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Laufberichte

Der Trolli und die Hitze

20.05.07

... und der gute Rat: trinken, trinken, trinken

 

Bereits zum siebten Mal fand dieses Jahr der Heilbronner Trollinger-Marathon statt. In den beiden ersten Jahren war ich dabei, ebenso vergangenes Jahr. Ganz spontan aber hatte ich dieses Jahr das Gefühl: „Dieser Lauf hat sich etabliert.“ Da lief alles so reibungslos, so gelassen und souverän, von der Abholung der Startunterlagen, bis zum Zieleinlauf, dass man vom Organisatorischen her nur Bestnoten verteilen kann. Aber auch den Zuschauern an der Strecke merkte man an, dass sie den Lauf mit all seinen kleinen Störungen des täglichen Ablaufs voll und ganz akzeptieren und unterstützen.


Allerdings verschiebt sich offensichtlich das Interesse der Teilnehmer vom Marathon zum Halben. Kontinuierlich sanken die Teilnehmerzahlen beim Marathon von über 1.100 bei der Premiere auf unter 600 in diesem Jahr. Entsprechend aber stiegen die Halbmarathonzahlen, so dass die Teilnehmerzahl insgesamt stabil blieb, verglichen mit dem Vorjahr. Woran liegt es? Strecke zu schwer? Klar, wer gute Zeiten laufen will, kann das in Heilbronn nicht. Dafür aber hat er einen Landschaftsmarathon mit ganz eigenem Charakter. Wo sonst kommt man durch acht Weinorte mit Trubel, Jubel und Festen, um dann jeweils wieder in die Landschaft einzutauchen, mit Ruhe und schönen Ausblicken?


Auf der Fahrt zum Marathon nach Mannheim am Vortag kamen wir in Heilbronn vorbei und holten die Startunterlagen ab, so dass wir am Sonntagmorgen erst gegen 8 Uhr anreisen mussten. Auf der Theresienwiese neben dem Stadion konnten wir problemlos parken. In wenigen Minuten waren wir dann im Stadion, wo wir jede Menge Bekannte trafen und vor lauter Reden dann beinahe den Start verpassten. Aber der Startbereich auf der Böckinger Brücke ist groß genug, so dass man auch vier Minuten vor dem Start noch problemlos einen vernünftigen Platz im Startfeld bekommt.



Punkt 9 Uhr ging es dann los. Ganz locker lief ich los, ging es doch die ersten Meter leicht abwärts. Unter großem Beifall der Zuschauer links und rechts der Straße liefen wir dann den ersten Kilometer auf der schattigen Uferstraße dem Neckar entlang, anschließend ging es über eine Brücke über den Fluss und auf der anderen Uferseite zurück. Die nächsten drei Kilometer führte der Weg dem Fluss entlang durch den Wertwiesenpark, immer schön im Schatten.


Ich fühlte mich gut, die Anstrengung vom Vortag hatte ich vermeintlich gut verdaut, mein Tempo war angemessen und ich kam von Anfang an mit ein paar Läuferinnen und Läufern ins Gespräch. Die einen wollten heute nur ankommen, die anderen hatten sich in etwa die Zeit vorgenommen, die auch mir vorschwebte: ca 4:50h.


Aus dem Park verabschiedete uns eine Schülerband mit Rockmusik und weiter ging es durch den Vorort Sontheim, wo wir von Zuschauern mit Beifall empfangen und durch den Ort begleitet wurden. Noch in Sontheim erreichten wir bei Kilometer fünf die erste Verpflegungsstation. Zwar war es bereits um diese Zeit recht warm, aber Durst hatte ich noch keinen, also trank ich nur einen Becher Wasser und lief dann weiter.



Sontheim lag hinter uns und über Nebenwege ging es nach Flein. Auch hier, wie in allen folgenden Orten, wurde gefeiert, hunderte Zuschauer säumten die Straßen und feuerten uns an. Wie jedes Jahr war in Flein ein Klavierspieler, der die Festbesucher unterhielt und nebenbei auch noch uns Läufern mit seinen flotten Rhythmen Beine machte.


