Nach dem Durchqueren des Wäldchens trennen sich die gemeinsamen Wege von Trailern und Marathonis. Für uns geht es nach rechts weiter. Über einige steile Bergabstücke erreichen wir den Weiler Rohrmoos, wo es wieder Wasser zum Nachtanken gibt.
Ab hier gibt es heuer eine Streckenänderung gegenüber der Vorjahre. Die bereits nach zwei Ultra Trails legendär gewordene Durchquerung des Moorgebietes ist heuer nicht möglich und muss ganz kurzfristig umgangen werden. Wo man sonst bei Abweichen der Holzplanken bis über den Knöchel im Wasser gestanden ist, wäre man heute wegen der vielen Regenfälle bis zur Hüfte versunken, klärte uns Axel Reusch beim Briefing am Vorabend auf. Nicht wenige sind auf dieser Passage schon zu einem gratis Moorbad gekommen. Uns bringt der Umweg einige hundert Meter Laufstrecke mehr ein, aber Vermessung und Streckenausschilderung wurden in der Kürze der Zeit nicht mehr vorgenommen.
Kurz vor Halbzeit unseres Laufes überschreiten wir die Grenze ins österreichische Bundesland Vorarlberg. Am Gasthof Hörnlepass ist eine große Versorgungsoase für uns aufgebaut. Hier werden wirklich alle Wünsche, von süß bis salzig erfüllt. Am Start konnte man einen „Special-Need-Beutel“ mit frischen Klamotten abgeben und hierher transportieren lassen. Viele haben das im Vorjahr genutzt und nach Kreuzen des Moors die eingesauten Schuhe gewechselt. Das haben wir heute nicht nötig.
Weiter führt unser Kurs auf einer Teerstraße runter nach Riezlern im Kleinwalsertal. Aufgrund seiner geographischen Lage mit seiner alpinen Geländestruktur gibt es keine direkte Straßenverbindung zum übrigen Österreich. Das Tal ist per PKW nur auf einer Straße aus Deutschland zu erreichen. Es handelt sich damit um eine sogenannte funktionale Enklave, in der es auch einige Besonderheiten gibt. So dürfen bis heute Verhaftete von der Polizei nicht auf der Straße über Deutschland nach Vorarlberg zu Gericht gebracht, sondern müssen mit einem Hubschrauber ausgeflogen werden.
Nach der mächtigen Brücke über die Breitach überqueren wir bei Km 35 die Hauptstraße des Tals und begeben uns wieder nach oben. Brütend heiß ohne Schatten führt der Wanderweg Richtung Söllereckbahn Bergstation. Aber dafür bekommen wir noch einmal eine spektakuläre Aussicht auf die seltsamen Mauern der Gottesackerwände. Mit dem Stock des Hohen Ifen (2.230 m) stellen sie eines der interessantesten Alpengebiete dar.
Diverse Brunnen am Wegesrand bieten uns immer wieder die Möglichkeit eine Mütze voll kaltem Wasser über den Kopf zu schnütten. Zudem tauchen auch einige Wolken am Himmel auf und schützen abschnittsweise vor der sengenden Sonne.
Plötzlich herrscht Aufruhr auf den Almen, eine Herde Kühe gerät in Bewegung und jagt über die Wiesen den Abhang hinunter. Ob die wohl vor den paar Verrückten geflohen sind? Oder hat da vielleicht am Ende doch Yvonne ihre Hufe im Spiel und trainiert bereits weitere Artgenossen für eine Flucht?
An der Söllereckbahn wartet wieder Trinkwasser auf uns und nach einem kurzen Kletterstück geht es runter ins Tal. Fast durchgehend gut zu Laufen führt unsere Route über Kiesstraßen, steile Wurzelpfade und Waldwege, meist im schattigen Wald auf einer Länge von über 5 km nach unten.
Bis Oberstdorf sind ab Waldende noch drei Kilometer in der Ebene, meist in der prallen Sonne zurückzulegen. Ja, heute ist Sommer …und was für einer, da schmilzt dir fast das Hirn in der Birne so hat sich die Hitze im Tal gestaut. Nach gut 7 Stunden laufe ich in die Erdinger Arena (Km 49) ein und sehe am Ausgang gerade noch Mario entschwinden. Eigentlich wollten wir heute gemeinsam laufen, aber nach meinen ersten Fotostopps hat er sich schnell abgesetzt. Meine Pause fällt daher etwas kürzer aus als eigentlich vorgesehen, um ihn noch einzuholen.
