Seit 42 Jahren lockt der Bottroper Herbstwaldlauf Aktive aus der ganzen Bundesrepublik und den umliegenden Nachbarländern ins Ruhrgebiet.
Am Sonntag, 2. November, jährte sich die von Adler Langlauf ausgerichtete Veranstaltung bereits zum 42. Mal und richtete zu diesem „Marathon Jubiläum“ zusätzlich, einmalig und folgerichtig einem Marathon aus. Zudem wurden in diesem Jahr wieder die Bottroper Stadtmeisterschaft und die Kreismeisterschaft des LVN Kreises Rhein-Lippe in den 10 Kilometer-Lauf integriert.
Wenn man sich fragt, wie eine Laufveranstaltung so lange Bestand haben kann, verweise ich auf Bottrop, denn dort zeigt man den richtigen Weg auf: Wuchern mit dem, was man hat. Das sind hier vor allem das Ambiente im Start- und Zielbereich unter dem Schachtgerüst der Zeche Prosper Haniel und die entsprechenden Räumlichkeiten, wie die Bergwerkskaue, die zum Umziehen und Duschen dient. Bei dieser Zeche handelt es sich um eine der ältesten überhaupt. Das Abteufen des Schachtes 1 begann im August 1856 und 1860 wurde in 175,9 m Teufe das Steinkohlengebirge erreicht. Die Förderung begann 1863. Der Steinkohlenbergbau hat also hier eine sehr lange Tradition.
1996 war der Start- und Zielbereich hierhin verlegt worden, nachdem ein Großbrand den bis dahin bekannten Startort, die Dieter-Renz-Sporthalle zerstört hatte. Der Lauf ist eine reine Waldlaufstrecke, der den Teilnehmern die grünen Seiten des Ruhrgebiets präsentiert. Man ist überrascht, denn das erwartet man echt nicht, wenn man hierhin fährt. Darüber hinaus ist diese Veranstaltung sehr familiär geprägt und auch so organisiert. Es mach einfach Spaß, hier zu laufen.
Neben dem Ultra über 50 km werden auch noch der 6,8 km lange Grubenwehr-Lauf (einmal um die Schöttelhalde) und der 10 km RWW Heidesee-Lauf (geht entlang der Halde Haniel zum Heidesee und wieder) zurückangeboten. Der 25 km RWW Heidhofsee-Lauf führt ebenso wie der 50 km Jürgen-Liebert-Ultra (Startzeit 9 Uhr) durch die Kirchheller Heide. Ebenfalls um 9 Uhr startete auch der erwähnte Marathon. Alle Läufe werden auf dem Zechengelände auf der Straße vor dem Förderturm gestartet. Dort ist auch der Wendepunkt für den Ultramarathon und das Ziel aller Läufe.
Für mich hieß es wieder mal früh aufstehen und ohne Frühstück losfahren. Aber das ist hier nicht so arg, weil der Veranstalter dafür sorgt, dass man vor Ort noch schön gemütlich, und recht preiswert frühstücken kann, was ich nach dem Abholen meiner Startnummer auch direkt mache. Die Startgebühr ist mit 28 € Ok. Bei der Rückgabe der Startnummer, die den Zeitmesschip enthält, bekommt man zudem 3 € zurück.
In diesem Jahr ist das Wetter hervorragend und gibt dem Namen „Herbstwaldlauf“ auch das passende Ambiente. Indian Summer im Ruhrpott sozusagen. Schon vor dem Start spürt man den anderen Teil dieser Traditionsveranstaltung: Umziehen tut man sich in der Waschkaue. Es war früher üblich, dass sich die Bergleute in ihrer Arbeitskleidung bei der Zeche einfanden und dann auch mit der stark verschmutzten Kleidung nach der Schicht nach Hause gingen. Mit den Kauen wurde für die Belegschaft eine Möglichkeit geschaffen, sich umzuziehen und die „Zivil“-Kleidung aufzubewahren.
Die private Kleidung wird in der Weißkaue ausgezogen, an den sogenannten Püngelhaken oder, wie hier auf Prosper Haniel, in einem Korb an einer Kette mehrere Meter bis unter die Decke gezogen. Die Kette wurde mit einem Schloss gesichert. Falls der Schlüssel verloren geht, oder man die Zahlenkombination vergisst, kein Problem. Ein großes Rotes Schild besagt: Bolzenschneider befinden sich beim Kauenwärter oder beim Heildiener. Heildiener nennt man im Bergbau die Betriebssanitäter.
