Der Allgäu Panorama Marathon war 2010 mein erster Berglauf, mit Wiederholung ein Jahr später. 2014 wollten es Norbert und ich wissen: Wir nahmen erfolgreich den Ultra in Angriff. Zwei besondere Steinmännchen zieren seither unsere Vitrine.
Das ist ja nun schon eine ganze Weile her. Zeit, es erneut zu wagen. Der Ultra kommt wegen eklatanten Trainingsdefiziten nicht in Frage aber den Marathon können wir schon schaffen. Und weil unsere Tochter Laura eine Woche später den Allgäu Triathlon auf dem Zettel hat, verbinden wir den Lauf mit einem kleinen Urlaub.
Startnummern gibt es Freitag und Samstagvormittag im Allgäu Outlet, dem Sonthofener Einkaufsparadies. Ab Samstagnachmittag werden die Startunterlagen in der Baumit Arena ausgegeben, hier findet auch die Pasta Party und das Briefing statt.
Wir sind bereits um 13 Uhr in der Arena, wo die Location noch aufgebaut wird. Pünktlich ab 13Uhr30 bekommt man dann seine Startunterlagen. Der Starterbeutel ist reichlich gefüllt: Ein Duschtuch, der obligatorische Rucksack, ein Stirnband, ein Gutschein für das Finishershirt, und ein Rabattgutschein für das Allgäu Outlet; mittlerweile sind derart umfangreiche und hochwertige Starterpräsente selten.
Der Helfer erkundigt sich, ob wir nach dem Lauf im Badezentrum Wonnemar duschen wollen. Dafür bekämen wir ein Bändchen für 2 Stunden kostenlosen Eintritt. Das brauchen wir nicht. Dafür freuen wir uns über den Gutschein für die Pasta Party. Die Nudeln sind tadellos, und die Soßen vorzüglich. Leider passt das Briefing nicht in unseren Zeitplan. Aber mit aufmerksamem Studium der Ausschreibung müsste es trotzdem für den Marathon klappen.
Am Sonntag holt uns Lauffreund Karl-Heinz pünktlich um 7 Uhr vor unserer Tür ab. Gemeinsam fahren wir nach Sonthofen. Da der Marathon als letzter Lauf des Tages um 8 Uhr gestartet wird, sind Parkplätze rar. 350 Ultras, 350 beim Hörnerlauf und 450 Marathonläufer müssen eben irgendwo parken.
Um das Allgäu Outlet im Herzen von Sonthofen ist es noch, oder genauer gesagt, wieder ruhig, als wir ankommen. Der Ultra startete um 6 und der Hörnerlauf um 7 Uhr. Wir machen es uns auf einer Treppe gemütlich, denn die Temperatur ist mit 14 °C angenehm. Startunterlagen können vor dem Start noch im Parkhaus abgeholt werden. Wichtig, wenn man erst jetzt anreist. Als die Schlange an den Dixies länger wird, schließen auch wir die Vorbereitungen ab. Wir packen unsere Jacken in eine Tasche, die ans Ziel beim Wonnemar gebracht wird.
15 Minuten vor dem Start ergreift der Moderator das Wort und gibt noch einige Hinweise zum Lauf, dann ist der Startkorridor geöffnet. Langsam stellen sich die Läufer hinter dem Starttor auf. Norbert und ich gehen nach hinten. Die Musik wird lauter, als pünktlich um 8 Uhr der Start erfolgt.
Es geht die Albert Schweizer Straße hinunter, unter der B19 hindurch und auf einer schmalen Fußgängerbrücke über die Iller. Scharf rechts zweigen wir auf den Illerdamm. Ich klemme mich direkt hinter einen Läufer, der ein moderates Tempo einschlägt, damit ich nicht von Anfang an überpace.
Wir passieren den Sonthofer See, überqueren den Ettersbach und münden rechts auf die Straße. Saftig grüne Almwiesen breiten sich vor und über uns aus. Direkt anschließend biegen wir auf einen Feldweg ein. Streckenposten verabschieden uns mit lauten Anfeuerungen.
