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Laufberichte

Läufst du noch oder kriechst du schon?

 

Zum dritten Mal seit 2016 kommen wir nach Tuttlingen zum Donautal-Marathon. Letztmalig waren wir am 1.11.2020 hier, bei einer Sonderausgabe einen Tag vor dem Beginn des herbstlichen Corona-Lockdowns.

Alles vergessen, das Run&Fun-Wochenende mit seinen zahlreichen von den örtlichen Firmen gesponsorten Laufwettbewerben findet 2023 wieder im Juni statt, und zwar ohne irgendwelche Einschränkungen. Wir kommen mit dem Zug nach Tuttlingen. Von München ist man mit Regionalzügen in viereinhalb Stunden hier. Mit dem Auto dauert es fast genauso lange. Wir wählen die Strecke über Ulm. Das Streckenstück von Ulm nach Tuttlingen kann ich nur empfehlen, es führt größtenteils durch‘s wunderschöne Donautal.

Am Samstagnachmittag ist hier viel los, vor allem Jugendläufe und erste Firmenstaffeln stehen auf dem Programm. Dementsprechend haben viele Betriebe Stände aufgebaut, und man sieht sofort, dass Tuttlingen als Welthauptstadt der Medizintechnik gilt. Bei Storz können Kinder mit Endoskopen unter einer Decke Ringe aufstapeln. Wenn’s klappt, winken Gummibärchen als Belohnung.

Nach Abholung der Startnummer mit Vornamen gehen wir zum IKG-Stand, wo das Immanuel-Kant-Gymnasium selbstgemachte Kuchen anbietet.

Wir drehen noch eine Runde in der Stadt. Tuttlingen ist eine Große Kreisstadt im südlichen Baden-Württemberg mit fast 35.000 Einwohnern. Leider wurde die Stadt 1803 Opfer eines großen Brandes. Die neue Bebauung wurde rechtwinklig angelegt. Die evangelische Stadtkirche mit ihrer Jugendstilfassade gilt als eine der schönsten Süddeutschlands. Der Brunnen auf dem zentralen Rathausplatz macht den Kindern bei der Hitze viel Spaß. Wir begeben uns zur spätmittelalterlichen Burg Honberg, die im Dreißigjährigen Krieg bis auf die Grundmauern zerstört und im 19. Jahrhundert teilweise wieder aufgebaut wurde. 85 Höhenmeter sind zu bewältigen. Oben werden gerade Hochzeitsfotos von einem Paar geschossen, das es sich nicht hat nehmen lassen, seine Herkunft mit einer türkischen Fahne zu dokumentieren. Im Ort finden wir ein nettes Lokal, in dem man schön draußen sitzen kann. Als Unterkunft haben wir im Zentrum ein neues großes Hotel gewählt, alles fußläufig erreichbar.

 

Marathontag

 

Nach einer eher kurzen Nacht  stehen wir um sechs Uhr auf, da der Marathonstart auf acht Uhr festgelegt ist. Die Teilnehmerzahl liegt bei etwa 100, weshalb um 7:30 Uhr noch recht wenig los. Die Taschenabgabe nimmt auch unsere größeren Reisetaschen an, und wie man sehen kann, sind wohl noch einige andere Übernachtungsgäste hier. Das Gros der Teilnehmenden kommt allerdings aus der näheren Umgebung und reist erst heute an. Darunter auch Kati, mit der wir nun schon oft gelaufen sind.

 

 

Punkt Acht der Start. 2016 sind Judith und ich hier noch Zeiten unter 4 Stunden gelaufen, heute müssen wir es etwas langsamer angehen. Also sehen wir das Feld schnell entfleuchen. Ich riskiere bei km 1 erst mal einen Blick aufs Freibad, wo schon einige Badende ihre Bahnen ziehen. Noch ist es besonders im Schatten der Bäume recht angenehm zu laufen.

Die Strecke ist ganz einfach erklärt: Eine ca. 9 km lange Runde donauafwärts, dann 12 km donauabwärts. Das Ganze zwei Mal. So düsen wir an der schnurgeraden Donau auf einer schnurgeraden Straße dahin. Einige Autofahrer,  die wohl unterwegs sind, um Sonntagsweckerl zu kaufen, müssen jetzt kurz warten. Am ersten VP dann auf einen Schotterweg.

Wir kommen zu einem Aussichtspunkt auf den Nägelsee. Bis 1971 in einen geraden Lauf gezwängt, gönnte man der Donau 1997 die Rückkehr in ihr altes Bett auf einem Abschnitt von 1200 m. Durch diese Rückverlegung und das Anlegen von naturnahen Strukturen wie Inseln und Buchten gelang eine starke ökologische Aufwertung.

 

 

Ein Schild kündigt den Stadtteil Möhringen an. Durch ein Tor geht es ins Sportgelände. Ein Stück durchs Gras, dann haben wir den südlichen Wendepunkt erreicht. Eine große Verpflegungsstelle gibt es hier. Auf dem Rückweg treffen wir auf die Donau, die über Plastikpontons gequert wird. Diese Quader sieht man normalerweise als Schwimmpontons in Seen. Allerdings hört sich diese Querung aufregender an, als sie ist. Die Donau ist hier fast trocken.

