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Laufberichte

Hoh Chi Minh City International Marathon

02.12.18 Special Event
 

Auf dem Zweirad-Taxi im Speedrausch


Ich bin nun schon die dritte Woche auf Marathon-Tour in Südostasien unterwegs. Meine Destination nach Bangkok und Penang ist diesmal die inzwischen 10 Mio. Einwohner zählende Metropole Ho Chi Minh-City (HCMC), benannt nach dem berühmten kommunistischen Führer, im Süden Vietnams, wo am Sonntag ab 04:30 Uhr die erst zweite Auflage des von der Techcombank unterstützten Laufevents stattfinden wird.   

Nach den turbulenten Flügen inmitten einer Schlechtwetterfront zunächst mit einer alten, kurz  vor dem Start noch mit Tonnen zusätzlichem Frachtgut überladenen Boing 707 von Penang nach Kuala Lumpur und dann weiter mit einer 737-800er ebenfalls der Malaysia Airlines nach HCMC, bin ich nach der Ankunft am Tan Son Nhat International Airport, dem größten Flughafen Vietnams, heilfroh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.

Der neben mir gesessene Holländer erzählt, dass er auch fünf Nächte in der Stadt bleiben will. Wir beide haben von zu Hause aus eine Vietnam Airport Service Application elektronisch ausgefüllt, die nach einer Vorauszahlung von 15 USD den Erwerb des obligaten Visums beschleunigt. Am Schalter sind dann nur mehr 25 USD in Cash über einen Mittelsmann, der mich bei der Ankunft prompt mit einer großen Namenstafel erwartet hat, zu entrichten. Mit dem zusätzlichen Fast Track Service um weitere 15 USD bin ich im Gegensatz zu Hunderten in mehreren Schlangen angestellten Touristen nach 10 Minuten schon abgefertigt.

Nun hinaus in die Freiheit, sofern es die in einem postkommunistischen Land mit einem sozialistischen Einparteiensystem überhaupt gibt. Am Flughafen sind überall Militärs in grünen Uniformen anzutreffen. Die Flagge mit dem gelben fünfzackigen Stern, der die Führung der Kommunistischen Partei Vietnams symbolisiert, auf rotem Untergrund soll auch an den Sieg des kommunistischen Nordens über den von den USA unterstützten Süden erinnern. Rot steht für Erfolg und Revolution, die fünf Zacken beziehen sich auf Arbeiter, Bauern, Soldaten, Intellektuelle und die Jugend.

Draußen regnet es in Strömen, der mörderische Autoverkehr wird durch eine unübersichtlich hohe Zahl von wie wild in allen Richtungen fahrenden Lenkern und Lenkerinnen auf Kleinmotorrädern und Mopeds bestimmt. Motorisierte Zweiräder sind hier Fortbewegungsmittel Nr. 1. Die Ampel ist grün, doch niemand bleibt stehen, ich komme erst dann auf die andere Straßenseite, als ich mich Einheimischen, die in den Fließverkehr mutig hineintreten, anschließe.

Nur Privilegierte können sich hier ein Auto leisten, während neue Mopeds schon ab einem Preis für ca. 500 US-Dollar angeboten werden und einen zentralen Stellenwert in der Lebensweise der Menschen haben. Busse stellen keine wirkliche Alternative im öffentlichen Nahverkehr dar. Auch schwere Lasten werden auf dem Moped transportiert.

Die Busfahrt zum Orchid Saigon Hotel dauert im Stau an die 30 Minuten, ich bin auf Entspannung nach den Turbulenzen beim Fliegen und dem total hektischen, ungeregelten Individualverkehr auf den Straßen eingestellt. Doch mir gefällt das gebuchte Superior-DZ im 5. Stock neben der Aufzugstüre nicht, der Wechsel in ein anderes, einen Stock tiefer liegendes, erweist sich als falsche Entscheidung – die Klimaanlage funktioniert nicht richtig. Doch die Angestellten im Hotel sind hilfsbereit, überaus freundlich und auch flexibel: mit dem etwas kleineren Zimmer  und einer bestens funktionierenden Aircondition habe ich mein Revier für die kommenden sechs Tage abgesteckt. Ich habe ja vor, mich hier touristisch in Nahbereich des einstigen Sài Gòn, das erst 1976 nach der Wiedervereinigung von Nord- und Südvietnam nach dem 1969 verstorbenen nordvietnamesischen Staatschef Ho Chi Minh umbenannt wurde, umzusehen.

