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Laufberichte

Marathonhauptstadt Berlin: „Laufen Sie am Sonntag mit?“

30.09.07
Autor: Klaus Duwe

„Berlin ist die einzige europäische Weltstadt und der Marathon einer der stimmungsvollsten weltweit“, sagt mir ausgerechnet ein Österreicher (einer, der auch noch aus der Nähe von Wien stammt), als ich ihn frage, was ihm an Berlin so gut gefällt. Ein Däne fragt zurück: „Kennst du eine Alternative?“

 

Besonders auf das Urteil des Dänen kann man sich gut verlassen, er kennt sie alle, die Marathons dieser Welt. Überhaupt ist der Berlin Marathon für unsere nördlichen Nachbarn so etwas wie der zweitgrößte Marathon ihres Landes. Nur am Kopenhagen Marathon (insgesamt 5229 Finisher) nehmen mehr Dänen teil, als am Berlin Marathon (3842). Damit sind die Dänen die größte ausländische Gruppe, vor den Engländern (2157), Franzosen (1357), Italienern (1254) und den Holländern (1211). Immerhin 1025 Schweizer sind dabei und 852 Österreicher sind auch eine stolze Zahl. Insgesamt sind 40.215 Läuferinnen und Läufer aus 115 Nationen gemeldet. Legt man die Finisherzahlen zugrunde, ist Berlin (2007: 32.533) der fünftgrößte Marathon der Welt.

 

Aber: auf keiner Marathonstrecke wurden mehr Weltrekorde gelaufen als in Berlin. Zusammen mit der derzeit noch gültigen Bestleistung sind es fünf, der sechste Weltrekord soll am Sonntag fallen, wenn sich Haile Gebrselassie seinen Traum erfüllt. Der keineswegs als Großmaul bekannte, sympathische Äthiopier hat nämlich kürzlich verkündet, dass er in der Lage sei, 2:03 zu laufen. Dass dabei alle äußeren Bedingungen optimal sein müssen, ist klar. Er sei gut vorbereitet, meinte er noch am Freitag vor dem Rennen, jetzt müsse nur noch das Wetter stimmen. „Nicht mehr als 18 Grad, kein Wind und kein Regen,“ präzisierte er. Genau das ist für Sonntag die Vorhersage des Wetterdienstes.

 

Trotzdem wird das Unternehmen Weltrekord durch die verletzungsbedingte Absage von Sammy Korir erschwert. Richtig, das ist der Kenianer, der 2003 an gleicher Stelle Paul Tergat zum Weltrekord „trieb“ und nur um eine Sekunde geschlagen wurde. Jetzt ist kein Läufer mehr im Feld, der mit Haile Gebrselassie auf dem letzten Drittel mithalten könnte. Warten wir's ab.

 

Berlin steht dieses Wochenende ganz im Zeichen des Marathons. Laufend kommen Meldungen über’s Radio, die Mammut-Veranstaltung betreffend. In der Stadt dominieren die Passanten mit bunten Laufklamotten. Mit „Daumen hoch“ oder einem „Good luck“ grüßt man sich. Mit Deutsch kommt man nicht weit, über 40 % der Teilnehmer kommen aus dem Ausland. Häufig gestellte Fragen in Geschäften und Restaurants: „Laufen Sie am Sonntag mit?“ Ungefragt gibt es Rabatte für Läufer (Adidas-Store), beim Kollegen Nike gegenüber bekommt man wie jedes Jahr gegen Vorlage der Startnummer kostenlos ein T-Shirt.

 

„Berlin Vital“ heißt die Messe anlässlich des Marathons. Bei 100.000 erwarteten Besuchern kann es sich keiner der namhaften Anbieter in der Laufbranche leisten, nicht dabei zu sein. Prominente Läuferinnen und Läufer geben Tipps und Autogramme. Während man am Donnerstag noch ganz gemütlich durch die Gänge schlendern kann, ist am Samstag echt die Hölle los.

 

Irgendwo zwischen den Ständen hat auch der Jubilee-Club seine Lounge. Bernd Hübner hat ihn initiiert und jeder, der am Berlin Marathon 10mal erfolgreich teilgenommen hat, kommt rein. „Hübi“ ist in Berlin eine Lauflegende. Er hat nie einen Weltrekord gelaufen (Bestzeit aber beachtliche 2:27) und nie ein spektakuläres Rennen gewonnen. Aber Bernd Hübner hat an allen 33 Berliner Marathons teilgenommen. Und morgen, beim 34., läuft er seinen 100. Marathon.

