… ja, das hätten wir uns und dem Veranstalter zur heutigen 50ten Austragung gewünscht. Stattdessen war es trüb, regnerisch, zeitweise gar stürmisch. Aber einen schönen Lauf kann so schnell nichts entstellen und so machten sich über 1.000 Teilnehmer der verschiedenen Distanzen (6,7 - 10 - 25 - 50 km) des Bottroper Herbstwaldlaufes auf den Weg zum stillgelegten Bergwerk Prosper Haniel am Bottroper Stadtrand.
Mehr als 20 Jahre war die Grubenwehr des Bergwerks Partner bei der Austragung des Laufes und wir durften die „Weißkaue“ (=Duschen) der Zeche nutzen, auch nach der Beendigung der Kohleförderung Ende 2018. Das Bergwerk blieb aber weiter im Betrieb. Denn es mussten Sicherungsmaßnahmen vorgenommen werden, um den Einsturz der Untertage-Strecken (=unterirdische Abbau- und Transportwege) und damit Bergschäden (=Verwerfungen an der Oberfläche) zu verhindern. Nun aber, im Jahr 2023, wurde das Bergwerk endgültig geschlossen und wir können nicht mehr auf das Gelände.
Daher hat der Veranstalter „Adler-Langlauf Bottrop“ vor dem Tor ein großes Zelt errichtet, in dem die Startnummernausgabe und die „Cafeteria“ untergebracht sind. Letzteres brauchen wir erst nach dem Lauf, daher flugs zur Startnummernausgabe. Ich bin für die 50 km gemeldet, entscheide mich aber, es heute lieber bei 25 km zu belassen und melde mich um. Das ist problemlos möglich, man will mir sogar die Differenz der Startgebühren erstatten! Darauf verzichte ich natürlich, denn die Gebühren sind mit 35 € für den 50er ohnehin sehr niedrig.
Wieder draußen höre ich den „Ruhrkrainern“, einer Blaskapelle, zu. Sie spielen die Hymne des Ruhrgebietes, das Steigerlied. Als Kind des Ruhrgebietes und Enkel eines Steigers (=Vorgesetzter im Bergbau) fühle ich mich dem Lied sehr verbunden:
Glückauf, Glückauf
der Steiger kommt;
und er hat sein helles Licht bei der Nacht,
und er hat sein helles Licht bei der Nacht
schon angezünd't, schon angezünd't. angezünd't,
das wirft sein' Schein;
und damit so fahren wir bei der Nacht,
und damit so fahren wir bei der Nacht;
ins Bergwerk ein, ins Bergwerk ein.
Zahlreiche Vereine aus der Umgebung sind gleich in größeren Pulks angereist, ich sehe die roten Trikots der Laufsportfreunde Unna 2000, die blau-weißen vom Lauf-Club Duisburg und die orangefarbenen vom VFL Bergheide aus Oberhausen, Heimat von M4Y-Urgestein Werner Kerkenbusch.
Dann treffe ich Susanne und Yvonne, die sich heute die 50 km vorgenommen haben und beobachte anschließend den Start von knapp 110 Läufern, die den Ultramarathon in Angriff nehmen. Wir 25er müssen noch etwas warten, wir starten erst 40 Minuten nach den 50ern. So kommen wir uns nicht in die Quere, denn es geht fast von Anbeginn auf recht schmalen Wegen durch den Bottroper Herbstwald.
In der Nacht hat es kräftig geregnet und die Wetterprognose versprach für heute nichts Gutes: ergiebige Regenschauer waren angesagt. Und da ich von meinen vorherigen Teilnahmen den Laufuntergrund kenne, hatte ich vorsichtshalber meine Goretex-Trailschuhe eingepackt. Nun komme ich aber ins Grübeln, ob dies richtig war, denn seit einigen Stunden ist es trocken. Dann aber erhalte ich die Bestätigung, dass ich richtig entschieden hatte. Pünktlich vor dem Start kommt ein kräftiger Regenschauer runter und ich flüchte in das Organisationszelt. Nass zu werden beim Laufen macht mir wenig aus, aber beim Warten auf den Start habe ich es lieber trocken. Erst eine Minute bevor es losgeht, begebe ich mich in die Startaufstellung. Dann machen sich etwas über 300 Läufer sich auf die eine Runde durch den Herbstwald.
