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Laufberichte

Maraton Málaga: ¡Animo Kelbel !

09.12.18 Special Event
 
Autor: Joe Kelbel

Hab bei der Anmeldung Vor-und Nachname verwechselt, jetzt steht „Kelbel“ auf meiner Startnummer. Das wird ein Spaß! Der Spanier braucht die umgedrehten Satzzeichen um sich auf die  Betonung bei Beginn eines Satzes einzurichten. Und ich brauche Sonne.

Zwanzig Euro für den Flug. Um 18 Uhr lande ich in Malaga. Die Marathonmesse ist vier Kilometer östlich des Flughafens im Sportpalast, also mit dem Taxi hin. Der Palast wurde nach einem Politiker benannt, der tot ist. Den Frühstückslauf begrabe ich auch gleich, denn wer will schon um den Flughafen laufen?

In der Halle dankbare Ruhe. Startnummer abholen geht nicht, „Kelbel“ wird nicht gefunden. Also zurück zu den ausgehängten Zetteln am Eingang. Nicht nur ich habe meinen Namen vertauscht.

Mit der Metro weiter in die Innenstadt. Die Uhren der Metro zählen nicht 60 Sekunden, sondern 59. Sie haben einen Sekundenzeiger im englischen Stil, wobei der Zeiger bei 59 eine Pause macht. Auf der website der Veranstaltung kann man „englisch“ anklicken, was nichts bringt. Informationen gibt es in pdf-Format, auf Spanisch und sind veraltet. Seltsam für eine Stadt, die fest in britischer und deutscher Hand ist. Schreibt man eine email an die Organisation, erhält man keine Antwort, schreibt man vier emails, auch auf Spanisch, dann auch nicht.  

 

 

Samstags erst Mal den Startort, den Paseo del Parque erkunden. Genauer Ort: Frente al Ayuntamiento de Málaga, also Parkpromenade vor dem Rathaus von Malaga. Darüber ist der Monte Gilbrafaro, Leuchtturm von Gibraltar, die maurische Bezeichnung für Jebel (Berg) Ziyad. Tarik ibn Ziyad war der Gouverneur von Tanger, der sich mit dem Grafen von Ceuta verbündete und 711 Spanien eroberte, weil die Tochter des Grafen, Cava Florinda, vom Westgotenkönig Roderich angeblich geschwängert wurde. Genialer Blick über die Stadt, den Hafen und die Stierkampfarena. Neben der Festung des  Monte Gilbrafaro ist die Alcazaba, die Kasbah von Malaga und das römische Theater.

Abends zur weihnachtlichen Lichtshow auf die schöne Einkaufsstraße Calle Marqués de Larios. Schnell wieder weg, zu viele Menschen, zu laute Musik.

 

Marathontag:

 

Als ich um 7:30 aus der Herberge trete, sind die Gassen der Altstadt noch mit Nachtschwärmern gefüllt. Mädchen singen mutmaßlich schmutzige Lieder. Vor dem Museum des spanischen Thyssen-Ablegers riecht es streng nach Urin.  Bis zum westlichen Ende des großen Stadtparks laufe ich durch den Stadtteil Soho, dem Kunstviertel, Emblem für Street Art und Underground-Kultur. Man muss also nicht nach Berlin, um Graffitis an Gebäudewänden zu bewundern. Gesamtwerke von Künstlergruppen, wie Obey, dessen Lable Zalando gekauft hat. In El Soho ist auch das El Rincón Del Cervecero, die Brauereiecke, die ich nun kenne.

15-20 Grad sind heute angesagt, die  Sonne geht langsam über dem Hafen auf. Die riesigen Kreuzfahrtschiffe haben gestern Abend abgelegt, die Fähre nach Afrika wird gerade mit Lastwagen beladen. Der Malaga Park ist dicht bewachsen mit tropischen und subtropischen Pflanzen, jede hat sogar ein Namensschild. Start und Ziel sind hier.

Frank und Jonas fragen nach der Kleiderbeutelabgabe, die ist in der Tiefgarage an der Stierkampfarena. Hätten die mal lieber nach der Startzeit gefragt! Die ist nämlich auf 8:30 Uhr vorverlegt worden, was man in der Ausschreibung nicht deutlich gemacht hat.  

 

 

Erstmalig gibt es einen Halbmarathon, wohl auf Wunsch von Kollege Wolfgang. Weil wir nun 5000 Läufer sind, wurde die Strecke geändert. Sie soll nun breiter und attraktiver sein und verläuft auf einer Höhe von 4 bis 19 Meter ü.M, insgesamt  sind 124 Meter zu bewältigen.

