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Laufberichte

Irgendwann warst Du in Biel…

 

… und das war gestern.

 

Jeder Ultraläufer in Deutschland kennt Werner Sonntag‘s bekannten Ausspruch „Irgendwann musst Du nach Biel“. Eher weniger dürften seine gleichnamige knapp 80-seitige Erzählung aus dem Jahre 1978 tatsächlich gelesen haben. Diese ist heute lange vergriffen, aber in seinem Buch „Laufende Vorgänge“ ist ein Abdruck erhalten. Ich habe dieses Buch im Juni 2008 von ihm persönlich erstanden, mit seiner Widmung „Thomas Enck mit guten Wünschen für Biel und anderswo“.

Kennengelernt habe ich den Läufer und Autor Werner Sonntag eher durch Zufall. 1994, nachdem ich bei meinem ersten völlig unbedarften Marathonversuch gescheitert war, betrat ich eine kleine Buchhandlung in meinem Wohnort und kaufte alle vorhandenen Laufbücher auf. Es war kein großes Geschäft, daher betrug meine Ausbeute nur vier Stück. Darunter neben Werner Sonntag‘s Standardwerk „Laufen“ auch sein „Mehr als Marathon“. In diesem Buch las ich fasziniert von Wettbewerben, die weit über die Marathonstrecke hinausgehen, Synonym dafür waren die 100 km von Biel. Aber dann legte ich das Buch beiseite, um mich den primären Ziel Marathon zu stellen. 2008 jedoch war es dann so weit. Ich stand an der Startlinie am Bieler Eisstadion und Werner Sonntag zufällig neben mir. Natürlich sprach ich ihn an und bestellte bald darauf sein Buch „Laufende Vorgänge“.

Zwei Jahre zuvor erschien „Irgendwann warst Du in Biel“, eine Festschrift der DUV zu Ehren von Werner Sonntag anlässlich seines 80. Geburtstags. In dieser Broschüre berichten zahlreiche Ultraläufer von ihren Erlebnissen auf der 100-KM-Strecke von Biel. Heute darf ich mich nun der Reihe der Berichterstatter anschließen.

Auch wenn Werner Sonntag in Deutschland den Bieler 100er durch seinen Ausspruch nach 1978 erst so richtig bekannt gemacht hat, die Historie der heute „Bieler Lauftage“ genannten Veranstaltung währt schon viel länger. In der Tradition der Schweizer Militär- und Waffenmärsche 1959 entstanden, findet in diesem Jahr bereits die 64. Ausgabe statt. Damals, 1959, gab es weder den Begriff Ultralauf noch ein breites Angebot von Ultralauf-Veranstaltungen wie heute. In diesem Sinne kann der Bieler Lauf zusammen mit dem Rennsteiglauf und dem Swissalpine als die Mutter aller Ultraläufe, zumindest im deutschsprachigen Raum bezeichnet werden. Dies ist sicher auch ein Grund für den leicht verklärten Blick vieler Läufer auf „Biel“, wie wir gerne uns als Insider zu erkennen gebend den Lauf bezeichnen. Der andere Grund ist die einzigartige Atmosphäre diese Naturlaufes durch die Nacht, die wir auch heuer wieder erleben werden.

 

 

Darüber denke ich nach, als ich mit dem Zug - ab der Schweizer Grenze mittels eines vom Veranstalter spendierten „Promocodes“ kostenfrei – ins zweisprachige Biel/Bienne anreise (neben deutsch spricht man hier französisch). Das Eisstadion ist Geschichte, an seiner Stelle wurden große und moderne Sportanlagen und Hallen errichtet. Während der Bauzeit wurden Start und Ziel ins Stadtzentrum mit entsprechenden Streckenänderungen verlegt, nun kehren wir wieder an den ursprünglichen Ort des Geschehens an den Stadtrand zurück. Dieser ist übrigens leicht mit den Buslinien 1 und 2 vom Bahnhof aus zu erreichen.

