Im kalten Winter plane ich die Marathons für das nächste Halbjahr. Und für den Sommer wäre der Reykjavik Marathon, der erstmalig vor 40 Jahren veranstaltet wurde, vielleicht nicht schlecht. Island könnten wir uns auch mal ansehen. Und so steigen wir am Donnerstag bei gut 30 Grad in München ins Flugzeug, um nach weniger als vier Stunden auf dem Airport Keflavik anzukommen. Der Flugkapitän warnt uns schon vor dem Eiswind aus Norden und er hat sehr recht. Der Weg zum Bus lässt uns erahnen, dass Sommer in Island anders sind als bei uns.
Island ist ein Inselstaat im Nordwesten Europas mit einer sehr geringen Bevölkerungsdichte. Der Norden liegt fast am Polarkreis, sodass im Juni fast nie die Sonne untergeht. Jetzt Ende August ist die Länge der Tage mit der in Bayern vergleichbar, wobei die Dämmerung gefühlt länger dauert als zu Hause. Island ist etwa so groß wie Österreich oder ein Viertel größer als Bayern. Die geteerte Küstenstraße misst ca. 1320 km. Für eine Umrundung braucht man 18 Stunden mit dem Auto.
Die Hauptstadt Reykjavik liegt im Südwesten der Insel. In dieser Region leben drei Viertel der 400.000 Einwohner, Das Land liegt bei vielen Lebensstandards- und Wirtschaftsindizes im oberen Bereich,. den Menschen scheint es also sehr gut zu gehen. Energie und Strom werden aus Geothermie und Wasserkraft gewonnen. Aufgrund des günstigen Strompreises und des kühlen Klimas haben sich in der Nähe des Flughafens viele Rechenzentren angesiedelt. Auch ein großes Aluminiumwerk liegt auf dem Weg in die Hauptstadt.
Unser Hotel befindet sich im Zentrum von Reykjavik, und da es trotz des sommerlichen Zeitunterschieds von zwei Stunden schon recht spät ist, brechen wir erst am Freitagmorgen zum Sightseeing auf. Recht unbedarft hatten wir uns auf eine Temperatur von 10 Grad eingestellt und dabei den Windchill-Faktor außer Acht gelassen. Bei gefühlten 2 Grad minus können unsere viel zu dünnen Handschuhe und Mützen wenig bewirken, weshalb wir nach einem kurzen Rundgang schnell wieder ins geheizte Hotelzimmer flüchten.
Die Marathonunterlagen gibt es am Donnerstag und Freitag ab 14:00 Uhr in einer Sporthalle zwei Kilometer entfernt. Wir gehen zu Fuß, da man anscheinend für den Bus Münzen benötigt, die wir nicht haben. Kurz vor zwei sind wir dort und pünktlich werden die Tore geöffnet. Eine neue Sporthalle mit Innenlaufbahn empfängt uns und nach einiger Wartezeit bekommen wir die Startnummer und Sicherheitsnadeln. Wer schnell war, hat auch noch eine Tragetüte der Sportbehörde ergattert. Das Laufshirt konnte separat bestellt werden. Die Marathonmesse bietet viele Stände mit Sportartikeln. Sportdrinks mit Kollagen und Koffein gibt es in Dosen bei einem großen isländischen Getränkehersteller. Dann wieder zurück durch den Wind. Die Startunterlagen kann man ausnahmsweise auch am Marathontag, also Samstag, bekommen.
Start und Ziel liegen ein paar hundert Meter auseinander im Zentrum Reykjavjks, sodass nahezu alle Hotels fußläufig erreicht werden können. Der Start ist auf 8:40 Uhr festgelegt, was 10:40 Uhr deutscher Zeit entspricht. Die Taschenabgabe ist auf einer Wiese neben dem Startbogen, leider sehr weit weg vom Ziel. Viele Teilnehmer ziehen sich erst im Zelt um, sodass es viel Gedränge gibt. Wir kommen aber noch rechtzeitig in den Startbereich. Dieser ist in Blöcke aufgeteilt, mit farbigen Fahnen, deren Bedeutung man auf der Homepage nachlesen konnte und die hier am Start angezeigt wird. Immer wieder wird durchgesagt, man möge sich selber entsprechend der erwarteten Zielzeit einordnen.
