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Laufberichte

Donnerwetter, dieser Lauf hat es in sich!

17.05.08

Bereits zwei Mal war ich auf dem Rennsteig, aber die drei Jahre, die seit meiner letzten Teilnahme vergangen waren, haben offensichtlich meine Erinnerungen an diesen Lauf schwer getrübt und wieder einmal belehrte mich die Wirklichkeit, dass nicht alles wahr ist, an was man sich erinnert. Da habe ich doch tatsächlich in den letzten Jahren behauptet, der Rennsteig sei ein leichter Landschaftslauf! Entsprechend lässig ging ich dieses Jahr an den Start und wurde von den Tatsachen vollkommen überrascht: Das ist ein schwerer Lauf, anspruchsvoller Untergrund, mit viel Steinen und Wurzeln, die mich ein ums andere Mal stolpern ließen, sobald meine Aufmerksamkeit kurz nachließ. Auch die  Steigungen hatte ich vollkommen unterschätzt, sind das doch 1.500 m, die es aufwärts geht und knapp 1.000m abwärts und das in ständigem Wechsel von Auf und Ab. Bereits diese Zahlen und die Tatsache, dass der Lauf 72,5 km lang ist, hätten dafür sorgen müssen, dass ich nicht so respektlos an den Start ging. Aber man lernt ja bekanntermaßen nie aus.

Der Rennsteig Supermarathon in Thüringen ist ein Punkt zu Punk-Lauf, mit dem Start in Eisenach und Ziel in Schmiedefeld. Bei meiner ersten Teilnahme übernachtete ich in Schmiedefeld, was bedeutete, dass ich bereits um 3.30 Uhr aufstehen musste, um noch rechtzeitig zum Start nach Eisenach zu kommen. Das zweite Mal übernachtete ich in Eisenach, stand trotzdem gegen 4 Uhr auf und musste nach dem Lauf mit dem Bus zurück fahren. Dieses Jahr wählte ich die dritte Variante und reiste direkt in der Nacht aus Stuttgart an: Fahrzeit mit dem Auto etwa 3,5 Stunden. Gegen 4.15 Uhr waren wir in Eisenach und bekamen in aller Ruhe unsere Startunterlagen.

Das Auto konnten wir, Dank der frühen Stunde, auf einem Parkplatz ganz in der Nähe des Starts abstellen und uns dort auch laufgerecht anziehen. Währenddessen kamen immer wieder einige angeheiterte Teilnehmer des Burschenschaftstreffens, das offensichtlich parallel zum Rennsteiglauf ebenfalls in Eisenach stattfand, vorbei, auf der Suche nach ihrem Quartier und immer bereit, ein Schwätzchen zu halten. Trotz dieser Unterbrechungen waren wir bald auf dem Marktplatz von Eisenach und warteten – nicht auf den Start, sondern auf einen Platz in einem der Dixi-Häuschen.


Zehn Minuten vor dem Start standen wir dann endlich, noch etwas müde, mitten unter den 1.710  Teilnehmern auf dem Marktplatz. Die Wettervorhersage hatte Temperaturen bis 20 Grad angegeben, teilweise sonnig, aber auch ein paar Regenschauer. Ich hatte mich also entschieden, „kurz zu laufen“, aber gegen die Kühle vor und nach dem Start ein altes T-Shirt übergezogen, das ich dann irgendwann wegwerfen konnte, sobald es wärmer wurde.

Nach dem Startschuss um 6 Uhr dauerte es keine zwei Minuten und auch ich war über die Zeitmatten gelaufen. Zuerst ging es die Fußgängerzone hinunter, vorbei an vielen Zuschauern, vermutlich alles Angehörige der Teilnehmer, dann rannten wir durch das Nikolaitor und etwa 700 Metern nach dem Start hatten wir nach einer leichten Rechtskurve den Stadtrand erreicht. Sofort ging es links weg und in Serpentinen auf einer Asphaltstraße hoch. 

Das Höhenprofil zeigte, dass es die ersten 25 Kilometer stets bergauf ging, von einer Höhe von 210 m in Eisenach bis auf 910 m zum Inselsberg. Es galt also Kräfte zu sparen, denn meine Zeiten von etwa neun Stunden bei meinen beiden Teilnahmen würde ich dieses Mal nicht erreichen. Im Wechsel aus Joggen und Gehen ging ich also den Anstieg an. Etwa bei Kilometer zwei ging es links weg in den Wald auf einen schmaleren Pfad, auf dem es ein paar Mal stockte, bis sich das Feld verteilt hatte und man ungestört laufen konnte.

