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Laufberichte

4. Hemsbacher UBG Marathon

30.11.13

Der November ist für uns Langstreckenläufer traditionell ein Fastenmonat. Bis Ende Oktober ist das Angebot an Veranstaltungen übergroß und die Entscheidung zwischen den vielen Highlights fällt schwer. Plötzlich, über Nacht ist der Kalender leer, das Wetter mies, keine Lust auf Training - Tristess des Lebens.

Was tun? Soll ich schwermütig in Erinnerungen an schöne vergangene Laufmomente schwelgen oder mich hektisch in die Planung für das nächste Jahres stürzen? Nein, die Rettung in solch schweren Zeiten sind Menschen mit Ideen und der Power, diese dann umzusetzen.

Zum Beispiel beim Lauftreff Hemsbach: Im Jahre 2010 haben Uwe Koch und Bernhard Hertinger festgestellt, dass sie beide Ende November Geburtstag haben. Als passionierte Läufer wollten sie aus diesem Anlass gemeinsam einen Marathon laufen. Mitläufer stellten sich ein, und der "UBG (Uwe und Bernhards Geburtstags)-Marathon" war geboren. Seitdem ist er zu einer beliebten Tradition geworden.

Norbert und ich staunen auch nicht schlecht, als wir im Morgengrauen bei der Förster-Braun-Hütte ankommen. Oberhalb des kleinen Städtchens Hemsbach an der Baden-Württemberg/Hessischen Grenze haben sich viele bekannte Gesichter eingefunden, so dass wir Bernhard gar nicht auf Anhieb zum Geburtstag gratulieren können. Durch Mail-zu-Mail-Propaganda ist der Lauf mit seinen 30 Startplätzen in diesem Jahr restlos ausgebucht, obwohl Bernhards Frau Andrea und Uwe selber wegen Verletzung gar nicht laufen können.

Daniel Basel, wie immer Herr über die Starterliste, sammelt unsere 5 Euro Startgebühr ein. Ein Häkchen kommt an die Namen und ein Schlauchtuch in brandneuem buntem Design ist unser Eigen. Wir setzen noch eine Unterschrift auf den Haftungsausschluss, denn Ordnung muss sein, und suchen einen Platz für die Eigenverpflegung. Hier bringt jeder sein Essen selbst mit.

Im folgenden Briefing gibt Bernhard noch einen Vorgeschmack auf die Strecke, wie z. B.: "Wenn es flach wird seit ihr falsch!?!" oder:  "Die Trailpassagen wurden in den letzten Tagen aufwendig durch umfangreiche Waldarbeiten aufgewertet!". Ich halte das für übertrieben. Die Ausschreibung verheißt 1200 Höhenmeter. Wo soll hier denn eine Strecke mit dem Anspruch eines Berglaufes sein? Die obligatorische Anweisung, keinen Müll zu hinterlassen und vor allem die letzte Runde richtig zu genießen, nehmen wir uns natürlich zu Herzen. Dann macht sich die kleine Schar auf zum Start.

Es geht um die Kurve den Berg hinauf. Hier bemerken wir ein Schild mit der Aufschrift "Laufstrecke". Wie, es gibt hier Hinweisschilder? In der Ausschreibung wurde hervorgehoben, dass Ortskenntnis von Vorteil ist. Ich hatte mich im Geiste schon orientierungslos im Wald herum irren sehen. Aber nein, die Strecke ist sogar beschildert. Ich bin erst mal baff.

Inzwischen versuchen die Einheimischen den Start zu finden. Die Markierung ist auf dem nassen Waldboden nicht zu sehen. Irgendwann unter dem Gelächter der anderen einigt man sich dann. Es wird herunter gezählt und fast pünktlich um 8 Uhr geht es los.

Wir laufen erst mal wieder zur Hütte zurück, hinten herum und dann am Parkplatz vorbei auf einen geteerten Waldweg. Die Gruppe ist schon weit auseinander gezogen. Am ersten Anstieg verlieren wir den Anschluss. Im kurvigen, profilierten Gelände sind die Vorderen nun außer Sichtweite. Norbert will mit mir zusammen laufen und so ist das nicht so schlimm. Der Anstieg zieht sich. Jetzt kommt eine Kurve, dann wird es richtig steil. Als wir endlich oben sind, brennen die Oberschenkel.