Die Straße hat einen Mittelstreifen und dieser ist mit einem Zaun getrennt. Eingang nur von hinten oder vielleicht für die Schnelleren doch besser über die Absperrungen? Die beiden Spuren starten ein paar Meter versetzt, da es kurz dahinter in einen Kreisverkehr geht. Wer den rechten Startbereich nimmt, ist auf jeden Fall besser dran, da die links Gestarteten auf der Innenspur des Kreisverkehrs über Kopfsteinpflaster laufen. Zwischen den Mitstreitern ist es angenehm warm und wir erfahren auch auf Englisch, dass die erste Siegerin des Reykjavik Marathons den Startschuss abgeben wird.
Der Kurs ist in zwei Teile aufgespalten: Eine schöne Runde durch den östlichen Stadtbereich, dann eine recht lange Begegnungsstrecke am Meer. Für die Halbmarathonis geht es danach ins Ziel und für uns gibt es noch eine schöne Runde nach Westen mit einigen Straßen im Zentrum. Ich bin schon gespannt.
Judith und ich haben uns gut eingeordnet. Mit vielen Mitstreitern kommen wir auf der breiten Straße schön voran, als plötzlich vor uns ein Propellerflugzeug startet. Hier ist also der Stadtflughafen von Reykjavik, der für Inlandsflüge und Flüge nach Grönland genutzt wird. Links von uns taucht das Meer auf und ich bin überwältigt von der Stimmung am Straßenrand. Anscheinend hat hier jeder Haushalt riesige Soundanlagen, die sich gegenseitig übertönen. Man wird richtig vorangepusht. Die Feuerwehr möchte uns mit dickem Wasserstrahl abkühlen. Gut, dass man sich an dieser „Dusche“ vorbei mogeln kann.
Die Temperatur ist heute recht lauffreundlich, besonders da der starke Wind nachgelassen hat. Und dann kommt auch noch die Sonne heraus, wunderschön. Meine schlechte Stimmung ist verflogen und ich genieße jeden Meter.
Verpflegungsstelle an einer Tankstelle. Benzin kostet hier umgerechnet 2,06€ pro Liter. Da müssten eigentlich viel mehr e-Autos unterwegs sein, da Strom sehr günstig ist.
Wir umlaufen die Halbinsel Seltjamarnes und kommen auf deren Nordseite. Gegenüber der Bucht sieht mein eine hohe Bergkette, ehemalige Vulkane. Der 914 Meter hohe Esja ist der Hausberg Reykjaviks. Schön zum Wandern im Sommer. Im Winter liegt, bedingt durch den Golfstrom, nicht so oft Schnee, sodass man nur gelegentlich Ski fahren kann. Ich kann das Meer riechen, wunderbar. Viele Gruppen feuern hier an. Leider kann man nicht verstehen, was auf ihren Plakaten steht. Dafür ist das Isländische, obwohl mit den skandinavischen Sprachen verwandt, doch zu eigenständig. Und einige Spezialbuchstaben gibt es, die man anscheinend wie das englische Th ausspricht.
Eine Schleife durch ein Industriegebiet auf einer Landzunge. Hier gibt es auch einige Museen und Spektakel für Touristen: das Walmuseum, eine Lava-Show, das Maritime Museum und fürs leibliche Wohl einige Fischlokale. Wir umrunden den alten Hafen, In ihm liegt ein großes Schiff der isländischen Küstenwache. Ein Armee hat Island nicht, auch wenn es zu den Gründungsmitgliedern der NATO gehört.
