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Laufberichte

Rhodos Marathon: Laufen auf der Sonneninsel

30.04.23 Special Event
 

Immer auf der Suche nach lohnenden Marathonzielen, bin ich vor ein paar Monaten auf den Rhodos Marathon gestoßen. Den könnte man auch gut mit einem Kurzurlaub verbinden. Die Flüge sind nicht so ganz günstig, dafür die Hotels. Im Paket also in Ordnung.

 

Rhodos ist die viertgrößte Insel Griechenlands, liegt quasi am südöstlichen Rand der Ägäischen Inselgruppe und wird als Sonneninsel vermarktet. Über 3.000 Stunden Sonne gibt es hier jährlich. Eher bei Seglern und Kite-Surfern beliebt ist der stetige Wind von Westen, während es die Sonnenanbeter eher nach Osten zieht. Wir kommen am Freitag in einer Sturmphase in Rhodos-Stadt an. Die Sonne wärmt sehr stark, aber dieser kalte Wind ist nicht nach unserem Geschmack.

Ich kannte Rhodos bisher nur als Standort eines der sieben Weltwunder der Antike: Der „Koloss von Rhodos“ war eine 30 Meter hohe Statue, die über der Einfahrt zum Hafen stand und ein Leuchtfeuer in die Höhe hielt. Das Weltwunder existiert nicht mehr, es stürzte 227 v. Chr. bei einem Erdbeben ein, doch übt die Erinnerung daran immer noch eine gewisse Faszination aus.

Die Altstadt ist trotz einer riesigen Ansammlung von Restaurants, Cafés und Andenkenläden seit 1988 UNESCO-Weltkulturerbe. Von 1309 bis 1522 stand die Insel unter der Herrschaft der Johanniter. Durch die Einnahme der Insel durch die Osmanen wurden die christlichen Gruppen nach Malta vertrieben, die nicht muslimischen Bewohner mussten vor der Stadt wohnen. Den muslimischen Einfluss sieht man an den vielen Moscheen und den Hammam-Bädern. Erst nach dem 2. Weltkrieg, mit dem Friedensvertrag von Paris, wurde der Dodekanes und damit auch Rhodos griechisch.

Rhodos-Stadt liegt am nördlichen Ende der langgezogenen Insel und um die Altstadtmauern herum hat sich die Neustadt gruppiert. Auf der nördlichen Spitze gibt es viele neu renovierte Hotels, wo wir unser Quartier aufschlagen. Dort befindet sich auch das Museum, in dessen neuem Anbau die Startnummern ausgegeben werden. Eine Marathonmesse im üblichen Sinne gibt es nicht. Wir erhalten einen schönen Marathon-Turnbeutel, ein sehr luftig geschnittenes Laufshirt des Sponsors Under Armour, Müllsack, Müsliriegel, eine Flasche Wasser und das Hochglanz-Journal einer örtlichen Hotelkette.

In „unserem“ Hotel haben wir Halbpension gebucht und kommen dadurch zu unserer Vorabend-Pasta. In der Küche ist man etwas überrascht, dass die Nudelecke am Buffet so viel Zuspruch genießt. Kinder sind kaum zu sehen, eher Best Ager und halt SportlerInnen. Ich probiere natürlich auch einige griechische Köstlichkeiten.

Leider lässt sich die Hotelleitung nicht überreden, ein sehr frühes Frühstück anzubieten. Erst ab 6:30 Uhr gäbe es etwas. Der Marathonstart ist auf 7:30 Uhr festgelegt und um 7:00 soll man schon dort sein. Die letzte Hinweismail auf Englisch war allerdings etwas doppeldeutig und kann auch so verstanden werden, dass der Startschuss bereits um 7:00 Uhr fallen soll, weshalb wir als „Kompromiss“ beschließen, schon um 6:45 Uhr vor Ort zu sein. Also sehr früh aufstehen. Wenn man noch die Stunde Zeitumstellung einrechnet, klingelt der Wecker gefühlt um 4 Uhr.