Ab Sontheim hatten wir nur noch wenig, zeitweise gar keinen Schatten mehr. Die Temperaturen lagen jetzt bereits bei 22 ... 24 Grad und es würde noch wärmer werden und ich wusste, dass weite Abschnitte voll der Sonne ausgesetzt waren. Also hieß es trinken, viel trinken. Kein Problem bei diesem Marathon, denn alle fünf Kilometer kam eine Verpflegungsstation mit Wasser, Apfelschorle, Iso und Bananen. Zwischen diesen Verpflegungsstellen kamen Wasserstellen, so dass man nach jeweils 2,5 Kilometer trinken konnte. Leider aber beherzigte ich diese Regel nicht!



Von Flein aus ging es über Wirtschaftswege nach Talheim. Dazwischen aber lag ein Weinberg, der bewältigt werden musste. Der Anstieg war aber so, dass wir problemlos joggen konnten. Schon von weitem hörte ich dann das Alphorn, das bereits im Vorjahr hier spielte. Auch der Traktor mit seinem Anhänger stand oben. Wo aber waren die Leute, die sonst hoch oben auf dem Anhänger saßen? „Die kommen noch“, war die Auskunft. Daran zeigt sich ganz deutlich der Perspektivwechsel bei diesem Lauf. Nicht mehr die Marathonis standen im Mittelpunkt, sondern die Halbmarathonis. Die starteten nämlich erst in einer Stunde, also muss man als Zuschauer jetzt noch nicht an der Strecke sein.


Auf der Höhe war dann Kilometer zehn erreicht und als es hinunter nach Talheim ging, hatte man das erste Mal einen weiten Blick über die Landschaft vor uns. Locker lief ich hinunter, hinein in den Ort, wo natürlich ebenfalls gefeiert wurde. Musik machte hier eine Band, die Beatles-Lieder spielte. Beschwingt lief ich vorbei und durch den Ort.



Es war jetzt 10.20 Uhr, die Sonne hatte an Kraft zugenommen, kein Wölkchen war am Himmel zu sehen, auf der Strecke keinerlei Schatten und ich schwitzte bereits jetzt stärker und mehr als am Abend zuvor in Mannheim. Das konnte ja noch was werden!


Mitten im Ort zweigte die Halbmarathonstrecke ab, so dass ab hier nur noch die Marathonis liefen. Frühestens aber in 75 Minuten würden hier die ersten Halbmarathonis durch den Ort kommen.


Wie der Name Talheim sagt, der Ort liegt im Tal, was wir schmerzlich bemerkten, als die Straße ordentlich anstieg, als wir uns dem Ortsende näherten.


Etwa drei Kilometer liefen wir jetzt über Felder und Wiesen, bis wir 20 Minuten später Lauffen und wenige hundert Meter später die Verpflegungsstelle erreichten. Obwohl wir ganz im hinteren Feld liefen, empfingen uns doch noch eine Menge Zuschauer, die der Hitze trotzten und uns anfeuerten.


Wieder machte ich den Fehler, dass ich zuwenig trank; zwei Becher genügen bei diesen Verhältnissen nicht. Es ging mir aber noch gut, so dass ich unbeschwert weiterlief, hinüber über den Neckar, hundert Meter der Hauptstraße entlang und dann auf einer langen, sonnigen Geraden hinaus aus Lauffen, Richtung Hausen. Mittlerweile war es unangenehm warm geworden, so dass die Leute, die uns hier noch zuschauten und beklatschten, nahezu alle im Schatten standen.


Bald aber liefen wir neben einer Landstraße, wo Büsche immer wieder dürftigen Schatten spendeten. Hier überholten mich zum ersten Mal Läufer und ich konnte nicht mithalten! War ich anfänglich etwa 6:40 min/km gelaufen, lag ich hier schon deutlich über 7 Minuten und Besserung war nicht in Sicht.



Vielleicht fünfzehn Minuten dauerte es, bis ich in meinem langsamen Tempo Hausen und damit die Halbmarathonmarke erreicht hatte: 2:24h, noch nicht allzu schlecht, aber das bisherige Tempo konnte ich auf keinen Fall durchhalten. Im Ort wieder ein Fest, aber es waren hier deutlich weniger Leute zu sehen. Die Marathonis waren nahezu alle bereits vorbeigekommen, der Halbmarathon kam hier nicht durch und obendrein war es eindeutig zu warm, da ist nicht gut feiern.