Vor uns die markante Oper, dann direkt am Meer das im High-Tech-Stil erbaute Konzerthaus Harpa mit seinen Fenstern in Kristallform, die in vielen Farben leuchten. Eröffnet wurde es 2011, nach vier Jahren Bauzeit inklusive Verzögerungen durch die Finanzkrise von 2008, die auch deutsche AnlegerInnen getroffen hat und die Bevölkerung Islands von der Zustimmung zu einem EU-Beitritt abbrachte.
Ab hier nun Gegenverkehr. Auf einer breiten Schnellstraße am Meer entlang. Links wunderbare Ausblicke auf die Vulkanberge, rechts die Skyline der Stadt. Einige Höhenmeter warten auf uns. Insgesamt wird der Marathon deren fast 200 aufweisen, aber höher als 30 Meter über dem Meer werden wir nicht kommen.
Der Zuschauerzuspruch hat etwas nachgelassen. Da sehe ich eine schwedische Fahne bei einer größeren Gruppe. Mein Ausruf „alter Schwede“ veranlasst die Truppe zu einem Jubelausbruch. Wendestelle hinter einem Hügel und dann wieder hinauf. Kurz vor dem Zentrum werden wir Marathonis nach links abgeleitet. Die Halbmarathonis haben nur noch einen oder zwei Kilometer bis ins Ziel.
Auf einem grünen Hügel steht das Höfði, eine kleine Villa, die eine wechselvolle Geschichte erlebt hat. 1909 im Auftrag der französischen Regierung für deren Konsul erbaut, diente sie später dem isländischen Dichter Einar Benediktsson als Wohnsitz. Während des Zweiten Weltkriegs empfing hier der britische Botschafter Besucher wie Winston Churchill und Marlene Dietrich. 1958 kaufte die Stadt Reykjavik die Villa, die seitdem als Gästehaus fungiert. Im Oktober 1986 trafen sich in dem Gebäude der Sowjet-Generalsekretär Michail Gorbatschow und US-Präsident Ronald Reagan zu Abrüstungsgesprächen. Was in den Jahren darauf folgte, kann man auch anhand eines Elements der Berliner Mauer hinter dem Haus erkennen.
Interessanterweise läutete dieses Gipfeltreffen nicht nur das Ende des Kalten Krieges, sondern auch den Beginn des Tourismus-Booms in Island ein. In den Jahren danach nahmen die Besucherzahlen rasant zu. Die Stadt Reykjavik veränderte ihr Gesicht und inzwischen bildet der Tourismus einen der wichtigsten Wirtschaftszweige des Inselstaats.
Wir laufen nun häufiger über schöne, geteerte Rad- und Fußwege, so jetzt auch über die erste Straßenüberführung, die uns nach Laugarás bringt, an der Sporthalle mit der Marathonmesse vorbei. Links liegt das größte Schwimmbad Islands. Mit unserer Startnummer können wir heute und morgen die zahlreich vorhandenen Schwimmbäder der Stadt samt warmen Pools nutzen. Aufgrund der Lage Islands auf dem Berührungspunkt der tektonischen Platten Nordamerikas und Eurasiens gibt es hier zirka 30 aktive Vulkane. Und man erinnert sich noch an des Ausbruch des Eyjafjallajökull im Jahr 2010, als der Ascheregen nicht nur die Felder der Bauern mit teilweise 20 Zentimetern Asche bedeckte, sondern auch den Flugverkehr in ganz Europa zum Erliegen brachte.
Vorbei an einem botanischen Garten und einem kleinen Zoo. Vor einem Fitnesscenter genießen die Sportlerinnen und Sportler ein Bad im warmen Außenpool. Auch hier zwischen den vielen Einfamilienhäusern gibt es wieder viel Zuspruch. Die Streckenführung ist nett: Immer wieder sieht man für ein paar Meter entgegenkommende Läuferinnen und Läufer. Und anhand der Flaggen auf der Startnummer kann man erkennen, dass es ein wirklich internationaler Lauf ist.