An die neuen Sporthallen, geräumig und funktional, muss ich mich, ehrlich gesagt, noch gewöhnen. Das alte Eisstadion hatte mehr Charme, oder bin ich nur nostalgischer Sentimentalität verfallen? Mir geht es anscheinend nicht allein so, es fehlt um 19 Uhr ein wenig an Vorstart-Atmosphäre, viele Läufer reisen offensichtlich erst spät an. Vorteil: So gibt es keine Schlange an der Startnummernausgabe und nur eine kurze an der Nudelausgabe, die übrigens nicht im Startgeld (CHF 130 in der ersten Anmeldephase) inkludiert ist. Ich lass mir die Nudeln schmecken und ziehe mich dann in die Sporthalle zurück, die als Ruhezone vor dem Lauf dient. Aber nur wenige Läufer machen davon Gebrauch. Ein kurzes Nickerchen und um Viertel vor Zehn gebe ich meinen Drop-Bag für Kirchberg ab und gehe zum Start.

Während meiner Ruhephase hat sich das Bild geändert, die Dämmerung hat eingesetzt und es ist alles voller Läufer, darunter auch viele 10-km- und Halbmarathon-Teilnehmer, die nach uns starten werden. Alles ist stimmungsvoll illuminiert und nun stellt sich auch bei mir das Biel-Feeling ein. Auf dem Weg zur Startaufstellung werde ich aus dem roten Datasport-Bus von der Zeitnehmerin mit einem „Daumen hoch“ ermuntert. Die Startlinie schirmen wie eh und je die Footballspieler der „Bienna Jets“ ab, an ihnen wäre vor dem Startschuss kein Vorbeikommen.... Die Minuten und Sekunden werden heruntergezählt und dann erklingt „Tage wie diese“ von den „Toten Hosen“:

 

„… wo die andern warten
Um mit uns zu starten
Und abzugehen

An Tagen wie diesen
Wünscht man sich Unendlichkeit
An Tagen wie diesen
Haben wir noch ewig Zeit
In dieser Nacht der Nächte
Die uns so viel verspricht
Erleben wir das Beste
Kein Ende ist in Sicht“

 

Besser könnte man den Bieler 100er nicht beschreiben - keine Frage, Campino & Co müssen heimliche Ultraläufer und Bielfans sein…

 

Auf in die Nacht der Nächte

 

Der Startschuss erklingt und kleine Feuerwerkfontänen auf dem Startbogen zeigen uns, dass es jetzt losgeht. Zunächst laufen wir durch den Sport- und Gewerbepark, aber schon bald biegen wir ab und passieren Grünanlagen entlang des Flüsschens „Schüss“ – eine schöne Streckenänderung gegenüber früher, wo es durch Vorstadtstraßen ging.

Nicht lange und wir erreichen bei km 4 das Stadtzentrum. Hier tobt wie immer der Bär und wir werden von tausenden Zuschauern angefeuert. Und wie immer lassen sich viele auf den ersten Kilometern von der Begeisterung anstecken und laufen zu schnell los. Ich halte mein Renntempo von etwas über 7 Minuten pro Kilometer, was ich aber keinesfalls durchlaufen werde. Mein Plan ist es, etwa 30 Kilometer zu laufen und dann den Rest mit 10 Minuten pro Kilometer zu marschieren. Schneller anzugehen wäre angesichts meines Fitnesszustandes leichtsinnig. So rechne ich mir eine Zielzeit von 16 Stunden aus, was deutlich unter dem üppigen Zeitlimit von 21 Stunden liegt. Dieses ist in der Historie des Laufes als Marsch begründet und ermöglicht so auch langsameren Läufer ein tolles Erfolgserlebnis.

