Markus stößt im Laufen an einen Stein und kickt mir den vor die Füße. Ich befördere diesen direkt danach an den Wegrand in den Matsch. Als ich ihm hinterher schaue, fallen mir fast die Augen heraus: Es ist meine nagelneue Kamera. Durch die ständigen Erschütterungen hat sich die Tasche unbemerkt geöffnet. Der Fotoapparat erleidet damit exakt das gleiche Schicksal wie sein Vorgänger. Welcher Depp muß beim Laufen auch Bilder schießen! Bis auf ein paar äußere Beschädigungen hat sie es aber glücklicherweise unbeschadet überstanden. Nach eine paar herzhaften Flüchen geht es weiter.
Bei km 18 trennen sich die Wege der Läufer, die Halbmarathonis biegen links ab, wir Marathonläufer düsen geradeaus weiter. Weiterzulaufen ist natürlich kein Thema, es fühlt sich heute gut an und macht trotz der Matsche Spaß. Die Halbmarathonmarke, die dieses Mal wohl nicht extra ausgeschildert ist, erreichen wir nach exakt 2 Stunden, eine Minute später als 2006, wo ich letztlich unter vier Stunden bleiben konnte. Bei km 24 werfe ich das erste Gel ein und tapse schön weiter von Suhle zu Suhle. Zwischendurch mal ein wenig festere Wege nützen nicht viel, alle Läufer sehen aus wie Sau.
Zwischenzeitlich lugt immer mal die Sonne heraus, was zwar sehr angenehm ist, dem Zucker auf den Zweigen aber leider schnell den Garaus macht. Ja, die Hügel, ich kenne sie alle noch, nichts wirklich Dramatisches, aber die Menge macht’s. Waren das wirklich so viele und die so hoch oder hat der Drache unbemerkt ganze Arbeit geleistet? Die 6. Verpflegungsstelle liegt am „Auge Gottes“, einer kleinen Kapelle, bei der im Giebel ein Auge aufgemalt ist, welches über den Wanderern – und hoffentlich auch über uns Läufer – wacht.
Bei km 32 liege ich knapp über drei Stunden und realisiere, daß es mit den vier Stunden trotz des zweiten Gels wohl keinen geben wird. Werde ich langsamer oder Markus schneller? Jedenfalls ist er ein paar Meter voraus, aber bei km 33 bin ich wieder dran. Auf der langen Steigung bis km 36 zieht er erneut davon und ich lasse ihn laufen, denn ich will keinen Einbruch riskieren. Der kommt jedoch nicht, auch wenn’s zunehmend schwerer fällt, aber das ist ja zu diesem Zeitpunkt eigentlich immer so. Vier km weiter tauche ich im Ortsteil Himberg wieder in die Zivilisation ein und bin froh, daß die Steigung hier in der Erinnerung ausnahmsweise mal höher war als tatsächlich.
Die letzten Bergab-km sind flott gelaufen und die Sub 4 nun doch wieder in Reichweite. Bei km 40,5 wird die von der Polizei vorbildlich abgesperrte Straße überquert und es geht auf die Schlussgerade, dem Gehsteig auf der Hauptdurchgangsstraße in Aegidienberg. Arbeitstäglich fahre ich hier vorbei, im Auto ganz flott, aber so zu Fuß und zu diesem Zeitpunkt ziehen sich die letzten anderthalb km doch beträchtlich. Dann aber ist es so weit, noch einmal rechts um die Kurve an ein paar Applaus spendenden Zuschauern vorbei und ab auf den roten Teppich - Frankfurt light! Die Brille beschlägt sofort vollständig, aber den Zielbogen sehe ich gerade noch und habe nach 3:57:18 Std fertig. 7 Sekunden mehr als 2006, das Alter fordert halt seinen Tribut.