Als ich das letzte Mal den Rennsteig lief, bemängelte ich die fehlenden Kilometerangaben. Dieses Mal war von Anfang an, bis Kilometer 10, jeder Kilometer deutlich ausgeschildert. Danach zeigte jeweils nach fünf  Kilometern ein unübersehbar großes Schild die zurückgelegte Entfernung an. Eine erfreuliche Veränderung.

Für die ersten fünf Kilometer benötigte ich 38 Minuten, eigentlich zu schnell, aber es lief gut und wie immer denkt man am Anfang noch nicht an das Ende des Laufs. Bis etwa Kilometer 7 ging es ständig aufwärts, erst ab der Getränkestelle dort wurde es auch Mal eben, oder der Weg führte sogar wieder abwärts, so dass ich für die nächsten fünf Kilometer 36 Minuten benötigte.

In meiner Erinnerung führte der komplette Lauf durch Wald, ohne jegliche Aussicht auf die Landschaft. Tatsächlich war es auch so, bis auf wenige Ausnahmen und trotzdem wurde es nie langweilig. Der Wald wechselte ständig sein Aussehen, Mal reiner Nadelwald, dann wieder Mischwald oder Laubwald und immer wieder sah man einen außergewöhnlichen Baum, oder Blumen. Dazu kam, dass der Untergrund Aufmerksamkeit forderte, Steine lagen herum, die zum Stolpern „verführten“, oder die Maschinen hatten tiefe Furchen in den Weg gemacht. Von Langeweile konnte also keine Spur sein, denn obendrein hatte ich ja jede Menge Läuferinnen und Läufer um mich herum, überholte die, wurde wieder überholt und kam auch immer wieder ins Gespräch mit dem Einen oder der Anderen.


Etwa ab Kilometer acht hatte es zu regnen begonnen und ich musste meine Kamera weg stecken. Da es nicht kalt war, war es gut auszuhalten, ich wurde zwar nass, fror aber nicht. Der Weg war einigermaßen ordentlich, manchmal lagen grobe Schottersteine herum, dann wieder musste man Pfützen ausweichen, kam aber trotzdem trockenen Fußes voran. Trotz aller Widrigkeiten war ich auf dem dritten 5-km-Abschnitt mit 36 Minuten nicht langsamer geworden.

Der Himmel wurde wieder heller und nach knapp einer Stunde hörte der Regen auf. An der Verpflegungsstelle „Glasbachwiese“ bei Kilometer 18 konnte ich auch wieder ein paar Bilder machen. Dann aber musste ich zugreifen! Die Auswahl war überreichlich: neben Wasser, Tee, Iso und Cola gab es den berühmten Haferschleim, verschieden belegte Brote und verschiedenes Obst. Ein Becher Haferschleim, Tee und ein Schmalzbrot mussten reichen, bevor es weiter ging. 

Die Stärkung war auch notwendig, denn es ging jetzt doch wieder mehr bergauf als zuvor, was sich an meiner 5-km-Zeit von 40 Minuten bemerkbar machte. Auf den letzten fünf Kilometern bis hoch zum Inselsberg bei Kilometer 25 musste ich viele Abschnitte gehen und brauchte dann dafür auch 49 Minuten. Spätestens jetzt erkannte ich meinen Irrtum, das war kein einfacher Lauf, ganz im Gegenteil!
An den Abstieg zur nächsten Verpflegungsstelle konnte ich mich noch gut erinnern, war ich doch damals entsetzt, wie steil es hier abwärts ging. Meine Erinnerungen waren dann auch nicht falsch. Knapp 200 Höhenmeter verliert man auf den 1,3 km bis hinunter zur Verpflegungsstelle „Grenzwiese“, zuerst auf Stufen, dann wird es kurz eben, bevor dann ein steiler Weg vollends hinunter führt. Dafür aber wurde man hier wieder mit einem überreichlichen Angebot verwöhnt und konnte sich auf den nächsten Abschnitt freuen, der leicht zu laufen ist.


In der Tat kamen nun etwa fünfzehn Kilometer, auf denen man Zeit gut machen konnte, sofern man sich zuvor nicht zu sehr verausgabt hat. In stetem leichten Auf und Ab bleibt man etwa auf einer Höhe von 700 Metern, die Wege sind ordentlich, allerdings gibt es die eine oder andere Steigung, auf der jemand meiner Leistungsklasse gehen muss.

Irgendwann vor der berühmten Verpflegungsstelle Ebertswiese (km 37,5) stießen die Wanderer/Walker zu uns auf die Strecke und es wurde etwas voller. Man nahm aber Rücksicht aufeinander und so kamen alle ohne große Störungen vorwärts.
Bevor ich die Verpflegungsstelle sah, hörte ich Alphornbläser. Alphörner in Thüringen? Was es alles gibt! Kurz hielt ich an, machte ein Bild von den Beiden und rannte dann hinunter zu den Verpflegungsständen. Obwohl hier das Angebot noch um Würste erweitert war, blieb ich beim Bewährten: Tee, Schleim, Schmalzbrot. Nicht Mal zum Fotografieren kam ich und schon drängte Angelika wieder zum Aufbruch.