Jetzt geht es bergauf, wodurch sich vor mir eine beeindruckende Läuferschlange den Weg hinauf zieht. Steil und steinig geht es nun durch ein Wäldchen. Obwohl wir gerade erst losgelaufen sind, schwitze ich schon aus allen Poren. Trotz Mütze läuft mir der salzige Schweiß in die Augen. Das kann ja heiter werden. Wir passieren ein paar hübsche Ferienhäuser und erreichen Hüttenberg. An der Kapelle St. Mathäus geht es rechts. Hier bei km 3,4 kommt bereits die erste Getränkestation.
Es geht den Berg hinauf ab. Matthias vom Fototeam Go4it macht hier Bilder mit tollem Panorama im Hintergrund. Aus Straße wird nun Schotter und anschließend Wiese. Die Aussicht ist fantastisch. Etwas weiter im Wald gibt es den ersten Wurzelpfad. Im Schatten geht es mir deutlich besser. Wir erreichen die Straße zum Allgäuer Berghof, wo uns einige Autos entgegen kommen. Die Steigung ist moderat, einige flachere Passagen erleichtern mir das vorankommen.
Der Allgäuer Berghof mit seiner großen Hotelanlage ist wie ein kleines Dorf. Heute Morgen ist aber noch alles ruhig. Der 1738 m hohe Grünten, Wächter des Allgäus, grüßt im Sonnenschein herüber. Bei km 7 beginnt der steile Aufstieg zur Weltcup Hütte Ofterschwang. Kühe liegen in der Sonne, was schon fast kitschig wirkt mit dem Allgäuer Bergpanorama im Hintergrund.
Bei km 8 gibt es Wasser und Iso. Ein Becher über den Kopf (Wasser natürlich), einen Becher trinken - so versuche ich den starken Wasserverlust auszugleichen. Noch ein paar Höhenmeter, dann erreichen wir die Bergstationen des Weltcupexpresses von Ofterschwang und der Bergbahn von Gunzenried. Jetzt ist die größte Steigung geschafft. Den Struimandleweg, oder auch Steinmännchenweg genannt, einen Erlebniswanderweg nicht nur für Kinder, lassen wir rechts liegen, und folgen weiter der Straße. Um die Kurve herum geht es dann erneut bergauf. Eine Kuhtränke am Wegesrand nutze ich zum Kühlen: Kappe rein, einen Schwall kaltes Wasser über den Kopf, das tut gut.
Jetzt kommt ein kurzes Bergabstück zur Alpe Fahnengehren. Dort gelangen wir auf einen Schotterweg, wo uns ein Schild vor freilaufenden Kühen warnt. Eine ganze Herde ist hier zuhause. Die Tiere ignorieren den Weg mit den Läufern. Ein lustiger Hindernislauf beginnt. Vor km 10 lassen wir die Kühe hinter uns und joggen auf einem feinen Waldtrail wieder tendenziell bergauf. Er ist schmal, teils felsig, teilweise von Wurzeln durchzogen. Und das Beste: alles im Schatten eines wunderbaren Mischwaldes.
Ich bin ganz in meinem Element und komme gut voran. Raus aus dem Wald trifft mich fast der Schlag, trotz veritabler Höhe ist es mächtig warm. Wieder auf Tuchfühlung mit Kühen liegt der Anstieg am 1616 m hohen Rangiswanger Horn vorbei vor uns. Die nächste Kuhtränke nutze ich wieder als Kühlstation. Weiter führen ein ruppiger Kuhpfad und dann steile Treppen hinauf. Trotzdem brauche ich die Stahlseile, die hier zur Sicherheit am steilsten Stück angebracht sind nicht. Mit Stöcken ist der Weg kein Problem.
Den Gipfel lassen wir rechts von uns liegen und tauchen in lichten Nadelwald ein. Ich merke direkt, wie die Bäume Kühle spenden. Es ist wie „Waldbaden“. Die Luft scheint auf einmal frisch, ich nehme ein paar tiefe Atemzüge und genieße das dahingleiten auf weichem Waldboden. Plötzlich taucht vor mir Lauffreund Karl-Heinz auf. Er ist ein viel besserer Läufer und sollte eigentlich auf dem Ultra unterwegs sein. Leider bremst ihn eine unendliche Verletzungsgeschichte zurzeit aus.