Mit umgehängter Medaille will ich gleich noch ein paar Fotos schießen, aber meine Kamera tut es meinem Nasenfahrrad gleich und ist überall zugleich beschlagen. So wird also erst einmal ausgiebig verpflegt, Markus wieder eingesammelt, der knappe zwei Minuten schneller war, und noch ein paar Schwätzchen gehalten. Beim Umziehen stelle ich fest, daß die Füße trotz GoreTex-Schuhen einiges an Dreck mitbekommen haben. Wie mag es wohl denen mit normalen Schuhen gehen? Dann tut’s die Kamera doch wieder und mit ein paar letzten Klicks verlassen wir den Ort unserer Heldentaten.
Joe sehen wir gerade noch mit ganz schweren Schritten einlaufen, kein Wunder bei seinem diesjährigen Programm. Letzte Woche lief er noch den schweren Marathon untertage in Sondershausen bei 30 % Luftfeuchtigkeit, 27° und 1.240 Höhenmetern. Joe braucht das (behaupte ich) und so begrüße ich ihn standesgemäß: „He Joe, Du siehst echt sch... aus“ und ernte neben einem Grinsen eine herausgestreckte Zunge, die Albert Einsteins berühmten Bild in keiner Weise nachsteht.
Das war erneut ein toller Saisonabschluß bei für Dezember hervorragenden Wetter-, dafür mit um so schwereren Bodenverhältnissen. Die Halbmarathonis haben überhaupt nicht gestört und die Halle bei meinem Eintreffen schon wieder verlassen, so daß die von mir befürchtete übergroße Enge nicht stattfand. Hier kommt man immer wieder gerne hin, denn es wird ein perfekt organisierter Lauf von Läufern für Läufer geboten.
Übrigens: Ein Kamerateam von 3sat hat heute einen 70jährigen Triathleten begleitet (nein, nicht Horst Preisler!), obwohl ich mich mehrfach als deutlich lohnenderes Ziel angeboten hatte. Am Samstag, 16.01.2010, soll um 17.00 Uhr ein Beitrag zum Thema „Fit im Alter“ im Rahmen der Sendung „vivo“ ausgestrahlt werden.
Streckenbeschreibung:
Buckliger Kurs auf überwiegend matschigem, heute schwierig zu laufendem Untergrund, die Anstiege addieren sich auf 780 Höhenmeter.
Startgebühr:
23 – 25 – 27 €, je nach Anmeldezeitpunkt (4 € Steigerung seit 2006) für den Marathon, 16 – 18 – 20 € für den Halbmarathon.
Teilnehmerbeschränkung:
Marathon 500, Halbmarathon 380 (bedingt durch die begrenzte Kapazität des Bürgerhauses Aegidienberg).
Zeitnahme:
Manuell.
Weitere Veranstaltung:
Erstmals mit Halbmarathon.
Auszeichnung:
Medaille, Urkunde (auch vor Ort), Ergebnislisten zum Mitnehmen. Sachpreise für die Erstplazierten.
Logistik:
Das Bürgerhaus Aegidienberg ist das Veranstaltungszentrum. Dort gibt es die Startunterlagen. Zum Start auf dem Gangpferdezentrum sind es ca. 400 Meter, das Ziel ist in der Halle. Parkplätze sind in der Nähe, Duschen in der nahe gelegenen Schule.
Verpflegung:
8 Verpflegungsstellen mit Wasser, Iso und Tee (warm), ab Verpflegungsstelle 5 zusätzlich Cola sowie Bananen und Riegel. Sehr gute und reichhaltige Zielverpflegung.
Zuschauer:
Bis auf einige kleine Fangruppen Fehlanzeige (was aber nicht stört), aber einige Spaziergänger und – einige Jogger...
Marathonsieger
Mäner
1 Braukmann Thomas L.G.Kindelsberg-kreuztal 02:45:21
2 SCHMITZ Ruben TMK 02:49:04
3 Kaiser Markus TMK 02:49:07
Frauen
1 Lennartz Birgit LLG St. Augustin 03:22:31
2 Geiken Annette LG RWE Power 03:23:19
2 Sattler Annette 03:28:41
538 Finisher