 

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Die Hälfte der Strecke lag nun hinter uns, der Körper meldete an allen möglichen Stellen seinen Unwillen und die anfängliche Dynamik war gewichen. Die steigenden Kilometerzeiten lagen ab jetzt weniger an der Strecke, sondern waren der mangelnden Ausdauer geschuldet. Unser Zeitziel von etwa 9:30 h war hier aber noch nicht gefährdet, obwohl es nach der nächsten Getränkestelle bei Kilometer 41 ordentlich hoch ging. Ein knapper Kilometer führte anschließend eben an einer schönen Wiese entlang, bevor es wieder in den Wald und hoch ging. Die 44 Minuten für die letzten fünf Kilometer waren dem Anstieg bis auf 881 m geschuldet. Entsprechend hatten sich an der Verpflegungsstelle „Neuhöferwiese“ einige Läufer auf den Bänken nieder gelassen und mussten sich erholen. So erschöpft waren wir dann doch noch nicht und verließen die gastliche Stelle nach nur kurzem Aufenthalt.


Das Wetter hatte gehalten, zwar drohte ab und zu ein dunkler Himmel, außer ein paar wenigen Tropfen kam aber nichts und immer ließ sich auch die Sonne blicken. Die nächsten knapp 10 Kilometer bis zur Verpflegungsstelle „Grenzadler“ bei Oberhof sind wieder recht einfach zu laufen, so dass man die Gedanken an Ausstieg, der dort problemlos möglich wäre, sofern man sie denn hat, wieder beiseite schieben kann. Befördert werden solch frivolen Gedanken allerdings durch die Zeitnahme, die hier das erste Mal gemacht wird und dem Angebot, sich mit Kleinbussen nach Schmiedefeld ins Ziel fahren zu lassen.

Ein Ausstieg aber kam für uns nicht in Frage, die Kraft reichte noch längstens für die restlichen 20 Kilometer bis ins Ziel. Trotzdem verköstigten wir uns hier recht ausführlich. Das erste Mal mischte ich nun auch Cola in meinen Haferschleim. Das würde mir die nötige Kraft geben, die nächsten, recht anspruchsvollen acht Kilometer ordentlich zu schaffen.

In der Tat wurde ab jetzt der Untergrund wieder schwieriger, grober Schotter lag immer wieder auf dem Weg, immer wieder waren tiefe Furchen im Weg, oder man lief auf weichem Waldboden, ab und zu durchsetzt mit rutschigen Wurzeln. Manchmal ging es so steil aufwärts, dass Gehen angesagt war, aber ärgerlicherweise führte der Weg auch immer wieder abwärts, um dann wieder hoch zu gehen. An der Suhler Ausspanne (km 60,2) stärkten wir uns noch mal mit Cola und erreichten bei Kilometer 61,8 dann endlich den höchsten Punkt der Strecke.


Ab jetzt zeigt das Höhendiagramm nur noch abwärts. Man würde aber den Supermarathon auf dem Rennsteig unterschätzen, wenn man das allzu wörtlich nehmen würde. Natürlich gab es noch ein paar Anstiege, aber wer noch Reserven hatte konnte es ab hier richtig laufen lassen und Zeit gut machen. Über ordentliche Wege ging es abwärts, ein kurzes Stück der Straße entlang, weiter über ein Wiesenstück hinunter bis zur letzten Verpflegungsstelle, der Schmücke. Noch knapp neun Kilometer waren es ab hier bis ins Ziel. Mein Gemisch aus Cola und Haferschleim würde mir die nötige Kraft geben.

Wir ließen es rollen, wurden aber nach einer halben Stunde jäh aus unserer Euphorie gerissen. Tatsächlich, ich erinnerte mich wieder, da war auch bereits letztes Mal dieser hässliche leichte Anstieg bei Kilometer 68, der sich ewige Meter hinzog, bis wir endgültig nur noch abwärts laufen konnten.

Aber die Zeit zog sich und kein Kilometerschild zeigte, wie weit es noch war. Spätestens ab Kilometer 65 hätte ich mir gewünscht, dass, wie auf den ersten zehn Kilometern, auch diese letzten Kilometer einzeln ausgeschildert wären. So aber lief ich einigermaßen orientierungslos und wunderte mich irgendwann, warum denn das Schild mit Kilometer 70 nicht kam. Aber es kam nicht, denn erst Kilometer 71 war wieder angezeigt. Hurra - nur noch 1,7 Kilometer! Wir erreichten die Gartenanlagen am Anfang von Schmiedefeld und liefen an den ersten Häusern vorbei, bis man dann endgültig den leicht abschüssigen Wiesenweg bis ins Ziel rollen konnte.


