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Laufberichte

Tradition hoch 2 im Ruhrgebiet

11.11.12

Seit 40 Jahren lockt der Bottroper Herbstwaldlauf Aktive aus der ganzen Bundesrepublik und den umliegenden Nachbarländern ins Ruhrgebiet.
Heute jährt sich die von Adler Langlauf ausgerichtete Veranstaltung bereits zum 40. Mal, feiert damit ein rundes Jubiläum und  ist im wahrsten Sinne des Wortes auch eine Traditionsveranstaltung.

Seit 14 Jahren ist er aber auch die einzige Möglichkeit, im Ruhrgebiet einen Ultramarathon zu laufen sagt Stephan Allermann, der Vorsitzende des ausrichtenden Vereins.

Das Jubiläum nutzt der Verein auch, um etwas Besonderes zu organisieren: Eine kleine Band ist vor Ort und alle Teilnehmer erhalten ein originelles Bufftuch als kleines Geschenk. Zudem werden in diesem Jahr erstmals die Bottroper Stadtmeisterschaft und die Kreismeisterschaft des LVN Kreises Rhein-Lippe in den 10 Kilometer-Lauf integriert. Über diese Distanz gibt es in Bottrop noch keine Stadtmeisterschaft.

Wenn man sich fragt, wie eine Laufveranstaltung so lange Bestand haben kann, dann zeigt Bottrop den richtigen Weg auf: Vor allem das Ambiente im Start- und Zielbereich unter dem Schachtgerüst der Zeche Prosper Haniel, und die entsprechenden Räumlichkeiten, wie die Bergwerkskaue, die zum Umziehen und Duschen dient. Bei dieser Zeche handelt es sich um eine der ältesten. Das Abteufen des Schachtes 1 begann im August 1856 und 1860 wurde in 175,9 m Teufe das Steinkohlengebirge erreicht. Die Förderung begann 1863. Der Steinkohlenbergbau hat also hier eine sehr lange Tradition.

1996 war der Start und Zielbereich hierhin verlegt worden, nachdem ein Großbrand den bis dahin bekannten Startort, die Dieter-Renz-Sporthalle, zerstört hatte. Der Lauf ist eine reine Waldlaufstrecke, der den Teilnehmern die schönen Seiten des Ruhrgebiets präsentiert. Sowas erwartet man echt nicht, wenn man hierhin fährt. Darüber hinaus ist diese Veranstaltung sehr familiär geprägt und auch so organisiert. Es macht einfach Spaß hier zu laufen.

Neben dem Ultra über 50 km werden auch noch der 6,8 km lange Grubenwehr-Lauf (einmal um die Schöttelhalde) und der 10 km RWW Heidesee-Lauf geht entlang der Halde Haniel zum Heidesee und wieder zurückangeboten. Der 25 km RWW Heidhofsee-Lauf führt ebenso wie der 50 km Jürgen-Liebert-Ultra (Startzeit 9 Uhr) durch die Kirchheller Heide. Alle Läufe werden auf dem Zechengelände auf der Straße vor dem Förderturm gestartet. Dort ist auch der Wendepunkt für den Ultramarathon und das Ziel aller Läufe.

Für mich heißt es wieder mal früh aufstehen und ohne Frühstück losfahren. Aber das ist hier nicht so arg, weil der Veranstalter dafür gesorgt hat, dass man vor Ort noch schön gemütlich und recht preiswert frühstücken kann, was ich nach dem Abholen meiner Startnummer auch direkt mache. Die Startgebühr ist mit 27 € ok. Bei der Rückgabe der Startnummer, die den Zeitmesschip enthält, bekommt man zudem 2 € zurück.

Schon vor dem Start spürt man den anderen Teil dieser Traditionsveranstaltung: Umziehen tut man sich in der Waschkaue. Es war früher üblich, dass sich die Bergleute in ihrer Arbeitskleidung bei der Zeche einfinden und dann auch mit der stark verschmutzten Kleidung nach der Schicht nach Hause gingen. Mit den Kauen wurde ein Prinzip geschaffen, um einfach und auch in großer Personenanzahl zwischen der Straßen- und Arbeitskleidung zu wechseln.

