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Laufberichte

Ein wahres Kleinod

12.05.07

Tannweiler, Ober- und Untermöllenbronn - schon mal gehört?

 

Zum 5. Mal fand in Bad Waldsee eine Laufveranstaltung statt, das „Bad Waldseer Lauffieber“, bei der u.a. auch ein Marathon angeboten wurde. Die Ergebnislisten der vergangenen Jahre zeigen, dass da jeweils zwischen 850 und 950 Teilnehmer dabei waren, lässt man die Kinderläufe außen vor. Beim Marathon selbst hatte man stets, bis auf das erste Jahr, weniger als 100 Teilnehmer. Nachdem ich an diesem Samstag in Bad Waldsee den Marathon gelaufen bin, verstehe ich das überhaupt nicht. Eine so schöne Strecke, eine Stadt und eine Bevölkerung, die aktiv mitmacht und trotzdem nur etwa 80 Marathonis! Ist die Konkurrenz an diesem Wochenende (unter anderem Welzheim, Schönbuch und Würzburg) zu groß, oder fehlt es einfach nur an der Werbung?


Dieses Jahr gab es eine neue Streckenführung, einen 21 km langen Rundkurs mit einem ca. 5 km langen Begegnungsabschnitt. Die Marathonis mussten den Kurs zweimal durchlaufen und als Novum wurde auch ein Ultra angeboten, bei dem man den Kurs drei Mal laufen musste. Vom Ultra allerdings fand ich auf den ersten Blick auf der Webseite nichts: Marathon, Halbmarathon, 10.000 m Lauf, Staffel und Kids – nichts von einem Ultra. Erst jetzt, nachdem ich das wusste, wurde ich in der Randnotiz zu einer Randnotiz fündig. Leute in Bad Waldsee, ihr habt hier eine sehr schöne Veranstaltung, macht mehr Werbung, versteckt euch nicht.


Zumindest jeder Schwabe müsste diesen Marathon laufen, denn er kommt ganz nahe an Durlesbach vorbei, das in dem schwäbischen Lied erwähnt wird:


Auf dr schwäbsche Eisebahna
gibt´s gar viele Haltstationa
Stuegert, Ulm on Biberach,
Meckabeura, Durlesbach.


Seit Kindesbeinen kenne ich dieses Lied, wusste aber nie, wo genau Durlesbach liegt – seit Samstag ist diese Lücke geschlossen. Also Schwaben, auf zum 6. Bad Waldseer Lauffieber in 2008.


Von Stuttgart über Ulm, Biberach nach Bad Waldsee waren es keine zwei Autostunden. Der späte Start des Marathon um 13 Uhr erlaubte somit ein gemütliches Anreisen und noch einen kleinen Spaziergang durch den schönen Ort mit seinen Fachwerkhäusern. Alleine des schönen Städtchens wegen würde sich ein Besuch in Bad Waldsee lohnen, ganz abgesehen davon, dass der malade Läufer sich in den Kurbädern bestens erholen kann.

 


Nun, erholen wollte ich mich nicht, im Gegenteil, ich wollte an diesem Wochenende einen Doppeldecker machen, Bad Waldsee und am Tag darauf Saarbrücken. Entsprechend zurückhaltend wollte ich laufen, wusste allerdings nicht, dass in Bad Waldsee recht wenige am Marathon teilnahmen. Mir schwante also schon Schlimmes, als ich bei der Abholung der Startunterlagen hörte, dass sich nur 80 zum Marathon angemeldet hatten. Da würde ich wohl wieder ganz am Schluss laufen.


Auf dem Rathausplatz war schon einiges los, als wir uns einfanden. Ein Sprecher informierte über alles Mögliche und startete dann um 12.50 Uhr die vier Ultraläufer. Erst jetzt erfuhr ich, dass man hier auch einen Ultra laufen konnte.