 

 

Als wir etwa bei km 5 die Aare überqueren, ändert sich das Bild schlagartig. Bisher waren wir im städtischen Umfeld auf ebener Strecke unterwegs, nun erreichen wir die Wohnviertel von Bellmund und sehen uns mit der ersten Steigung konfrontiert, etwa 100 Höhenmeter der insgesamt 500 Höhenmeter gilt es auf den nächsten Kilometern zu überwinden. Viele Läufer gehen, auch ich, um Kräfte zu sparen und lassen sich von den Anwohnern, die hier Party am Straßenrand feiern, anfeuern. Kinder stehen zum Abklatschen bereit, wen kümmert es, dass es schon nach 22:30 ist?

Bei km 9 haben wir die Kuppe erreicht, nun geht es steil runter zum Dorf Jens. Inzwischen haben uns die Halbmarathonläufer eingeholt und jagen mit einem Affenzahn das Gefälle hinunter. Das tue ich meinen Knien und Oberschenkeln nicht an, schließlich liegen noch mehr als 90 km vor uns. Überrascht bin ich, schon kurz vor km 10 den zweiten VP zu sehen, dieser wurde vorverlegt. Ein wenig schade, denn beim alten Standpunkt mitten im Dorf Jens war immer richtig Volksfeststimmung.

 

Durch die Dunkelheit

 

Hinter Jens folgt der erste meditative Teil, fünf Kilometer bis Kapellen über gerade Schotterpisten. Einige 90-Grad-Abzweigungen ermöglichen es, die langen Reihen der scheinbar schaukelnden Stirnlampen weit vor und hinter uns zu sehen. Wie eine Kette von Glühwürmchen, unbeschreiblich schön… Hin und wieder gerate ich in den Lichtkegel einer Stirnlampe, wenn ich überholt werde oder überhole. Manchmal sind auch nur dunkle Schemen überholender Läufer zu sehen. Dann wir in Kappelen, nahe der dort dritten Verpflegungsstation herrscht wieder Volksfest an einem illuminierten Gasthof.

Vom Licht ins Dunkle: Kurz nach Kappelen folgt eine Streckenänderung. Statt durch Aarberg über die schöne alte Holzbrücke und über den Marktplatz zu laufen, weichen wir aufgrund von Bauarbeiten nach links aus und laufen bis Lyss durch einen ziemlich dunklen Wald. Wenige Läufer nutzen hier ihre Stirnlampe, auch ich habe meine noch nicht aufgesetzt, so ist die Passage in der Finsternis besonders eindrucksvoll. Von den Bäumen sind nur Schatten zu sehen, der Weg ist aber im fahlen Restlicht noch erkennbar, da mit hellem Schotter belegt.

So gelange ich unfallfrei nach Lyss, wo wir zunächst ein Gewerbegebiet und dann ein Wohnviertel queren, bevor es die nächste Versorgung im Ortszentrum gibt. Hier ist auch der erste Wechsel der Staffeln, die sich zu fünft die Strecke teilen. Noch lang werden uns schnellere Staffelläufer, die ebenfalls nach uns gestartet sind, überholen. Damit wir uns nicht von deren Tempo anstecken lassen, sind die Staffelläufer an einer Rückennummer erkennbar. In Lyss warten ebenfalls die Fahrradbegleiter, hier Velo-Coach genannt, auf ihre Schützlinge, denn auf den ersten Kilometern durften sie noch nicht auf die Laufstrecke, zu dicht war noch das Feld.

Noch in Lyss und dahinter bis Ammerzwil erwarten uns die nächsten etwa 100 Höhenmeter, damit wären bis km 25 beinah die Hälfte der Höhenmeter geschafft. Auch hier geht es durch den finsteren Wald, erst steil runter, dann wieder hoch, schließlich erreichen wir den nächsten VP. Dort gibt es erstmals Brühe, angesichts des zu erwartenden Salzverlustes über die gesamte Strecke eine willkommene Stärkung.