Nicht jeder scheint nur des Sportes oder des Herbstwaldes wegen gekommen zu sein, ein Duisburger Läufer outet sich als „Zielbierläufer“. In einer Kurve verlassen wir das Start- und Zielareal und haben, von einer Unterbrechung abgesehen, nun 25 Kilometer Landschaft pur vor uns. Schon bestätigt sich nochmals die Richtigkeit meiner Schuhwahl, der nächtliche Regen hat mächtige Schlammpfützen hinterlassen. Keiner mag durch die Pfützen durchlaufen, viele weichen aus und kommen auf dem schmalen Weg ins Stocken. Mit einer Ausnahme. Und so mache ich gleich ein paar Plätze gut.
Etwa 2 Kilometer geht es weitgehend geradeaus an Zechenhalden vorbei (=Aushubmaterial von untertage, welches nach Trennung von der Kohle verbleibt). Längst hat sich die Natur ihr Reich zurückerobert, und so fallen nur dem aufmerksamen Läufer einzelne Relikte aus der aktiven Bergwerkszeit ins Auge.
Dann erreichen wir eine Straße, der wir einige hundert Meter folgen, bevor wir diese durch die Polizei gesichert überqueren müssen. Dies bleibt der einzige Straßenübergang auf der gesamten Strecke. Nach etwa 3,5 km gelangen wir an die erste Versorgungsstation. Wasser, Tee, Cola, Äpfel, Bananen, Salzgebäck und Schokolade werden angeboten. Wir werden hierhin noch einmal zurückgekommen, denn hier endet die Stickstrecke vom Start bis zur eigentlichen Waldrunde. Insofern ist der Platz für die Versorgung gut gewählt und der Veranstalter erspart sich den Aufwand für eine weitere Station.
Danach geht es weiter durch den bunten Herbstwald auf leicht welligen und gut befestigten Wegen, welche aber keinesfalls eben sind und auch die eine oder andere Pfütze für uns bereithalten. Sicher sind wir schon 2 Kilometer überwiegend geradeaus unterwegs, bevor es in einem scharfen Knick nach rechts geht.
Nun ändert sich ein wenig die Landschaft, rechts und links sind Felder zu sehen. Der Weg weist Fahrspuren auf, die immer wieder auch mit Wasser gefüllt sind und entsprechende Aufmerksamkeit erfordern. Es sei denn, man hat Goretex-Schuhe an den Füßen…
Plötzlich kommen uns Läufer entgegen. Ich bin aber nicht überrascht, sondern weiß, dass hier eine kleine Stichstrecke eingebaut ist, um den Längenausgleich auf die 25 Km hinzubekommen. Am Ende der Stichstrecke erwartet und die nächste Verpflegung, nun bei km 7,5. Doch zuvor gilt es noch die Wendemarke zu passieren, welche traditionell durch ein kleines Weihnachtsbäumchen dargestellt wird. Ein wenig putzig sieht es schon aus, wie die Läufer um das Bäumchen herumlaufen.
An der Verpflegung wird, zumindest auf der ersten Runde, nur Wasser angeboten. Weiter geht es durch den Wald, bei einem Richtungswechsel sind stets Schilder aufgestellt. Nur selten ist ein Posten zu sehen, aber eigentlich auch nicht erforderlich.