Dan, den Franzose, der normalerweise als Moses läuft, werde ich beim Bärenfels an Heiligabend wiedersehen. Er ist mit Gilles angereist, der als Torero verkleidet ist. Am Starttor singt ein Typ live. Bisschen schnulzig, aber  passt!

In den Startblock rein. Ich hatte wohl 4:14 als Zielzeit angegeben. Nach zwei Minuten bin ich über der Startlinie. Nicht vergleichbar zu Shanghai mit seinen 35.000 Läufern, in Malaga kann man sogleich stressfrei loslaufen. Straße breit, disziplinierte Läufer. Die Halbmarathonläufer sind eine Bereicherung.

Mit der Überquerung des Guadalmedina erreichen wir die breite Avenida de Andalucia mit ihren Gebäuden aus den 70ern. Nach vier Kilometern ändert die Laufstrecke ihre Richtung, wir laufen direkt nach Süden auf das Mittelmeer zu, das wir mit Kilometer 6 erreichen.

Jonas und Frank überholen mich, sie sind als Letzte über die Startlinie.  Angeblich deshalb wird Jonas  seine sub3 um 10 Sekunden verpassen.

 

 

Küstenstraße Richtung Hafen, wieder Überquerung des Guadalmedina und schon sehen wir das Riesenrad, den Mirador Princess Malaga. Eine Fahrt kostet sieben Euro. Links jetzt das Fischerdenkmal. Die Skulptur des Cenachero ist eines der Wahrzeichen der Stadt und nimmt Bezug auf einen verschwundenen Beruf. Die Fischer trugen den Fisch in einem Korb aus Gras, der Ihnen von den Schultern hing. Wir sind wieder in Höhe des Malaga Parks und biegen in das Glanzstück der Marathonstrecke ein.  

Hier höre ich das  ¡Animo Kelbel! zum ersten Mal. Das könnte man auch als „anmutig“ übersetzen, für mich passender ist das „Animal“ was mir ein anderer Zuschauer zubrüllt.

Die Hafenpromenade ist durch den Palmeral de las Sorpresas (Palmenhain der Überraschungen), einer schattenspendenden Konstruktion überdacht. Eigentlich nichts Besonderes, aber in Verbindung mit dem Einkaufsbereich, den Schiffen und Menschen ein netter Ort zum Flanieren, Glotzen und Entspannen.

Bei Kilometer neun erreichen wir den Paseo de la Farola, die Promenade, die zum Leuchtturm von 1817 führt. Mit dem weiß strahlenden Leuchtturm endet das Shoppingzone. Nun geht es weit hinaus zum Kreuzfahrtterminal. Die Kreuzfahrtschiffe legen erst mittags an, jetzt sieht man die großen Fährschiffe und die schnelleren Läufer auf der Gegenseite. Strahlende Sonne, leichte Brise, mir geht es blendend, mein schlechter Lauf von letzter Woche ist vergessen. Der Wendepunkt bei Kilometer 11 ist lustig. Super Streckenführung.

 

 

Als ich wieder zurück am Leuchtturm bin, überholt mich der 4:15er Pacer.  Am königlichen Jachthafen stößt seine 4:15 Kollegin grinsend zu uns, sie hat das Begegnungsstück ausgelassen. Hinter dem Turm, direkt am Strand ist das Chiringuito La Farola, wo ich mir gestern den Bauch vollgeschlagen habe: Meeresfrüchte auf Holzkohlefeuer gegrillt.

Wir laufen nun am östlichen Strand der Hafenhalbinsel der Küste entlang, am berühmten Playa la Malagueta und dem ruhigeren Playa de la Caleta bis zum Wendepunkt bei Kilometer 16. Sehr schönes Begegnungsstück unter Palmen mit Blick auf den endlosen Strand. Jürgen und Arven schließen auf, wir werden uns bei der Brocken Challenge wiedersehen. Wir begleiten die Halbmarathonläufer zurück zum Malaga Park, das 21 Kilometerschild ist 500 Meter zu früh aufgestellt worden. Die nächste Runde, die nicht gleich der ersten ist, beginnt mit der bekannten Hafenpromenade und führt dann Richtung Süden am Strand entlang. Der 4:30 Pacer bleibt stehen und fordert uns unmissverständlich auf, doch dran zu bleiben.