 


Pünktlich um 13 Uhr war dann Start für den Marathon. Ich machte ein paar Bilder und schon war ich Letzter. Es hatten sich zwar noch 20 nachgemeldet, so dass etwa 100 Läuferinnen und Läufer starteten, aber bei einem so kleinen Feld sind die schnellen Läufer meist in der Überzahl. Aber manche meinen auch nur, sie seien schnell, überschätzen sich aber. Deshalb tauchten von den 100 Startern nur 80 in der Ergebnisliste auf. Zu schnell angegangen und dann eingebrochen?


Nach etwa 300 Metern hatten wir die Innenstadt bereits verlassen und waren am Stadtsee. Das Feld war bereits jetzt weit voraus, nur noch Angelika und zwei weitere Teilnehmer, Klaus und ein Läufer mit Hund, waren in Sichtweite.



Wir umrundeten den See auf der schattigen Uferpromenade und keine zwei Kilometer später waren wir wieder in der Innenstadt, liefen unter Beifall über den Rathausplatz, vorbei am Start und dann stadtauswärts in den Schlosspark.


Das Wetter war prächtig, die Sonne schien, kaum Wolken am Himmel und weil ich dem Wetterbericht (der hatte viel Bewölkung vorhergesagt) stets glaube, hatte ich keine Mütze dabei. Natürlich holte ich mir einen ordentlichen Sonnenbrand auf der Stirn.



Klaus lief heute seinen ersten Marathon, hatte sich gut vorbereitet, den Halbmarathon in Freiburg in 2:06h geschafft und spekulierte mit einer Zeit von etwa 4:40h. Er war überrascht, dass er am Schluss lief, hatte er doch gehofft, dass noch ein paar Marathoneinsteiger dabei wären und er nicht so ganz alleine laufen müsste. Da ich auch etwa 4:40h geplant hatte, schloss ich mich ihm an und ließ Angelika davonziehen. Von den anderen Läufern sahen wir schon lange nichts mehr, nur Bernd und sein Hund waren mal vor, mal hinter uns.


Wir hatten den Schlosspark verlassen und liefen durch das Wohngebiet Steinach hinaus in die herrliche oberschwäbische Landschaft. An so einem Tag ist es ein richtiger Genuss, in dieser ruhigen Landschaft zu laufen; beinahe war ich froh, dass keine Läufer um mich herum waren.


Unser Tempo war genau richtig für die geplante Zielzeit, Klaus war guter Dinge und wir unterhielten uns über alles Mögliche. Insgesamt fünf Verpflegungsstationen waren an der Strecke und weil es von Kilometer 3 bis vielleicht 6,5 eine Begegnungsstrecke war, passierte man auf einer Runde sieben Verpflegungsstationen – beste Versorgung also. Wir tranken jeweils zwei oder gar drei Becher Wasser oder Apfelsaftschorle, Klaus goss einen weiteren Becher auf seine Mütze und wir liefen dann weiter.


Da wir die beiden Letzten waren, war hinter uns der Besenwagen oder besser gesagt, das Besenfahrzeug. Ein Jugendlicher begleitete uns auf einem uralten Fahrrad, Baujahr 1956, wie er berichtete, restauriert von seinem Vater. Er machte seine Aufgabe sehr gewissenhaft. Kaum bleib ich für ein Foto stehen, hielt er auch an und wartete, bis ich weiter lief. Auch informierte er jeden Streckenposten, an dem wir vorbei kamen: „Wir sind die Letzten.“ Klaus wurde schon ganz nervös, weil wir ständig als „Letzte“ angekündigt wurden. Nun, die Wahrheit muss man eben aushalten, auch wenn sie unangenehm ist.


Bis Obermöllenbronn liefen wir Richtung Westen und hatten stellenweise ordentlichen Gegenwind, der schwächer wurde, sobald man durch ein Wäldchen lief und auf freiem Feld dann wieder ganz ordentlich bremste. Bei Obermöllenbronn endete die Begegnungsstrecke und wurde zum echten Rundkurs. Über Tannweiler und Untermöllenbronn ging es nun nach Süden. Der Wind war zwar nicht schwächer geworden, störte aber kaum noch, da er von der Seite kam.



