„Was die Welt aktuell erlebt, hat sich keiner vorstellen können. Schreckliche Bilder aus Italien zeigen uns täglich, was uns hoffentlich durch umsichtiges Handeln erspart bleiben wird. Vor 3 Wochen waren wir uns ganz sicher, dass wir den Regensburg Marathon durchführen können, da unser Termin für den 29. Regensburg Marathon ja „erst“ am 23. / 24. Mai 2020 stattfinden sollte.
Das Bild hat sich geändert! Wir haben Verantwortung gegenüber unseren Athleten, unseren zahlreichen Helfern und letztendlich auch unserem Verein …….. Wir sagen daher den 29. Regensburg Marathon ab und schließen die Anmeldeportale.“
Diese Pressemitteilung mit der Absage des Marathons in Regensburg wurde bereits am 24.3. veröffentlicht. Keiner ahnte damals, dass am Veranstaltungstermin alle Laufveranstaltungen bis in den September hinein (inklusive des Berlin Marathon) abgesagt wurden. Was danach ist, weiß bis heute niemand.
Die laufenden M4Y-Reporter*innen sind regelmäßig in Regensburg am Start. Auch für dieses Jahr war wieder ein Laufbericht mit vielen Bildern eingeplant. Stattdessen präsentieren wir einen Rückblick auf die vergangenen Jahre.
Alle Laufberichte mit vielen Bildern
gibt es hier auf Marathon4you.de
Regensburg ist eine Stadt mit ganz besonderem Flair: Mit einer mittelalterlichen Altstadt, wie man sie in dieser Größe und Geschlossenheit in Deutschland kaum noch findet. Berühmt sind der Dom, dessen "Spatzen" und die Steinerne Brücke über die Donau. Ein Erlebnis ist, sich im Labyrinth der Gassen zu verlieren. Kein Wunder, dass das komplette Altstadtensemble als UNESCO-Weltkulturerbe unter besonderem Schutz und auch touristisch hoch im Kurs steht. Gleichzeitig ist die Oberpfälzer Metropole eine junge Stadt. Mit einer renommierten Uni, vielen Studenten und einer überaus bunten Kneipenszene.
Klaus Sobirey
Der Marathon wird übrigens in zwei Runden gelaufen. Trotz reichlich Marathonerfahrung macht mich das Wetter nervös. Doch das verfliegt, als unter Aufforderung des Ansagers die Hände klatschend in die Höhe schnellen. Da geht der Startschuß fast unter. Nach noch nicht einmal drei Minuten laufe ich über die Startlinie. Die ersten Kilometer auf der breiten Puricellistraße und dem Hochweg sind ideal, um sich einzulaufen. Hier spielen bereits die ersten Musikgruppen für Zuschauer und Läufer. Im lockeren Tempo geht es dahin.
Markus Pitz
Die lange Reihe der Sportler zieht sich in der Morgensonne über die Straßen. 15 Musikgruppen gibt es an der Strecke, für die Marathonis zählt man doppelt, denn es sind zwei Runden zu absolvieren. Ich genieße das anfangs noch lockere Laufen. Wir erreichen das Jakobstor, welches das westliche Ende der mittelalterlichen Stadt markiert. Außen mit runden Säulen, von innen eckig. Rechts die Schottenkirche St. Jakob, ein hochromanischer Bau mit einem berühmten Portal, das die "zwölf Ausgestoßenen" darstellt, darunter Verbrecher, Tänzer, Prasser und Faule. O.k., da gehören wir nicht dazu: Wer am Regensburg Marathon teilnimmt, muss nicht viel Geld ausgeben und faul sind wir auch nicht, wenn wir 42,2 km bewältigen. Tanzen? Bei dem schönen Wetter wäre das schon eine Idee. Aber ich vermute, der Aufnahme ins Himmelreich steht nichts im Wege.
Andreas Bettingen
(Klaus Duwe)
Durch das Ostentor erreichen wir die durch die UNESCO geadelte Altstadt mit ihren über 1500 denkmalgeschützten Gebäuden. Man glaubt zu träumen. Das kann nicht die Wirklichkeit sind, eher schon eine mittelalterliche Filmkulisse. Natürlich ist der berühmte Dom, dessen Bau fast 600 Jahre dauerte (1273 – 1870), ein absolutes Highlight. Aber die umliegenden Wohn- und Geschäftshäuser sind ebenfalls wahre historische Schmuckstücke mit eigener Geschichte.
Klaus Duwe
Bei zwei den Türmen, die ich schon aus der Ferne über die Altstadtdächer ragen sehe, weiß ich sofort, wo ich sie einordnen muss. 105 m hoch überragen die beiden Haupttürme des Regensburger Doms St. Peter mit ihren prachtvoll-schnörkeligen Spitzen die Altstadt. Wir müssen allerdings erst noch einen Schlenker durch das Gassengewirr drehen, ehe wir durch einen Torbogen nach 4 km auf den Domplatz hinaustreten und den Dom in seiner ganzen Dimension zu Gesicht bekommen. Seit dem Jahre 1273 wurde an dem filigranen Prachtbau gewerkelt, der heute als Hauptwerk gotischer Architektur in Süddeutschland gilt. Ein wenig wie der Kölner Dom mutet er an, nur eben eine Nummer kleiner.
Klaus Sobirey
Auf gepflasterter Straße geht’s zum Kohlenmarkt. Wo früher Schmiede und Bürger Holzkohle kauften, laden heute schmucke Cafes zum Verweilen ein. Erste Gäste sind beim Frühstück. Das Läufervolk zieht’s weiter zum Rathausplatz. Im Alten Rathaus, dessen ältester Teil aus dem 13. Jahrhundert stammt, residiert noch heute Oberbürgermeister. Dort kann man auch den Reichssaal besichtigen, in dem 1355 erstmals und ab 1663 dann fortwährend der Reichstag abgehalten wurde.