Dann aber weiter ins Grüne, wo mehrere Schnellstraßen aufeinandertreffen. Die Wohnhäuser hier müssen gute Fenster haben. Ich sehe eine Läuferin im Chicago-Laufhemd. Sie kommt aus Boston und freut sich über das kühle Laufwetter. Ein Läufer aus Rumänien beschallt sich und uns mit Musik aus den 1980er Jahren. Das weckt Erinnerungen an die Jugendzeit. Auch die Musikauswahl der Zuschauer scheint den 1980ern und 1990ern verpflichtet. Irgendwo in diesem Schnellstraßengewirr gibt es auch noch einen idyllischen Wasserfall.
Der Geirsnef-Park liegt quasi auf Meereshöhe, links vor uns sieht man im neuen Hafen zwei Kriegsschiffe: ein portugiesisches und einen deutschen Betriebsstofftransporter der Rhön-Klasse. Nicht dass ich vom Freund des Schienenverkehrs zum Marineexperten mutiert wäre, aber anhand der Nummer kann man das leicht im Internet nachsehen. Schienenverkehr in der Hauptstadt wurde wohl mal diskutiert, aber im Endeffekt ist Island eine AutofahrerInnen-Nation. Die neuen Stadtteile sind vollständig auf den Individualverkehr ausgerichtet und viele Isländer fahren Vehikel mit Allradantrieb und sehr vielen Scheinwerfern.
Trotzdem fallen mir an vielen Stellen in Reykjavik die Fahrradzählstellen auf. An einigen Punkten werden auch Fußgänger gezählt, so auf unserem Weg zur Startnummernausgabe. Leider habe ich seit km 10 keine Matte mehr für unsere Zeitnahme gesehen. Manchmal stehen Markierungen am Boden, aber was sollen die 26,7 km bedeuten? Später zeigt sich zu meiner Überraschung, dass es dort Zeitnahmen gab, die auch im Ergebnis abgerufen werden können. Bei genauer Inspektion eines Fotos entdecke ich am 21,1-km-Schild eine kleine rote Box. Spannend, wie sich die Technik weiterentwickelt.
Wir kommen in eine recht neue Marina in Bryggjuhverfið, die schon fast südländisch anmutet. Da werden uns viele schöne Einblicke geboten. Wie idyllisch muss es hier erst im Sommer sein! Dann fällt mir ein: Heute ist ja ein typischer Sommertag - für isländische Verhältnisse. Wärmer als 15° C wird es hier so gut wie nie. Verpflegungsstelle vor dem Rückweg. An den VPs gibt es Iso-Getränke, Wasser und gelegentlich auch Bananen. Da für Wasser und Iso die gleichen Pappbecher verwendet werden, muss man genauer hinschauen - oder das Prinzip „erst Iso, dann Wasser“ gilt nun überall.
Ich fühle mich fit für die restlichen Kilometer und verabschiede mich von Judith. Mal sehen, wie viele Mitstreiter ich noch einholen kann. Es bleibt schön, wir kommen nun noch durch einige kleine Wäldchen. Auch Tomaten und Bananen wachsen hier. Aber ausschließlich in Gewächshäusern, die dank Geothermie quasi kostenlos beheizt werden können. Vielleicht ist das auch der Grund dafür, dass es nur so selten Bananen an den VPs gibt? Die schönen Wohnanlagen am Hang gefallen mir. Noch eine Fußgängerbrücke über eine große Straße, dann sind wir fast wieder auf Meereshöhe. Die Häuser links von der Bucht gehören schon zu Kópavogur, mit fast 40.000 Einwohnern die zweitgrößte Gemeinde Islands.
