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Laufberichte

24 Stunden-Lauf: Die Weltmeisterschaft 2006 in Taipeh

01.03.06

Mein Debüt im National-Trikot

 

Als ich davon hörte, dass die Weltmeisterschaft im 24 Stundenlauf am 25. und 26.02.2006 in Taipeh stattfindet, war ich begeistert. Nach der etwas schwierigen Nominierungsphase kam das endgültige okay Anfang Januar. Ich hatte mich bis dahin schon gut für diesen Wettkampf vorbereitet. Eine Gewichtreduktion um 2 Kilogramm und ein speziell auf diesen Termin abgestimmter Trainingsplan brachten mich in gute Form.

 

Der Abflug am Frankfurter Flughafen war am Mittwochmittag, 3 Tage vor dem Wettkampf. Am Flughafen traf ich dann auch auf Ilona mit ihren Betreuerinnen Elke und Elisabeth. Alle Drei waren im Trainingsanzug der Deutschen Nationalmannschaft unterwegs.

 

Nach einer Zwischenlandung in Hongkong landeten wir am nächsten Morgen gegen 9.00 Uhr in Taipeh. Der Veranstalter holte uns vom Flughafen ab und bei der halbstündigen Fahrt zur Unterkunft konnte man einen ersten Eindruck von Taiwan gewinnen.

 

Die Unterkunft selbst war etwas spärlich, aber wir waren ja nicht zum Urlaub hier. Beim ersten gemeinsamen Abendessen in der Unterkunft trafen wir auf die anderen Athleten. Manche kannte ich schon von anderen Veranstaltungen und so wurde es ein etwas längerer Abend, da es doch soviel zu erzählen gab.

 

Am nächsten Morgen zeigte sich der Himmel bedeckt, als alle Athleten in die Busse einstiegen und zur Eröffnungsfeier ins Rathaus gefahren wurden. Das Rathaus ist direkt neben dem 101 Tower, dem höchsten Gebäude der Welt.

Nach der Eröffnungsfeier durch den Bürgermeister der Stadt Taipeh, wurden alle teilnehmenden Länder einzeln aufgerufen. Wir Athleten durften dann hinter unserem Deutschland – Schild-Träger auf die Bühne marschieren. Ich kam mir vor, wie bei den Olympischen Spielen, einfach klasse. Nachdem alle Athleten vorgestellt waren, begann die eigentliche Eröffnungszeremonie.

 

Nach der Feier ging es mit dem Bus zur Streckenbesichtung. Natürlich waren wir alle gespannt auf den Laufkurs, den wir bisher nur vom Papier her kannten. Nach der ersten Inspektion der Strecke war uns allen klar, es war ein schwerer Kurs. Neben dem Betonbelag und  vielen kleinen engen Kurven, gab es einen Hügel, der ungefähr 5 - 6 Höhenmeter aufwies. Nicht gerade wenig, bei einer Streckenlänge von 987,7 Metern. Wir wußten jetzt, was auf uns zukam.

 

Am Ende der Besichtigung ging es für uns Athleten mit der Metro zur Unterkunft. Schnell wurden noch ein paar Sushi am Stand gekauft und los ging es zurück zur Unterkunft. Ich war erstaunt über die Sauberkeit der Metro in Taiwan. Es schien keinen Müll zu geben, sowie ich es aus London oder Paris gewohnt war.

 

An unserer Endstation angekommen, hatten wir ein kleines Orientierungsproblem. Wir fragten also an der Ampel einen der vielen Rollerfahrer nach dem Weg. Was sich nun abspielte, hatte ich vorher noch nicht erlebt. Der Rollerfahrer packte einen Block aus und verschiedene Kugelschreiber, malte uns einen halben Stadtplan von Taipeh auf, mit genauer Bezeichnung von Straßen und Gebäuden, so dass wir schnell den Weg fanden.

 

Am Abend gab es eine Pastaparty mit großen Buffet für alle Teilnehmer. Nach der Mannschaftsbesprechung ging es für mich um 20.00 ins Bett.

 

Der Morgen des Wettkampfes war angebrochen. Das Wetter war leicht bedeckt, so um die 20 Grad, die Luftfeuchtigkeit lag bei 85%. Nach dem  Frühstück um 7.00 Uhr ging es mit dem Bus zur Wettkampfstrecke. Letzte Vorbereitungen und Fotos wurden gemacht.

