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Laufberichte

Donauinselmarathon

15.02.14 Special Event
 

21,1km ist die Donauinsel lang, bis zu 250m breit. Das meiste davon liegt im Stadtgebiet von Wien, der Nordteil in Klosterneuburg.  Am Südspitz sieht man schon den Tower vom Flughafen Schwechat. 21,1km – das schreit geradezu nach einem Halbmarathon, oder, hin und zurück, nach einem Marathon. 

Die Einladung dazu erreicht mich zu einem ungünstigen Zeitpunkt, nämlich 5 Tage vorher. Ich   bin   gerade im intensiven Intervall- und Kraft-Training. So heftig wie die letzten Tage habe ich schon lange nicht mehr trainiert. Jetzt, da ich endlich wieder schmerzfrei bin, kann ich wieder Tempoläufe machen und habe großen Spaß damit. Die Vorbereitung zielt auf einen Marathon Ende März, nicht auf einen Mitte Februar. Ich dachte an 2 Monate Marathonpause, so viel wie seit drei Jahren nicht. Letztlich wurden es nur 2 Wochen - 13  Tage, um genau zu sein. 

Sonntagfrüh mache ich mich auf den Weg, 202km bis zur Lobau in Wien, bei Toni’s Inselgrill soll Start und Ziel sein. Anna Fenninger hat gerade Olympiagold geholt, Maria Höfl-Riesch die Silberne, Niki Hosp Bronze.

Susanne, Willi und Ewald sind schon da. 5°C zeigt das Thermometer, die Sonne scheint und es ist windig. Windig, wie fast immer in Wien, das weiß ich aus meiner Zeit beim Bundesheer. Eigentlich freut es mich heute nicht sehr, aber Susannes gute Laune ist ansteckend. 

Nach und nach tröpfeln die Teilnehmer daher. Roman, das Küken im Starterfeld, ist im Vorjahr den Welsch-Marathon unter 4 Stunden gelaufen, der ist für mich Favorit. Josef, der auch am 2.2. in Bad Füssing gelaufen ist, Werner, den ich nun persönlich kennen lerne, obwohl wir schon so oft gemeinsam am Start gestanden sind. Willi, Race-Director der vorjährigen Marathons in kleiner Runde in St. Pölten. Dank Susanne kommt er auf eine beachtliche Anzahl an Marathons in der letzten Zeit. Das Glatteis beim Neujahrsmarathon in Zürich-West blieb ihm erspart, dafür war er zu schnell. Andreas ist mit Frau Renate und Sohn Pascal angerückt, er bereitet sich heute auf einen morgigen Halbmarathon vor. Das wäre meine Sache nicht. Doris hat sich angekündigt und ist auch da. Sie will sich heute auf etwa 20km beschränken, den Wien-Marathon macht sie dann am 13. April. Wir sind uns im Oktober am Falkenstein hoch über dem Wolfgangsee über den Weg gelaufen. 

Selbstversorgung ist angesagt. Im Grunde habe ich keine Ahnung, wie viel Flüssigkeit ich auf diese Entfernung bei starkem Föhnwind brauche. Höhenmeter sind es ja nicht viele. Ich disponiere vorsichtig, muss ja alles mitschleppen. 3 x 0,5-l-Wasser und eine Flasche Powerade sollten reichen. Zur Not habe ich Geld dabei und mache wo einen Einkehrschwung. So viel zur Theorie. 

Nach einem kurzen Briefing starten wir kurz nach 10Uhr in Richtung Norden, allesamt sind wir Wiederholungstäter was Langstreckenlauf betrifft. Mit Ausfällen ist nicht zu rechnen. Der Wind kommt von links hinten und ist kaum spürbar. Nach wenigen Minuten geht es unter der Ostbahnbrücke durch, in kurzer Folge unter der A23 (Praterbrücke) und unter der Donaustadtbrücke durch, immer entlang der Donauuferautobahn A22. Links die Neue Donau, rechts Kaisermühlen, wir laufen mehr oder weniger immer gerade aus.

Rudolf-Nurejew-Promenade heißt es hier, Doris und ich sind in Führung, wir stoppen für einen Fototermin. Bald werden wir am 250m hohen DC-Tower sein, irgendwann soll er auch einmal einen kleineren Bruder bekommen. Beim Vienna-City-Marathon läuft man hier gerade seine ersten Meter, der schwarze Donau-City-Tower steht fast an der Startlinie. Demnächst macht da oben ein Restaurant auf.
Renate taucht immer wieder mit dem Fahrrad auf und knipst. Die Strecke des Donauinselmarathons führt uns unter der Reichsbrücke durch, hier zieht es.

Pascal zeigt uns, wie es weiter geht. Meine Haube habe ich längst abgenommen, die brauche ich aber sicher auf der Gegengeraden. Die Handschuhe vertrage ich gut, auch die lange Hose. Zum Fotografieren muss ich stehen bleiben, zum Trinken auch. Nach 45min sauge ich mein erstes Energiebeutelchen aus, auch der erste halbe Liter Mineralwasser ist im Magen.

