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Laufberichte

Neues Jahr, neues Glück!

01.01.14

Marathontermine sind im Jänner nördlich der Alpen dünn gesät. Egal wohin, ohne viele Stunden Anreise von mir zuhause aus geht es nicht. Da ich zu Neujahr sowieso frei habe, brauche ich keine zusätzlichen Urlaubstage, wenn ich in Schlieren an den Start gehe. Beim allerersten Marathon des Jahres zu starten hat doch auch etwas!

Und Zürich ist allemal sehenswert. Günter und Roman sehen das genauso. So setzen wir uns Ende Dezember mit unseren Ehefrauen und Günters Tochter Sonja in den Zug.

Sightseeing per pedes in Zürich am 30.12. Es ist sonnig und nicht sonderlich warm, eher kühl und zugig. Um unsere Beine zu schonen, fahren wir am Silvestermorgen mit der S10 rauf auf den Uetliberg und genießen von da die Aussicht. Da oben wird für die Silvesterparty vorbereitet, es liegt sogar etwas Schnee. Wie uns Plakate informieren, gibt es für die Silvesternacht in Zürich durchaus Alternativveranstaltungen zum Marathonlauf.

Die Routine vor einem Start sieht vor, je nach Startzeitpunkt das Frühstück einzunehmen. Bei einem Start um Mitternacht funktioniert das nicht. Wann Mittagessen bzw. Pasta Party? Es ist etwa 15 Uhr, als wir in der Züricher Altstadt essen gehen. Hernach Beine hochlagern im Hotel.

Um 22 Uhr machen wir uns auf den Weg, es wird rundum schon heftig geballert und am Weg zum Bahnhof begegnen uns viele junge Leute, um abzufeiern. Nach einer kurzen Bahnfahrt gehen wir bei etwas unter Null Grad mit einem Grüppchen Gleichgesinnter vom Bahnhof Schlieren zur Sporthalle, es ist nebelig. Nach etwa 10 Minuten sind wir da.

Die Sporthalle ist in gedämpftes Licht getaucht, die Uhr in roten leuchtenden Ziffern ist nicht zu übersehen. Relativ viele Leute bei den Nachmeldungen fallen mir auf. Die Startnummer bekomme ich, nachdem ich eine unterschriebene Haftungsbefreiung übergeben habe. Die Erinnerungs-Medaille gibt es auch gleich, wenn man € 13,- dafür bezahlt hat. Das Shirt kostet € 12,-, mir passt sogar Größe „L“!

Wie Roger Kaufmann uns mitteilt, ist beim 10. Neujahrsmarathon mit etwa 800 StarterInnen in den diversen Bewerben ein neuer Teilnehmerrekord erzielt worden, dabei sind da noch gar nicht alle Nachmeldungen erfasst. Wir werden vor eisigen Brücken gewarnt und Schrauben zur Befestigung von Absperrungen im Boden, die aber gelb markiert sind. Die Absperrungen sind demontiert, die Schrauben sind noch da, also Obacht.

Die Garderoben sind dem Andrang nicht gewachsen, man deponiert seine Kleidung für hinterher irgendwo, und das ist vielfach Winterbekleidung mit Platzbedarf. Wir machen Erinnerungsfotos mit dem Marathonplakat im Hintergrund, irgendwie müssen wir die Zeit überbrücken. Während sich unsere Damen mit Glühwein und Sekt vorgesorgt haben, wartet auf mich ein Carbo-Gel in der Gesäßtasche. Dem Vernehmen nach schmeckt der angebotene Schokoladekuchen sensationell gut.

Gestartet wird draußen, die Menschenschlange reicht bis in die Halle zurück. Eine Startlinie kann ich nicht erkennen, Bruttozeitnehmung. Zwischenzeiten und Endzeit aber werden mittels Chip an der Startnummer erfasst.

Mitternacht, 2014 hat soeben begonnen. Der Großteil der Menschheit hat Silvester bereits hinter sich, nun auch wir. Wäre an sich der richtige Zeitpunkt, um den Donauwalzer zu tanzen, heute aber ist alles anders. Zwischen Feuer speienden und rauchenden Vulkanen geht es raus in die Kälte, -2°C.

