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Laufberichte

Gut gemacht

02.03.19 Lahntallauf
 

Marburg – in der Mitte Hessens gelegen ist die rund 80.000 Einwohner zählende Universitätsstadt mit der Bahn und dem Auto aus allen Richtungen leicht erreichbar. Zum 27. Mal findet dort der Lahntallauf beiderseits des Flüsschens Lahn statt.

Der Ultra Sport Club Marburg mit Arne Pflüger als Chef kann dazu immer knapp 1000 Laufsportfreunde begeistern. Der Event bietet für Jedermann eine Gelegenheit, die Beinchen zu bewegen. Zehn Kilometer, Halbmarathon, 30 Kilometer, Marathon und 50 Kilometer stehen im Angebot. Eine vermessene Runde mit zehn Kilometer (93 Prozent Asphalt, sieben Prozent Gras und Schotterwege), auf der drei Verpflegungsstellen eingerichtet sind, und ein „Wurmfortsatz“, um es einmal medizinisch auszudrücken, der dann angehängt wird für die Halb- und Marathonstrecke, und schon sind die verschiedenen Streckenlängen bedienbar. Du läufst also eine oder mehrere Runden und für den Veranstalter hält sich der organisatorische Personalaufwand im Freibereich in Grenzen.

Ich reise mit der Bahn an, kann lesen, die Landschaft genießen oder ein Nickerchen machen. Für einen längeren Abendspaziergang in die Altstadt Marburg reicht leider nicht mehr die Zeit. Aber ich kann noch das festlich beleuchtete Landgrafenschloss bewundern, das auf dem Schlossberg des Marbacher Rückens im 11. Jahrhundert erbaut wurde. Heute werden dort Exponate zur Geschichte der Region ausgestellt, es finden Theateraufführungen, Konzert und mittelalterliche Märkte statt.

 

 

Ich werde bei meinem nächsten Ausflug noch einen Tag dranhängen müssen, denn alleine die Oberstadt wäre es wert zu besichtigen: Viele Fachwerk-Bauten, das Rathaus, die Kilianskapelle, die Kugelkirche und das Kugelhaus. Für Naturliebhaber warten Botanischen Gärten und Schlosspark.

Nach dem Frühstück marschiere ich auf einem Radweg entlang der Lahn zum Startgelände auf den Lahnwiesen unweit des Marburger Südbahnhofes. Dort ist alles geregelt. Ebenerdig finden wir die Cafeteria, wo du noch Kaffee, Kuchen und deftige Snacks zu günstigen Preisen erwerben kannst. Im Untergeschoss werden gerade die Startnummern (Einmalchip auf der Rückseite) ausgegeben. Zugaben gibt es keine, dafür ist das Startgeld sehr moderat. Nachmeldungen sind bis kurz vor dem Start möglich, Ummeldungen ebenfalls. Die Gegenleistung nach dem Finish sind nach dem Lauf Medaillen, Urkunden (aus dem Internet) oder Preise für die Gesamtersten aller Wettbewerbe. Ja, und eine kleine Läufermesse findest du unten auch noch, Schnäppchen warten. Köln Marathon Botschafter Dirk Pretorius quatscht mich an, er möchte heute mit mir zusammen laufen. Na ja, derzeit schätze ich den Dirk stärker ein. Wer weiß, ob ich da mithalten kann.

 

 

Etwa 25 Minuten vor dem Start um 10.00 Uhr macht sich das Gros des Läufervolkes auf den Weg zum Startgelände, der Weg ist ausgeschildert und nicht zu verfehlen. Umziehen kann man sich direkt auf den Wiesen, ein großes Zelt steht bereit. Taschen können dort auch gelagert werden, werden aber nicht bewacht. Hier wird nichts passieren Artur Schmidt, der bekannte und immer gut informierte Moderator aus Herborn, hat mich längst als Reporter entdeckt und ruft mich zum Mikrophon. Ich nutze die Gelegenheit, um unser Portal vorzustellen. Für den Startschuss steht kein geringerer als Marburgs Oberbürgermeister Dr. Thomas Spies bereit, der kurz vor dem Start ein paar Grußworte an uns richtet.

 

Start, erste Runde

 

Punkt 10.00 Uhr schießt uns der Herr OB auf die Strecke. Ein großes Feld setzt sich in Bewegung. Ich schieße noch ein paar Bilder, mache ein paar Schritte zurück, um noch über die erste der zwei Startmatten zu laufen und den elektronischen Kontakt für meine Zeitmessung auszulösen. Laufen, schauen und berichten, das hat Vorrang heute.

