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Laufberichte

Wie im Backofen

 

 

Regensburger Osten

 

Auf einer Wohnstraße unterqueren wir die Nibelungenbrücke, eine Hauptverkehrsader im Zentrum, die den Nordteil mit dem Südteil der Stadt verbindet. Eine Band bietet uns Countrymusik an. Einer bearbeitet seine Drums, der nächste den Bass und der Mann an den Guitars hat noch eine Fluppe in der Gosche. Ich muss lachen. Die Feuerwehrleute an der nächsten Kreuzung haben sich auch versorgt. Einer trinkt sein Bier, die Flasche mit einer Papiertüte getarnt. Das sehe ich sofort. Ich muss mir den Ort für die zweite Runde merken, da gehe ich dann schnorren.

 

 

Ein längeres Stück laufen wir nun auf der Straubinger Straße, die uns in Richtung Businesspark führt. Die vier vom Lauftreff des SC Oberölsbach bemerken mein Treiben und nehmen mir die Kamera ab zum Gegenschuss. Kurzzeitig verliere ich sie dann aus meinem Blickfeld. Dafür laufe ich auf  Udo Pitsch auf, der vor wenigen Tagen den Über-Drüber-Ultramarathon im Kirchdorf gemeistert hat. Fast 2000 Höhenmeter hat der Brocken und Udo hat schon wieder Power. Er wird heute bei der Hitze einen negativen Split schaffen, Respekt.

Zurück auf der Straubinger Straße kommt mir auf der anderen Seite ein Läufer entgegen, der schon rund fünf Kilometer weiter ist. Kurz danach schon der erste Pacer, der noch eine Schar Drei-Stunden-Läufer oder 1.30-Läufer auf dem Halben hinter sich her zieht.

Der Businesspark bietet für interessierte Firmen eine schnelle Anbindung an Autobahn, an die Osttangente, die über die Donau führt, viele Grundstücksflächen und Parkplätze, sowie eine schnelle Anbindung an das ÖPNV-Netz.

Auf der Siemensstraße haben wir einen Wendepunkt zu belaufen. Da kann man seine Verfolger gut beobachten, oder Pläne schmieden, wie man die vor einem Laufenden einholen kann. Vereinskollege Harry Frese ist mir gut voraus, denn er kommt auf der anderen Seite entgegen. Er bemerkt mich nicht, erst auf einen lauten Zuruf. Am Ende des Wendepunkts laufen wir über eine Zeitmatte. Den Halbmarathon laufen zusammen eine Mutter und ein Söhnchen, ein interessantes Wortspiel. Vorne sehe ich bei beiden ein Super Girl und nochmal ein Muttersöhnchen. Dann schließe ich auf Roland Blumensaat, den Begleitläufer von Anton Luber mit seinem Handicap auf. Die beiden vertreiben sich den Marathon mit Unterhaltung, was den Marathon betrifft, den Untergrund und was es dann an der V-Stelle so zum Erfrischen und Stärken gibt.

 

Heißgelaufen?

 

Jetzt geht’s rund, das lese ich auf der Einfahrt des Systemprüfkurses der Firma Continental. Wir dürfen auf die Teststrecke. Ein Zutritt ist normalerweise streng untersagt. Aber dafür, dass jeder Laufveranstalter Sponsoren braucht, die nicht nur Dienstleistung und Konsumprodukte liefern, sondern auch Kapital, ist es bestimmt ein Agreement, dass der Kurs auf diese Strecke gelegt wird. Ich finde das einzigartig, denn wo darfst du auf eine Rennstrecke? Am Hockenheimring und auf dem Nürburgring darfst du laufen, aber wo anders? Eigentlich werden hier Autos, Bremsen und Fahrwerke getestet. Manchmal findet dort ein Rad- oder Inlinerrennen statt. Doch heute sind die Läufer am Zug.