Dann geht der Bergmann nackig zur Schwarzkaue, in der die Arbeitskleidung auf gleicher Weise unter der Decke hängt. Nach der Schicht hängt er die verdreckte Arbeitskleidung wieder unter die Decke und geht zu den Duschräumen. Dort wäscht und „buckelt“ sich der Kumpel, das heißt, man wäscht sich gegenseitig den Kohlenstaub vom Rücken. Nach dem Duschen geht es zurück in die Weißkaue und man zieht sich dort seine private Kleidung wieder an. Genauso läuft es heute für die Läuferinnen und Läufer ab. Das „Buckeln“ kann, aber muss nicht sein.
Um 9 Uhr dann pünktlich der Start. In diesem Jahr war ich doch etwas angeschlagen, im wahrsten Sinne des Wortes. Den Röntgenlauf mit 63 km hatte ich in der Vorwoche noch gut überstanden, aber bei einer anschließenden Dienstreise war ich morgens beim Duschen in der Wanne ausgerutscht und schwer gestürzt. Die unzähligen blauen Flecken passen nicht so ganz in das rotbraune Herbstpanorama. Doch wenn man genau hinschaut, leuchtet die Steinkohle nicht nur schwarz sondern auch leicht bläulich. Also passt das doch.
Mit viel Beifall und zünftiger Bergmannsmusik (Steigermarsch) starten wir unter dem Förderturm und begeben uns direkt ins Grüne. Es geht vorbei an der neuen Schöttelhalde, bevor wir dann mit dem Alten Postweg eine öffentliche Strasse überqueren und in das Waldgebiet Kircheller Heide einbiegen. Nach der Überquerung des Rotbaches erreichen wir bei km 4 die erste von 5 Verpflegungsstellen, die sich auf der 25 km Runde befinden. Diese Runde müssen wir übrigens 2mal durchlaufen.
Ab hier geht es leicht abwärts, bis wir nach 2 km rechts abbiegen. Die Strecke ist insgesamt etwas wellig, aber keinesfalls als hügelig zu bezeichnen. Aber landschaftlich reizvoll ist sie allemal. Nach dem Rotbach überqueren wir den Schwarzbach. Ich weiß nicht, wer hier mit der Namensgebung so kreativ war. Teilweise hat sich der Schwarzbach durch Bergsenkungen zu einem Sumpfgebiet entwickelt, was die Natur nur noch interessanter macht und tolle Photos erlaubt. Selbst ein Storchenpaar habe ich gesehen.
Die nächste Verpflegungsstelle ist am Heidhof, wo der warme Tee auf ganz besondere Weise gekocht wird, über offenem Feuer nämlich. Danach geht’s zu einem sehr schönen See, dem Heidehofsee, der durch Kiesgewinnung entstanden ist. Das trockene Wetter und die Windstille ergeben tolle Wasserspiegelungen und eine wunderschöne Herbststimmung. Mittlerweile überholen uns immer mehr 25 km Läufer, die 30 Minuten nach uns gestartet sind. Dann kommt auch schon die schönste Verpflegungsstelle mit tollem Ausblick auf den See.
Nachdem wir diesen komplett umrundet haben, sind wir auch schon bei km 20 und es geht wieder Richtung Start. Auch hier empfängt uns wieder Beifall, doch es ist natürlich noch nicht zu Ende, denn wir begeben uns auf die zweite Runde. Wer will, oder nicht mehr kann, darf hier auch aufhören und kommt in eine gesonderte 25 km Wertung.
Für mich geht es weiter. Ich genieße die zweite Runde. Nach gut 8 km auf der ist dann der Abzweig für die Marathonis. Viele Ultras haben sich in diesem Jahr für die 42 km entschieden, weil es einmalig ist und bleiben soll, wie mir bestätigt wird. Ich bin auf die 50 km geeicht und trotz der Verletzung läuft es gut. Also weiter.
Nach 5 Stunden 38 Minuten ist es geschafft. Ich bin glücklich, meinen 8ten Ultra in diesem Jahr absolviert zu haben. „Glück Auf“ und ab in die „Weißkaue“
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