Von hier bis Oberramsern bei km 38 teilt sich die Strecke in zwei Abschnitte, zunächst über meist Feldwege im Zickzackkurs und mit wechselndem Höhenprofil, dann im Limpachtal auf ebener gerade Straße. Ich mag beides.

Eine wunderbare nächtliche Atmosphäre: Feldwege, links der Wald, rechts die Felder, manchmal Kuhglocken zu hören, zirpende Grillen, Froschkonzerte aus dutzenden Kehlen. Nur unterbrochen von einer kurzen Passage des schlafenden Dorfes Großaffoltern. Die einzigen Beleuchtungen sind - neben den Stirnlampen - die angeleuchteten Wegweiser, die ein Verlaufen auch in der Nacht fast unmöglich machen. Nach der nächsten Verpflegung in Scheunenberg erschrickt mich plötzlich ein riesiger Lichtkegel, von hinten naht ein Läufer mit Begleitfahrrad, dessen ultrahelle Lampe einen 30 m langen Schatten von mir wirft. Bald passieren wir eine Querstraße, Flutlichtlampen und Straßenposten sichern unsere Überquerung, auch wenn um 2 Uhr morgens nicht mehr viel Autoverkehr unterwegs ist.

 

 

Auf der scheinbar endlos langen Landstraße im Limpachtal nach Oberramsern können sich die Beine von den Schotterwegen erholen. Leider wird heute der Mond von den Wolken verdeckt, so dass sich das schöne Licht nicht einstellt, welches mich an dieser Stelle immer fasziniert. In Oberramsern ist der zweite Staffelwechsel und außerdem ein Verpflegungsposten. Da ich hier um 03:20 Uhr und damit deutlicher früher als sonst eingetroffen bin, beginne ich zu rechnen: Sollte es vielleicht für 15 Stunden reichen? Dann würde ich nicht so lange in der angekündigten Mittagshitze laufen müssen.

Währenddessen bediene ich mich am Buffet, das an den meisten Verpflegungsständen ähnlich ist: Cola, Iso, Tee und Wasser, Äpfel, Bananen, Brötli, Linzer Torte, Salzgebäck und anderes mehr. Beim Weiterlaufen bemerke ich, dass sich in nördlicher Richtung der dunkle Nachthimmel etwas aufhellt, der Tagesanbruch deutet sich zart an. Bis es aber wirklich hell ist, vergeht noch mehr als eine Stunde.

Hinter Oberramsern laufen wir über Feldwege erst in die eine Richtung und dann nach zwei Rechtskurven wieder in gegengesetzter Richtung zurück. Offensichtlich mussten hier Kilometer gewonnen werden, um die 100 voll zu machen.

Dann folgt nach Mülchi der dritte Anstieg, auch hier wieder etwa 100 Höhenmeter auf einem Kilometer. Zur Belohnung gibt es dann eine weitere Verpflegung in Etzelkofen bevor wir erneut in einem dunklen Wald abtauchen, an dessen Eingang ein abgestellter Mobilcamper mit erleuchten Neon-Schläuchen „Hopp Julie“ grüßt.

Kurz vor Jegenstorf dann das erste Morgenrosa, welches sich gegen den noch blauen Nachthimmel durchsetzt. An der dortigen Verpflegung bei km 49 heißt es bunkern, denn die nächste erwartet uns erst in Kirchberg bei km 56, was also noch mehr als eine Stunde entfernt ist.

 

Erwachender Morgen

 

Über eine offene Feldlandschaft streben wir weiter, das 50 km Schild erreiche ich nach 7:20 Minuten und bin damit gut im Plan für eine Zeit um 15 Stunden. Mittlerweile ist die Sonne aufgegangen, ein schöner roter Feuerball. Jetzt können wir auch die imposanten Bauernhöfe wahrnehmen, als wir durch Kernenried laufen. Über eine langgezogene Straße geht es nochmals durch einen Wald, bevor wir bei km 55 wieder offene Flur erreichen und kurz danach die Emme, die wir über eine Brücke queren. Die Emme ist namensgebend für den Emmentaler Käse und wird auf den nächsten 12 Kilometer unser Begleiter sein.