Auf dem Gipfel (1665 hoch) grasen wieder Kühe, sehr romantisch. Das Gipfelfoto mit Kreuz misslingt leider. Kurz noch die Aussicht bewundern, dann stürze ich mich in die Tiefe. Es geht steil bergab. Hier feuere ich die entgegenkommenden Wanderer an. Nach dem steilsten Stück zeigen Pfeile scharf rechts auf die Straße. Hier geht es moderater bergab. Ich jogge gemütlich hinunter. Noch eine weitere Rechtskurve, dann sehe ich das Berghaus Schwaben über mir. Puh, da geht es nochmal richtig steil berghoch. Oben erwarten mich Helfer mit Wasser, Cola, Iso und Banane. Einer zieht eben seine Jacke über, denn hier im Schatten scheint ein zugiges Eck zu sein.
Weiter geht es über einen Bach und anschließend trailig weiter. Erst wellig, dann steiler bergauf. Oh je, das zieht sich aber noch. Obwohl der Naturweg ganz nach meinem Geschmack ist, wäre ich gerne schon oben. Ich überquere den Grat mit 1627 Hm und laufe auf der anderen Seite wieder hinunter.
Der Abstieg mit fast 200 Hm geht erstaunlich gut, denn ich kann alles zügig hinunterlaufen. Wir sind bereits in Grasgehren mit Vollverpflegung (km18). Hier gibt es Kuchen! Ich lasse alle meine Flaschen füllen und bediene mich am reich gedeckten Tisch. Bettina, Norberts Physiotherapeutin aus der Heimat, macht hier Helferdienste. Für ein kurzes Gespräch bleibt aber trotzdem Zeit.
Es geht nun auf der Straße bergab, bald ist Straßenlärm vernehmbar, km 19 ist erreicht. Bald endet mein Weg auf einer gemütlichen Bergstraße, wo Pfeile nach links weisen. Diese mündet in die breite Riedbergstraße.
Ein Streckenposten hilft mir über die Straße. Bald folgt ein schöner Wanderweg bis zur Alpe Schönberg. Dort beginnt der nächste Trail. Super schön verläuft dieser teilweise im schattigen Wald am Hang entlang. Plötzlich fällt der Weg steil bergab. Laufen ist hier kaum möglich, denn Radler haben tiefe Spuren hinterlassen. Dann wird es wieder besser, immer noch steil, mal hoch, mal runter auf einem Grat entlang. Die Aussicht nach beiden Seiten ist phantastisch. Tendenziell fällt der Weg wieder ab und bald befinde ich mich auf einen asphaltierten Wirtschaftsweg.
An der Weiche von Marathon und Ultra steht wieder ein Streckenposten, der mich mit aufmunternden Worten weiterschickt. Es geht jetzt tendenziell bergauf bis zur Freiburger Alpe. Die Jungs an der VP haben leider keine Becher mehr. Aber mit etwas Geschick lasse ich das Wasser aus dem Kanister direkt in meinen Mund laufen. Dazu gibt es Banane und eine Dusche aus dem Schlauch. Ich bekomme reichlich Zuspruch und mache mich wieder auf den Weg.
Ab jetzt geht es bergab. Zunächst finde ich das extrem anstrengend. Die Sonne brennt. Bei jedem Gitterrost, der als Kuhsperre dient, falle ich kurz ins Gehen. Jede Menge Radler kommen mir entgegen. Die ohne Motor kämpfen sich ehrlich den Berg hinauf. Viele feuern mich an, was Laune macht. Weiter unten geht es in den Wald. Gleich fällt mir das Laufen wieder leichter. Das Gefälle wird nun steiler und Serpentine reiht sich an Serpentine. Die Kilometer fliegen gefühlt an mir vorbei.
Unten angekommen, erwartet mich die nächste VP mit Wasser, Iso und Riegel, km 34. Das Becherproblem zieht sich weiter. Mittlerweile habe ich aber wieder Platz in den Flaschen und lasse diese füllen. Weiter geht es auf einem Radweg an der stark befahrenen Straße entlang. Ich war lange allein, aber plötzlich kann ich müde Läufer einholen. Auch Norbert kommt nun in Sichtweite.
Vor uns wird das Tal enger. Wir passieren eine Tafel, die auf den Hirschsprung hinweist. Mit dem Handy könnte man hier nähere Informationen abrufen. Es geht hierbei um einen Hirsch, der von einem Luchs gejagt, über die Schlucht gesprungen sein soll. Seither ist der springende Hirsch Wappentier von Obermaiselstein.
