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Laufberichte

Der Achte war mein Fünfter

25.05.08

Bei der Erstauflage in 2001 war ich bereits beim Trollinger Marathon dabei, auch noch im Jahr danach, dann erst wieder in den letzten beiden Jahren und auch dieses Jahr zog es mich wieder nach Heilbronn. Zum fünften Mal war ich also bei diesem Marathon und das liegt nicht nur daran, dass er praktisch vor meiner Haustüre statt findet, sondern vor allem an der abwechslungsreichen und auch anspruchsvollen Strecke durch eine schöne Gegend.

Namensgeber dieses Laufes ist der Trollinger Wein, eine Rotweinrebe, die nahezu nur in Württemberg und eben auch in dieser Gegend angebaut wird. Der Wein ist eine leichte, fruchtige Alternative zu den häufig schweren Rotweinen aus unseren Nachbarländern. Bereits seit dem ersten Marathon wird er auch an manchen Verpflegungsständen angeboten. Allerdings habe ich da nie zugegriffen, kann somit auch nicht berichten, wie sich Marathon und Wein vertragen.

 

Informationen: Heilbronner Trollinger Marathon
Veranstalter-WebsiteE-MailFotodienst HotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner

Nach 30 Minuten Fahrt waren Angelika und ich gegen 7.30 Uhr am Frankenstation in Heilbronn. Um diese Zeit findet man hier problemlos einen Parkplatz und so hatten wir dann auch keine 10 Minuten später unsere Startunterlagen, samt T-Shirt und einer Flasche Trollinger. Umziehen mussten wir uns dann im Auto, denn der Himmel hatte seine Schleusen geöffnet und ein Platzregen kühlte ein wenig ab. Der Wetterbericht hatte durchwachsenes Wetter vorhergesagt mit dem einen oder anderen Schauer. Das wäre eine willkommene Abwechslung zu dem stets zu warmem Wetter bei meinen bisherigen Teilnahmen. Als ich dann jedoch kurz vor 9 Uhr im Startbereich stand, war weit und breit kein Wölkchen mehr am Himmel zu sehen. Nun, das würde sich sicher wieder ändern!

Um die 700 Läuferinnen und Läufer warteten auf den Startschuss um 9 Uhr. Keine zwei Minuten später lief ich über die Zeitnahmematten und die leicht abschüssige Startgerade hinunter. Ein paar Bilder später und nach einem kurzen Aufenthalt an einem Baum war ich Letzter. Schnell hatte ich mich dann aber wieder nach vorne gearbeitet und als wir nach ca. einem Kilometer nach rechts über eine Brücke die Startgerade verließen, hatte ich schon wieder einige hinter mir gelassen.


Bei diesem Lauf bin ich Zeiten von knapp unter vier (3:59) Stunden bis zu knapp unter sechs (5:41) Stunden gelaufen. Nach dem Desaster vergangenes Jahr wollte ich heuer wieder eine bessere Zeit laufen, was bei meinem derzeitigen Laufvermögen etwa 4:50 h wären. Entsprechend verhalten lief ich los und wunderte mich, weshalb nur noch so wenige hinter mir lagen. Da hatten sich viele von der leicht abschüssigen Startgeraden zu einem viel zu schnellen Tempo verführen lassen. Eberhard und Silvia von meinem Nachbarverein TF Feuerbach waren vernünftiger und hatten von Anfang an ihr Tempo gedrosselt. Nach einer kurzen Unterhaltung mit den Beiden setzte ich mich langsam ab, um Brigitte und Angelika einzuholen.

Obwohl ich mich zurückhielt hatte ich den Eindruck, als ob die Kilometer hier viel kürzer wären. Im Nu hatte ich die ersten fünf Kilometer hinter mir und lief bald auf einem Feldweg nach Flein zum ersten Weindorf. Ganz offensichtlich hatte ich die 72 Kilometer auf dem Rennsteig vergangenes Wochenende bestens verarbeitet. Es lief gut, ich fühlte mich wohl!

In Flein war dann eine erste Stimmungshochburg, wie jedes Jahr wurden die Leute mit Klaviermusik unterhalten und ich lief vorbei an vielen hundert Zuschauern, die auch uns am Ende des Feldes noch kräftig anfeuerten. Ganz Flein schien auf den Beinen zu sein, denn auch kurz vor Ende des Ortes standen noch jede Menge Zuschauer am Straßenrand und applaudierten. Sie warteten vermutlich auf die Halbmarathonis, die eineinhalb Stunden nach dem Marathon auf die Strecke geschickt werden und sie vertrieben sich die Zeit bis dahin mit Feiern.