Bis hierher war Bernd mit uns gelaufen, wir hatten uns gut unterhalten, waren ihm aber etwas zu langsam, denn er wollte dieses Jahr wieder in Biel laufen. Er wurde etwas schneller und war bald außer Sichtweite. Schon einige Zeit bemerkte ich, dass Klaus sehr unter der Hitze litt. Auch unser Tempo war etwas langsamer geworden. Hoffentlich hatte er sich nicht übernommen. So wie es bereits jetzt aussah, waren die 4:40h unter diesen Bedingungen für ihn illusorisch.


Seit einigen Kilometern hatte ich in der Ferne die Klosteranlagen von Reute gesehen. Jetzt war der Ort erreicht. Angekündigt war ein Dorffest in Reute und tatsächlich, auch wir beiden Schlusslichter wurden mit viel Beifall empfangen, vier Cheerleader gaben ihr Bestes, um uns anzufeuern. Schon waren wir über den Festplatz gelaufen, vorbei an den Zuschauern auf den Bierbänken und waren auf dem Weg hinaus aus Reute, Richtung Norden.


Wieder ging es vorbei an Getreidefeldern, deren Oberfläche durch die Bewegung durch den Wind an ein sanft bewegtes Wasser erinnerte. Ab und zu passierten wir einen Streckenposten, der es sich im Schatten unter einem Baum oder einer Hütte gemütlich gemacht hatte. Für mich verging so die Zeit recht angenehm, was man für Klaus wohl nicht behaupten konnte. Er spürte bereits jetzt ganz deutlich, dass es heute für ihn schwer werden würde und machte sich natürlich Sorgen, dass er nicht durchhalten würde. Ich war aber mit solchen Gedanken überhaupt nicht einverstanden. Einen Marathon hörte man nicht so einfach vorzeitig auf.



Wir reduzierten also die Geschwindigkeit noch ein wenig, die Zeit durfte keine Rolle spielen. Bereits vor Obermöllenbronn sahen wir, dass jetzt die Halbmarathonis auf der Strecke waren. Wir hatten 14.35 Uhr, sie waren also 22 Minuten unterwegs, die Schnellen waren bereits auf dem Rundkurs nach Reute, aber das große Feld bevölkerte die Begegnungsstrecke. Hunderte von Läuferinnen und Läufern kamen uns hier in einer ewigen Schlange entgegen, sicher 10 Minuten lang dauerte es, bis wieder ein wenig Ruhe auf der Strecke einkehrte. Klaus hatte das gut getan, wurde er doch hier von seinen Problemen ein wenig abgelenkt.


Bald hatten wir wieder Steinach erreicht, einige Zuschauer standen am Straßenrand und beklatschten uns, manche hatten Lärminstrumente wie Kochtöpfe und Kochlöffel, andere saßen gemütlich im Vorgarten, alle aber feierten uns, als ob wir die Sieger wären. So ermuntert ging es durch den Schlosspark und schon waren wir in der Stadt, wurden auch dort begeistert empfangen, liefen über den Rathausplatz und waren jetzt auf der zweiten Runde.


Der Sohn von Klaus empfing seinen Vater und begleitete ihn ein paar hundert Meter. Klaus klagte sein Leid, berichtete, dass es sehr schwer sei, begann aber entschlossen die zweite Runde. Allerdings musste er jetzt eine Gehpause einlegen. Ich verabschiedete mich und hoffte, dass er durchhalten würde. In der Tat hat er es geschafft. Ob ihn wohl der gewissenhafte Jugendliche auf dem „Besenfahrrad“ auch auf der zweiten Runde begleitet hat?



Mit 2:22h war die erste Hälfte etwas langsamer als geplant. Ich sollte also etwas zulegen und machte das auch. Angelika hatte ich schon lange aus den Augen verloren. Ihr Vorsprung betrug sicher mehr als fünf Minuten. Auch Bernd war mit seinem Hund längst über alle Berge. Ob ich die wohl noch einholen konnte?