Jetzt kam der Abschnitt nach Brackenheim, den ich in schlechter Erinnerung hatte. Bei all meinen Teilnahmen war dies einer der Abschnitte, auf denen mir die Sonne am meisten zugesetzt hatte. Entsprechend vorsichtig ging ich den Abschnitt an; gehen musste ich noch nicht, aber noch etwas langsamer joggen. Sorgenvoll schaute Angelika immer wieder zu mir zurück, hatte sie doch bemerkt, dass mir der Lauf zunehmend mehr Mühe machte und kaum noch hinter ihr herkam.


Nach drei Kilometern in praller Sonne hatten wir Brackenheim, den Geburtsort von Theodor Heuss, dem ersten Bundespräsidenten, erreicht. Weder an der Wasserstelle am Ortseingang, noch der Verpflegungsstelle im Ort konnte ich genügend trinken. Nur noch in kleinen Schlucken bekam ich die Flüssigkeit hinunter, ohne dass es mich würgte. Da hatte ich die Bescherung! Wie kann man auch so unvernünftig sein und bei so warmem Wetter so wenig trinken; das jetzt nachzuholen war unmöglich.


Mit einem Mix aus Gehen und Joggen lief ich durch den Ort, nur noch wenige Zuschauer waren zu sehen. Am Ortsende ging es, wie immer, durch den Hof der Weinbaugenossenschaft Brackenheim. In all den Jahren zuvor war hier immer richtig was los. Dieses Jahr saßen die Leute ganz an das Gebäude gedrückt, um noch ein wenig Schatten zu bekommen. Trotzdem verabschiedeten sie uns mit Beifall auf unseren restlichen Weg.


Ab hier, ab Kilometer 26, war es aus mit Joggen. Mein Kreislauf war nicht mehr in Ordnung, sobald ich joggte, oder schneller marschierte, wurde mir übel. Das war ja eine schöne Bescherung. Aber genauso wie ein paar Kilometer später mein Mitleidender Josef sagte: „Aufgegeben wird nicht!“, so dachte auch ich. Ich hatte noch genügend Zeit, Letzte waren noch längst nicht, also würde ich wohl oder übel, seit längerer Zeit mal wieder einen Lauf gehend beenden.


Mit mehr oder weniger flottem Schritt, abwärts auch langsam joggend, ging es weiter nach Neipperg. Allerdings lag da noch der berüchtigte Anstieg dazwischen. Bereits nach der ersten Veranstaltung 2001 aber war die Streckenführung geändert worden und der Anstieg damit entschärft. Hier kann man durchaus joggen, wenn man kann. Ich konnte nicht, kam aber mit flottem Gehschritt auch ganz flott hoch.


Oben angekommen, bot sich hier der wohl schönste Ausblick des Laufes. Malerisch liegt die Burg am Hang, im Tal die Häuser von Neipperg und am Hang gegenüber Weinberge und Wald. Der Akkordeonspieler am Wegesrand spielte passende Musik dazu, so dass ich beinahe meine Probleme vergaß und bis in den Ort hinunter joggte.



Nur ganz kurz berührte man den Ort, war aber sofort wieder draußen. Einigermaßen eben ging es nun fünf Kilometer am Fuße von Weinbergen entlang bis Nordhausen. Gleich zu Beginn des Weges hielten die beiden einzigen Zuschauer ein Transparent hoch: „Also jetzt umdrehn, wär auch blöd!“ Als ob sie es geahnt hätten, wie es in mir aussah. Ich musste lachen und winkte den Beiden bestätigend zu, wobei mir eher der Gedanke an Aufhören, denn Umdrehen gekommen war. Beides aber war absurd, würde ich nicht machen.


Wir marschierten also entschlossen dem sonnigen Weg entlang, mussten ein paar ehrgeizige Marathonis vorbeilassen und hatten bei Kilometer 32 Nordhausen erreicht. Wenige Leute an der Wasserstelle, ein paar mutige Zuschauer im Schatten, ansonsten menschenleere Hauptstraße. Tja, das kenne ich auch anders aus den Vorjahren. Da lag ich aber mitten im Hauptfeld und die Hitze war nicht so stark.