 

 

Die Prüfstrecke ist eine Straße mit drei Fahrbahnen, die im Bereich der Wenden nach außen überhöht sind. Natürlich sind Leitplanken an den Kurven. Mir macht dieser Kurs saumäßig Spaß, du kannst da Kurven schneiden, vielleicht ein paar Meter schnippeln und der Fotograf geht sogar von der Piste, weil er die Läufer aus dem Gras besser fotografieren kann. Die Sambaband Sarara hat sich strategisch gut aufgestellt: Direkt an der Einfahrt, von dort hören wir die Rhythmen auf den nächsten 1,3 Kilometern, denn solange ist der Prüfkurs.

Am Ende dieses Kurses können wir wieder verpflegen und ich sehe, wie Roland den Anton an der Tankstelle coacht. Richtiges Teamwork! Die beiden sind oft zusammen unterwegs. Über weite Strecken führt nun unser Lauf in Richtung Ostentor zurück, wir können das Schlussfeld beobachten. Ich laufe gleichmäßig. Dafür schleicht sich von hinter Gerhard Wally heran. Er hat mich wohl schon länger fokussiert. „Wie machst du das, dass du immer ein schönes Maderl an der Seite hast?“ will er wissen. Laura Wörle staunt ein wenig wegen unserem Schmarrn. Die Wasserwannen an der nächsten V-Stelle an der Eisenbahnbrücke werden von den Läufern verstärkt aufgesucht. Der Moderator dort hat einen Wasserschlauch in der Hand und spritzt auf Zuruf die Läufer nass. Auf dem Weg zum Ostentor kommt uns das Schlussfeld unseres Rennes entgegen.

 

Altstadt II

 

Wir laufen durch das Ostentor und damit haben wir das Weltkulturerbe der Altstadt Regensburg mit Stadtamhof wieder betreten. Übrigens, am 03.06.2017 wird hier in Regensburg der Welterbetag mit einem bunten Programm gefeiert.

Auf der Ostengasse laufen wir bis zum St. Georgs-Platz, wo ein Moderator das Rennen auf unserer und auf der anderen Seite kommentiert. Auf der Thundorfer Straße rennen wir bis zur Steinernen Brücke. Ich springe kurz nach rechts, um ein Bild der Steinernen Brücke zu bekommen, die Besucher der Wurstkuchl schauen. Nächstes Jahr sollen die Renovierungsarbeiten der im 12. Jahrhundert erbauten Steinernen Brücke enden. Das über 800 Jahre alte Bauwerk wird nämlich seit 2010 saniert. Probleme in der Gesteinsfindung und in der Bauausführung sorgen für eine erhebliche Verspätung in der Bauausführung. Vielleicht dürfen wir dann wieder drüber, das würde zum Gesamtkonzept bestens passen. Und auf der Höhe der Brücke biegen wir wieder links in das Altstadtzentrum ab. Es geht einige Höhenmeter empor. Die ersten Läufer müssen gehen.

 

 

Geradeaus in der Goliathstraße 4 sehen wir ein überaus groß dimensioniertes Wandbild, das David und Goliath zeigt: Das Goliathhaus. Die zinnengekrönte ehemalige Patrizierburg beherbergt heute das Turmtheater und ein Restaurant, das im Guide Michelin erwähnt wird. Der Hausname Goliathhaus stammt aus dem 12. Jahrhundert, als seinerzeit die Goliarden hier eine Herberge fanden. Das Wandgemälde wurde erst von Melchior Bocksberger im Jahr 1573 geschaffen.

Das Alte Rathaus ist der nächste Höhepunkt. Im 13. Jahrhundert wurden die ersten Teile erbaut. Im Reichssaal tagte der „Immerwährende Reichstag“, der fast 200 Jahre andauerte. Die Delegierten hatten damals schon ein gehöriges Sitzfleisch. Einige Besucher des Ratskellers sind jetzt, kurz nach 10 Uhr noch beim Frühstück. Unser Frühstück beschränkt sich auf Iso, Wasser und Cola. Doch halt, Weltenburger schenkt Bier aus. Aber die Bedienung ist nicht da, so dass der durstige Fotograf sich an ein paar Noagerln halten muss.