Keine zehn Minuten nachdem wir den Ort verlassen hatten, kam der erste kräftige Anstieg auf den Weinberg vor Talheim. Ich war noch gut drauf und konnte bis nach oben joggen. Ganz anders war das vergangenes Jahr, als ich bereits hier erste Schwächeanzeichen bemerkte. Zuverlässig wie all die Jahre zuvor empfing uns oben am Berg ein Bläser der „Flinataler“ Alphorngruppe.

Der Aufstieg und Kilometer 10 war geschafft und ich konnte den weiten Blick in die Weinbaulandschaft genießen, bevor es dann kurz danach genauso steil hinunter nach Talheim ging. Noch war ich frisch und konnte das Gefälle nutzen, um meine Zeit zu verbessern. Kaum aber hatte man aber die Talsohle erreicht ging es nach einem ganz kurzen ebenen Stück sofort wieder hoch und hinaus aus dem Ort. Immer noch ließ sich keine Wolke am blauen Himmel blicken, die Sonne schien viel zu warm, kein Schatten war auf diesem Anstieg zu sehen und ich fühlte mich an die Hitze vom Vorjahr erinnert. Nur dem Regenguss am Morgen hatten wir es zu verdanken, dass es noch nicht ganz so heiß war.


Die nächsten Kilometer ging es auf gut befestigten Wirtschaftswegen über Felder hinüber nach Lauffen. Lauffen ist vor allem als Weinort, aber auch als Geburtsstadt von Friedrich Hölderlin bekannt. Auch in Lauffen waren wieder jede Menge Zuschauer an der Strecke. Eine Trommlergruppe empfing uns und spornte uns an. Wir liefen über den Neckar, rechts vor uns die Regiswindiskirche, die wir dann auf unserem Weg dem Fluss entlang links oben liegen ließen.
Der Abschnitt von Lauffen nach Hausen lag dann, wie immer, voll in der Sonne, wie sich überhaupt die Temperaturen jetzt denen des Vorjahres annäherten. Die vom Wetterbericht versprochenen Wolken und Schauer waren heute nicht mehr zu erwarten und wieder einmal war es ab jetzt viel zu warm.

Erst ging es die endlos lange Gerade dem Bahndamm entlang, dann auf dem Radweg neben einer Autostraße bis hinein nach Hausen. Dort erwartete uns wieder eine tolle Stimmung mit jeder Menge Zuschauern, die hier aber sichtlich den Schatten suchten, den wir Läufer auf der Straße nicht hatten. Hier passierten wir auch die Zeitnahmematten, die ich bei der Halbmarathonmarke nach 2:18 h passierte. Für meine angepeilte Endzeit eigentlich zu schnell, aber immer noch fühlte ich mich gut, hatte bisher auch bei keinem Anstieg gehen müssen und hoffte, dass das so weiter ging.

Allerdings kam jetzt der von mir gefürchtete schattenlose Abschnitt nach Brackenheim. Aber auch diesen sanften Anstieg konnte ich ohne Gehpause hinter mich bringen. Allerdings stieg ab jetzt mein Puls um über 15 Schläge an, noch ohne jede negative Auswirkung. Hoffentlich blieb das so!

Auch nach Brackenheim ging es abwärts, am Theodor Heuss Museum vorbei, durch die Fußgängerzone und schon war man wieder aus dem Ort draußen. Die meisten der etwa 700 Läuferinnen und Läufer war bereits vorbeigelaufen und entsprechend weniger Zuschauer waren noch zu sehen. Ist ja auch uninteressant, die Langsamen am Ende zu beobachten. Lediglich im Hof der Kellerei am Ortsende saßen noch jede Menge Zuschauer, die aber eher am Wein und am Essen interessiert waren, als an uns. Das hier angebotene Glas Trollinger lehnte ich dankend ab und machte mich auf den Weg nach Neipperg, wo uns nochmals ein ordentlicher Anstieg erwartete.