Eine Zeitlang lief ich ganz alleine, umrundete den Stadtsee, dann wieder durch die Innenstadt und in den Schlosspark. Ab jetzt kamen mir die Halbmarathonis entgegen, die Strecke war wieder belebt. Die nächsten vier Kilometer konnte ich wieder viel beobachten und hatte jede Menge Ablenkung, bis es dann schlagartig wieder ruhig wurde, als ich bei Obermöllenbronn die Begegnungsstrecke verließ und den Kurs nach Reute einschlug.
In weiter Ferne vor mir sah ich jetzt zwei Läufer. Die konnte ich einholen! In der Tat, die beiden waren langsamer geworden und auf halbem Weg nach Reute hatte ich sie überholt. Angelika aber sah ich noch nicht, obwohl die Sicht bis Reute frei war.


Als ich in Reute ankam, lief sie gerade heraus, hatte also einen knappen Kilometer Vorsprung. Immer noch war das Fest in Reute im Gange, die Zuschauer empfingen mich mit Beifall und auch die Cheerleader wurden wieder aktiv, als sie mich kommen sahen.



Auf dem Rückweg nach Norden dann kam ich an einem Wanderschild vorbei, das nach Durlesbach wies. Irgendwie aber stand ich auf dem Schlauch. Bis ich richtig geschaltet hatte, war ich vorbei, ohne ein Bild gemacht zu haben. Erst nach einigen Metern kam mir die Erleuchtung: „ … Meckenbeuren Durlesbach.“ Klar, das musste besagtes Durlesbach sein. Zurücklaufen wollte ich nicht, da werde ich also nächstes Jahr wieder kommen und eben dann das Bild machen.


Hinter Obermöllenbronn dann hatte ich Angelika eingeholt, wir liefen jetzt wieder nach Osten und mit dem Rückenwind schafften wir es tatsächlich, noch zwei Läufer zu überholen. In Steinach war immer noch was los, wie beim ersten Durchgang wurden wir begeistert angefeuert. Auch die Ultras auf ihrer dritten Runde begegneten uns hier, allerdings waren es nur noch drei. Der Vierte im Bunde war heute wohl nicht so gut drauf und hatte „nur“ als Marathoni den Lauf beendet.


Bald war Bad Waldsee erreicht und unter großem Beifall liefen wir, gemeinsam mit den langsameren 10.000m-Läufern auf den Rathausplatz und durchs Ziel. Ein wenig eng ging es da dann schon zu, aber wir bekamen noch genügend zu essen und zu trinken.



Bad Waldsee war auf jeden Fall eine Reise wert, die Veranstaltung hätte viel mehr Teilnehmer verdient, vor allem mehr Marathonteilnehmer. Die Organisation ist super, die Helfer sehr freundlich, die Verpflegung absolut ausreichend, der Ort ist wunderschön, die Strecke ein wahres Kleinod, die Kosten minimal und als i-Tüpfelchen kommt man noch an Durlesbach vorbei!
Wenn es irgendwie geht, laufe ich hier im nächsten Jahr wieder.


Wettbewerbe und Kosten

Ultra mit 63 km, Marathon (18 bis 22 Euro je nach Anmeldezeit und –Art), Halbmarathon, 10.000m, Staffel (4 x 2.000m) und Kinderlauf.


Zeitnahme

kostenloser Leihchip, für Nettozeit


Streckenbeschreibung

Zwei Rundkurse, 3 km und 10 km, verbunden durch ein Begegnungsstück, insgesamt 21 km lang und daher zweimal zu durchlaufen. Landschaftlich sehr schön.


Logistik

Startnummernausgabe in der Stadthalle, Start und Ziel dreihundert Meter davon auf dem Rathausplatz.


Auszeichnung

Keine.


Verpflegung 

Alle ca. 3 km Wasser und Apfelsaftschorle, Bananen.


Zuschauer

Viele im Start/Zielbereich, in Steinach und Reute, unterwegs recht wenige.

 

Informationen: Bad Waldseer Lauffieber
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