Ich kämpfe nun um meine Platzierung. Eine sub 4:45 h wäre möglich, aber genau jetzt setzt wieder ein starker Nordwind ein. Links in Nauthólsvík würde ein wunderschöner, gelber Sandstrand liegen. Dort gibt es auch zwei Thermalbecken direkt am Strand und in der kleinen Bucht soll der Atlantik etwas wärmer sein, da das warme Abwasser aus den Becken in die Bucht geleitet wird. Ansonsten steht 11 Grad frisches Meerwasser zur Verfügung..
Ein Kiefernwald bringt etwas weniger Wind, aber eine schöne Steigung. Endlich schiebe ich mich an den beiden Herren in den Fußballshirts mit der Nummer 6 vorbei. Fußball ist inzwischen ein großer Volkssport in Island. Als die Isländer bei der WM 2016 ins Viertelfinale einzogen, reisten 10 % ihrer Landsleute zum Turnier nach Frankreich. Also fast 40.000 Menschen.
Kilometer 38. Endlich zurück im Zentrum, einige Schleifen warten auf uns, samt Hügeln. Stimmung nun wieder ohne Ende. Links führt die Regenbogenstraße hinunter zum Ziel. Wir jedoch laufen erst mal nach rechts auf die Hallgrímskirkja zu. Die markante Kirche wurde von 1929 bis 1986 gebaut und ist mit einer Höhe von 74,5 m das zweithöchste Gebäude und die größte Kirche der Insel. Der Architekt Guðjón Samúelsson schuf mit den Betonpfeilern ein Abbild der Basaltsäulen, einem gängigen Motiv in der isländischen Landschaft. Vor der Kirche befindet sich eine Statue, die an Leif Eriksson erinnert, den vermutlich ersten Europäer, der um das Jahr 1000 amerikanisches Festland betrat. Sie ist ein Werk des Bildhauers Alexander Stirling Calder und ein Geschenk der USA anlässlich der 1000-Jahr-Feier des isländischen Parlaments Althing.
Dann durch kleine Straßen mit netten Häuschen. Wir queren die Fußgängerzone Laugavegur, eine der älteren Straßen der Stadt mit einigen historischen Gebäuden. Dann hinunter zur großen Straße am Meer. Wieder furchtbarer Gegenwind, aber nun liegt nicht mal mehr ein Kilometer vor uns. An der Harpa eine große Blasmusikgruppe. Die spielt nicht wegen uns, sondern wegen der Kulturnacht. Das größte Fest Islands erinnert an die Gründung von Reykjavik und markiert das Ende des Sommers. Es beginnt mit dem Marathon und endet um 23:00 Uhr mit einem Feuerwerk am alten Hafen. Die große Bühne, an der wir vorbeikommen, wird erst später gebraucht. Noch 200 Meter. 20 Meter vor dem Ziel sprinten die beiden Läufer im 6er-Fußballtrikot an mir vorbei. Keine Chance, da aufzuschließen. Netto sind sie sowieso zwei Minuten vor mir.
Die Anstrengung am Schluss hat sich gelohnt: Mit 4:42 h bin ich noch schneller als erwartet. Judith kommt auch bald ins Ziel und ist in der 10 Jahre umfassenden Alterklasse recht weit vorne dabei. Die Medaille glänzt wunderbar golden, mit einer 40 zum 40. Jahr des Reykjavik Marathons.
Die Zielverpflegung befindet sich in einer kleinen Grünanlage. Anscheinend bereitet man die Hauptverpflegung im Nachzielbereich schon für die Ankunft der 10-km-Läufer vor, die bald da sein müssen. Wenn ich das richtig gelesen habe, werden sehr langsame Marathonis kurz vor dem Ziel auf eine Alternativroute umgeleitet, um den schnellen 10ern zu entgehen. Gewertet werden sogar Finisher mit über 7 Stunden.
