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Laufberichte

M4Ybiläums-Trip zum Thermathlon

 

10 Jahre – ein Nichts in der galaktischen Ewigkeit, eine kleine Ewigkeit in unserer schnelllebigen Zeit. Wenn man es schafft, in dieser Zeit aus dem Nichts ein Online-Portal aufzubauen, das in einer Spezialdisziplin wie dem Marathon jährlich 2,6 Millionen Besucher anzieht, dann ist das ohne Zweifel ein Grund zum Feiern. Doch wie feiert man das angemessen? Natürlich bei einem Marathon. Und wie schafft man es, das Kernteam von knapp 20 laufsüchtigen Autoren unter einen Hut zu bringen? Man sucht eine Veranstaltung, die im Laufkalender konkurrenzlos ist. Doch welche Veranstaltung bietet für so etwas auch einen idealen Rahmen? Da bleibt dann eigentlich nur eine: Der Johannesbad Thermen-Marathon.

 

Der „Thermathlon“

 

Marathons gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Triathlons und Duathlons sind schwer im Kommen. Pentathlons und Dekathlons gab es schon bei den alten Griechen. Einen Thermathlon, den gibt es aber nur einmal. Dabei ist sein Konzept einfach wie genial: Der „King of Thermathletes“ ist, wer einerseits den schnellsten Lauf auf Asphalt hingelegt, andererseits das größte Durchhaltevermögen beim Abhängen im bis zu 39 Grad warmen Thermalwasser beweist. Nun ja, bei der ersten Disziplin bin ich nur mittelprächtig, mit zweiterer könnte ich das aber locker ausgleichen. Nur leider: Der Veranstalter betrachtet diese als wertungsfreie Kür und so bleibt für mich jeder Ruhmeslorbeer unerreichbar.  

Nichtsdestotrotz: Die Aussicht auf diese „Kür“ dürfte maßgeblich dafür sein, dass alljährlich Anfang Februar, also im tiefsten Winter, wenn jeder vernünftige Marathoni seinem herbstmarathongebeutelten Body Schonung und Rekonvaleszenz verordnet, ein Haufen Unentwegter aus allen Teilen der Republik nach Bad Füssing ins hinterste Niederbayern strebt. Wer nicht die ganz harte Nummer abziehen will, kann sich mit 21 km oder 10 km begnügen. 

Mit Bad Füssing assoziiert man vor allem drei Dinge: Heilwasser, Kur und …. alte Leute. Und genau so ist es. Dabei ist Bad Füssing in Sachen Heilbad eine echte Großmacht. 15.000 Gästebetten kommen auf etwa 6.800 Einwohner und bescheren Europas zugkräftigstem Heilbad unglaubliche 2,6 Mio. Übernachtungen pro Jahr. Sozusagen der fetteste Karpfen im Teich ist dabei die Johannesbad Therme, die größte ihrer Art in unserer Republik. Und: Veranstalter des Thermathlon. 

Zurück zu den alten Leuten. Bekanntlich verschiebt sich die Perspektive, wer „alt“ ist, mit dem eigenen Alter. Alt sind immer die anderen. Jedenfalls darf man sich als Langstreckenläufer in Bad Füssing selbst jenseits der 60 noch als agiler Jungspund fühlen. Das gilt natürlich auch und erst recht für die Marathon4you-Autoren. Anlässlich des zehnjährigen Erdendaseins der schönstgrößtbesten Marathon-Webseite im deutschsprachigen Raum sind sie dem Ruf gefolgt und haben sich zuhauf inkl. Anhang zum kollektiven Jubiläumshappening in Bad Füssing eingefunden. In den Startlisten schlägt sich das gewaltig nieder: mit 5 x 10 km, 3 x Halbmarathon …. und 20 x Marathon. Das größte M4Y-Aufgebot aller Zeiten. Mit dabei: Andrea, 2 x Andreas, Anton, Bernd, Bernie, Birgit, Daniel, Eberhard, Günther, Herbert, Joe, Kay, 3 x Klaus, Markus, Wolfgang. Und jede Menge mit- oder auch nicht laufender Groupies in Form von Ehe- und sonstigen Partnern. 

Im Hotel Königshof, einem der Quartiere des Johannesbad-Imperiums residieren wir. Und genießen damit nicht nur eine überaus komfortable Bleibe, sondern auch das Privileg, nur einen Katzensprung von der Therme und damit auch vom Startpunkt entfernt zu sein.  