 

 

 

Drei Tage Zeit, um die Stadt kennenzulernen

 

Ich erinnere mich noch an die vielen weltweiten Proteste gegen den Vietnam-Krieg Mitte bis Ende der 1960er-Jahre. In den USA traten Martin Luther King, der Boxer Cassius Clay, die Sänger Bob Dylan und Joan Baez dagegen auf, die deutsche Studentenbewegung unter Rudi Dutschke opponierte genauso wie die Regierungen in Schweden und Kanada dagegen. Mit dem überraschenden Angriff  von Spezialeinheiten der Vietcong-Truppen auf die US-Botschaft in Saigon am 31. Januar 1968 war die – letztlich trotz brutalem Bombenkrieg mit Napalmeinsatz – Niederlage der USA eingeleitet worden. In Kinofilmen wie bspw. Deer Hunter, Platoon oder Rambo II wurde versucht, die Reputation der Amis z.T. wiederherzustellen, doch die von GIs begangenen (inzwischen verjährten) Greueltaten  (auch an der Zivilbevölkerung), ebenso wie von Nord -und Südvietnamesen gegeneinander, können als (zumeist nicht aufgearbeitete) Kriegsverbrechen bezeichnet werden. Ich werde daher in den kommenden Tag das Kriegsmuseum von HCMC besuchen.

Die heutige Ho-Chi-Minh-Stadt ist in 19 Bezirke und fünf Landkreise unterteilt und verdankt ihr städtebauliches Erscheinungsbild vor allem der französischen Kolonialherrschaft, die 1954 mit dem Ende des Indochina-Kriegs auch ihr Ende nahm.

Von Orchids Saigon Hotel aus sind alle wichtigen Sehenswürdigkeiten im Umkreis von max. 1 ½ km und damit in Gehweite leicht erreichbar. Die nur 400 m entfernte römisch-katholische Kathedrale „Notre Dame“ mit einer davor befindlichen Marienstatue wurde zwischen 1877 und 1883 im neoromanischen Stil erbaut. Sie ist eines der Wahrzeichen der Stadt und das Zentrum der katholischen Kirche in Südvietnam. Ihre beiden Türme aus Ziegelstein sind 40 Meter hoch, derzeit ist sie allerdings wegen Renovierungsarbeiten eingerüstet.

50 m daneben an der Dong Koi befindet sich das zwischen 1886 und 1891 gebaute und herausputzte Hauptpostamt der Stadt. Die Stahlkonstruktion für das Postamt entwarf Gustave Eiffel. Ein Selfie mit einem an der Wand befestigtem Portrait des großen Revolutionsführers Hồ Chí Minh, der Premierminister (1945-1955) und Präsident (1945-1969) der Demokratischen Republik Vietnam war, mache ich auch.

Ein paar Hundert Meter weiter steht das frühere Rathaus von Saigon, das „Hôtel de Ville“, ein 1906 im französischen Kolonialstil errichteter üppiger Bau und heute Sitz des Volkskomitees von Saigon. Es ist eines der beliebtesten Fotomotive der Stadt, insbesondere mit der Statue von Hồ Chí Minh davor.

Hier befinden sich auch alle namhaften, besser ausgestatteten Unterkünfte, wie z.B. das Hotel Caravelle, früher eine bevorzugte Adresse westlicher Journalisten und Kriegsberichterstatter oder das Hotel Continental, mit einem sich drehenden Globus und ockerfarbenen Dach, die auf die französische Kolonialzeit in Vietnam zurückgehen.

Beim Zoologischen Garten  befindet sich das Historische Museum, in dem Gebäude mit einem Pagoden ähnlichen Dach wird die Geschichte Vietnams von den frühen Entwicklungsstufen bis zum Ende der französischen Kolonialherrschaft dargelegt. Der Besucher findet hier zudem Kunsthandwerksobjekte, Gemälde, Buddha-Bildnisse aus ganz Asien, sowie ein Wasserpuppentheater mit täglichen Vorstellungen vor. Der hier angeschlossene Botanische Garten mit Sammlungen tropischer Pflanzen besteht bereits seit 1864.  

Ebenfalls nahe meinem Hotel steht der 1966 erbaute Wiedervereinigungspalast, ein Betonklotz mit ausgestellten Kriegsartefakten im weitläufigen Parkareal. Im Revolutionsmuseum werden viele Fotos und Gegenstände aus dem Krieg gezeigt. Ausgestellt sind auch Kleidungsstücke vietnamesischer Soldaten. Geführte Touren zu den unterirdischen Bunkeranlagen kann man zusätzlich buchen.