 

Made in Italy ist nicht nur die Pasta, sondern teilweise auch das Personal. An drei Ständen werden die gefragten Kohlehydrat-Spender ausgegeben. 3,50 Euro sind dafür extra fällig. Das führt in Verbindung mit den ebenfalls nicht im Startgeld enthaltenen Kosten für U- und S-Bahn immer wieder zu Diskussionen über die Höhe der Startgebühren und das Preis-/Leistungsverhältnis. Vor allem wenn man weiß (oder gehört hat), dass für Haile Gebrselassie 250.000 Euro Antrittsgeld bezahlt werden. Mit Sieg- und Weltrekordprämie kommen sogar 350.000 Euro zusammen. Viel Geld, aber im Olympiastadion jubeln 70.000 Zuschauer durchschnittlichen Bundesligakickern zu, die mit ihrem Jahressalär den Marathon-Weltstar glatt in den Schatten stellen.

 

Außerdem, und darum geht es: wie andere Veranstalter auch, weisen die Berliner darauf hin, dass das Startgeld der Breitensportler für den organisatorischen Aufwand des Marathons verwendet wird und dafür noch nicht einmal ausreichend ist. Ohne Sponsoren sei der Berlin Marathon schlichtweg nicht möglich.

 

Der Berlin Marathon (55 – 95 €) ist ein Schnäppchen, wenn man die Startgebühren vergleichbarer Mammutveranstaltungen betrachtet: New York (262,00 € und nur in Verbindung mit einem Reisepaket), London 169 – 189 €, Boston 125 – 160 €.

 

Ok, einige  Hauptstadtmarathons in Europa sind „billiger“ als Berlin: Rom (ab 28 €) und Wien (ab 53 €) zum Beispiel. Andere Großevents in Deutschland wie Hamburg (65,00 €), Köln (50 – 65 €) und Frankfurt zum Beispiel (52 – 72 €) dagegen liegen auf ähnlichem Niveau wie Berlin.

 

Die Nacht auf Sonntag ist kurz. Der Veranstalter empfiehlt, für die Anreise zum Start 90 – 120 Minuten einzuplanen. Wenn man das beherzigt, klappt alles reibungslos und ohne Stress. Sogar Parkplätze gibt es (zum Beispiel am Kurfürstendamm), von denen aus man zu Fuß den Start erreicht. Ich bin mit U- und S-Bahn unterwegs, Endstation Hauptbahnhof.

 

Den Glaspalast der Bahn kann man getrost auch als Einkaufszentrum mit vielfachem Gleisanschluss bezeichnen. Cafés und Snackbars machen heute schon am frühen Morgen ein gutes Geschäft. Aus allen Richtungen kommen die Marathonis an und vereinen sich auf dem Bahnhofsplatz zum Marsch Richtung Bundeskanzleramt und Reichstag. Dort ist eine richtige Zeltstadt mit Kleiderdepots, Umkleiden, Duschen und Massagen errichtet. Alles ist gut ausgeschildert, außerdem sind gut informierte Hilfskräfte allgegenwärtig.

 

Der Weg durch den Tiergarten führt direkt an der Kongresshalle vorbei, die 1956/57 von den USA anlässlich der Interbau errichtet und später Berlin zum Geschenk gemacht wurde. Die noch heute futuristisch anmutende Halle ist zu einem Wahrzeichen Berlins geworden und wird liebevoll „schwangere Auster“ genannt.


Die Zugänge zu den Startblocks auf der Straße des 17. Juni zwischen Brandenburger Tor und Siegessäule sind gut gekennzeichnet. Wie immer sorgen laute Musik und Gymnastikgruppen für Unterhaltung und Animation. Der Himmel ist noch ziemlich bedeckt, es ist wie versprochen trocken und so soll es heute auch bleiben. „Good Luck, Haile“, denke ich, als pünktlich um 9.00 der erste Block mit den Favoriten gestartet wird.

 

Wenig später sind wir an der Reihe. Wo ist das Gedränge größer, in den Blocks mit den fast 40.000 Läuferinnen und Läufern, oder hinter den Absperrungen, wo sich die Zuschauer die Kehle heiser schreien? Die Stimmung ist super, alle freuen sich auf einen schönen Tag.