Rechts unübersehbar eine Moschee, links am anderen Donauufer der Millennium-Tower am Handelskai. Unter der Brigittenauer Brücke bin ich nur mehr auf Platz 4, wenige Sekunden hinter dem Führungstrio bestehend aus Susanne, Josef und Will sowie Doris.    

Georg-Danzer-Steg lese ich bei der Floridsdorfer Brücke, 8km sind es bis hierher gewesen. 

Da und dort begegnen uns andere Läufer, Inline-Skater und Radfahrer, man sieht den meisten an, dass sie gegen den Wind ankämpfen. Bei der Nordbrücke könnte man jetzt über die Donau nach Klosterneuburg und Nußdorf laufen, vielleicht ein anderes Mal. Da drüben sieht man den Leopoldsberg und den Kahlenberg. Monte Glatzo nannte Heinz Conrads den im Scherz. 

Dann verabschiedet sich Doris. Wenn sie jetzt umdreht, ist sie zwei Stunden gelaufen, das ist genug für heute. Nach etwa 12km ist Wien aus, wir kommen an einem Bootshafen vorbei, rauf auf den Damm und laufen nun in Niederösterreich, rechts hinter den Sträuchern immer noch die A22. Noch zwei km gerade aus, dann am Einlaufbauwerk geht es rüber auf die Donauinsel, Renate knipst.

Der Wind weht kräftig, gerne setze ich meine Haube auf und mache den Reißverschluss der Jacke zu. Ich laufe seit 90min, 21,1km Gegenwind haben begonnen. Die Sonne scheint, als am asphaltieren Weg in verblassten Buchstaben „Landesgrenze“ steht. Ich bin also wieder in Wien. Wien beginnt mit einem FKK-Gelände. Andreas, Roman und am Rad Pascal passieren mich, wenig später Ewald und Werner. Ein Gruppe Kampfsportler im weißen Anzug macht ihre Übungen. Karate? Eher Tae-Kwon-Do: hana, dul, set, net, da-sot ...   das waren noch Zeiten! 

Der Wind setzt mir zu, nach 2 Stunden beende ich meine zweite Mahlzeit. PowerGel mit Wasser. Bleibt mir noch ein halber Liter   Wasser und 1 Flasche Powerade. Am rechten Donauufer zeigt sich wieder Zivilisation, u.a. das Fernheizwerk mit dem Hundertwasserschlot. 

In der Donau bei der Floridsdorfer Brücke liegt das Bertha-von-Suttner-Gymnasium vor Anker, ein Schiff! Nein, zwei sind es, im Hintergrund der Millennium Tower. Viel los ist nicht hier, ein paar Radfahrer, ein paar unentwegte Jogger, ab und zu sehe ich Renate. Unter den Brücken weht der Wind besonders stark. Ich nähere mich der Ponte Cagrana vor dem Vienna International Centre und dem DC-Tower. Unter der Reichsbrücke, dann der Blick auf die Franz-von-Assisi-Kirche (oder Kaiserjubiläumskirche) am Mexikoplatz im zweiten Bezirk. DER Blickfang, wenn man über die Reichsbrücke läuft, erst 1913 geweiht. In jeder anderen Stadt wäre sie das Highlight, in Wien ist diesbezüglich die Konkurrenz zu groß.

23km waren es bis hierher. Einen km weiter verlaufe ich mich fast, Renate weiß, wie es weiter geht. Nicht über die Kaisermühlenbrücke, das wäre zu einfach. Weiter Richtung Süden, die Insel ist noch weitere 11km lang. Das weiß ich am Samstag aber noch nicht. 

Zwischen den blattlosen Zweigen kann ich am rechten Donauufer das Hotel Hilton Vienna Danube Waterfront erkennen. Frisch renoviert, dabei ist das noch gar nicht so alt. Viel wichtiger: ich habe kaum mehr etwas zu trinken. Toiletten für Ausflügler sind Mitte Februar verschlossen, das Wasser ist im Winter auch gesperrt. Da kommt kein Tropfen raus. Die Donaustadtbrücke gefällt mir gut mit ihrem zentralen Pylon, auch im Gegenlicht.

Ein PowerGel nehme ich noch, ein letztes Schlückchen Wasser-Powerade-Gemisch verfrachte ich wieder in den   Rucksack. Ich komme bei einem Windrad vorbei, das laut wummernd seine Arbeit tut (km28). Renate rät mir, oben am Damm zu bleiben, sie muss Ewald einfangen, der ist unten am Wasser. Denn so gerade verläuft der Weg auch wieder nicht, ist auch besser so. Schnurgerade wäre bald öde. Als Ewald rauf kommt, sind wir seit drei Stunden unterwegs und rätseln, wie weit wir denn mittlerweile wären. Beiderseits Sträucher und Auwälder, obwohl die Insel recht schmal ist, sieht man oft nichts vom Wasser. Ich weiß nicht, ob das Kraftwerk am linken Ufer vor Toni’s Inselgrill ist oder danach. Mir fehlt die Orientierung, das mag ich gar nicht. Km-Angaben sind zwar auf den Asphalt gepinselt, mit diesen kann ich aber nichts angefangen.