Jetzt ist es nicht mehr weit bis Kirchberg, hier ist ein weiterer Staffelwechsel und eine Verpflegungsstation eingerichtet. Außerdem warten auf diejenigen, die CHF 5 investiert haben, die DropBags. Ich bekomme meinen gereicht, entnehme diesem eine Powerbank für mein Smartphone sowie ein BaseCap für später und entledige mich der überflüssig gewordenen wärmeren Bekleidungsstücke. In Kirchberg kann man, wie in Oberramsern und dem noch folgenden Bibern auch, mit Wertung aussteigen und sich mit einem Shuttle zurück nach Biel transportieren lassen. Wer hier nach 10 Uhr eintrifft, hat nicht mehr die Wahl, sondern wird aus dem Rennen genommen. Insgesamt beenden an allen Stationen 149 von 617 Gesamtteilnehmern, also jeder vierte, vorzeitig den Lauf.

 

 

Ich fühle mich gut, mache also weiter, nehme aber wieder vom 15 Stunden Ziel Abstand. Der nun folgende etwa 5 km lange Abschnitt auf dem Emme-Damm dürfte angesichts des holprigen Untergrunds und des dichten Bewuchses links und rechts nachts schwierig zu laufen sein, stellt jetzt aber kein Problem dar. Etwas erschrocken bin ich über eine Passage, wo der Weg auf einer breiten Schneise entlangführt – hier ist ein wenig Romantik verloren gegangen.

Eine Veränderung auch an der Verpflegungsstelle Utzenstorf, die bei km 62 früher unter einer Straßenbrücke lag und damit eine ganz eigene Atmosphäre ausstrahlte, jetzt auf einem Schotterplatz nahebei zu finden ist. Danach geht es abseits der Emme auf einem befestigten Damm weiter, erst noch entlang von Siedlungen, später an Industrieanlagen vorbei. Diese werden von einem Kanal versorgt, den wir an einem kleinen Wasserkraftwerk überqueren. Laute Schusssalven sind hier immer zu hören, auch heute, sicher üben hier Mitglieder des Schweizer Schiesssport-Verbundes. Ich sehne die rote Emmebrücke herbei, denn kurz davor wurden wir bislang ein weiteres Mal versorgt. Hier warteten die Velo-Coaches, die nicht über die engen Wege an der Emme fahren durften.

 

In den Tag hinein

 

Doch die Verpflegung kommt erst einige hundert Meter in Gerlafingen, wo wir eine 150-Grad Kurve nach links machen, um uns Bibern zuzuwenden. Wieder öffnet sich die Landschaft, Getreidefelder werden von Korn- und Mohnblumen eingesäumt. Neben dem 70 km-Schild lockt eine Bank, der ich aber widerstehe. Es geht schnurstracks entlang eines Baches, den wir später auf einer kleinen Brücke überqueren, nach Lohn-Lüterkofen. Hier ist eine Bahnlinie zu kreuzen. Vor mir leuchtet ein rotes Signal am Bahnübergang, ein Zug ist also zu erwarten. Kommt es auf ein paar Minuten an?

Nun geht es entlang einer Hauptstraße durch Ichertswil, wir haben etwa 9 Uhr morgens und eine Bäckerei verspricht Kaffee und Semmeln. Hierfür hatte ich mir extra Geld eingesteckt. Aber ich lasse es stecken, denn kurz danach kommt die nächste Verpflegung, und das reicht mir heute. Ab hier ist die Straße für den Verkehr gesperrt und wir sind auf der langen, leicht ansteigenden Strecke bis Bibern alleine unterwegs.