Interessant ist ein Besuch des 1914 errichteten und 1986 renovierten Benh Thanh Marktes mit einer Größe von 13.000 m² und etwa 1500 Ständen mit einem bunten Angebot und lebendiger Atmosphäre. Er gilt als eines der Wahrzeichen des alten Saigon. Angeboten werden Bekleidung, Lebensmittel, frische Handelswaren wie Gemüse, Obst, Fische und Blumen sowie Souvenirs. Speziell der angeschlossene Fleisch- und Fischmarkt, der nur vormittags offen hat, bietet tolle Fotomotive. Man graust sich vor all den Innereien, die bei uns entsorgt oder zu Tierfutter verarbeitet, hier aber von den Menschen als Delikatesse verspeist werden.

An der Dong Du steht die in den 1930er Jahren erbaute Zentralmoschee mit weiß und blau getünchten Mauern und vier Minaretten. Südlich des Hotel Rex befindet sich der Tempel Sri Thendayyuthapani, dessen ornamentaler Torturm emporragt.

Das Hồ-Chí-Minh-Museum befindet sich im 1863 errichteten früheren Sitz der Zollverwaltung. Es zeichnet anhand von Fotografien, Dokumenten und Artefakten den Kampf des vietnamesischen Volkes gegen die französischen und US-amerikanischen Besatzer nach.

Im Kriegsopfermuseum gibt es eine beeindruckende Sammlung von Panzern, Flugzeugen und Schusswaffen, die von der US-Armee erbeutet wurden. Eine schockierende Fotogalerie zeigt Kriegshandlungen, den Einsatz von Napalm sowie der Entlaubungsmittel, die über Vietnam versprüht wurden. Neben der Umweltzerstörung kam es dadurch bei den in den Kampfgebieten lebenden Menschen zum Auftreten von Krebs, Geburtsschäden und Missbildungen.  

 

Der Marathontag beginnt früh

 

Noch vor der Dunkelheit bin ich gestern die ca. 1,5 km auf der Le Duan hinauf zum Zoo spaziert, wo sich auch das Historische Museum befindet, vorbei am Deutschen Haus, das 2017 errichtet wurde, 25 Stockwerke hat und die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen beiden Ländern ausbauen helfen soll. Auch Audi hat gleich gegenüber seine Firmenrepräsentanz in Ho Chi Minh Stadt. Ich habe mein Hotel bewusst so gewählt, dass ich zeitig in der Früh zum Lauf gehen kann, ohne auf ein Taxi angewiesen zu sein.

Als ich gegen 03:20 Uhr beim Start eintreffe, ist das Läuferaufkommen noch gering. Bald aber herrscht dichtes Gedränge, der US-Platzsprecher verweist auf mehr als 8.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 63 Ländern bei allen Bewerben, wobei bei den später angesetzten 10 km- und 5 km- Rennen wohl die meisten Teilnehmer anzutreffen sein werden. Marathon und Halbmarathon werden beide zur gleichen Zeit gestartet, nämlich um 4:30 Uhr. Einen Kleiderbeutel kann man auch abgeben, ein Aufkleber auf die Startnummer ist der Beleg.

 

 

Ich schau mich um, die Mehrheit sind Asiaten, aber auch Europäer und Amis sind hier dabei. Es gibt fünf Korridore, ich habe mich für die Kategorie D – unter  5 Stunden – angemeldet. Mit mehr als 2 Minuten Verzögerung nehme ich nach dem Startsignal das Rennen auf. Seit Penang spüre ich wieder mein vor mehr als zwei Jahrzehnten operiertes linkes Knie und kann daher nicht richtig auftreten.

Ich habe damit gerechnet, dass die wilde Moped-Armada, die ja zu jeder Tageszeit unterwegs ist, vor den Gittern der gesperrten Zufahrten zur Laufstrecke nicht Halt machen würde. Doch noch ist stockfinstere Nacht, erst im Morgengrauen sollte sich dies ändern.

Die Strecke führt an bedeutenden Touristenattraktionen wie dem Wiedervereinigungspalast, der Kirche Notre Dame und dem historische Postamt vorbei, die ich an den Vortagen meines Aufenthaltes schon aufgesucht habe. In der Nacht sieht man die Gebäude aber kaum.

Es geht auf der breiten Dung Khoi Promenade weiter, die dort befindliche 1899 eröffnete Saigoner Oper ist einigermaßen beleuchtet. Der ganze Bereich ist hier wegen des von einem Bankenkonsortiums unter deutscher Beteiligung fremdfinanzierten U-Bahnbaus ja teilweise mit meterhohen Verschalungen eingegrenzt. Die zukünftige Metro soll den Individualverkehr zwischen den Vororten und der Innenstadt reduzieren. Doch noch haben hier Hundertausende Mopeds und nur wenige SUVs den Vorrang, Fußgänger das Nachsehen.