Der Haidplatz, nächster Höhepunkt beim Lauf durch das Weltkulturerbe. Was sehen wir? Den barocken Justitiabrunnen in der Mitte (aus dem Jahr 1656), das Thon-Dittmer-Palais (heute ist hier die VHS, ein Kino, die Stadtbücherei und das Deutsch-Amerikanische Institut untergebracht) und die Neue Waag, die heute Sitz des Verwaltungsgerichtes ist. 1541 fanden hier Religionsgespräche zwischen Philipp Melanchthon und Johannes Eck statt. Am Westausgang des Haiplatzes liegt die Patrizierburg Goldenes Kreuz, heute ist da das gleichnamige Hotel untergebracht.

Über den Arnulfsplatz und den Weißgerbergraben laufen wir wieder an die Donau heran. Ein paar Meter liegt der Eiserne Steg (Fußgängerbrücke über die Donau) hinter uns. An der Prebrunnallee verlassen wir die denkmalgeschützte Altstadt.

 

Ende der ersten Runde

 

Noch gut zwei Kilometer, dann endet die erste Runde. Ich habe bisher einige ärztliche Einsätze sehen müssen. Einige sind vermutlich zu schnell bei der zunehmende Wärme ins Rennen gegangen, oder haben zu wenig getrunken. Hoffentlich hält sich das in Grenzen. Vorbildlich für die Helfer und Zuschauer, denn überall waren schon Hilfeleistende bei den Läufern, die hilfebedürftig waren.

 

 

Auf dem langen Weinweg laufen wir nun auf dem parallelen Radweg, der größtenteils durch die Bäume beschattet wird. Das Feld sortiert sich langsam. Für die einen ist das Schöne in zehn Minuten vorbei. Nur die Marathonis dürfen weiter genießen. Frühzeitig werden wir eingewiesen. Für die einen heißt es rechts ab zum Zielspurt, wir dürfen geradeaus laufen.

 

Die zweite Runde im Backofen

 

2.08 Stunden brutto zeigt die Uhr in der Kamera, als ich in die zweite Runde gehe. Unter vier wird es wahrscheinlich nicht mehr gehen. Obwohl, die Fotoarbeit ist größtenteils erledigt, ich kann den Gashebel durchdrücken. Das meiste habe ich nun gesehen und will es laufen lassen.

Die meisten Läufer scheren in Richtung Ziel aus, ich tippe mal auf ein Verhältnis von fünf zu eins. Die Band bei Kilometer 22 ist fleißig weiter am Spielen, toll. Am folgenden Hochweg haben sich Kinder und Erwachsene mit Wasserpistolen postiert. Auf mein Nicken kriegen wir eine Wassersalve ab, die kurz erfrischt. Für einige wenige Bilder bleibe ich stehen. Besonders die Cheerleader-Mädchen drücken sich an mich bei einem Selfie.

 

 

Die Kilometer fliegen dahin, noch, denn es ist deutlich wärmer geworden. An jeder Wasserstelle kippe ich mir einen Becher über die Birne. Das erfrischt. In der Altstadt haben wir wenigstens etwas Schatten, aber dann im Osten, jenseits des Ostentors ist es damit vorbei. An einigen Tankstellen sitzen Helfer mit einem Wasserschlauch in der Hand und spritzen uns ab. Der Wendepunkt in der Siemensstraße ist noch weiter nach hinten gerückt, übel. Dann dürfen wir auf den Prüfkurs. Kurz vorher ist mir der 3.45 Stunden-Pacer entgegengekommen, den mit dem vier Stunden sehe ich nicht. Allerdings stand ein Zeitläufer vor geraumer Zeit am Straßenrand. War es vielleicht der Mann für die vier Stunden?

Ich nehme mit ausgiebig Zeit bei der Verpflegung noch auf dem Prüfkurs, biege dann auf den Ausgang zu, da kommt mir Gerhard Wally entgegen. Und wie der Rattenfänger von Hameln versucht er, mich auf eine Ehren- und zweite Runde zu locken. Nicht mit mir. Gerhard hat auch Zeit liegengelassen. Rückweg, noch zehn Kilometer.