 

 

Der Kurs führt uns nun südlich entlang der Lahn und schwenkt später, noch vor Kilometer eins, an ein kleines Industriegebiet heran. Nach der Unterquerung der Südspange könnten wir bei der ersten Verpflegungsstelle schon versorgen. Ich sehe keinen, der schon jetzt etwas zu trinken benötigt. Die vier, fünf Helfer klatschen uns weiter. In unserer zweiten Runde werden sie genug zu tun bekommen.

Den folgenden Kilometer laufen wir auf dem Marburger Planetenlehrpfad, der auf einer Länge von gut sechs Kilometer die Entfernung der Himmelskörper und deren Größe sinnlich nachvollzieht.

Wir unterqueren die Eisenbahnlinie Kassel – Frankfurt (Main-Weser-Bahn) und nach 100 weiteren Metern die Stadtautobahn der Bundesstraße 3. Dort können wir später ein paar Läufer auf der anderen Seite sehen, die die drei Kilometer lange Schleife bei Cappel schon hinter sich haben.

Kurz nach dem dritten Kilometer finden wir eine weitere Verpflegungsstelle. Ich sehe neben dem Üblichen wie Wasser, Tee, Iso, Bananen, Salzbrezeln unter einem Biertisch auch noch eine Kiste mit hopfenhaltigem Getränk. Da freut sich der Bayer schon auf die  nächste Runde und greift diesmal noch einen Becher warmen Tee.

Wenn wir uns hier nach rechts drehen und auf den Vorort Cappel schauen, sehen wir die Spitze auf dem Radweg an der Umgehungsstraße (die heißt wirklich so) rennen. 500 Meter später sind wir im Stadtteil Cappel, das rund 7000 Einwohner zählt und am Fuße des Frauenberges liegt. Die spätgotische Kirche St. Martin wurde im 14 Jahrhundert erbaut. Wir verlassen die Hauptstraße und rennen an der Feuerwehrschule Marburg vorbei.

 

 

Kilometer fünf, eine halbe Runde liegt dann hinter uns. Jeder Kilometer ist hier mit großen Schildern markiert. Vor einigen Jahren war das Landschulheim Steinmühle Start und Ziel dieses Frühlingslaufes. Am Schulkomplex biegen wir rechts ab und rennen kurzzeitig wieder an die Lahn heran. Wir lassen das Bootshaus Steinmühle rechts liegen. Etwa 300 Meter führt unser weiterer Weg entlang der Stadtautobahn, deren Lärm wir dank der Schallschutzwände fast nicht hören. Und dann sind wir an der Unterführung, wo jetzt auf der anderen Seite von Läufern auf der zweiten Runde noch nichts zu sehen ist.

Wir bleiben auf der anderen Seite der Bundesstraße 3, Kilometerschild sechs folgt.  Später geht es wieder unter der Eisenbahn hindurch in den Ortsteil Gisselberg, wo nach einer Rechtskurve eine weitere Tankstelle folgt. Dirk, der Bazi, hat hier das Bier (unter dem Biertisch) entdeckt, lässt sich eine Pulle geben und will auch den Autor zu einem Schluck animieren. Der lehnt noch ab, macht aber für die nächste Runde schon eine Zusage.

Wir verlassen Gisselberg bei Kilometer sieben. Ich sehe auf einen langen, später evtl. monotonen Radweg an der Gießener Straße, die uns nach Marburg zurückbringt. Man sieht am Beginn einen Kilometer weit, läuft am Vereinsheim der Marburger Ruderer (von 1911) vorbei, dann gesellt sich die Lahn wieder dazu. Gegen die Langeweile quasselt mich der Dirk fast tot, dann muss ein Mädel dran glauben - Michelle, sie läuft den 30er. Bei Kilometer acht wartet die einzige bemerkenswerte Steigung. Ansonsten ist der Kurs brettleben, es geht ein-, zweimal einen Deich hinauf und wieder hinunter. Angeblich hat eine Runde weniger als 40 Höhenmeter.