 

Pasta, Talk und mehr

 

Hinter der mächtigen Glasfront des futuristisch-pompösen Entrees der Johannesbad-Therme ist im Atrium alles für die Ausgabe der Startunterlagen berichtet. Für ein im Branchenvergleich geradezu läppisches Startgeld von 26 € wird richtig viel geboten: Pasta-Party incl. Freigetränken, zwei (!) Tage freier Thermeneintritt, Funktionsshirt, ein umfassendes Rahmenprogramm. Ach ja: Den Lauf mit allem Drumherum gibt’s obendrauf. 

Im Vorprogramm bietet der Thermen-Marathon traditionell einen Promi auf, der der Läufergemeinde etwaig vorhandene Weisheiten und Botschaften verkünden darf. Rüdiger Nehberg etwa durfte im letzten Jahr über die Vorzüge von Regenwürmern beim Carbo Loading referieren. Zumindest stelle ich mir das so vor. In diesem Jahr steht ab 14 Uhr ein junger Mann im Rampenlicht, den erst ein Unglück dorthin befördert hat: Samuel Koch, seit seinem Sturz bei  „Wetten, dass ....“ im Jahr 2010 querschnittgelähmt. Über „Grenzen“ soll er referieren. Doch zunächst einmal beschäftigt ihn primär die aus seiner Sicht paradoxe Situation, dass ausgerechnet er vor Marathonläufern sprechen soll.

In der Art und Weise, wie er mit leisen, durchdachten Worten, gespickt mit ironischen Zwischentönen, offen und ehrlich über sich und sein Dasein berichtet und die vielen Fragen aus dem proppenvollen Saal meistert - selbst wenn sie so „daneben“ sind wie die schon von Markus Lanz gestellte Frage, ob er dem Unfall einen höheren Sinn abgewinnen könne – offenbart er auf sympathische Weise einen trotz allem positiv motivierten, lebensbejahenden Menschen. Und vermittelt den Läufern zumindest mittelbar eine Botschaft, die sie, wenn auch auf einer ganz anderen Ebene, nachempfinden können: Nicht aufgeben, für etwas kämpfen, dennoch seine Grenzen erkennen und annehmen. 

Ab 16 Uhr öffnet das Thermen-Restaurant die Pforten zur großen Pasta-Party. Klassisch bayerisch an langen Biertischen und -bänken sitzen und futtern die nudelwütigen Läufer nach dem Motto „alles, was rein geht“. Und wahrlich lecker ist, was die Köche bereitet haben: Dreierlei Nudeln, dreierlei Saucen und dazu noch Salat vom Buffet. Selten wurde ich vor einem Lauf pastamäßig so verwöhnt. Ab 16:45 Uhr kommt Leben auf die Bühne. Kultmoderator Artur Schmidt lädt zum Marathon-Talk. Mit dabei: Eliteläufer von heute, etwa Julia Viellehner, und von gestern, wie der Olympia´72-Fackelläufer Günter Zahn. Und noch ein paar andere, vor allem aber:  Unser Klaus. Und so erfahren wir, welche besondere Beziehung sein Verhältnis zum Thermen-Marathon prägt. Von hier stammt der erste Bericht, der auf Marathon4you einst online ging. So ganz nebenbei: Diesem Bericht sind mittlerweile etwa 2.500 weitere gefolgt, geschmückt von ca. 300.000 Bildern.

Der Artur bleibt uns auch erhalten, als es danach M4Y-privat wird. Im 10. Stock des Johannesbad-Towers sammeln wir uns und lauschen – etwa 35 Mann bzw. Frau hoch – dem Frage-Antwort-Spiel von Artur und Klaus. Auf diese Weise lässt Klaus 10 Jahre Marathon4you-Geschichte von den Anfängen bis heute Revue passieren und nicht nur ich freue mich, dabei gewesen zu sein. 

Ganz klar: Zum Feiern gehört natürlich auch ein anständiges Festmahl. Getreu der berühmten gallischen Vorlage zieht die M4Y-Großfamilie mit ihrem Majestix Klaus nach der offiziellen Feierstunde durch die Nacht ins „Stüberl“ im Hotel Königshof und macht sich sogleich daran, das  Buffet zu plündern. Erst zu später Stunde zeigt Daniel, dass er nicht nur ein begnadeter Berichteschreiber ist, sondern wahre „Troubadix“-Qualitäten besitzt, für die man ihn  keineswegs fesseln muss. Mit seiner E-Gitarre präsentiert er als Premiere einen eigenkomponierten Song, gewidmet den Sehnsüchten eines Trail-Runners. Wir sind begeistert und Klaus hätte den Song am liebsten gleich als Hymne für sein trailrunning.de-Portal gebucht.