Es wird flacher. Ich schaue ich auf die Uhr: erst 2,3 km gelaufen!
Ein Wegweiser zeigt uns, dass es noch 800 m bis zum Kreuzberg sind. Auf eine kurze Steigung folgt ein flaches, dafür aber matschiges Stück. Wir laufen im Gänsemarsch, immer wieder zwischen den aufgeweichten Fahrspuren wechselnd. Langsam wird es heller und im Dunst meinen wir eindeutig die Sonne zu sehen.

Bemalte Bildtafeln weisen auf den Gipfel des Kreuzbergs hin. Auf ihnen ist der Kreuzweg Christis dargestellt. Leider müssen wir auf den Weg achten. So sehen wir erst in den nächsten Runden, dass die Bildtafeln dort einen Kreis bilden. Eine Heiligenfigur aus Stein lädt zum Verweilen ein. Ein großer Findling neben dem Weg sieht aus wie ein Fisch. Sicher wäre noch mehr zu entdecken. Doch ein Schild an der großen Kreuzung weist die Läufer nach rechts und wir sind kurz unsicher, wo es weiter geht.

Vor uns ist niemand zu sehen. Hier geht es bergab. Irgendwie blöd, wenn das jetzt falsch wäre. Nach der nächsten Kurve steht ein Streckenschild und lässt uns aufatmen. Nun können wir das Bergablaufen genießen. Der Untergrund ist fest und trotz des gefallenen Laubs nicht rutschig. Das Gefälle wird steiler. In wildem Galopp geht es hinunter. Dann wird es kurz richtig steil; ich muss bremsen. Erst als unten die Ebene in Sicht kommt, lassen wir es nochmal laufen. Am Ende des Weges haben wir einen tollen Blick auf die herbstliche Landschaft unter uns. Ein Schild zeigt nach links.

Durch eine hohle Gasse gelangen wir wieder in den Wald. Hier wird im Laufe des Vormittags noch jede Menge Holz gemacht. Eine leichte Steigung folgt.  Große Maschinen haben ganze Arbeit geleistet. In langen Reihen liegen Baumstämme zum Abtransport bereit. Der Regen der vergangenen Tage hat den zerfurchten Weg in einen Sumpf verwandelt. Ich hoffe, dass meine Schuhe nicht stecken bleiben. Der Wald öffnet sich und Hemsbach liegt unter uns.

Allmählich wird der Weg wieder fest, aber es geht immer noch bergauf. Gefühlsmäßig müssten wir schon in der Nähe des Ziels sein. Eine super langes Gefälle später erreichen wir tatsächlich die Förster-Braun-Hütte. Etwas über 7 km hat diese Runde. Wir gönnen uns eine kurze Pause.

Die meiste Zeit laufen wir zu zweit. Ab und zu treffen wir andere im Verpflegungsbereich und mit der Zeit finden sich auch einige Fans ein. Wir sind gerade in der dritten Runde, da werden wir bereits überrundet. Andy Dyrtz kommt an uns vorbei gestürmt.

Als wir uns auf die letzte Runde machen, ist es an der Verpflegung schon ziemlich voll. Einige Läufer haben ihren Lauf bereits beendet. Hoffentlich lassen Sie uns noch was vom Geburtstagskuchen übrig. Wir genießen ein letztes Mal die Strecke und ich beneide dabei die Hemsbacher für ihre optimale Berg-Trainingsstrecke. Wir hatten übrigens nachher 1300 Höhenmeter auf den Uhren.

Um die Marathondistanz zu gewährleisten, wird die letzte Runde etwas verlängert. Jeder muss durch den Zielbogen, der von zwei Bäumen gebildet wird. Noch ein Zielfoto, die gemessene Zeit bei Brigitte abgeben, und wir haben es geschafft. Sofort bekommen wir unsere Urkunden.

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Im hinteren Teil der Hütte warten die mitgebrachten Kuchen. Kaffee gibt es sowieso, und Bernhard schenkt einen deftigen Eintopf aus. So lassen wir den Lauf ausklingen.

Nun ist der November vorbei und es riecht nach Schnee. Wir hatten wieder ein schönes einzigartiges Laufmoment für die Erinnerung. Es folgt der letzte Lauf im Dezember, dann kann Weihnachten kommen. Das nächste Jahr ist schon geplant.

 


 
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