Ich habe kaum mehr etwas zu trinken und furchtbar Durst. Ein Schild weist auf die Wanderschenke hin. Als ich da bin hat die natürlich zu, das Geld brauche ich auch nicht. Mein Marathon wird immer mehr zu einer Wanderung, mein Mund ist völlig trocken, kurz vor mir kämpft Ewald mit den Umständen. Immer wieder verzieht sich die Sonne. Toter Grund heißt es hier.

Hinweisschild auf eine Donaufähre, dann ein Wegweiser nach Simmering und Schwechat über das Donaukraftwerk Freudenau. Schließlich die Wehr 2, kurz vorher habe ich Josef drüber laufen sehen, da muss ich auch hinüber, aber erst zum Südspitz der Donauinsel. Ich fasse einen Entschluss.

Wie weit ist das noch? Nicht weit! Wie weit ist „nicht weit“? Werner kommt mir entgegen, wenig später Susanne. Sie sieht noch gut aus, fühlt sich aber nicht so, sagt sie. Hat auch zu wenig zu trinken. Das Wasser da links unten sieht verführerisch aus, aber unerreichbar. Ewald kommt mir entgegen, Renate bei ihm. Ich drücke ihr meinen Autoschlüssel in die Hand und ersuche sie, mir Wasser zu holen. Sonst …. weiß ich auch nicht, wird es finster bis ich im Ziel bin, falls ich ins Ziel komme. Sie macht sich auf den Weg.

Das Ende der Insel ist abzusehen, Flieger kommen rein, es ist nicht mehr weit nach Schwechat. Ich schieße ein Beweisfoto und drehe um. Der Wind frischt auf, ausgebaggerter Donauschlamm wird als Sandsturm verfrachtet. Sehr super! Kein Wasser und dazu ein Sandsturm, warum erinnert mich das an einen Vortrag über den Marathon des Sables? 

Ich schätze, noch 5km vor mir zu haben, tatsächlich sind es deren 8. Wenigstens kein Gegenwind mehr, ich hoffe auf Renate. Aber sie kommt und kommt nicht angeradelt. Ist ja auch viel weiter als ich dachte, und am Rückweg hat sie Gegenwind, den spürt sie auch am Rad. Ich überquere die Wehr 2 und bin wieder auf Festland.

Dann Waluliso-Brücke; als ich in Wien beim Bundesheer war, habe ich WaLuLiSo oft in der Wiener Innenstadt gesehen, freundlich lächelnder Friedensaktivist und beliebtes Fotomotiv mit Toga und Lorbeerkranz am Kopf. 

„Langsam“ steht da am Asphalt. Dem komme ich ohne Problem nach, schnell ginge gar nicht. Lustige Namen haben die Gaststätten hier, Dammhütte, Schilfhütte, Jamaica Bar … und allesamt haben sie zu, geschlossen, Winterruhe.
Dabei sind heute viele Ausflügler unterwegs. Heute könnte man ein gutes Geschäft machen, mit mir jedenfalls! Was wäre ich für ein fröhlicher Zecher! Aber nein, bummfest zu die Wirtshäuser. Die Jogger sind natürlich schneller als ich, sie kommen mir entgegen, um mich wenig später zu überholen, diese Kurzstreckenläufer. Die haben ja keine Ahnung. 

Nun ist es schnurgerade, ich sehe von weitem, dass Renate noch immer nicht kommt, schon etwas frustrierend. Und dann ist sie endlich da, Wasser! Ich trinke natürlich zu schnell und zu  viel, ist heute aber eh schon egal. Wie weit ist es noch? Nicht mehr weit! Nach der Steinspornbrücke ist gleich Toni’s Inselgrill. Davor muss ich aber noch die Rampe rauf und runter und durch dichte Rauchschwaden. Hier ist öffentliches Grillgebiet. Heftiger Wind, kaum Sonne, 10°C und hier wird tatsächlich gegrillt!

Da vorne sehe ich das Ziel, und schließlich bin auch ich da, 58min nach dem Sieger Roman. Ich brauche ein paar Minuten, bis ich mich erfange. Die Zielverpflegung von Willi und Susanne hilft mir dabei. Gut, dass ich mich schnell erhole.

In Toni’s Inselgrill bekommen wir keinen Platz. Das Ausflugsgasthaus ist zum Bersten voll. Ist ja auch das einzige weit und breit, das heute geöffnet hat. 

 


 
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