Danach kommen wir auf den Donauradweg. Die blaue Linie, die wir ab und zu am Rand sehen, ist nicht für die Marathonis gedacht, sondern dient wohl den Radelnden zur Orientierung.

Letztere sind in eher geringer Zahl unterwegs, obwohl (oder weil?) am nächsten Tag das dreiwöchige Tuttlinger „Stadtradeln“ beginnt. Speziell die E-BikerInnen überholen schnell und leise, so dass ich manchmal erschrecke. Wobei sie immer sehr viel Abstand lassen. Vor uns galoppieren einige Pferde auf der Weide. Schön anzusehen. Hier liegt ein großes Gestüt.

Nächstes Highlight ist das Deutsche Dampflokomotiv Museum. Ein Verein hat hier den Ringlokschuppen vom Bahnhof Tuttlingen 26 Dampflokomotiven abgestellt, plus weitere Lokomotiven und Wagen. Am Eingang steht ein Sanitätsauto. Das Museum verkündet auf seiner Homepage, dass es heute wegen Run&Fun geschlossen bleibt, da die Zufahrtsstraße von Laufenden belegt ist, und wünscht allen Teilnehmenden viel Erfolg.

Ich freue mich über die Dampflokomotiven, die man oberhalb des Radwegs sehen kann. Ziemlich verrostet, aber man kann sich in etwa vorstellen, wie das früher mal war. Die Fahrten betriebsfähiger historischer Dampflokomotiven werden inzwischen eher geheim gehalten, da sich zu viele „Trainspotter“ in Lebensgefahr bringen, wenn sie sich mit ihren Kameras zu nah an den Trassen postieren. Vor drei Wochen musste daher bei Aachen eine Dampflokzugfahrt abgebrochen werden.

Kurz danach sind wir wieder an der Donau. Nun geht es schnurgerade aufs Zentrum zu. Von der anderen Seite hört man das Tackern von Stöcken, was bedeutet, dass inzwischen auch die Nordic Walker unterwegs sind. Rechts kann man hinter dem Bahnhof das rote Backsteingebäude der Aesculap-Werke aus dem Jahr 1899 sehen. Der Titelsponsor des 42-km-Laufs stellt seit 1867 chirurgische Instrumente her und gehört zur B. Braun AG mit 12.700 Mitarbeitenden. Der Lauf ist übrigens gesundheitstechnisch sehr gut ausgestattet. Hoffen wir mal, dass die Hitze keine Probleme bereiten wird.

 

 

Unter Eisenbahn-  und Straßenbrücken auf die Donaupromenade an der Weimarstraße. Viele schöne Häuser vom Beginn des letzten Jahrhunderts stehen hier. An der Brücke hinüber zum Festplatz viel Applaus. Die Staffelwechselstellen sind eher klein und stören nicht. Langsam nähern sich von hinten die Halbmarathonis und Staffelläufer.

Ein kurzes Stück Kopfsteinpflaster am Kinozentrum Scala vorbei, schöner Blick auf die städtische Donau, dann über die Donaubrücke auf die Hermannstraße. Alles super gesichert und mit vielen Helferinnen und Helfern bestückt. An der Kreuzung Ludwigstaler Straße zwei Polizistinnen, die den querenden Verkehr regeln und noch viel Freude dabei haben, uns anzufeuern.

Eine super lustige Einweiserin auf einen kleinen Weg zur Schikane hinunter in die Fußgängerunterführung unter der Bahn am Haltepunkt Tuttlingen Nord. Schmal und noch gut in der Mitte vom Gegenverkehr durch Flatterbänder geteilt. Dann sind wir im nördlichen Industriegebiet. Zwei „konkurrierende“ VPs bieten ihre Dienste an. Ich halte mich an den auf meiner Laufseite. Dann sind wir schon im Grünen.

Auf dem Radweg weiter nach Norden. Bald ist Neulingen erreicht, ein weiterer Stadtteil von Tuttlingen. Links nun am Rande einer Neubausiedlung ein wenig bergauf. Am höchsten Punkt ein großer VP mit viel Stimmung, dann hinein in die Felder. Dinkel und Gerste werden hier angebaut. Schön ist die Läuferschar anzusehen. Leicht bergab gelingt hier ein besonders hohes Tempo.
Durch einen idyllischen Bauernhof hindurch. Der VP liegt im Schatten.

Die Kneipp-Anlage im Bach lassen wir rechts liegen. Bald sind wir wieder im Industriegebiet. Nun wird der VP auf der anderen Seite angesteuert. Schön ist auch das folgende Stück an der Donau mit Blick auf die Großbruck mit ihrem Wehr.

 

 

Kurz danach durch den Start-Zielbogen und auf Runde zwei. Immer noch sind auch einige Staffeln unterwegs. Für Judith und mich ist die Zeiteinteilung der Wettkämpfe optimal. Wir sind nicht so allein wie befürchtet, werden aber auch nicht von Schnelleren überrannt. Das Freibad ist nun schon richtig voll. Judith fühlt sich sehr vom blauen Wasser angezogen. Bei Kilometer 24 mache ich nun auch Halt am VP, den ich bei Kilometer drei noch mit Entschuldigungen ausgelassen habe. Er bietet wie die vielen anderen Wasser, Iso, Apfelschorle, Cola, Bananen und Hefezopf.