 

 

 

Marathontag

 

Vom Hotel sind es nur fünfhundert Meter bis zum Start am Rathausplatz. Die Anlage erinnert nicht ohne Grund an Gebäude des italienischen Faschismus. Tatsächlich ist sie von den Italienern in den Jahren nach 1912 errichtet worden, nachdem Italien die Insel im Jahr 1912 von den Türken erobert hatte. Griechisch wurden die Inseln dann 1947.

Der Start ist doch erst für 7:30 Uhr vorgesehen und die meisten Teilnehmenden erscheinen recht kurzfristig. Wer seinen Kleiderbeutel abgeben will, wird mit einer mir bisher unbekannten Vorgehensweise konfrontiert: Man muss Namen und Nummer in eine Liste eintragen, bei Abholung wird der Eintrag später wieder gestrichen. Jedenfalls dauert diese Prozedur.

Es gibt ganze vier Toilettenhäuschen. Die Schlange ist so lang, dass ich lieber noch mal ins Hotel gehe. Dadurch spare ich mir auch das lange Herumstehen. Die Kleidungswahl ist einfach: Der starke Wind hat sich gelegt und es wird sonnig und 20 Grad warm. Da ist schon Sonnenschutz angesagt. Nur die Beine vergesse ich leider einzureiben.

Der Sprecher zählt die Sekunden hinunter, ein Schuss und schon sind wir unterwegs. Ok, die Uhr am Startbogen läuft noch nicht, aber die Chips in der Nummer erzeugen schon ein lautes Piepsen. Die Strecke ist einfach erklärt: 5 Kilometer nach Westen, dann zurück, 5 Kilometer nach Osten, wieder zurück und dann alles noch einmal. Die Halbmarathonis absolvieren nur einen Durchgang, die Läufe über 10 und 5 km werden später gestartet.

 

 

Auf der breiten Platia Eleftherias („Platz der Freiheit“) sausen wir dahin. Große Gebäude stehen hier: Bank of Greece, Hauptpost. Dann durch das Freiheitstor in die Altstadt. Vor uns der Großmeisterpalast, eine Burg der Johanniter, die durch eine Pulverexplosion im Jahr 1856 zerstört  und in den 1930er Jahren von italienischen Architekten wieder aufgebaut wurde. Größer und aus ihrer Sicht repräsentativer als das Original.

Die Altstadt ist hügelig und hat viele Gassen mit Kieselsteinpflaster. Daher sollten wir froh sein, dass wir nach wenigen Metern ohne Kiesel schon wieder hinaus dürfen. Zwischen Meer und hoher Stadtmauer geht es voran. Besonders beeindruckend das Meerestor. Bei Km 3 ist es dann mit dem historischen Ambiente vorbei und wir kommen in ein Hafengebiet mit verfallenen Gebäuden und schlechter Straße, gefolgt von einer vierspurigen Schnellstraße. Der Blick auf die Küste ist ganz nett. Vom großen Friedhof rechts weht Weihrauchduft herüber. Anhand der Kilometertafeln, die beidseitig beschriftet sind, kann man schnell ausrechnen, dass bald die Wende kommt. Diese liegt vor einem Verkehrskreisel dummerweise sechs Meter den Hang hinauf. Zeitnahme, wie an den meisten Wendestellen üblich, und zurück. 8 Uhr: Vor einer Kirche steht eine Frau und läutet die Glocke am Türmchen. Das ist das Schöne an Marathons im Ausland: Man sieht oft etwas Ungewohntes.

 

 

Kurz vor dem Rathaus gibt es noch zwei Schleifen zusätzlich: Hinter der Altstadtdurchquerung halten wir uns auf dem Hafendamm Richtung Festung des heiligen Nikolaus aus dem 15. Jahrhundert. Vorbei an drei Windmühlen. Ganz am Ende des Damms der VP-Punkt und Zeitnahme. Die Läuferin aus der Ukraine wird zurückgepfiffen, da sie die Matte nicht gesehen und zu früh gewendet hatte. Vor uns die Einfahrt zum Mandráki-Hafen, in der Antike ein Kriegshafen und heute u.a. Anlegestelle für Jachten und Exkursionsschiffe. Auf den zwei Säulen, welche die Einfahrt flankieren, sind die Skulpturen eines Hirschs und einer Hirschkuh zu sehen. Elafos und Elafina, wie die griechische Bezeichnung lautet, sind die Wappentiere von Rhodos. An ihrer Stelle soll einst der Koloss von Rhodos gestanden haben, aber in jüngster Zeit wird auch über andere Orte spekuliert.