 

 

Die Steigung endet und langsam hören wir die Moderation vom Start- und Zielbereich, obwohl wir noch mehr als einen Kilometer für die erste Runde laufen müssen. Ein paar Augenblicke später steigt unser Kurs ein wenig auf die Brückenrampe an, wir überqueren die Lahn. Zielfahnen, Zelt und viele Leute sehe ich noch von der Brücke aus. Einige Helfer sind an beiden Brückenrampen stationiert und halten für uns eine Laufbahn frei, denn Radfahrer, Spaziergänger oder Finisher des 10 Kilometerlaufes kommen uns entgegen.

An der jenseitigen Brückenrampe muss ich an der Haarnadelkurve das Tempo reduzieren, es geht hinunter auf die Lahnwiese und nach wenigen Schritten endet die erste Runde. Dirk und ich werden von Artur angekündigt. Knapp 55 Minuten zeigt die Uhr an, Dirk ist zufrieden, will er doch auf eine sub vier hinaus. Ich für meinen Teil bin mir nicht so sicher, hat es mich doch im letzten Jahr auf der letzten Runde arg gebeutelt. Ich fühle mich jetzt aber noch gut in Schuss.

 

Runde zwei

 

Das Feld hat sich ein wenig ausgedünnt, die 10 Kilometerläufer sind im Ziel oder sind in Kürze fertig mit ihrer Laufeinheit. Die Ergebnisliste wird am Abend 345 Teilnehmer über diese Distanz aufweisen. Das Mädel von vorher hat sich nach vorne aus dem Staub gemacht, dafür wird jetzt Daniel von Dirk zugetextet. Sein Laufshirt ist das Thema, es ist vom Rurseemarathon. Der Lauf fehlt mir noch.

 

 

An der zweiten Tankstelle ist es soweit, wir nehmen ein Bier. Die Flasche geht zwischen mir und Dirk nur zweimal hin und her, dann ist sie leer. Die Helfer wollen schon eine Zweite holen, da machen wir uns wieder auf den weiteren Weg. Nun wird die nächste Dame angequatscht, Nicole von der LG Vellmar. Na ja, auch Nicole lässt uns stehen und kommt als drittschnellste Marathon-Frau ins Ziel, Respekt.

Die zweite Runde endet, wir sind auf die Minute genauso schnell unterwegs wie in der ersten, die Uhr zeigt knappe 1.50 Stunden. Kurz zuvor holt uns der führenden Marathoni ein, Marian Bunte, und der hat einen Riesenvorsprung zum zweiten Marathoni. Mit 222 Finishern ist der Halbmarathon zahlenmäßig gut besetzt.

 

Runde drei

 

Wir gehen mit dem gleichen Schwung in die dritte Runde. Das Feld hat sich weiter auseinandergezogen, auch wenn wir auf den ersten zwei, drei Kilometern noch einige Läufer vor und hinter uns sehen. Dirk unterhält mich und andere weiter am laufenden Band.

Beim Gegenverkehrsbereich in der Unterführung kommt uns die Führende Susanne Gölz auf dem 50er entgegen. „Die wird uns noch einholen“, so schätzt Dirk sie ein. Und gegen Ende der dritten Runde, ich muss mich nun schon arg plagen, bemerkt Dirk meine Schwäche. „Musst du schon kämpfen?“ Eine Antwort bringe ich nur mit Atempausen heraus. Ich möchte ihn ja gerne weiterschicken, aber er meint nur: „So leicht wirst du mich nicht los“. Kurz vor dem Ende meiner dritten Runde werden wir vom Zweiten des Marathonlaufes eingeholt. Ich sehe noch, wie sich Tim Rose ausgepumpt am Boden niederlässt. 57 Minuten haben wir für Runde drei benötigt, da sind zwei Minuten liegengeblieben. 89 Sportler belassen es bei den drei Runden.

 

Runde vier und Zusatzschleife

 

„Du bleibst jetzt noch bei mir bis zur nächsten Tankstelle“, befiehlt mir Dirk, „ich mache für dich den Schrittmacher, bleib im Windschatten.“ Nach gut drei Kilometer sehe ich nur das Profil von  Dirks Laufschuhen, so sehr gibt er jetzt Gas. Wäre der Untergrund Splitt, würden mit die Steinchen um die Ohren fliegen. Innerhalb von einem Kilometer nimmt er mir 100 Meter ab. Ich versuche, noch ein wenig dranzubleiben, das gelingt sogar. Vielleicht hat es geholfen, einen Schuss Cola in die Hopfbrühe zu mischen.