Wieder ging es der Straße entlang, gut gesichert durch Markierungen. Kurz vor dem Anstieg überholte ich Brigitte, die ihrem zu hohen Anfangstempo Tribut zollen musste. Aber auch ich hatte nicht mehr genügend Energie, den gesamten Anstieg zu joggen, sondern brachte meinen Puls wieder etwas herunter, indem ich, wie alle um mich herum, in schnellem Schritt nach oben marschierte. Wie jedes Jahr wurden wir von Akkordeonmusik empfangen, dieses Jahr sang der Spieler auch dazu. Vermutlich war er aber bereits etwas erschöpft, denn den einen oder anderen Ton traf er nicht mehr ganz richtig. Trotzdem aber munterte uns die Musik wieder auf und dem Spieler gebührt jede Menge Anerkennung, war er doch der Einzige, der hier oben die Stellung gehalten hatte, Zuschauer waren hier keine mehr zu sehen. Dafür aber entschädigte wieder der Blick auf die Burg Neipperg vor uns und den Ort weiter unten.


Recht steil ging es abwärts, richtig Zeit aber konnte ich nicht gut machen, obwohl ich Angelika einholen wollte. Immer wieder hatte ich weit in der Ferne ihr orangefarbenes Laufshirt gesehen, kam aber bisher kaum näher und auch dieser Abstieg half nicht, sie einzuholen. Den Ort selbst streifte man nur, kam an der Kelter vorbei, vor der viele Zuschauer an Biertischen saßen und ihren Wein genossen und lief dann wieder hinaus.

Jetzt kam der Abschnitt, der sich kilometerlang am Fuße der Weinberge entlang schlängelte. Vom Höhendiagramm her wusste ich, dass es bis ins Ziel tendenziell abwärts ging und tatsächlich lief es die nächsten Kilometer bis Nordhausen recht flott. Zwar musste hier in den Weinbergen noch ein kleiner Gegenanstieg bewältigt werden, aber die Hoffnung, Angelika noch einholen zu können beflügelte mich und ich machte keine Gehpause, obwohl mir eine innere Stimme das sehr nahe legte. Auch das Fotografieren reduzierte ich, um keine Zeit zu verlieren.

Ab Nordhausen dann ging es einer wenig befahrenen Autostraße entlang, gut gesichert, aber leider in stetem Auf und Ab. Schatten gab es keinen, die Sonne brannte und so sah ich die Meisten Gehen und ich konnte ab jetzt doch noch viele überholen.

An der Verpflegungsstelle bei Kilometer 35 in Nordheim sollte Cola angeboten werden. Das würde mir dann sicher noch den letzten Schwung geben, Angelika einzuholen! Leider aber entpuppte sich das Cola als Spezi und das hatte nicht die erhoffte Wirkung. Weiter ging es der Straße entlang und ab Klingenberg (km 37) stießen die Halbmarathonis und Walker auf die Strecke. Die waren hier schon 2:40 h unterwegs und immer noch zahlreich. Aber sie motivierten, konnte ich doch jede Menge noch überholen.

Hier am Anfang von Heilbronn in Klingenberg und Böckingen und bis ins Ziel waren wieder mehr Zuschauer an der Strecke, denen es aber ebenfalls sichtlich zu warm war. Ich selber hatte mein Vorhaben, Angelika noch einzuholen, aufgegeben und schaute, dass ich vollends problemlos ins Ziel kam. Mein Puls war inzwischen zu hoch, so dass ich den letzten leichten Anstieg auf die Böckinger Brücke tatsächlich gehen musste.

Dann aber ließ ich es die Startgerade hinunter rollen, schwenkte nach links ins Stadion und lief die letzten Meter auf der Bahn ins Ziel, wo mich Angelika bereits erwartete. Sie hatte dreieinhalb Minuten Vorsprung bis ins Ziel retten können. Ich selbst war mit meinen 4:39:10 mehr als zufrieden, war das doch gegenüber Hamburg und auch Luxemburg eine erhebliche Verbesserung und das bei diesen schweren Bedingungen, wie Hitze und etwa 350 Höhenmeter.


Wie bei allen meinen Teilnahmen bisher hat mir der Lauf sehr gefallen. Die schöne Landschaft, der Wechsel zwischen Spektakel in den Ortschaften und Ruhe auf den Wegen dazwischen, die freundlichen Zuschauer, die Stimmung in den Dörfern und nicht zuletzt die perfekte Organisation, all das macht diesen Lauf aus.

Dass ich die Verpflegung unterwegs nicht erwähnt habe liegt daran, dass da einfach alles gepasst hat. Das Angebot war durchweg gut, die Abstände zwischen den einzelnen Punkten vollkommen ausreichend und viele Privatleute hatten zusätzlich noch ein Angebot für uns Läufer.