Auf der anderen Seite der Straubinger Straße kommt dann der Besenläufer entgegen. Der Tom hat den Job übernommen, denn normalerweise will keiner der Letzte sein. Bei einer Band schnorre ich mir ein Bier, der Musiker grinst und überreicht mir … eine leere Flasche. „Leer“, sagt er und ich schleiche durstig von dannen. Auch bei mir ist jetzt der Dampf raus. Ich schleppe mich von Kilometer zu Kilometer weiter. Wenigstens geht es noch joggend. Andere sind zum Wanderer oder Spaziergänger geworden.

Ostentor. Dort mündet die Strecke des Viertelmarathons auf unsere Strecke. Sofort kommt wieder Schwung in meinen Lauf. Ein leicht übergewichtiger Läufer spricht: „Mit dem Marathoni laufe ich jetzt mit.“ Auf meinen Wunsch, mir als Pacemaker zu dienen, lässt er gleich abreißen und fällt zurück. Vor dem Alten Rathaus ist jetzt der Bierstand besetzt, ich lasse mir eins einschenken. Nährstoff!

Die Hitze wird zunehmend unerträglich, jeder Schatten wird ausgenutzt. Ich kann immer noch die Kurzstreckler überholen, die müssen sich genauso anstrengen und leiden. Auffällig ist, dass jetzt wieder einige Notarzteinsätze gefahren werden müssen. Dann biege ich endlich auf den Weinweg ein, der mich nach einer Viertelstunde in Richtung Westbad entlässt. Da vorbei und ich darf  zum  Ziel einschwenken. Ich sehe, dass die Bruttozeit gerade noch ein paar Sekunden unter 4.15 Stunden liegt. Ein harter Brocken heute.

 

 

Im Ziel

 

Dort warten jetzt die Medaillenmädels mit dem edlen Medaillenblech. Kurz hinter der Ziellinie erhalten wir Cola, Wasser, Iso, Obst und endlich alk-freies Weltenburger Weißbier. Nach ein paar Minuten erscheinen auch Gerhard Wally, Anton Luber und Roland Blumensaat. Nachdem mein Job als Fotograf im Ziel erledigt ist, widme ich mich der aktiven Erholung, das die Österreich-Connection an einer Ecke schon seit geraumer Zeit betreibt. Nach fünf Bier (ich übertreibe nicht) ist der gröbste Durst gestillt. Duschen können wir im Westbad und Nudeln gibt es nach Zielschluss auch noch im Übermaß.

 

 

Ein schöner Event war der heutige Tag für alle. Bis zur nächsten Teilnahme hier in Regensburg will ich nicht wieder vier Jahre warten. Nur so heiß wie im Backofen heute braucht es nicht mehr werden. Gemeldet waren über 600 Marathonis. Ins Ziel gekommen sind lediglich 456, mehr als üblich sind gar nicht angetreten, haben auf kürzere Strecken umgemeldet oder sind ausgestiegen. Bei der Hitze keine schlechte Wahl. Aber wer gekommen ist, den hat eine familiäre Veranstaltung erwartet. Gut gemacht, liebe Regensburger. Ja und der Jahn auch, denn der hat sich zwei Tage später für die Zweite Liga qualifiziert.

 

Ergebnisse

 

Männer:
1. Felix Mayerhöfer, DJK Dasswang, 2.31.36
2. Marco Bscheidl, LG Passau, 2.41.19
3. Wolfgang Theisinger, RC Abschnitt Mitte, 2.42.02
4. Thomas Dirscherl, RKB Klardorf, 2.48.09
5. Andreas Regitz, Team Radam Ring, 2.48.35
6. Stephan Fuhrmann, SC Sandbach, 2.50.15

Frauen:
1. Eva-Maria Schmitt, TSV Rannungen, 3.12.03
2. Christina Göpfert, Spiridon Frankfurt, 3.16.33
3. Doro Rogosch, SF Blau Gelb Marburg, 3.18.10
4. Nina Mascher, o.V., 3.18.34
5. Amelie Schroll, o.V., 3.18.34
6. Anke Werner, ASC Darmstadt, 3.20.57

456 Finisher.

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Informationen: Regensburg Marathon
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