 

Um 10.00 Uhr versammelten sich alle Teilnehmer an der Startlinie und warteten auf das Signal. Schuss, alles rennt wie wild los, als könnte man den Wettkampf in der ersten Stunde entscheiden. Ich pendele mich bei Rundenzeiten um 5:50 Minuten ein, alles nach Plan. Nach drei Stunden bekommen wir die ersten Zwischenergebnisse. Ich bin mit 30,2 Kilometer auf Platz 72 von 76. Männern.

 

Es ist noch ein langer Wettkampf denke ich, immer schön ruhig bleiben und das Tempo kontrollieren. Ich trinke regelmäßig alle halbe Stunde cirka 0,35 Liter von einem Gemisch aus Maltodextrin und Hammergel. Essen brauche ich nichts, aber jede Stunde so 3 - 4 Salzstangen.

 

Die Stunden vergehen wie im Flug, denn es wird auf dem engen Kurs nie langweilig. Kurze Gespräche mit anderen Teilnehmern lenken etwas ab. Die ersten Läufer gehen bereits nach wenigen Stunden. Ich dachte, bei der Weltmeisterschaft gibt man alles und hat sich gut vorbereitet.

 

Nach 9:49 Stunden ereiche ich die 100 Kilometer-Marke und habe mich bereits auf Platz 36 vorgeschoben. Die Dunkelheit setzt gegen 21:00 Uhr ein und es beginnt jetzt leicht zu regnen. Der Regen verstärkt sich immer mehr, aber ich lasse mich dadurch nicht aus dem Konzept bringen, laufe aber jetzt auf den nassen Gullideckeln und Holzrampen etwas vorsichtiger, damit es nicht zum Sturz kommt.

 

Nachts um 3 Uhr, nach 17 Stunden Laufzeit, passiere ich die 170 Kilometermarke, mit einer Top 20 Platzierung. Meine Rundenzeiten werden jetzt doch ein wenig langsamer, 6:20 - 6:30 ist jetzt nur noch möglich, aber es läuft ja. Nach über 21:30 Stunden und 212 Kilometer, liege ich jetzt auf Platz 12.

 

Plötzlich, am Anstieg zum Hügel versagen mir meine Beine den Dienst, die Kraft aus den Beinen ist weg und ich kann nur mühsam gehen. Von der Betreuerecke werde ich angefeuert, kann aber kein Tempo aufnehmen. So walke ich dann über 1:40 Stunden um den Kurs. Nach 23:15 zeigt das Leaderbord 218 Kilometer für mich und Platz 19 an.

 

Ich versuche mich noch einmal aufzuraffen, sporne mich selber an und kann plötzlich wieder eine Runde in 6:00 Minuten laufen. Aus der Betreuerecke höre ich Volkmar sagen: „Wenn Du jetzt alle Runden unter 5:00 Minuten läufst, schaffst Du eine neue persönliche Bestleistung.“

 

Ich mobilisieren alle Kräfte im Kopf und in den Beinen und renne in 4:45 - 4:55 Minuten um den Kurs. Es macht einen Riesen-Spaß, einen nach dem anderen zu überholen. Die letzten 2 Runden schaffe ich sogar fast noch in 4:30, dann noch einmal durchs Ziel und Schluss.

 

Volkmar bringt mir einen Stuhl und ich setzte mich glücklich hin. Meine Hochrechnung: 230 komplette Runden und noch etwa 230 Meter. Klasse, das müßten 227,4 Kilometer sein. Ich hatte mir zu Hause als Ziel die 230 Kilometer gesetzt. Doch bei der schweren Strecke konnte ich auch so mehr als zufrieden sein.

 

Glückwünsche wurden ausgeteilt, bis es zur heißen Dusche ging. Nach der Dusche und in frischer Kleidung war die Siegerehrung. Ich war jetzt müde und zog mich etwas zurück um Abzuschalten. Der Transfer zur Unterkunft ließ nicht lange auf sich warten und ich konnte mich ausschlafen. Gegen 19:00 Uhr gab es dann noch ein gemeinsames Abendessen für alle Athleten.

 

Nach 12 Stunden Schlaf stand am nächsten Morgen Sightseeing auf dem Programm. Im Tower gibt es sehr viele meist noble Geschäfte. Nach dem Einkauf einiger Souvenirs ging es zurück zur Unterkunft und von dort zum Flughafen. Der Rückflug ging wieder über Hongkong und so landeten wir am Dienstagmorgen gegen 6:00 Uhr in Frankfurt. Der Alltag hatte uns wieder!

 

Fazit: Ein besonderer Wettkampf mit internationalem Flair und für mich ein Höhepunkte in meiner noch kurzen Laufkarriere.   

 

 

 


 
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