Wir nähern uns dem gut beleuchteten Rathaus, dann folgt eine Wende – infolge der Dunkelheit kann man kaum erkennen, das jeweils auf der anderen Seite der Straße Läuferinnen und Läufer der Vor und Nachhut unterwegs sind. Das Fünfsternhotel Rex erstrahlt in weihnachtlichem Lichterglanz.

Die ersten 5 km sind somit im Herzen der Stadt verlaufen. Das nächste markante Objekt ist der Bitexco Tower zu unserer Rechten. Die Halbmarathonläufer biegen jetzt ab, für die Marathonis geht es in südwestliche Richtung weiter. Der Kurs führt entlang eines Nebenarms des Saigon Rivers und ist Begegnungszone.

Wir laufen hier auf einem Rad- und Spazierweg im 5. Bezirk der Stadt, der morgendliche Verkehr hat begonnen. Noch bevor wir zur 10 Km-Anzeige kommen, brausen mehrere afrikanische Spitzenläufer auf uns zu. Labestellen gab es bisher hinreichend. Es kommt nun andauernd zu Gegenverkehr auf engstem Raum, die schnellen Läufer aus der Gegenrichtung müssen sich ihren Weg durch die Masse bannen. Nur einen Kilometer hinter den Schwarzafrikanerinnen kommt die junge Tschechin nach, mit einem Prämienscheck wird es heute aber nichts werden.

Der nächste U-Turn folgt bereits am Beginn des 6. Bezirkes, Sehenswürdigkeiten am Tag gibt es auf diesem Abschnitt entlang des Flussarms abseits des Zentrums keine. Längst laufen wir nicht mehr auf dem Radweg, sondern befinden uns mitten im entgegenkommenden Frühverkehr – die Laufstrecke ist durch vereinzelte Gitter mit Bändern gekennzeichnet.

 

 

Nun geht es auch für mich im langsamen Tempo zurück. Die Stadt liegt durchschnittlich 19 Meter über dem Meeresspiegel, ich kann nicht erkennen, ob es nun leicht abwärts geht. Der Seitenarm des Saigon Rivers zeigt keine Fließgeschwindigkeit. Polizisten versuchen die Moped- und tlw. auch Autoinvasion zu stoppen, wenn Läufer nahen. Ich muss allerdings zuwarten, der Pulk vor mir wurde gerade durchgelassen. Endlich kommen wir wieder in die Nähe der Innenstadt, der Bitexco Financial Tower, das höchste Gebäude der Stadt, ist der Richtpunkt. Nach bald 2:30 h Laufzeit wird es hell, der Tag erwacht.

Die Mehrheit der Asiaten ist bei Marathonläufen in den Großstädten eher langsam unterwegs, viele gehen schon nach wenigen Kilometern. Daher fällt es gar nicht auf, dass ich heute wegen meiner Knieprobleme noch langsamer als sonst vorankomme.

Der Kurs führt nun vorbei am Fährterminal, von wo aus ich gestern eine mehrstündige Flussfahrt am breiten Saigon River unternommen habe. Von Straßensperre kann nun keine Rede mehr sein, denn neben uns brausen alle nur irgendwie Motorisierten mit geballter Wucht vorbei. An der tieferliegenden Ostseite des Flusses leben Menschen in ärmlichen Behausungen. Paradox erscheint, dass die ganze Stadt plakatiert ist. Die massive Politpropaganda kommunistischer Prägung richtet sich an die Jugend: „Mit Stolz blicken wir zurück und voll Zuversicht in unsere Zukunft“ – so ähnlich hat es mir eine Einheimische bei der Flussfahrt gestern übersetzt.

23 Kilometer sind erreicht. Der futuristische Name „Empire City“ ist eine glatte Irreführung. Es handelt sich um ein mehrere Quadratkilometer großes, trockengelegtes Sumpf- und Schwemmland, das für zukünftige Bauvorhaben genutzt werden wird. Die 25 km-Anzeige erreiche ich auf einem trotz der Brücken flachen Marathon ungewohnt verspätet erst nach 3:10 h mehr Spazier- als Laufzeit. Andere hinter mir gehen den Lauf ebenfalls ohne große Ambitionen an, man freut sich, wenn ich stehenbleibe, mich umdrehe und knipse. Einen Kilometer weiter befindet sich das Zielareal, Hunderte, wenn nicht Tausende Halbmarathonis haben die Prüfung schon bestanden.