 

Kalt und sonnig

 

- so präsentiert sich der nächste Morgen. Ideale Laufbedingungen also, auch wenn ich ein wenig bedauere, dass der Landschaft ein anständiges weißes Kleid fehlt. Bunt und quirlig geht es vor den Toren der Johannesbad Therme zu. Hier sammeln sich die Teilnehmer aller Läufe zum Showdown. Laute Musik -  bodenständig live von den Blechbläsern der „D´Querdreiba“ bis rockig aus der Konserve von AC/DC – macht auch den letzten Müden munter. Und auch Artur Schmidt läuft als Moderator einmal mehr zu Hochform auf.

Unseren Kleiderbeutel können wir in einem Zelt oder auch direkt in der Therme in einem Spind deponieren - optimal für denjenigen, der sich nach dem Lauffinish stante pede in die warmen Fluten stürzen möchte.

Erst kurz vor 9:45 Uhr wird es richtig voll vor dem Startbanner. Die fast 700 gemeldeten 10 km-Läufer dürfen vor dem Rest auf die Piste. Eine Viertelstunde später folgt der Auftritt der Matadore der 42- und 21 km-Distanz, wobei sich die „volle Dröhnung“ nur gut ein Drittel der 1.200 Starter geben wollen. Ein Böllerschuss gibt das Signal. Die Piste ist freigegeben.

In Füssing, um Füssing und um Füssing herum

 

…. so lässt sich der Streckenverlauf in Abwandlung des bekannten Ulmer Zungenbrechers grob beschreiben. Eine Art krakelige Acht beschreibt der Kurs, den die Marathoni doppelt zu durchlaufen haben. Feld, Wald und Wiesen, dazwischen kleine Dörfer und etwa alle 10 km die Johannesbad Therme, das sind die prägenden Merkmale des superflachen und kurvenarmen  Kurses. Habe ich etwas vergessen? Eigentlich nicht. Ihr seht schon: Hier geht es weniger ums Gucken als mehr ums Laufen. Und natürlich ums Miteinander und die Vorfreude auf den Apres-Run in der Therme. Aber der Reihe nach.

Noch dicht an dicht drängt die Läuferschar einem nahen Verkehrskreisel entgegen und wird nach rechts abgeleitet. An sich nichts Besonderes, aber letztlich die große Neuerung. Denn im letzten Jahr ging es noch nach links. Die Strecke ist weiterhin dieselbe, aber die Abfolge der beiden Achterhälften wurde umgedreht.  

Durch ein Wäldchen hindurch erreichen wir schon nach dem ersten Kilometer den Ortsteil Würding. Hier erwartet uns die einzige „alpinistische“ Herausforderung: ein langgezogener Brückenanstieg. Auf einem breiten, baumgesäumten Radweg parallel zu einer wenig befahrenen Landstraße geht es nun in einem kilometerweiten Bogen um Bad Füssing herum. Links ist Acker, rechts ist Acker und wir flitzen mitten hindurch. 

Nach knapp fünf Kilometern lädt zum ersten Mal eine Verpflegungsstelle zum Stopp ein. Süßer Tee wird jahreszeitangemessen in warmer Form bereitgehalten. Wer sich innerlich abfrischen will, nimmt Wasser "airfrozen". Isotonisches gibt es auch, aber das fällt bei meinem Geschmackstest sofort durch. Einem knurrenden Magen kann man mit diversem Obst und Energy-Futter abhelfen. Verhungern muss hier niemand. Sieben, acht Mal wird man als Marathoni unterwegs die Gelegenheit bekommen, ein Alibi für eine kurze Auszeit zu nehmen.

Wenig später erreichen wir wieder die Zivilisation, konkret den Ortsteil Safferstetten, eine der Urgemeinden der erst im Jahre 1971 gebildeten Großgemeinde Bad Füssing. Nach einem kurzen Pendelstück tauchen wir durch eine enge Tunnelröhre ab und gelangen in den alten Ortskern mit hübschen Holzhäusern. Durch offenes Gelände, jetzt ohne Straßenbegleitung, geht es weiter durch die Natur. Ein roter Feuerwehr-Löschzug signalisiert unmissverständlich den nächsten Abzweig, der uns über den Ortsteil Riedenburg geradewegs zum Ausgangspunkt unseres Laufes an der Therme zurück führt. Immer mehr Läufer aus dem hinteren 10 km-Feld überrunde ich. Für sie ist an der Therme die Laufreise beendet und sie werden von Artur schon mit donnernden Worten empfangen.