Wie überall gehen auch beim Trollinger Marathon die Finisherzahlen zugunsten der Halbmarathonläufer zurück. Allerdings scheinen sich jetzt die Zahlen mit etwa 620 Finishern (628 in 2007) zu stabilisieren. Ob eine „Entschärfung“ des Kurses etwas bringt? Als Ursache vermute ich eher die Konkurrenz des Marathons in Mannheim am Abend zuvor. Eine Entschärfung würde dem Lauf vielleicht gar seine Besonderheit nehmen?

Noch eine Bemerkung, die weniger mit diesem Lauf zu tun hat, sondern zu einer Entwicklung, die ich verstärkt in den letzten Jahren beobachte. Konnte ich zu Beginn meiner Laufkarriere (2000) noch mit vielen Läuferinnen und Läufern während eines Marathons ein Gespräch führen, so gelingt das neuerdings immer weniger. Die Sitte – oder auch Unsitte – sich bei einem Lauf durch Musik abzulenken, nimmt beinahe dramatische Formen an. Auch beim Trollinger konnte ich es wieder beobachten, dass sehr viele mit Ohrhörern liefen und damit nach außen signalisierten, dass sie alleine sein wollten. 

Dieses Mal aber wurde ich sogar von einem Läufer angeschnauzt, einem Läufer, den ich kenne und der normalerweise gerne mit einem schwätzt. „Lass mich in Ruhe und lauf dein Zeug,“ murrte er und selbst als ich erschrocken abließ und meiner Wege zog, hörte ich noch sein Schimpfen, dass man ihn in Ruhe lassen solle und dass das eine Unverschämtheit sei: „Redet der mich von der Seite an! Der soll das bleiben lassen und sein Ding laufen!“ Einzelfall oder Beginn eines neuen Trends?

Nach wie vor bin ich der Meinung, dass man einen Lauf, zumal einen Landschaftslauf, mit allen Sinnen wahrnehmen sollte, also auch mit dem Gehör. Nun ja, offensichtlich gerate ich mit dieser Meinung langsam aber sicher ins Abseits. Besagtem Läufer aber nützte seine Betäubung offensichtlich nichts, denn in der Ergebnisliste taucht er nicht mehr auf. Vielleicht hat er ja eingesehen, dass er zuhause auf seinem Sofa viel ungestörter Musik hören kann und hat den Lauf daher abgebrochen!

Streckenbeschreibung

Rundkurs, durchgängig asphaltiert, gut zu laufen. Allerdings nie ganz eben, immer hügelig mit einigen spürbaren Steigungen.

Zeitnahme

Champion-Chip, Zwischenzeit bei Halbmarathon

Weitere Veranstaltungen

Halbmarathon, Walking/Nordic Walking, Schülerläufe

Rahmenprogramm

Pastaparty am Vorabend auf dem Schiff. Gottesdienst im Freien vor dem Start.

Auszeichnung

Medaille, Urkunde, Shirt

Logistik

Das Frankenstadion ist gut zu erreichen. Großer Parkplatz direkt beim Stadion. Startunterlagen und Startgelände in unmittelbarer Nähe. Zieleinlauf im Stadion.

Verpflegung

Alle 5 km Verpflegungsstationen mit Wasser, Iso, Bananen und Apfelschnitzen. Zusätzliche Erfrischungsstationen (nur Wasser) waren alle 5 km (ab km 7,5) eingerichtet. Eigene Verpflegung konnte abgegeben werden und wurde jeweils an der angegebenen Verpflegungsstelle übersichtlich auf einem separaten Tisch ganz vorne aufgestellt. Viele Privatleute boten Getränke an.

Statistik

Die Marathonsieger

Männer

1  Janicki, Jaroslaw (POL) Hermes Gryfino  02:33:13
2  Diehl, Marco (DEU) TSV Friedberg-Feuerbach  02:36:35
3 Sitienei, Andrew (KEN) SSV Ulm 1846  02:40:03

Frauen

1  Meiniger, Simone (DEU) LTG Kämpfelbach  03:05:38
2  Alter, Julia (DEU) TV Rheinau 1893  03:12:47
3  Weiblen, Iris (DEU) Sindelfingen  03:18:12

Finisher Marathon 620 (76 w, 544 m), Finisher Halbmarathon 4.354 (1.032w, 3.322m), Finisher Walking 232 (158 w, 74 m).

 

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