An Segeljachten vorbei. Eine mit deutscher Fahne kommt aus Mannheim. Der Marathon dort fällt dieses Jahr wegen der Landesgartenschau aus. Die Schiffseigner laufen hier nicht mit und werden bald in See stechen.

Am Zielbereich vorbei muss man hinter dem langen venezianisch anmutenden Gebäude, einer Kirche und der Regionalverwaltung noch eine kleine Schleife hinlegen. Dann um das Kasino herum zur Nordspitze. Hier kommen nun schnelle LäuferInnen entgegen. Ich habe den Eindruck, dass der Führende ein Marathoni mit blauer Startnummer war. Erst danach kam der erste Halbmarathoni. Hier gibt es mehr zu sehen. Auch viele Zuschauer aus den an der Strecke liegenden Hotels. Am „Windy Beach“ werden heute die ersten Schirme und Liegen aufgestellt. An diesem Wochenende scheint die Saison zu beginnen. Unseren Rückflug konnte ich schon mit einer Chartermaschine buchen.

 

 

Ein kleines Highlight bei Kilometer 12. Eine Landzunge reicht bis ins Meer und die Straße führt oben über die Felsen recht zügig bergauf. Oben kein Gipfelkreuz, sondern ein Miniaturkirchlein, Proskinitaria genannt, wahrscheinlich aufgestellt im Gedenken an einen tragischen Verkehrsunfall. Wunderschöne Ausblicke auf die grüne Küste mit ihren großen Hotelanlagen am türkisfarbenen Meer. Hinunter geht es weniger steil - perfekt, um Tempo zu machen. Einen knappen Kilometer weiter sind wir wieder auf „sea level“. Links eine lange Reihe pittoresker kleiner Häuser. Es geht schnurgerade vorwärts. Anhand der Kilometertafeln rechnen wir mit 2 km bis zur Wendestelle, wo wir angefeuert werden.

Zurück das gleiche. Die Sonne steht schon recht hoch, blendet nicht so stark. Irgendwie scheint nach jeder Biegung wieder ein kleiner Anstieg zu kommen, bevor es steil bergab geht. Rechts an einem großen Hotelpool ist schon viel los. Einige Touristen schauen uns durch die Glasscheiben zu. Davor ein Lautsprecher, der uns beschallt.

Vorbei am Zielbogen auf die zweite Runde, die sich ganz anders gestaltet: Im Zentrum feuern uns viel mehr Tagestouristen an. Bei nur 160 Marathonis hat sich das Feld bereits weit auseinander gezogen; wer eine Zeit von 4:30 oder langsamer anpeilt, ist ziemlich allein auf weiter Flur.

Am Hafen beobachte ich ein großes Fährschiff, das hier mit viel Schwung einfährt und dann innerhalb von Minuten eine 180-Grad-Drehung hinlegt. Der Abschnitt auf der breiten Straße bringt zusätzlich zum Weihrauch den Geruch von Zimt oder einem verwandten Gewürz. Die Helfenden an den VPs sind immer noch voll bei der Sache. Es gibt Bananen, Wasser in Flaschen und oft auch Oshee-Isogetränk in Plastikflaschen (für die Schnellen) oder Pappbechern (für uns). Flüssiges steht alle 2,5 km bereit, manchmal nur Wasser. Das mit den Toilettenhäuschen ist so eine Sache: Es gibt gelegentlich welche, aber man weiß manchmal nicht, ob die zum Marathon gehören. Hin und wieder befinden sich auch Toiletten an den Strandabschnitten.

