Bis 2006 hatten die Saarländer nur den Saarschleifen Marathon und jetzt plötzlich finden im mit ca. einer Million Einwohnern kleinsten Flächenbundesland, nur Bremen hat weniger Einwohner, drei Marathons statt – ob sich da alle halten können? Den in St. Wendel bin ich dieses Jahr gelaufen und nun wollte ich den Marathon in Saarbrücken kennenlernen. Bei seiner Premiere vergangenes Jahr erhielt er gute Kritiken und wurde gar zum Newcomer des Jahres gewählt.
Bei rechtzeitiger Anmeldung werden bei diesem Marathon die Startunterlagen zugeschickt, ein Verfahren, bei dem man dem ganzen Logistikaufwand der Startnummernausgabe aus dem Weg geht. Allerdings entfallen damit natürlich auch Marathon Messe, Nudelparty und anderes Identität stiftendes Rahmenprogramm. Da wir uns nicht rechtzeitig angemeldet hatten, ging es in aller Herrgottsfrühe um 5 Uhr Richtung Saarbrücken, um noch die Startunterlagen zu bekommen.
Auf den Saarwiesen unterhalb des Staatstheaters war eine kleine Feststadt aufgebaut, mit Buden, Biertischen und -Bänken und einem großen Zelt, in dem man sich nachmelden konnte. Großer Andrang herrschte hier aber nicht, offensichtlich waren die meisten Teilnehmer vorangemeldet. Angelika und ich bekamen daher unsere Unterlagen sofort.
Im Gegensatz zum Vortag, wo wir schönstes Wetter hatten, war es heute bedeckt und kurz begann es auch zu Nieseln, hörte dann aber wieder auf. Wohl auch daher hielt sich die Besucherzahl zu dieser frühen Stunde in Grenzen, lediglich Läuferinnen, Läufer und deren Angehörige bevölkerten den Festplatz. Wo waren die Saarländer, die doch sonst keinem Fest aus dem Weg gehen? Ob die Feiern anlässlich des 50. Jahrestages als Bundesland zu viel waren? Kaum vorstellbar, es musste das Wetter sein, das nicht unbedingt zum Sitzen im Freien einlud.
Auf Höhe der Kongresshalle stand eine Trommlergruppe, die uns mit ihren Rhythmen begleitete und als es dann rechts wegging, um in großem Bogen hoch zur Brücke über den Fluss zu kommen, waren die Trommler immer noch zu hören. Hinter mir war die Gruppe um die blauen Luftballone bedrohlich nahe gekommen. Fünf Stunden – so langsam wollte ich heute wirklich nicht laufen! Also weg mit dem Fotoapparat und bald hatte ich wieder zu Angelika aufgeschlossen.
Nun ging es über die Brücke und auf einer breiten Rampe wieder hinunter ans andere Ufer, um nun knapp 5 Kilometer flussaufwärts zu laufen. Zuerst aber kam eine Verpflegungsstelle, bestens ausgestattet mit Wasser, Cola, Bananen, Energieriegel. Im Anschluss waren mehrere riesige Abfallcontainer aufgestellt, in die man seine Trinkbecher werfen konnte. Trotzdem lagen jede Menge davon auf dem Boden. Weiß der Teufel, ist es wirklich zuviel verlangt, seinen Abfall in einen Container zu werfen? Die Schweinerei müssen doch andere wegräumen! Nun ja, Läuferinnen und Läufer sind eben auch nur Menschen und also gibt es solche und solche, zum Glück aber mehr solche! Alles klar?
Die Trommlergruppe war nun wieder deutlicher zu hören und die Rhythmen begleiteten uns noch viele hundert Meter.
Ich lief also der Saar entlang, rechts die Autobahn, links das Wasser, auf dem einiges los war: Ruderer absolvierten ihr Training, das technische Hilfswerk fuhr auf und ab, eine Motoryacht kam entgegen, … Als wir auf Höhe des Start-Zielbereiches am anderen Ufer waren, sah man dort die ersten Läufer, die auf die Schleife einbogen, bevor sie dann auf ihre zweite Runde durften. Ich freute mich, dass meine Geschwindigkeit recht gleichmäßig war, ließ mich immer wieder überholen und schon hatte ich Kilometer fünf hinter mir.