Wir erreichen wieder offenes Terrain. Ich überhole M4Y-Reporter Frank Albrecht. Er ist heute langsamer als ich unterwegs. Kein Wunder, hat er letzte Woche noch vom Röntgenmarathon berichtet. Rechter Hand liegt nun der Heidhofsee, der kein natürlicher See ist, sondern durch Abbau von Quarzsanden entstand. Die meisten Läufer verschwenden aber keinen Blick auf den idyllisch gelegenen See, der sogar Badestellen vorweisen kann. Vielleicht liegt es daran, dass nach einer leider ansteigenden, kleinen Allee die nächste Versorgung am Heidhof lockt. Vom Heidhof, einem ehemaligen Bauernhof und nun Umweltzentrum des Regionalverbandes Ruhr, sehen wir wenig, vom Buffet umso mehr.
Auf dem Hermann-Löns-Weg geht es weiter. Hermann Löns ist ja als Heidedichter bekannt und die Wegbezeichnung kommt nicht von ungefähr. Wir befinden uns in der Kirchheller Heide, außer einem Moorteich zeugt allerdings nur noch wenig von einer Heidelandschaft, schon vor 100 Jahren wurde hier aufgeforstet.
Kurz darauf folgt der Weihnachtssee. Braucht es sonst Jahrtausende, bis Seen entstehen, so hat es hier nur ein paar Tage um Weihnachten vor etwas mehr als 20 Jahren gedauert, bis der See aus dem Schwarzbach entstand. Ursache war eine plötzliche bergbaubedingte Absenkung der Oberfläche. Leider ist der Weihnachtssee etwas unzugänglich und verbirgt sich hinter dichtem Wald. Aber ein weiterer See erwartet uns hinter der nächsten Kurve, der Elsbachsee. Auch Pfingstsee genannt – keine Ahnung, woher dieser Name kommt. Zahlreiche aus dem Pfingstsee ragende Baumstümpfe prägen das Bild der sich im Zeitablauf wandelnden Landschaft.
Dann wechseln sich auf langen Geraden offener Mischwald und Buchenwälder ab. Wir haben hier 17 Kilometer geschafft, die Ultras auf der zweiten Runde somit Marathon. Bald danach erreichen wir den Heidesee, eine ehemalige Kiesgrube. Bevor wir diesen zu ¾ umrunden, gibt es noch einmal Verpflegung, diesmal sogar mit Malzbier. Etwa 3 Kilometer dauert die Seeumrundung, bevor wir uns langsam wieder Richtung Ausgangspunkt bewegen.
Bei Km 21 sehe ich eine der wenigen erhalten Kilometermarkierungen: Auf dem Boden wurden die Kilometerzahlen mit Farbe aufgetragen, natürlich löslich, leider allzu löslich – der Regen hat von den anderen Markierungen nicht viel übriggelassen. Aber auf Zeit läuft hier ohnehin (fast) keiner. Dann erreichen wir wieder die Verpflegungsstelle am Ende der Stichstrecke, also noch 3,5 Kilometer bis zum Ziel. Mir reicht es auch für heute, Respekt für diejenigen, die sich - uns jetzt noch entgegenkommend - auf die zweite Runde begeben.
Nun setzt auch wieder stärkerer Regen, gepaart mit stürmischem Wind, ein. Ich bin froh, das Ziel zu erreichen und meine Medaille zu bekommen. Der Zechenturm gäbe hinter dem Zieltor bei besserem Wetter eigentlich ein hübsches Fotomotiv ab, aber ich eile lieber ins Trockene.
Die Duschen auf dem Zechengelände sind ja nicht mehr für uns zugänglich. Wer mag, kann zu einer nahegelegenen Sporthalle fahren und dort duschen. Das macht aber wohl kaum einer. Ich auch nicht. Ich wechsle nur schnell in trockene Klamotten, um mich dann noch in der Cafeteria zu versorgen. Vorher gilt es noch die Startnummer mit dem eingelegten, wiederverwendbaren Transponder abzugeben, hierfür bekäme man sogar 3 € zurück, Spenden sind aber willkommen.
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