Die Cut-Off-Zeit ist im Skisprungstadion auf 8:15 Std. angesetzt, wer später eintrifft oder nicht mehr weiterlaufen mag, kommt in eine eigene Wertung und bekommt auch eine APM-Medaille. 37 Läufer/innen machen heute von der Ausstiegsmöglichkeit Gebrauch. Ich nehme mir Zeit für eine ausgiebige Stärkung und ein wunderbares Erdinger Alkoholfrei. Einen zweiten Becher nehmen sich Dirk und ich noch beim Verlassen zur Wegzehrung mit. Auf Mario habe ich jetzt 12 Minuten Rückstand, schau mer mal was da noch geht.
Das härteste Stück Arbeit des UT ist der ca. 10 km lange Anstieg über die Gaisalpe zum Sonnenkopf. 1000 Höhenmeter gilt es von Oberstdorf bis zum Gipfel zu meistern. Obwohl der Sonnenkopf eigentlich im Allgäu keine große Nummer ist, hat er bei den APM-Teilnehmern einen legendären Ruf erlangt und wurde schon mit den schlimmsten Verwünschungen belegt. Mario kann ich bald abfangen, ein Stückchen legen wir noch gemeinsam zurück, dann zahlt sich meine anfängliche Zurückhaltung aus und ich kann mich absetzen. Die letzten beiden Kilometer unterhalb des Gipfelkreuzes sind die anspruchsvollsten und setzen jedem zu, sie sind mit Sicherheit das Kriterium des Ultra Trails.
Am sehnsüchtig erwarteten Gipfel (Km 60) wird dafür jeder mit einem Becher Wasser begrüßt. Mühsam haben einige Helfer diverse Liter mühevoll noch oben gebracht, um uns die nötige Erfrischung anbieten zu können.
Dann geht’s für den finalen Abstieg 9 km nur noch abwärts, die ersten sind aber noch sehr rustikal, man ist gut beraten es langsamer angehen zu lassen. Einen Sportkamerad hat es gleich wenige Meter unterhalb des Kreuzes richtig zerlegt, sodass er nur noch mit Begleitung bis zum nächsten Fahrzeug gebracht werden kann. Ich nehme mir diese Warnung mit meinen müden Oberschenkeln zu Herzen und gehe es vorerst mal gemütlich an. Auf den Schlusskilometern kann man es aber dann so richtig krachen lassen, das mäßige Gefälle schiebt einem förmlich hinunter …aber natürlich nur, wenn man noch ein paar Körner übrig hat und nicht schon alles verpulvert hat.
Meine Zeit vom Vorjahr kann ich bei identischen Wetterbedingungen um 50 Minuten verbessern, liegt vielleicht auch daran, dass ich heuer extra noch Salztabletten mitgeführt und regelmäßig geschluckt habe, um Krämpfe zu vermeiden, die mir 2010 noch stark zugesetzt haben. Im Ziel bekomme ich, wie jeder andere Ultra Trail Finisher auch, das Steinmännle zur Belohnung. Ein tolles und auch begehrtes Souvernir und des hamma uns auch wirklich verdient.
Mein Fazit fällt nach der 3. Ultra-Trail-Auflage auch ganz kurz und knapp aus: ich weiß nicht, was man noch verbessern könnte. Große Anerkennung möchte ich noch den vielen Helfern zollen, die uns bei dieser Hitze versorgt und betreut haben.
Marathon
Männer
1 JANSON, Thomas GER SV Ohmenhausen 3:28:42
2 NEUHAUSER, Seppi AUT Tri Team Kleinwalsertal 3:28:46
3 SCHENK, Felix SUI Run Fit Thurgau 3:30:20
Frauen
1 OTT, Gerti GER Orthomol-Team 4:01:38
2 KRAUS, Sabine GER Orthomol-Team 4:10:13
3 ERDMANN, Kerstin GER Erdinger Alkoholfrei 4:28:26
216 Finisher
Ultratrail
Männer
1 MIKSCH, Thomas TV Jahn Kempten GER 6:24:56
2 STORK, Christian Team Salomon GER 6:54:39
3 IINO, Wataru SG Stern Stuttgart JPN 6:57:10
Frauen
1 FELGENHAUER, Stefanie GER Craft Women SCMK Hirschau 8:25:41
2 KONOLD, Silke GER LT Herbrechtingen 8:49:32
3 SCHUHAJ, Antje GER TV Jahn Kempten 8:50:34
246 Finisher