Es gibt Wasser, Iso, Bananen, Orangen, Salzbrezeln, Zimtschnecken und allerlei Schokoriegel. Für Cola waren wir wohl zu langsam. Ein Läufer hat eine Flasche in der Hand und spendiert uns einen Becher Sekt. Gratulation. Drei Polizisten mit Startnummer treffen ein. Sie sind den ganzen Marathon in Uniform gelaufen. Ich frage, ob unterwegs etwas vom Equipment verloren ging, aber Handschellen, Kamera, und Taschenlampe haften wohl sehr gut an der Weste.
Langsam wird es uns zu frisch und wir machen uns auf den Weg zur Taschenabholung. Der Start wird schon abgebaut. Den Nachmittag verbringen wir in 39 Grad warmem Thermalwasser im ältesten Schwimmbad Reykjaviks. Sehr schön.
Und dann noch ein wenig flanieren in der Innenstadt mit den Besuchern der Kulturnacht. Für das Feuerwerk sind wir dann doch zu müde.
Am Sonntag verschaffen Judith und ich uns auf der Standardtour über den „Golden Circle“ einen Überblick über die Naturschönheiten der Insel. Beeindruckend der große Gullfoss Wasserfall, die grünen Täler mit den Islandpferden, der Geysir Strokkur und der Kerid-Krater. Und der Eintritt in das Thermalfreibad „Blaue Lagune“ ist das Geld wert. Dort im warmen Pool werden wir noch von einigen Marathonis angesprochen. Ein Läuferpaar aus dem kanadischen Winnipeg hat die kühlen Temperaturen genossen. Marathons bei sommerlicher Hitze sind nicht so ihr Fall.
Island ist eher ein Reiseziel für Frischluftfanatiker. Mich stört der eisige Wind sehr. Ich bin aber froh, dass ich Island einmal besucht habe. Die Insel ist ein recht teures Pflaster; zu empfehlen sind die relativ günstige Supermarktkette „Bonus“ und diverse Food Courts mit Essensständen und Preisen auf Münchner Niveau. Wegen der Kulturnacht sind die Hotels in Reykjavik sehr gut ausgelastet, weshalb es sich lohnt, rechtzeitig zu buchen.
Beim Ausflug zur Blauen Lagune haben wir die Lavafelder des acht Monate zurückliegenden Vulkanausbruchs bei Grindavik umfahren. Das Highlight waren aber die Lavafontänen des erst drei Tagen vorher erfolgten jüngsten Ausbruchs ganz in der Nähe. Und auch der Rückflug war spannend. Die Startroute führte um die Wolken des Ausbruchs herum. Die Isländer haben anscheinend eine recht gelassene Einstellung zu Naturgewalten, besonders wenn sie in eher unbewohntem Gebiet wüten. Und interessant, wenn man das dann mit den reißerischen Berichten in der deutschen Presse vergleicht.
Fazit
Ein abwechslungsreicher Stadtmarathon mit vielen Zuschauern und Stimmung. Die erste Hälfte mit den Halbmarathonis zusammen wird auf breiten Straßen gelaufen, danach folgen oft schöne Parkwege. Häufige Zeitnahme. Gut organisiert. Kilometermarkierungen in 5er-Intervallen und etwas unübersichtliche VPs. Guter, informativer Internetauftritt auch in Englisch. Dort findet man auch alle Marathonhefte seit 1984. Leider gibt es dieses Jahr keines.
Natürlich sollte man den Aufenthalt mit einem oder zwei Zusatztagen verlängern, um die Highlights der Umgebung zu sehen. Dicke, wind- und wetterfeste Kleidung nicht vergessen!
Siegerinnen
1. Anca Irina Faiciuc ROU 03:06:25
2. Freya Mary Leman GBR 03:10:29
3. Kerry Ann Arouca USA 03:10:52
Sieger
1. José Sousa POR 02:20:33
2. Philemon Kemboi KEN 02:27:27
3. Odd Arne Engesæter NOR 02:30:50
Sehr viele internationale Teilnehmende.