Die schmale Altstadtgasse öffnet sich plötzlich zum Haidplatz hin, einem großen, freien Platz mit vielen markanten Gebäuden aus dem 13. und 14. Jahrhundert, wie dem Goldenen Kreuz, Thon-Dittmer-Palais oder der Neuen Waag.
Eine schmale Gasse mit hübschen Geschäften bringt uns um Arnulfplatz, wo gleich die prachtvolle Häuserzeile mit dem „Kneitinger“ auffällt. Man kann sich ja vorstellen, dass es in der Altstadt viele historische und originelle Kneipen gibt. Der „Kneitinger“ ist aber ist so etwas wie eine Institution mit Kultstatus, sagt man mir. Ich konnte es nicht prüfen. Als ich gestern in diese Ecke kam, war mein Bedarf gedeckt.
Klaus Duwe
(Klaus Sobirey)
Es geht nun ein paar Meter hinunter an die Donau zur Thundorfer Straße, geradeaus sehen wir die historische Wurstkuchl, eine Wurstbraterei unweit der Steinernen Brücke. Seit über 850 Jahren werden hier für die Einheimischen und Touristen frische Würste mit Kraut, hausgemachten süßem Senf und Schwarzer-Kipferln serviert.
Anton Lautner
Bis der Begegnungsstrecke viel los, besonders in der ersten Runde steppt regelrecht der Bär. Läufer soweit das Auge reicht. Höhepunkt auf diesem Streckenabschitt die 1,3 Kilometer auf dem Continental-Gelände. Wir sind zurück auf der Straubinger Straße in Richtung Westen. Die Fahrbahn ist bei den Läufern oft nur zweite Wahl, viel lieber werden die teilweise schattigen Gehwege benutzt, bis es in den Häuserschluchten enger und damit allgemein schattiger wird.
Markus Pitz
Mit Blick auf den Eisernen Steg geht es wieder an die Donau. Die Boote der Wassersportler wiegen sich im kühlen Nass. Die Donau fließt hier durch drei Arme, wobei der nördlichste mit der Schleuse die Frachtschifffahrt aufnimmt und die Verbindung nach Kelheim zum Rhein-Main-Donau-Kanal herstellt. Wir kommen zum Weinweg, der an der Donau leicht linksgekrümmt entlang führt. Ja, nicht nur in Franken, sondern auch in Altbayern wird seit Jahrhunderten Wein angebaut. Der sogenannte Baierwein war einst wegen seiner Säure berüchtigt und wurde auch scherzhaft als "Dreimännerwein" bezeichnet: Ein Mann trinkt, schüttelt sich ob des Essiggeschmacks und muss daher von zwei weiteren Männern festgehalten werden. So stand es zumindest auf einer Infotafel. Im 17. Jahrhundert lief das Bier dem einheimischen Wein den Rang ab.
Andreas Bettingen
In einem weiten Bogen ziehen wir schließlich am Rande der Grünanlagen des Donauparks entlang und nähern uns dem Ausgangspunkt unserer Laufreise. Diesen hört man eher als dass man ihn sieht. Ein großes Schild markiert die Weiche. Rechts ins Halbmarathonziel, links in die „do it again“-Runde. Rechts: Zuschauertrauben, Beifall, Cheerleader-Mädels, das Zielbanner, naher Triumph, nahe Entspannung, kühles Bier …... Und links: die Einsamkeit des Langstreckenläufers.
Klaus Sobirey
(Adreas Bettingen)
Zwei Musikgruppen weiter kommen wir zum Zielgelände. Viele biegen nach rechts auf die letzten 100 Meter. Ich halte mich links für die nächste Runde und freue mich auf den zweiten Durchgang, bei dem man die schöne Stadtdurchquerung noch mal richtig genießen kann. Viele Zuschauer harren an der Strecke aus und alle Bands sind noch bei der Sache. Die Cafés haben sich inzwischen gefüllt. Der Gutenbergplatz soll ein kaffeetechnischer Hotspot sein. Frühstück ist angesagt. Der Kleidung der Zuschauer nach muss das heute ein sehr heißer Tag sein – kein Wunder, dass ich so schwitze.
Andreas Bettingen
In der Altstadt spielt vor einer alten Wirtschaft einer mit seiner Quetschn. Den letzten Drive hole ich mir bei Kilometer 39 mit einem frischen Weizenbier an der letzten Tanke. Blinker links gesetzt und kurz danach kann ich den Zugläufer überholen. Selbst eine kurzer Boxenstopp bringt mich nicht mehr in Zeitnot, so dass ich nach 3.42 Stunden unter dem Zielbanner durchlaufe.
Anton Lautner
Zum Glück des Finishs gesellt sich in Regensburg zudem das Glück des After-Finishs. Damit meine ich nicht etwa die leckersüßen Wassermelonen und auch nicht das frisch-kühle Weißbier, das es gleich nach dem Zieleinlauf zur Wiederbelebung der Lebensgeister für die Läufer gibt. Sondern auch und vor allem die Fiesta, die über Stunden im Zielgelände abläuft. Proppenvoll sind die Bänke, es wird gegessen, getrunken und gefeiert. Wer will, kann seinen (kostenlosen) Pasta-Bon auch nach dem Zieleinlauf einlösen. Und das tun viele. Vom Kuchenzelt bis zur Würstel- und Steakbraterei und noch vieles andere ist da, um ein rauschendes Fest zum Ausklang dieses schönen Laufevents zu gestalten. Und als Finisher genießt man das umso mehr.
Klaus Sobirey
Auf Wiedersehen beim Marathon in Regensburg am 15./16. Mai 2021