Lkw fahren gerade vom Fährschiff und müssen unsere Laufspur kreuzen. Einer der Fahrer hat es wohl eilig und hupt beim Weiterfahren sehr laut und ausgiebig. Wenigstens hat er gewartet, bis er an uns vorbei war.

 

 

 

Judith und ich liefern uns einige Kämpfe mit Mitstreitern. Im Zielbereich sorgt nun eine Trommelgruppe für Stimmung. Bei Kilometer 32 will ich es noch mal wissen und drehe für meine Verhältnisse richtig auf. Noch kommen mir LäuferInnen entgegen, die unter vier Stunden bleiben werden. Sie sind mir sechs Kilometer voraus, ich werde es ihnen also nicht gleichtun können. Mit vielen Teilnehmenden, die nun entgegenkommen, wechsle ich aufmunternde Worte. Das macht Spaß. Eine Läuferin hält ihre Schuhe in den Händen. Das lange gerade Stück vertreibe ich mir mit Blicken aufs Meer. Heute hätte ich mal eine Sonnenbrille gebraucht. Der Teer spiegelt die Sonne sehr stark.

Wendestelle. Ich grüße Judith, die sich nicht geschlagen geben will. Die Bergstrecke macht mir immer noch wenig Probleme. Nun ist auch der Strom der Entgegenkommenden versiegt. Dafür muss ich die vielen Helfer und Streckenposten loben. Da wird immer fleißig angefeuert. Die Kilometermarkierungen scheinen auch perfekt zu passen. Nach einem Fehler bei Beginn geht die Uhr nun konform und so rufe ich den Streckenposten zu: noch 800, 700, 600 Meter…

 

 

Kurz vor km 42 kommen von links die 5-km-LäuferInnen. Die stören aber nicht, denn im Ziel geht es durch unterschiedliche Tore. Ich bekomme eine schöne Medaille umgehängt. Der Platz vor dem Rathaus wimmelt vor Menschen. Die abgekämpften FinisherInnen lassen sich gern in den bereitgestellten Liegestühlen nieder. Dann kommt Judith ins Ziel. Wasserflaschen gibt es noch viele. Alles andere ist schon abgegrast. Schade, ein spezieller Marathon-Verpflegungstisch wäre nicht schlecht gewesen. So tragen andere die Halbliter-Iso-FLaschen unter dem Arm.

Auf der Bühne vor dem Rathaus brennt noch die Marathon-Flamme, die am Abend vorher feierlich entzündet wurde. Ein schönes Fotomotiv im Lande Olympias.

Die Fotos vom Lauf gibt es mitsamt einem Diplomrahmen kostenlos. Man kann sich dadurch ein Diplom mit seinem schönsten Foto basteln.

 

Fazit:

Ein Marathon auf der Sonneninsel Rhodos. Gut organisiert, in Teilen nette Strecke. Mehrmals Musik aus Lautsprechern. Im Zusammenspiel mit einem günstigen Vorsaisonurlaub sicher eine Option. Wir waren später mit dem im Startgeld enthaltenen Marathon-Laufshirt unterwegs und wurden sehr oft darauf angesprochen Die Insulaner sind sehr stolz auf diesen Lauf und die internationale Beteiligung.

 

Ergebnisse Marathon

Frauen

1 ΑΣΗΜΑΚΟΠΟΥΛΟΥ ΚΑΤΕΡΙΝΑ GRC 3:10:09
2 CARTON SEANAGH IRL 3:18:55
3 CHAN KIT YEE HKG 3:19:56

 

Männer

1 CHARLES THOMAS GBR 2:31:00
2 SILVENNOINEN JANNE FIN 2:31:30
3 ΜΑΛΙΟΓΛΟΥ ΕΥΑΓΓΕΛΟΣ GRC 2:39:39

 

Marathon Finisher: 178

Davon

Griechenland: 67
Deutschland: 3
UK: 33

Insgesamt 25 Nationen

 

Finisher Halbmarathon: 350

10 k: 269
5 k: 730

 

 


 
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