Durch den Start-Zielbogen hindurch geht es für mich weiter zu dem schon bekannten  Verkehrskreisel, wo ich nun jedoch nicht mehr nach rechts, sondern nach links gelotst werde. Erneut geht es hinein nach Safferstetten, nur dieses Mal direkt vorbei an der Pfarrkirche St. Andreas im Dorfzentrum. Auf langen Geraden durchkreuzen wir sodann die einsame, winterlich karge Natur. Eigentlich recht idyllisch – nur ohne Schnee eben kein "richtiges" Winteridyll. Jenseits von Egglfing, gleichfalls Bestandteil des Gemeindeverbunds Bad Füssing, gelangen wir durch durch verwunschen waldiges Gelände bis (fast) zum Inn – zumindest gefühlsmäßig. Denn zu sehen bekommen wir den Fluss, der hier gleichzeitig die Grenze zum oberösterrischen Innviertel markiert, nicht. Kurz vor Erreichen des Flusses macht unser Kurs einen scharfen Knick und führt uns unter der Innbrücke hindurch parallel zur Staatsstraße 2117 direttissma wieder weg von ihm.

Wenig später erblicke ich schon in der Ferne das mir bekannte zweckentfremdete Feuerwehrauto. Kein Wunder: Im letzten Teilstück sind die beiden Rundenteile des Achterundkurses identisch. Hier dauert es nicht mehr lange und man kann am Horizont den Komplex der Johannesbad Therme erspähen.

Ich gebe ganz offen zu: Ich beneide sie schon ein wenig, die Halbmarathonis, die in Finisherpose im Spurt dem Zieleinlauf entgegen preschen. Meine Beine signalisieren mir ganz deutlich, dass sie bestimmt nichts dagegen hätten, bereits jetzt im warmen Thermenwasser zu entspannen. Aber dafür ist es zu spät: Ummelden konnte man sich nur bis kurz vor dem Start. Und dann gibt ja auch noch so etwas wie eine "Marathonehre", die aber wohl nur der verstehen kann, der schon ein paar mehr Marathons auf dem Buckel hat.

Um mich zu motivieren, greife ich zu musikalischem Dope. Mit Stöpseln in den Ohren und bedudelt von einem musikalischen Crossover zwischen Linkin' Park und Ludovico Enaudi bekommt das Laufen auf den langen, mittlerweile ausgesprochen einsamen Geraden einen ganz eigenen, geradezu meditativen Charakter. Meine Pausen an den nach wie vor gut gestückten Verpflegungsständen werden länger, aber was soll's: Die Beine laufen und laufen und laufen .... und erreichen ohne Walkingeinlage ihr Ziel.

 

Der Ruf der Therme 

 

Artur widmet sich nun ganz und gar den eintröpfelnden Marathonläufern und feuert auf den letzten Metern jeden persönlich an. Ich frage mich wirklich, wo dieser Mann all diese Energie hernimmt.

Mit Medaille und Wärmefolie behängt erwartet uns jenseits der Ziellinie im Verpflegungszelt mit Obst- und Kuchenbuffet, Saftschorlen, warmem Tee und – na klar, in Bayern – Bier ein letztes Mal ein üppiges Läufermahl. Lange bleibt hier dennoch kaum jemand. Raus aus der Kälte eilen die Läufer in die warmen Hallen der Johannesbad Therme. Schnell ist die Lauf- gegen Badebekleidung gewechselt und schon Minuten später liegen wir kollektiv im wohlig warmen Thermalwasser der Innen- und Außenbecken und lassen, durch die Nebelschwaden in der fünf Grad kalten Außenluft blickend, totaaaal relaxt den Tag Revue passieren.

Man muss wirklich sagen: Einen entspannenderen Marathonausklang gibt es einfach nicht. Und: Wäre doch nur jedes Jahr ein M4Ybiläumsjahr. In Bad Füssing.

 

Weitere Beiträge in Zusammenhang mit dem
Thermenmarathon und dem Jubiläum:

 

Daumen hoch! Von Andrea Helmuth

Interview Artur Schmidt / Klaus Duwe

Kommentar zum Jubiläum von Klaus Duwe

 

 

Marathonsieger

 

Männer

1 Mayerhöfer Felix DJK Dasswang 02:37:22.30
2 Wittmann Steffen Laufarena Allgäu 02:39:25.67
3 Fuchsluger Andreas  ASKÖ Waidhofen 02:45:47.90

Frauen

1 Kühnlein Angela Brehm Titan Runners 03:05:54.16
2 Förster Basilia Team Erdinger Alkoholfrei 03:17:05.68
3 Heiml Alexandra Eigner Express 03:21:05.66

 

 

Informationen: Johannesbad Thermen-Marathon
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