Auf den folgenden Kilometern entstehen einige kleine Zwei- oder eher Dreikämpfe. Der helle Schotter blendet mich. Ich habe wieder meine Sonnenbrille vergessen. Die Hitze macht inzwischen allen zu schaffen und trotzdem können wir uns an einige Mitstreiter hinarbeiten. Die junge Marathonin Sinah wechselt sich mit uns in der Führungsarbeit ab. Daniele aus Vicenza, den wir schon von der ersten Runde her kennen,  taucht vor uns auf. Mal sehen, ob wir ihn noch einholen. Bei der Anton-Braun-Schule am Ortsbeginn von Möhringen dann die Wendestelle mit großem Verpflegungspunkt und viel Stimmung. Die Straße ist nach Battaglia Terme benannt, einem Kurort in der Nähe von Padua und Partnerstadt Möhringens seit 1956. Und Padua ist nicht weit von Vicenza entfernt. Aber ich glaube, Daniele kämpft schon länger in seiner eigenen Welt gegen die Zeit.

Nochmal Stimmung im Zentrum. Links laufen gerade die 3:45 h-KandidatInnen ins Ziel, dann auf dem Begegnungsstück viele schnellere Finisher. Der 4-h-Pacer hat noch einige Mitstreiter dabei. Bald danach teilt sich die Laufstrecke wieder.

 

 

In Neulingen beobachte ich noch mal die Feiern zur Pool-Eröffnung vor einem Einfamilienhaus. Inzwischen sind einige Kinder im Becken. Die Erwachsenen erfrischen sich lieber mit Prosecco. Wie gerne würde auch ich mich abkühlen. Wikipedia schreibt zum Klima in Neulingen: Im Juli hat es durchschnittlich 17,2 °C. Frühlingsfröste und kalte Nebel kommen zuweilen vor. Die Auen und Altarme der Donau begünstigen diese häufigen, typischen Nebel. Ich halte mich an den „Regenschauer“ aus dem Feuerwehr-Schlauch am VP.

Ein aufmunterndes Schild meint: „Läufst du noch oder kriechst du schon?“ Wir laufen noch. Angenehm ist das laue Lüftlein, das die 30 Grad erträglicher macht. Für uns zumindest; die Schnelleren empfanden den Wind als bremsend.

Im Industriegebiet wird nicht nur ein VP von der Karl Storz Endoskope SE & Co. KG betreut, hier liegen auch viele Firmengebäude. Das 1945 gegründete Familienunternehmen erwirtschaftet heute mit 8.000 Mitarbeitenden 1,75 Mrd Euro.

An der Eisenbahnunterführung werden wir wieder vom Streckenposten freundlich begrüßt. Ich wünsche der Dame noch einen schönen Nachmittag. Der Schlussradler kommt entgegen. Die beiden Polizistinnen sind immer noch bestens gelaunt. Da muss ich mal ein Selfie spendieren. Vorsichtshalber frage ich, ob ich es veröffentlichen darf. Man weiß ja nie. Hinter uns das „Bananenständle 2.0“,  ein heute geschlossener Kiosk.

Noch mal an der Donau entlang. Daniele werden wir nicht mehr einholen können. Auch Sinah ist schon lange auf und davon.

 

 

Km42,1: Von hinten überholt uns eine Staffel. Schön, dass der Sprecher Judith und mich zuerst im Ziel begrüßt. Das hat viel Spaß gemacht, aber die Hitze hat uns etwas gebremst. Vom Sportlerbuffet im Ziel gibt es alkoholfreies Bier, Schorle, Wasser, Melone und Hefezopf. Nebenan kann man sich massieren lassen und die Stadtwerke spendieren uns einen kostenlosen Eintritt ins Thermalbad „Tuwass“. Wer es kühler mag, könnte auch ins Freibad gehen.

 

Fazit:
Ein schneller Zwei-Runden-Kurs mit wenigen Höhenmetern, der für schnelle Marathonis attraktiv ist, wie man an der Ergebnisliste sieht. Das Wetter ist meist recht warm. Die Organisation ist perfekt, die Strecke sehr gut gesichert, markiert und die KM-Zeichen stehen richtig. Die Überlappung mehrerer Wettbewerbe habe ich aufgrund der überschaubaren Teilnehmerzahlen und breiten Wege als eher belebend empfunden.

 

Siegerinnen Marathon

1. Julia            Hartmann                   03:34:58
2. Alexandra   Kunz                           03:42:09
3. Tanja           Kryspin                       03:46:05

 

Sieger Marathon

1. Yannis        Pantel                         02:53:40
2. Mateusz      Smyczek                     03:06:19
3. Richard       Schlautek                    03:13:43

 

Finisher

Marathon: 75
Halbmarathon: 251
Staffel-Marathon: 23 

 

Informationen: Donautal-Marathon
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