 

 

In Bibern also der letzte Staffelwechsel bei km 78. Mittlerweile ist es kurz vor halb 11, ich bin nun 12,5 Stunden unterwegs. Seit Kirchberg bin ich deutlich langsamer geworden, versuche aber ein Marschtempo von 5 Kilometern die Stunde aufrechtzuerhalten. 16 Stunden könnte knapp werden.

Hinter Bibern geht es noch einmal ein Stück den Berg hoch, steil und deshalb sicher einer der unbeliebtesten Punkte der Strecke angesichts der vielen Kilometern in den Beinen. Auf der anderen Seite ein langgezogenes Gefälle nach Arch. Rechts beobachte ich fünf Jungstörche bei der Futtersuche auf einer frisch gemähten Wiese, dann sind wir in Arch bei der nächsten Verpflegung. Hier heißt es noch einmal viel Trinken, denn es ist beinah Mittag und die angekündigte Hitze macht uns mit bis zu 28 Grad zu schaffen.

 

Durch die Mittagshitze

 

Am Ortsausgang von Arch weist uns ein Schild nach links. Geradeaus wäre mir fast lieber gewesen, denn dann wären wir in der Aare gelandet, sicher eine schöne Abkühlung bei den Temperaturen. So heißt es aber, sich auf meist schattenlosen Weg entlang der Aare bis Büren bei km 89 durchzuschlagen. Immer wieder bezaubernde Uferpanoramen rechts, das km 85 -Schild, welches wir passieren und ein Biergarten, den wir durchqueren, all das muntert mich nicht mehr auf. Als ich in Büren ankomme, gibt mein Kreislauf Warnsignale, so dass ich mir eine 20-minütige Pause gönne, denn viel Schatten ist auch auf dem restlichen Streckenabschnitt nicht zu erwarten.

 

 

In Büren teilt sich die Aare in die kanalartige neue Aare und die ursprüngliche romantische alte Aare. In den letzten Jahren mussten wir endlos geradeaus laufend der neuen Aare folgen, jetzt geht es wieder über die Aarebrücke entlang der alten Aare. Bald ist das 90 km Schild zu sehen, was aber auch bedeutet, dass wir jetzt wieder 3 Kilometer über freies schattenloses Feld Richtung Pieterlen laufen. Bevor wir Pieterlen erreichen, müssen wir noch einmal einen kleinen Anstieg meistern, erfreulicherweise im Schatten.

 

„Ende in Sicht“

 

Bei km 95 die letzte Verpflegung. Jetzt nur noch 4 Kilometer entlang einer Bahnlinie, endlich haben wir das KM-99-Schild erreicht. Pflicht ist hier ein Selfie. Dann nutzen wir die Bahnunterführung, um durch ein Gewerbegebiet zurück zum Stadion und zum Ziel zu gelangen. Am Ende waren es dann doch siebzehneinhalb Stunden. Aber was soll’s. Gesund ankommen zählt. Und stolz bin ich trotzdem auf mein viertes Finish in Biel. Schnell noch Finishershirt und Medaille in Empfang nehmen und dann die Zielverpflegung genießen.

 

 

Aber leider sind die Medaillen aus, man verspricht, mir im Nachgang eine Medaille zuzuschicken. Ich ärgere mich nicht darüber, denn das kann ja nur heißen, dass mehr Nachmeldungen erfolgten, als man erwartet hat. Und das ist gut so, denn mit 693 gemeldeten 100km-Läufern besteht noch Potential bei der Teilnehmerzahl. Schließlich muss der immense Aufwand, den der Veranstalter betreibt, auch durch eine entsprechende Teilnehmerzahl gerechtfertigt sein. Damit es auch weiterhin die Bieler Lauftage geben wird, schließlich möchte ich gerne bei der 70ten Austragung dabei sein. Und natürlich vorher auch.

 

Denn: Irgendwann warst Du in Biel…

… und musst wieder hin.

 

Informationen: Bieler Lauftage
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