Weiter ging es auf der gesperrten Landstraße 1106 bis Nordheim. Hier waren wieder einige Zuschauer mehr, die sich freuten, dass ein paar Läufer vorbeikamen.


Die restlichen sieben Kilometer ging es wieder ein wenig flotter. Wir kamen nach Klingenberg (km 37), wo die Halbmarathonis und Walker vor einiger Zeit von ihrer Abkürzungsstrecke wieder auf die Marathonstrecke gekommen waren. Die waren aber längst vorbei und wohl größtenteils bereits im Ziel. In der Ergebnisliste sah ich dann aber, dass da tatsächlich noch welche auf der Strecke hinter uns gewesen sein müssen. Aber was war das – welch ein Triumph – wir überholten zwei Walkerinnen!


An der Verpflegungstelle bei Kilometer 39 bekam ich dann sogar noch einen halben Becher Cola, genauer ein Spezi. Mühelos konnte ich das in einem Zug trinken und machte mich frohgemut auf die letzten drei Kilometer bis ins Ziel, das wir nach 5:41 Minuten unter freundlichem Beifall erreichten.



Wie immer war das ein schöner Lauf, anspruchsvoll, streckenweise landschaftlich sehr schön, mit Längen gegen Ende. Feste in jedem Ort und wenn die Temperaturen nicht gar so hoch gewesen wären, hätten auch wir am Ende des Marathons noch viel mehr davon mitbekommen. Ich wünsche diesem Lauf wieder steigende Marathonzahlen, denn sonst befürchte ich, dass irgend  jemand herausfindet, dass der Aufwand für die wenigen Marathonis zu hoch ist. Das wäre schade, denn dieser Lauf ist es wert, dass er noch viele Male stattfindet.


Ich persönlich habe wieder schmerzlich erfahren müssen, dass Trinken oberstes Gebot ist, vor allem natürlich bei warmem Wetter, aber nicht nur da! Ich werde mir das gut merken, denn eine schöne Lehrstunde waren die letzten 18 Kilometer nicht – aber einprägsam!


Die Nachfrage bei den Sanitätern im Ziel ergab dann, dass man heute viele Läuferinnen und Läufer versorgen musste, aber auch Zuschauern musste man helfen. In den Sanitätszelten im Stadion sah ich dann auch einige Läufer am Tropf hängen. Zu wenig getrunken, weiter gerannt und das war dann das Ende vom Lied. Der Sanitäter erwähnte noch, dass der Großteil der Hilfsbedürftigen Männer waren.


Ach, noch eine Bitte an die Organisation: Bietet ab Kilometer 30 zusätzlich noch Cola an.


Wettbewerbe und Kosten

Marathon (30 bis 36 je nach Anmeldezeit, Nachmeldungen 40), Halbmarathon und Walker (20 bis 26 je nach Anmeldezeit, Nachmeldungen 30), Schüler- und Kinderläufe.


Zeitnahme

Nettozeitmessung mit ChampionChip, bei den Walkern keine Zeitmessung.


Streckenbeschreibung

42,2 km langer Rundkurs durch das Weingebiet südwestlich von Heilbronn, durchgängig asphaltiert.

 

Logistik

Startnummernausgabe mit Marathon-Messe auf dem Gelände neben dem Frankenstadion; dort auch Kleiderabgabe; wenige hundert Meter Fußweg zum Startbereich; Zieleinlauf im Stadion.


Parkplätze sind auf der Theresienwies genügend vorhanden, wenige Minuten Fußweg zum Stadion.


Auszeichnung

Medaille; vorab eine Flasche Trollinger Wein und ein Tshirt.


Verpflegung 

Alle ca. 5 km eine Verpflegungsstation mit Wasser, Apfelschorle, Iso, und Bananen, bei km 39 auch Spezi; dazwischen jeweils Wasserstellen. Nach dem Zieleinlauf Getränke, Fruchtmilch, Bananen.


Zuschauer

Feste in allen Ortschaften mit vielen Zuschauern, gelöste Stimmung; dazwischen wenig/keine.

 

Informationen: Heilbronner Trollinger Marathon
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