Am Abzweig in den Wald bieten Streckenposten Obst an. Es geht jetzt den Sagenweg entlang. Wer genau hinsieht, kann den Drachen im Wald entdecken und die „wilden Fräulein“ im Bachbett. Es ist angenehm schattig. Der Weg zieht sich bergauf.
Bald werden wir auf einem asphaltierten Wirtschaftsweg wieder in die Sonne geschickt. Bevor wir Obermaiselstein erreichen, weisen Streckenposten den Berg hinauf. Der Hang liegt voll in der Sonne. Das wird mühsam. Schritt für Schritt steige ich bergauf. Anderen geht es genauso. Auf halber Höhe bei einem Bauernhaus steht eine Streckenpostin und feuert uns an.
Das letzte Stück führt auf einem steilen Wiesenweg hoch. Oben geht es in den Wald. Sofort wird es kühler. Der Weg geht wellig, tendenziell bergauf und fordert nochmal meine ganze Konzentration. Oben verlassen wir wieder den Wald und ein feines Lüftchen begleitet mich auf dem Wiesenweg. Nun geht es wieder bergab in den Wald, zuerst auf Asphalt, dann auf Schotter und zuletzt auf schönem Waldweg.
Locker laufe ich den Berg hinunter und erreiche Obermaiselstein. An jedem Abzweig stehen Streckenposten in der Hitze. Alle sind top motiviert und feuern mich an. Nach einem flachen Wanderweg erreichen wir ungefähr bei km 38 eine Straßenquerung Richtung Bolsterlang.
Kurz danach bei der Ortschaft Weiler unterqueren wir die B19 und kommen zum Illerdamm. An der VP gibt es Cola und Iso. Ich stelle mich einige Sekunden unter die Dusche. Schatten gibt es hier nicht, ich gehe und laufen abwechsend. Die Aussicht auf das baldige Ziel treibt mich an.
Bei km 40 gibt es nochmal eine VP. Das dichte Netz an Vps ist dem Halbmarathon geschuldet, der hier entlang ging. Ein Helfer mit Gießkanne bewaffnet, kühlt mich ein letztes Mal. Der Illerdamm ist ein beliebter Wander-und Radweg. Viele der Leute klatschen und muntern mich auf. Bald kommt das Zielgelände mit der Baumit Arena und dem Wonnemar in Sicht. Noch eine Kurve, dann liegt das aufwendig gestaltete Ziel vor mir.
Go4it Fotograf Matthias ist auch hier und schießt die Zielbilder. Axel Reusch gratuliert jedem Finisher persönlich mit Handschlag. Ich bekomme eine schöne Medaille. Kurze Zeit später ist auch Norbert im Ziel. Der Zielbereich gleicht einer chillout Area. Das alkoholfreie Bier fließt in Strömen und es gibt Kuchen sowie Obst. Auch die schnellen Ultraläufer sind schon da.
Fazit:
Wer in die Berge geht, sollte gut ausgerüstet sein. Ich hatte Wasser, Iso, Gel, Riegel und Salztabletten dabei. Rettungsdecke, Handy und Geld sind auch kein Fehler. Beim Allgäu Panorama Marathon ist aber keine Pflichtausrüstung vorgeschrieben. Ich hatte den Eindruck, dass deshalb der Lauf gerne unterschätzt wird. In bergigem Gelände wird auch ein VP Abstand von 5 km schnell zu einer Laufzeit von einer Stunde und mehr.
Die meisten Höhenmeter (ca. 1100) sind auf den ersten 18 Kilometern zu bewältigen. Danach geht es tendenziell nur noch bergab. Die Strecke ist super markiert und jeder Kilometer wird angezeigt. Man wird von einem wahren Helferheer ständig angefeuert und dadurch phantastisch motiviert.
Die Trails sind ganz nach meinem Geschmack, auf den Asphaltabschnitten, kann man regenerieren. Stöcke sind nicht unbedingt nötig, können aber hilfreich sein. Man muss sagen, dass der Allgäu Panorama Marathon auch in seiner 16. Austragung, eine rundum gelungene und empfehlenswerte Veranstaltung ist.