Nach der Brücke kam ein Begegnungsabschnitt, vielleicht 300 Meter hin und wieder 300 zurück. An der Verpflegungsstelle kurz vor der Wende wurde Musik gespielt, die jedes Mal wieder Auftrieb gab. Überhaupt muss ich sagen, dass die Verpflegungsstellen nicht nur gut bestückt waren, auch die Leute dort waren durchweg gut drauf und bereits bevor man die Tische erreicht hatte, wurden die Getränke gereicht. Nach der Wende hatte man dann 300 Meter lang Zeit, die Nachfolgenden zu beobachten und sich zu freuen, dass man bereits weiter war.
Bisher hatte uns noch niemand überrundet, den späteren Sieger des Marathons, der zu dieser Zeit noch auf Platz zwei lag, hatte ich aber schon gesehen, als er in die Schleife einlief, gerade als ich sie beendete. Der würde mich bald überholen. In der Tat, keinen Kilometer später lief er an mir vorbei.
Ich war also auf Runde drei, meine Geschwindigkeit immer noch konstant langsam, aber ich hatte ich mich an die Runden gewöhnt und spielte sogar mit dem Gedanken, im Anschluss an die vier Runden noch die acht Kilometer zu laufen, um auf 50 zu kommen. Für die Ultra-Freunde wurde nämlich dieses Jahr weitere acht Kilometer angeboten. Man konnte sich nach dem Zieldurchlauf entscheiden, eine fünfte Runde zu beginnen, nach 3,9 km zu wenden und wieder zurück ins Ziel zu laufen.
Aber wie das so ist, wenn man so was nicht fest einplant, meist meldet sich der innere Schweinehund und redet ganz überzeugend mit einem, logisch und nachvollziehbar, wütend und ärgerlich, sanft und schmeichelnd, ironisch, sarkastisch – egal wie, am Ende lässt man es bleiben. So auch bei mir. Auf den letzten beiden Runden war es zunehmend einsamer geworden. Ab und zu noch überholte ich einen Marathoni, auch gelang es mir, das Anfangstempo bis zum Schluss zu halten, aber weiter laufen?
Zu Beginn meiner dritten Runde waren mir drei Damen aufgefallen, die unbeweglich links von der Laufstrecke standen, die Arme über dem Kopf und in sich versunken. Als ich in der vierten Runde, nach 1:10h wieder vorbei kam, waren sie immer noch da, diesmal sitzend auf dem Boden und wieder in sich versunken. Wenn ich nicht so nachgiebig gewesen und auf die fünfte Runde gegangen wäre, hätte ich sehen können, ob die auch nach weiteren 1:10h noch da waren. So aber bleibe ich auf ewig unwissend. Langer Rede kurzer Sinn, als ich ins Ziel einlief, war mir klar, dass ich heute keinen Ultra laufen wollte.
Ultra und Marathon (42/49 je nach Anmeldezeit), Halbmarathon (24/29 Euro), Kinderläufe.
Nettozeitmessung mit Chip in der Startnummer.
10,5 km langer Rundkurs der Saar entlang; muss vier, bzw. zwei Mal durchlaufen werden.
Startnummer wird zugeschickt, Nachmeldungen im Zelt auf den Saarwiesen beim Start/Ziel.
Medaille, Urkunde.
Alle ca. 2,7 km Wasser und Cola, Bananen und Energieriegel, Iso einmal pro Runde. Nach dem Zieleinlauf u.a. alkoholfreies Bier.
Viele im Start/Zielbereich, auch auf dem Johanner Markt, unterwegs wenige/keine.
Laufberichte | ||||||
14.05.06 | Echt gudd |
Klaus Duwe |