Es gelingt mir sogar, auf ein, zwei Konkurrenten aufzulaufen, dann hole ich Corinna ein, die heute Tanja auf ihrem ersten Marathon begleitet. Beide sind eine Runde zurück, muss ich ehrlicherweise sagen. An der nächsten Tankstelle steht Dirk wieder da, eine Pulle an der Hand, er hat wohl einen Ratsch mit den Helfern gehalten. Ich nehme mir nochmals ein Colabier und hoffe, dass ich für die letzten sechs Kilometer noch genug Kraft habe. „Wir sind gut unterwegs“, meint Dirk. Viel Zeit lassen wir nicht mehr liegen, aber verzögern brauchen wir unser Tempo auch nicht. Ich komme die Steigung bei Kilometer acht einigermaßen mit Schwung hoch. Noch vier Kilometer.

Nach der Haarnadelkurve an der Lahnbrücke geht es in die Zusatzschleife, es fehlen ja noch etwas mehr als zwei Kilometer. Die Helfer passen auf, dass man auf dem richtigen Weg bleibt. „Wir schaffen sub vier“, glaubt Dirk mit Blick auf seine Uhr. Das kann er, exakte Zeiten laufen, schließlich ist er mehrmals im Jahr als Zeitläufer bei großen Events dabei. Zuletzt habe ich ihn in Köln bei seinem Pacerjob gesehen.

Die fehlende Strecke geht einen Kilometer weiter die Lahn hinauf in Richtung Bad. Die Schleife ist gut gewählt, man kann Läufer vor und hinter sich  motivieren, ansprechen oder abklatschen. Es macht wirklich Spass, obwohl wir schon mehr als 40 Kilometer in den Füßen haben. Dann sehe ich die Beachflag, die unseren Wendepunkt markiert. Wir werden aufgeschrieben, es geht zurück. Es gibt sogar noch Applaus von zwei Saunagängern des Aquamar. In Schlagdistanz rennt vor uns Birgit, aber näher kommen wir ihr nicht.

Letzter Kilometer. Der führt noch an einem Biergarten vorbei, wo jetzt keine Menschenseele zu sehen ist.

„Die Zeit ist safe,“ meint Dirk bereits im Zielnähe. Als wir die Uhr sehen können, kommt ihm ein „Hola“ aus, weil er eine hohe 3.59 sieht. Doch es langt, 15 Sekunden vor dem Stundensprung laufen wir unter dem Zieltransparent durch und kommen auf Rang 36 und 37 des 80 Köpfe zählenden Marathonfeldes. Artur nimmt uns sogleich für ein Zielinterview in Beschlag.

 

 

 

Im Ziel

 

Ich bleibe noch eine ganze Weile im Zielbereich und fotografiere viele Finisher, die jetzt einlaufen. An einem separaten Tisch wird dir die Medaille umgehängt und daneben gibt es auch noch etwas zu futtern und zu trinken.

In der Halle wartet dann schon Dirk mit einem kühlen Bier auf mich. „Auf uns“, meint er kurz und hebt an. Ja, das hamma gut gemacht.

Gut gemacht haben es auch die Macher des Ultra Sport Clubs. Ich bin hochzufrieden und auch die Zeit passt. Toll haben uns die vielen freundlichen Helfer an der Strecke motiviert, danke. Jetzt wäre es vielleicht an der Zeit für mich, auch den Nachtmarathon (am 05.07.2019) zu probieren.

 

Ergebnisse Marathon (80 Finisher)
Männer:

1. Marian Bunte, Bunert – Der Kölner Laufladen, 2.39.22
2. Tim Rose, Trace Performance Coaching, 2.46.48
3. Martin Jäger, Eintracht Frankfurt, 2.58.47

Frauen:
1. Sylke Kuhn, 100 Marathon Club / LG Vellmar, 3.24.42
2. Patricia Rolle, LG Nord Berlin Ultrateam, 3.41.53
3. Nicole Fietkan, LG Vellmar, 3.45.07

Ergebnisse 50km (83 Finisher)
Männer
:
1. Christoph Lux, TG Viktoria Augsburg, 3.25.32
2. Jörn Hesse, 100 Marathon Club, 3.37.23
3. Marcus Baldauf, Rennsteiglaufverein LG Süd, 3.45.42

Frauen:
1. Susanne Gölz, LG Ultralauf, 3.43.40
2. Ina Schoebel, Laufstil Sinn, 4.08.37
3. Ewa Szczeblewski, LT Kassel, 4.12.49

 

Informationen: Lahntallauf
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