Der Saigon River hat hier einen mäanderartigen Verlauf, der Marathonkurs ist an diese Form angepasst. Er führt nun tiefer in den Ostteil des 2. Bezirkes, wo man in der Ferne riesige Wohnsilos erblicken kann. Glücklich scheinen die uns jetzt Entgegenkommen zu sein. Ob die alle einen Energieschub bekommen haben? Ich habe mit mir zu kämpfen, das linke Knie schmerzt, die langgezogenen Anstiege auf die Brücken haben den Lauf doch erschwert. Dazu kommt nun neben der spürbaren andauernden Schwüle auch langsam die Hitze.

Bei der 30 km- Anzeige steht wieder ein Einsatzfahrzeug des Roten Kreuzes. Bisher haben erst wenige Läuferinnen und Läufer Hilfsdienste angenommen. Aber die meisten in meinem Umfeld sind im Gehtempo unterwegs, dabei sein ist alles.

35 km - meine Laune trübt sich, als bei der Versorgungsstelle einer einfach umdreht, und sich so 7 km geschenkt hat. Ein auf einem Fahrrad dahinradelnder Mann von der Streckenaufsicht, dem Typ nach ein Ami,  fragt mich als Ausländer in American-English, ob ich tatsächlich bis zum U-Turn gelaufen sei. Ich sage wahrheitsgemäß „Yes, I did“, weise aber darauf hin, dass andere es offenbar nicht so genau nehmen. Seine Antwort: „As long as you do it correct, everything is ok…”Andere Länder, andere Sitten, so genau scheint es hier kaum einer zu nehmen.

Noch 2,195 km ist das Zielareal entfernt. Die Strecke ist leicht wellig, das kostet wieder einige Zeit. Es wird meine erste 6 h-Finisherzeit auf meiner Marathontour in Südostasien. Bei meinem einzigen Ironman zum Fünfziger habe ich auch 6:02 h benötigt.

Ich nehme die übergroße Medaille entgegen, das Finisher-Tee gibt es gleich daneben. Wegen des leeren Akkus wird es keine Zielfotos geben. Im Startareal herrscht Hochstimmung, auch die Siegerehrung ist schon im Gange. Die Einheimischen sind mit der Hitze vertraut, ich hingegen verkrieche mich in einer Ecke im nicht so heißen Festzelt und versuche mein linkes Knie zu massieren. Die Laufkleidung ist so nass, wie nach dem Tropengewitter in Penang, nur hat es heute nicht geregnet.

Ich hatsche zum Ausgang, ein Biker mit grünem Ersatzhelm wartet auf Kundschaft. Selbst wenn ich in den sechs Tagen meines Aufenthaltes auf die motorisierten Zweiradfahrer heftig geflucht habe, Artisten im Verkehr sind sie allemal. Ich bin noch nie auf dem Rücksitz eines Kleinmotorrads so schnell, oft nur wenige Zentimeter an Autos vorbei, bei Rot und gegen die Einbahn unterwegs gewesen wie nach dem Marathon. Das auf das Zimmer am Abend vor dem Lauf bestellte Frühstück erwartet mich jetzt um 11 Uhr – noch vor dem Bad in einer bequemen Wanne.  

 

Resumee

Was den Marathon selbst betrifft, so haben die Organisatoren gute Arbeit geleistet – dank der vielen ehrenamtlichen zumeist jugendlichen Helferinnen und Helfer, hat auch die Versorgung bestens funktioniert. Es gab nie einen Engpass an Getränken.

Da der sportliche Ehrgeiz hier nicht so ausgeprägt ist wie bei uns, ist der Leistungsanreiz auch eine relative Komponente. Bei einer Öffnungszeit von 8 h kann eigentlich jeder ins Ziel kommen, mit 6:05 wäre fast noch der dritte Platz unter M60-69 für mich möglich gewesen.

 

Siegerliste Männer:

1. Geoffrey Birgen (KEN) – 02:20:18
2. Josphat Kiptanui Too Chobei (KEN) – 02:23.45
3. Peter Keter (KEN) – 02:26:52

 

Ranking bei den Frauen:

1. Peninah Kigen (KEN) – 02:47:03
2. Susan Jepkoech (KEN) – 02:53:08
3. Immaculate Chemutai (KEN) – 02:55:11

751 Finisher beim Marathon, 2461 beim Halbmarathon

 

 


 
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