helfer an der Strecke. Es freut mich, ihn am letzten Kreisel wiederzusehen. Schnell abklatschen und weiter zur Sälzer Halle. Die Paderpiraten drehen mittlerweile mächtig auf und geben Schwung für die letzten 1,5 KM. Einmal noch Richtung Bruchstraße. Jetzt gönne auch ich mir eine kurze Dusche. Die Zuschauer an dieser Stelle sind davon begeistert. Ich freue mich, daß sie so lange ausgehalten haben und der Läuferschar diese Erfrischung bieten. Jetzt aber noch einmal die Beine in die Hand genommen und wenige Minuten später erreiche ich erneut das Rathaus. Endlich darf auch ich links in Ziel abbiegen.

Bei diesen äußerlichen Bedingungen bin ich froh, nach 4:01 Stunden wieder einmal glücklich und gesund gefinisht zu haben. Matthias und Markus sind jetzt bereits erholt und geduscht und begrüßen mich. Ich kann nur den Hut ziehen vor ihrer Leistung und schaffe es gerade noch, ihnen zu gratulieren, ehe sie zur wohl verdienten Siegerehrung müßen. Für Matthias nichts neues, denn als Seriensieger liegt ihm dieser Lauf. Dieser Streß bleibt mir glücklicherweise erspart, denn ich gäbe heute beim Gang aufs Podium wohl keine gute Figur ab. Mir reicht schon der Weg zum. Auf den letzten Metern zum Ziel begrüße ich noch Rolf. Sein Marathondebüt ist also auch erfolgreich und seine Leistung schätze ich mindestens genauso hoch ein, wie die der Sieger. Herzlichen Glückwunsch Rolf und willkommen unter den Marathonis.

Spaß und Freude hatten wir wohl alle an dieser gut organisierten Veranstaltung mit ihren freundlichen Helfern. Vielen Dank dafür. Ich komme bestimmt wieder. Zumal ich davon ausgehen kann, daß sich meine Familie beim umfangreichen Familienprogramm an der Sälzer Halle nicht langweilt.

 

Marathonsieger:


Männer:

1. Matthias Nahen, 2:38:20 (Streckenrekord)
2. Markus Böddeker, 2:51:31
3. Jürgen Klemme, 2:58:33

Frauen:

1. Nadja Koch, 3:25:17
2. Theresa Holtmann, 3:47:44
3. Barbara Wasserfuhr, 3:57:52

Finisher:
78

Zeitnahme:
ChronoTrack-System

Weitere Veranstaltungen:
Halbmarathon, 10 KM, 5,5 KM und Staffelmarathon für 4 Läufer/innen

Startgeld:
Marathon: 20 – 23 – 28 - 32 €, je nach Anmeldezeitpunkt

Auszeichnungen:
Medaille im Ziel. Urkunde im vor Ort oder im Internet.

 

 

Informationen: Klingental Salzkotten Marathon
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