Ich laufe ein paar Schritte und schieße ein paar Fotos. Dauert ewig lange, bis die Kamera auslöst in der Finsternis. Ein Alphornbläser hat sich eingefunden. Es geht einen Weg runter ans linke Ufer der Limmat. Finnenfeuer dienen als markante Bezugspunkte, rechts ab Richtung Zürich, den Fluss entlang. Vom Feuerwerk bekomme ich optisch nichts mehr mit, es knallt von nah und fern. Ich muss mich auf den Weg konzentrieren und fixiere den Lichtpunkt vor mir, den meine, eigentlich Günthers, Stirnlampe auf den Boden wirft. Am Donnerstag bin ich zum Kennenlernen ein paar km damit gelaufen, die Leuchtkraft dieses LED-Lensers ist fantastisch. 

90% der Strecke sind Naturwege, heißt es in der Ausschreibung. Wie sich zeigt, ist darin viel zusammengefasst. Auf einem Kiesweg geht es los. Einige Hektische versuchen ihre Position zu verbessern. Hier ist es breit, da ist das kein Problem. Das Eis an den Grashalmen am Streckenrand glitzert im Scheinwerferlicht. Da ist Susanne, abends mit dem Railjet angereist. Zwei Stunden nach dem Zieleinlauf geht es mit Willi schon wieder retour nach St. Pölten. Einen jungen Landsmann, der gerade den Halbmarathon läuft, haben sie im Zug kennengelernt.

Ein paar Höhenmeter gibt es, insbesondere an den Enden der diversen Fußgängerbrücken. Mit ist kalt, am Rücken und an den Fingern. Vorige Woche beim Weihnachtsmarathon war ich vielleicht etwas zu warm angezogen, heute trage ich deshalb eine Lage weniger.

Eine kleine Senke, wir laufen unter der Autobahn durch. Hier ist es fast mollig warm. 4 Runden sind zu laufen, ich werde also öfters hier vorbei kommen. Am gegenüberliegenden Ufer habe ich ja noch so eine Unterführung.

Bald geht es auf einer Brücke über einen Seitenarm der Limmat, schön vorsichtig, dann passiert auch nichts. Von links fällt nun etwas Licht auf die Szenerie, sodass ich nicht nur auf meinen Scheinwerfer angewiesen bin. Irgendwo haben wir am Fischerweg die Grenze zur Stadt Zürich überquert. Heuer führt der Neujahrsmarathon erstmals auf Zürcher Stadtgebiet.

Ein Radfahrer überholt mich, gefolgt von einem Läufer, dem Führenden des Halbmarathons. Dieser ist um 00h10 gestartet worden, weitere 10min später starteten die10km-LäuferInnen.

Vor der nächsten Brücke warnt uns ein Streckenposten in Signalweste. „Eisig, eisig!“ Es geht auf eine Flussinsel, meine Zwischenzeit zeigt 27min bei der östlichen Labestelle. Es gibt warmes Wasser, warmes Isostar, High5 EnergyGel, Müsliriegel und Bananen.

Danach eine kleine Schleife und über die Wehr eines Kraftwerks ans rechte Limmatufer, nun geht es wieder zurück. Auf Waldwegen, nicht immer eben, Stolperfallen und Wurzeln sind gelb lackiert, sieht man gut. Dann wieder lose Steine, sogar ein paar Pfützen, die waren zugefroren, das Eis haben die Läufer vor mir zerbrochen. Die Silvesterknallerei ist weniger geworden, ich konzentriere mich in erster Linie auf den Weg vor mir. Läufer hinter einem helfen beim Ausleuchten, die unmittelbar vor mir verdecken mir die Sicht.

Wenig später doch tatsächlich 3 Zuseher, die uns anfeuern. Dann geht es ein Stück an der Autobahn entlang. Die Scheinwerfer der Läufer am anderen Ufer tanzen auf und ab. Nun ein Stück Asphalt, an einem Haus vorbei, wo die Weihnachtsbeleuchtung noch in Betrieb ist. Am Werd-Bach entlang führt die Strecke zur Rückseite des Klosters Fahr, vor Jahren war ich da einmal Mittagessen.

Wir laufen über eine Steinbrücke, da stehen beiderseits brennende Baumstämme. Fotografen lauern auf uns, stundenlang.