Die private Kleidung wird in der Weißkaue ausgezogen, an den sogenannten Püngelhaken oft auch mit Korb, wie auch hier auf Prosper Haniel, gehängt und an einer Kette mehrere Meter bis unter die Decke gezogen. Die Kette wird mit einem Schloss gesichert (Die Zahlenschlösser sind recht klein, also die Brille nicht vergessen – einige Teilnehmer hatten hier echt Schwierigkeiten).

Der Bergmann geht nackt zur Schwarzkaue, in der die Arbeitskleidung ebenso unter der Decke hängt und zieht sie an. Nach der Arbeitsschicht hängt er in der Schwarzkaue die verdreckte Arbeitskleidung wieder unter die Decke und geht nackt zu den Duschräumen. Dort wäscht und „buckelt“ sich der Kumpel, das heißt, man wäscht sich gegenseitig den Kohlenstaub vom Rücken. Nach dem Duschen geht es zurück in die Weißkaue und man zieht sich dort seine private Kleidung wieder an. Genauso läuft es für die Läufer ab. Den Teil mit dem „Buckeln“ sparen wir uns jedoch, da wir nur Schweiß und keinen Kohlenstaub ansetzen.

Um 9 Uhr dann pünktlich der Start. Unter dem Beifall der Läufer der kürzeren Strecken und zünftiger Bergmannmusik starten wir unter dem Förderturm und begeben uns direkt ins Grüne. Es geht vorbei an der neuen Schöttelhalde, bevor wir dann mit dem Alten Postweg eine öffentliche Strasse überqueren und dann in das Waldgebiet Kircheller Heide einbiegen. Nach der Überquerung des Rotbaches erreichen wir bei km 4 die erste von 5 Verpflegungsstellen, die sich auf dieser 25 km Runde befinden. Diese Runde müssen wir übrigens 2mal durchlaufen.

Ab hier geht es leicht abwärts, bis wir nach 2 km rechts abbiegen. Die Strecke ist im Ganzen etwas wellig, aber keinesfalls als hügelig zu bezeichnen. 2 Wochen nach meinem Röntgenlauf ist das zwar recht erholsam, verleitet einen aber auch leider etwas zu schnell zu laufen, da man durch keine starke Steigung gebremst wird. Aber landschaftlich reizvoll ist diese Strecke trotzdem. Nach dem Rotbach überqueren wir den Schwarzbach (ich weiß leider nicht, wer hier bei der Namensgebung so kreativ war). Teilweise hat sich dieser Schwarzbach auch durch Bergsenkungen zu einem Sumpfgebiet entwickelt, was die Natur nur noch interessanter macht und tolle Photos erlaubt. Selbst ein Storchenpaar habe ich gesehen.

Die nächste Verpflegungsstelle ist am Heidhof, wo der warme Tee auf ganz besondere Weise gekocht wurde: In einem Schnellkochtopf über offenem Feuer. Danach geht’s zu einem sehr schönen See, dem Heidehofsee, der durch Kiesgewinnung entstanden ist. Das trockene Wetter und die Windstille ergeben so tolle Wasserspiegelungen und eine wunderschöne Herbststimmung.

Mittlerweile überholen uns immer mehr 25 km-Läufer, die 30 Minuten nach uns gestartet sind. Dann kommt auch schon die wohl am schönsten gelegene Verpflegungsstelle, mit tollem Ausblick auf den See. Nachdem wir diesen komplett umrundet haben, sind wir auch schon bei km 20 und es geht wieder Richtung Start. Auch hier empfängt uns wieder Beifall, doch es ist natürlich noch nicht zu Ende, denn wir begeben uns auf die zweite Runde. Wer will, oder nicht mehr kann, darf hier auch aufhören und kommt in eine gesonderte 25 km Wertung. Für mich geht es jedoch weiter und ich genieße die zweite Runde, um dann den richtigen Zieleinlauf zu feiern.

Nach 5 Stunden 35 Minuten ist es geschafft. Ich bin glücklich meinen 11ten Ultra in diesem Jahr absolviert zu haben - so viele wie noch nie zuvor. Aber das gehört dazu, wenn man sich Ziele setzt: Und meins sind die 100 Meilen in Berlin in 10 Monaten. Also „Glück Auf“ und ab in die „Weißkaue“.

 

Informationen: Bottroper Herbstwaldlauf
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