Offiziell werden für den Marathon sechs Stunden gegeben, doch auf der Gegenseite sehe ich niemanden, der in dem Bereich läuft, es wäre auch zu einsam. Wir sind auf der „Mainzer Landstraße“ von Malaga. Langweilig und doch mit schönem Meerblick. Einige jüngere Läuferinnen sitzen mit  schmerzverzerrten Gesichtern am Streckenrand. Die radfahrenden Sanitäter helfen mit Eisspray und guten Worten. Die Helfer an den Verpflegungsstellen feuern uns enorm gut an, laufen lachend und mit Wasserflaschen auf mich zu, um dieses „Kelbel“ zu entziffern. Die Helfer sind einmalig gut drauf, an jeder Verpflegungsstelle flippen die regelrecht aus, und das alle 2,5 Kilometer! Lob!

Bei Kilometer 26 unserer Laufstrecke überqueren wir den Rio Guadalhorce, biegen nach Nordwesten ab. Schönes Highlight ist das Stadtstadion, wo gestern der Frühstückslauf über zwölfeinhalb Runden stattgefunden haben muss. Dann umrunden wir den Sportpalast, wo die Startnummernausgabe erfolgte. Die Mädels der Zumbaband schütteln wild ihre Möpse, da kommt Stimmung auf!

 

 

Der erste Spanier, der die Welt zu Fuß umrundete, war der aus Málaga stammende Nacho Dean Mouliaá. Er begann seine Reise am 21. März 2013 und kehrte drei Jahre später zurück. Ich möchte eigentlich nicht so lange laufen, doch mein Tempo lässt nach. Zum Glück brauche ich keine Fotos zu schießen, erst ab Kilometer 40 wird es wieder interessant. Gänzlich öde wird es am Fußballstadion, wo eine „Band“ Schlafmusik einübt. Sie übertreffen damit sogar die zwei Gitarristen vorhin im Stadtstadion.

Rechts führt die Puente de los Alemanes über den Guadalmedina. Die Geschichte geht auf das Jahr 1900 zurück, als ein Sturm die deutsche Fregatte Gneisenau zum Kentern bringt. Viele Einwohner Málagas kamen den Seeleuten zur Hilfe. Als im Jahr 1907 der Guadalmedina die Brücken von Malaga fort riss, revanchierten sich die Deutschen und sammelten Spenden für eine neue Brücke. Langsam muss ich mich auf den Schlussspurt durch die Innenstadt vorbereiten, also Gehpausen einlegen.

Mit dem Passieren des Teatro Romano beginnt der Spießrutenlauf durch die Altstadt. Die Laufstrecke ist relativ schmal abgesperrt, damit die Flaneure, davon gibt es reichlich, uns nicht in die Quere kommen.

Im Sockel des Torrijos Denkmals am Plaza de la Merced sind die sterblichen Überreste José Maria Torrijos inklusive seiner 48 Kameraden aufbewahrt. Sie wurden im spanischen Unabhängigkeitskrieg gegen Napoleon erschossen. Hier am Platz ist auch das Geburtshaus von Picasso.

Die Santa Iglesia Catedral Basîlica de la Encarnación wird „La Manquita“ genannt, die Einarmige, weil niemand den gesamten Namen aussprechen kann. Und, traurig aber wahr, die Kirche wurde wegen Geldmangel statt wie ursprünglich geplant mit zweien nur mit einem Turm erbaut. In der Nähe „der Kirche“ ist der ehrwürdige Plaza del Obispo mit seinem wunderbaren Barockstil. Hoch und runter geht es durch die Altstadt, mit viel zu hohem Tempo, weil mich so viele Menschen anfeuern.

 

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Die Calle Marqués de Larios ist grandios, hier gönne ich mir eine Foto-Gehpause und biege auf den finalen Paseo del Parque ein. Ganz weit hinten leuchten zahllose, verschiedene Zieltore. Bis dahin muss ich durch enorm viele Flaneure, die die Laufstrecke kreuzen. Wegen des Marathons sind die Leute nicht hier, sondern wegen des Marktes, dessen Buden links und rechts stehen. Der Duft von Popcorn steigt mir in die Nase. Macht Spaß, man bildet für mich eine breite Gasse. Und jetzt der Zieleinlauf, ich gebe nochmal ordentlich Gas und komme völlig fertig im Ziel an.

Klasse Veranstaltung, und wie die das mit dem Wetter gemacht haben! Ich komme wieder.

 


 
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