Die Strecke führt nun wieder unmittelbar ans Limmatufer, der relativ schmale Weg ist aus verfestigten Schottersteinen. Am anderen Ufer ist die Sporthalle zu erkennen, wo wir gestartet sind. Beinahe plötzlich scharf rechts runter auf eine schmale Brücke über einen Bach, dann wieder auf den Limmatdamm. Die Böschung hoch auf eine Brücke feuern uns zwei Helferinnen an. Wir überqueren den Fluss und laufen nun am linken Ufer zurück, bis ein roter, leuchtender Pfeil den Weg zur Sporthalle anzeigt. Auf diesem Weg sind wir vorhin alle zum Ufer gelaufen. Er ist mittig abgetrennt, denn nun ist hier Gegenverkehr. Mit Sperrgittern und Bändern wird der Weg geteilt. Ziemlich schmal ist es hier, ich habe schon ganz schlechte Erfahrungen mit solchen Gittern! Endlich in der Halle! Mir ist eiskalt, da drinnen ist es doch wärmer. 1h05 für die erste Runde.

Ich bin froh, als ich die jubelnde Sieglinde sehe, der ich meinen Fotoapparat anvertrauen kann, Evi schießt ein Bild von mir, dann muss ich wieder raus in die Kälte.

Vielleicht habe ich zu lange nichts gegessen? Unsere private Pasta-Party war vor 10 Stunden. Draußen vor der Halle die westliche Labestelle, da greife ich mir ein High5 EnergyGel und spüle es mit warmem Isostar runter. Den engen Weg wieder zum Fluss. Eigentlich sehen die leuchtenden Reflektoren auf der Kleidung der Läufer ganz lustig aus. Nun, da ich die Hände frei habe, kann ich sie mir reiben, am Rücken ist mir trotzdem noch kalt. Der Nebel hat sich etwas gelichtet, man sieht nun etwas in die Landschaft, Lichter eines Autohauses beispielsweise. Die Strecke ist die gleiche geblieben und nach wie vor ist es stockdunkel.

Die 10km-Läufer sind schon im Ziel, beneidenswert. Halbmarathonis sind außer uns noch unterwegs, und dazu ein paar Staffeln. Ich weiß, wo ich mein nächstes EnergyGel bekomme, auf der Insel. Um 1h34 bin ich dort, zum Abschluss warmes Wasser, um den Zucker aus dem Mund zu bekommen. Nun werde ich kaum mehr überholt, das Gewurrle der ersten Runde ist vorbei. Meine Stimmung ist dennoch nicht so gut. Wie kann man nur bei Minusgraden mitten in der Nacht einen Geländelauf machen, freiwillig? Egal, ob das nun die Silvesternacht ist oder nicht.

 

BILDGALERIE VON ALPHAFOTO

 

Weitere Teilnehmerbilder von Alphafoto
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Als ich hinterm Kloster Fahr vorbeilaufe, bemühe ich mich zu lächeln, für die Fotografen. Seelisch bereite ich mich auf die schmale Brücke über den Werdbach vor, die kommt unvermittelt. Denn wenig später sind da zwei freundliche Mädchen, die uns unvermindert anfeuern. Mittlerweile ist es 2h früh. Um 2h13 bin ich in der Halle und gehe langsam, damit ich etwas Wärme aufnehmen kann, der Boden da ist angenehm weich. Erst die halbe Strecke ist geschafft.

Als ich wieder am Flussufer bin, muss ich überholen. Das ist mir heuer noch nie passiert! Da geht es tatsächlich jemandem schlechter als mir! War vielleicht ganz gut, das Rennen heute hintergründig anzulegen. Wind kommt auf, er ist warm und verweht die Minusgrade. Das kommt mir sehr recht, ich fasse wieder Mut. Da meine Beine nicht mehr so frisch sind, gehe ich die paar Höhenmeter bei den Brücken, ansonsten kann ich traben. Die Brücke auf die Werdinsel ist noch eisig, aber nun kennt man das ja. Labe auf der Insel, rüber ans rechte Ufer, Waldweg, Wurzeln, unter der Autobahn durch, kurz etwas matschig, die Weihnachtsbeleuchtung bei dem einen Haus bleibt nun dunkel. Ein Katzenaugenpaar funkelt mich an. So eine Nacht erlebt das Tier auch nicht oft.

Am Kloster Fahr weht der Wind nun heftig, Rauch und Funken wehen waagrecht über die Brücke. Atmung einstellen, Augen zu und durch, ist ja nicht weit. Dann wieder gute Luft.