Donnerwetter, dieser Lauf hatte es in sich! Ich bin überzeugt, dass ich den Supermarathon auf dem Rennsteig nicht mehr unterschätzen werde. Die teilweise kräftigen Anstiege, die unsereins nur durch Gehen bewältigen kann, aber auch nicht den sehr anspruchsvollen Untergrund, der gute Trailschuhe fordert und keine Straßenlaufschuhe.

Kurz nach dem Lauf hörte ich manchen, der meinte, hier müsse er nicht mehr laufen, diese Anstrengung müsse man sich nicht noch mal antun. Ich bin aber überzeugt, dass die Meisten doch wieder dabei sein werden, denn wer es einfach haben möchte, findet die notwendige Entspannung sicher auf seinem Sofa zuhause. Ein Ultraläufer aber braucht die Herausforderung und die findet er garantiert auf dem Rennsteig.

Nicht vergessen werde ich auch die prima Organisation, die exzellente, reichhaltige Verpflegung, die, für einen Landschaftslauf verhältnismäßig vielen Zuschauer an der Strecke und die vielen freundlichen Betreuer an den Getränke- und Verpflegungsstationen.

Ach, bevor dann doch noch das Vergessen beginnt, hier meine Zeit: 9:42:50 h, nicht ganz meine Wunschzeit, aber ich war trotzdem zufrieden. Als Vorbereitung für Biel ist dieser Lauf allemal bestens geeignet, auch wenn man langsam läuft.

Streckenbeschreibung

Punkt zu Punkt Kurs von 72,7 Kilometern, Start in Eisenach bei 210 m, höchster Punkt 943 m (Großer Beerberg), Ziel in Schmiedefeld bei 711 m, Anstiege gesamt +1.490m, Abstiege gesamt -989m.

Zeitnahme

Champion-Chip, eine Zwischenzeit, die ersten 10 Kilometer sind einzeln angezeigt, danach nur noch jeder fünfte.

Weitere Veranstaltungen

Marathon, Halbmarathon, Walking/Wanderung (10km, 20 km, 35 km), Juniorcross; verschiedene Start- und Zielorte 

Auszeichnung

Medaille, Urkunde, Funktionsshirt

Logistik

Startnummernausgabe und Nachmeldungen Freitag 14-21 Uhr und Samstag 4-6 Uhr jeweils in Eisenach.

Gepäcktransport von Eisenach nach Schmiedefeld, Abgabe der Kleiderbeutel im Startbereich auf dem Marktplatz in Eisenach.

Großräumiges Zielgelände in Schmiedefeld, die Kleiderbeutel sind übersichtlich ausgelegt, sortiert nach Nummern.

Bustransport vor dem Start von Schmiedefeld nach Eisenach, dabei werden unterwegs alle möglichen Dörfer angefahren und Läufer mitgenommen. Ebenfalls ist die Rückfahrt mit dem Bus organisiert.

Verpflegung

Perfekt; insgesamt neun Getränkestellen und sechs Verpflegungsstellen, der Abstand wurde nicht nach Entfernung gewählt, sondern dem Streckenprofil angepasst, so dass in etwa gleiche Zeitabstände dazwischen liegen: Cola, Iso, Mineralwasser, Tee,, Obst, Haferschleim, Bier, Wurst, Schmalzbrote, Brühe.

Statistik

Finisher Supermarathon 1.481, berücksichtigt man die angegebenen 1.710 Anmeldungen sind das 229 Aussteiger, wobei natürlich nicht deutlich wird, wie viele der 1.710 Angemeldeten überhaupt angetreten sind.

Auszug aus der Ergebnisliste:
S
upermarathon
Männer

1. Christian Stork GER 5:16:29
2. André Collet BEL  5:20:31
3. Matthias Dippacher GER 5:30:28

Frauen

1. Birgit Lennartz GER 6:32:38
2. Astrid Staubach GER 6:39:58
3. Heike Resche GER 6:52:21

Marathon
Männer

1. Christian Seiler GER 2:40:49
2. Markus Koch GER 2:44:00
3. Jens Borrmann GER 2:49:08

Frauen

1. Diana Lehmann GER 3:13:43
2. Stefanie Wiesmair 3:14:47
3. Kathrin Schroettke GER 3:26:31

Europacup

Der Rennsteig-Supermarathon ist einer von insgesamt sechs Läufen; an dreien muss man teilgenommen haben, um gewertet zu werden.

 

Informationen: GutsMuths-Rennsteiglauf
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