Die Kälte hat nachgelassen, da und dort werde ich von ein paar ganz schnellen überrundet. So einzeln ist das kein Problem. Um 3h25 bin ich abermals in der Halle und habe noch ein Viertel der Strecke vor mir. Unsere Frauen sind bereits im warmen Hotelbett, während wir uns hier in der Jahresweltrangliste ganz weit vorne einreihen werden.

Abermals EnergyGel und warmes Iso, nur mehr ein paar Becher haben sie da. Die Nachfrage ist jetzt ja nicht mehr so groß. 20min nach mir wird die Strecke gesperrt. Wer bis 3h45 nicht die letzte Runde begonnen hat, darf nicht mehr weiter. So wird gewährleistet, dass nach etwa 5 Stunden der letzte Finisher im Ziel ist.

32km sind geschafft, es geht mir gut, warme Finger, die Kältegefühl am Rücken hat nachgelassen. Ich bin mir nicht sicher, ob es nun tröpfelt oder etwas schneit. Kein Nebel mehr, die Strecke sieht damit anders aus. Da und dort überhole ich noch einen. Als ich gehe, damit sich meine Oberschenkelmuskeln etwas erholen, spricht mir ein Pärchen Mut zu. Dem Brückenwart wünschen wir ein Gutes Neues Jahr, er uns auch. Heuer kommen wir hier nicht mehr vorbei.

3h59, zum letzten Mal die östliche Labestelle auf der Insel, es ist noch Verpflegung da. Noch 6km etwa. Es beginnt zu regnen. Übers Kraftwerk ans Ufer, die gelb markierten Wurzeln und dicken Bäume kenne ich nun. Ruhig ist es um mich. Als ich wieder auf Asphalt komme, ist der schon ganz nass. Es regnet nun etwas stärker. Egal, nass bin ich ohnehin schon.

Die Fotografen an der Klosterbrücke sind immer noch da, was für eine Ausdauer die haben!

Es wird eisig, ich rutsche bei jedem Schritt! Ich habe vielleicht noch 3km, Glatteis! Der Regen trifft auf gefrorenen Boden, nicht ungefährlich. Ich gehe auf der Wiese daneben, die ist leider sehr bucklig Nach einer Weile überholt mich das Pärchen von vorhin, sie laufen eingehakt.

Dann das Brücklein über den Werdbach, sogar das Geländer ist vereist. Drüben, wo die rot markierten Steine liegen, wieder etwas loser Untergrund. Da ist das Glatteis nicht so schlimm. Ich wage es wieder zu laufen und bin schneller als das Pärchen. Nun regnet es richtig stark, die beiden Mädchen verbreiten dennoch weiterhin gute Laune – vielen Dank dafür - und warnen uns vor dem Glatteis. Sie sind mit ihrem Job sehr zufrieden, wie sie mir versichern.

1km noch vielleicht, schön vorsichtig laufe ich am roten Pfeil rechts Richtung Sporthalle, wo ich erleichtert und fast ein bisschen glücklich um 4h43 über die Ziellinie überquere.

Schleunigst raus aus dem nassen Zeug. In der Garderobe treffe ich Roman und Günter, aktuell sind sie zeitgleich die schnellsten Marathonläufer Österreichs 2014. Willi als Dritter ist auch da. Die Dusche ist lauwarm, gegenüber draußen ist das eine gewaltige Verbesserung.

Im Zug Richtung Zürich treffen wir Klaus E. aus Dänemark. Ich kenne ihn aus Bratislava und Stockholm, erkannt habe ich ihn an seiner Frisur. Nicht-Frisur, wie er sagt. Er hat Mitte Jänner schon den nächsten Marathon am Programm.

Ich bin vorerst zufrieden, den weltweit ersten Marathon des Jahres absolviert zu haben. Jetzt wird erst einmal regeneriert.

  

Marathonsieger

Männer

1. Arnold Philipp, Cham                      2:43.48,1 
2. Knape Marcel, D-Erfurt                    2:44.56,1
3. Scherno Christophe, F-Saverne             2:48.19,5

Frauen

1. Müller-Amstad Astrid,  Russikon           3:10.45,5
2. Mokhtari Latifa, F-Strasbourg             3:24.04,8
3. Russenberger Doris, Winterthur            3:39.32,1

177 Finisher

 

 

Informationen: Neujahrsmarathon Zürich
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