 

Dort, wo die „Gold-Else“ genannte Vikoria in den trüben Himmel ragt, teilt sich das Läuferfeld und findet wenig später auf der mehrspurigen Fahrbahn wieder zusammen. Ein paar Hektiker gibt es immer, sonst läuft alles entspannt ab, sogar der Stau am Ernst-Reuter-Platz bleibt aus. Als die erste Getränkestelle angekündigt wird, bleibe ich in der Mitte, steuere den letzten Tisch an und kann mir aus 50 Bechern einen aussuchen.

 

Rechts sehen wir das Bundesinnenministerium, gleich darauf links die JVA Moabit und das Kriminalgericht, Europas größtes Gerichtsgebäude, in dem 700 Richter, Rechtspfleger und Staatsanwälte arbeiten. Unter den nicht so zahlreichen Zuschauern hier fällt mir sofort  Thomas Wessinghage auf. Der bekannte Mittel- und Langstreckenläufer (Europameister 1982 über 5000 m) lief 1989 in Berlin seinen ersten Marathon (2:26). Jetzt ist er medizinischer Leiter der Rehaklinik Damp.

 

Der Sightseeing-Run durch Berlin geht weiter, Bundeskanzleramt, der Hauptbahnhof und Schweizer Botschaft werden unmittelbar passiert, den Reichstag sieht man aus einiger Entfernung. Über die Kronprinzenbrücke kommen wir in den Bezirk Mitte und laufen direkt auf den Friedrichstadtpalast (km 8) zu. Erst Jazz, dann Swing, dazwischen die Lärminstrumente der vielen Zuschauer sorgen für eine fabelhafte Stimmung vor Europas größtem Revuetheater.

 

Es ist 10.00 Uhr. Haile Gebrselassie ist zur gleichen Zeit bei km 20 und nach genau 1:02:29 Stunden hat er die Halbdistanz erreicht. Er ist voll auf Weltrekordkurs, denn seine Taktik ist, auf der zweiten Hälfte noch schneller zu sein.

 

Derweil trabe ich locker dahin, genieße die einmalige Atmosphäre, lasse mich bejubeln und loben. Rechts laufen wir in die Torstraße und erreichen kurz nach km 9 die erste Verpflegungsstelle mit Wasser, Basica, Bananen und Äpfeln. Wir kreuzen die Karl-Marx-Allee (km 11) und haben einen schönen Blick auf den Fernsehturm, Stolz der ehemaligen DDR und noch heute Deutschlands höchstes Bauwerk (368 m). Zeitweise werden wir von einem Polizeimotorrad eskortiert. „Nimmst Du mich ein Stück mit?“ wird der Polizist gefragt. „Ich nehme entweder alle oder keinen mit“, gibt der zur Antwort. Damit ist die Sache erledigt.

 

Über die Jannowitzbrücke wird die Spree gequert, dann geht’s in die Heinrich-Heine-Straße (km 13). 10.33 Uhr, Haile Gebrsellassie ist nach genau 1:28:54 Stunden bei km 30. Die Pacemaker haben fertig, sie steigen aus. Die letzten 12 Kilometer muss er wie im Vorjahr alleine laufen. Aber ein begeistertes Publikum unterstützt ihn.

 

Ich komme zum Kottbusser Tor und Kottbusser Damm (km 15). Die Zuschauer bilden praktisch eine 42195 Meter lange Menschenkette mit nur ganz wenigen kurzen Unterbrechungen. Viele Musikgruppen, Trommler und DJ’s haben sich an der Strecke postiert. Allen, ob jung oder alt, sieht man es an, sie sind mit Begeisterung dabei.

 

Genau um 10.48 bin ich an der Verpflegungsstelle am Hermannplatz (km 15,7). Zur gleichen Zeit ist Haile bei km 36, hat die 35 km-Marke bei 1:43:48 passiert und forciert jetzt das Tempo. 2:51 Minuten werden pro Kilometer gestoppt. Der Mann ist nicht aufzuhalten.


Scharf rechts geht’s Richtung Kreuzberg. Von weitem schon ist die St. Bonifatius-Kirche zu sehen (km 17). Dort wird mit Rockmusik gefeiert, was das Zeug hält. Wir sind in Kreuzberg, das ist ja bekannt für lange Feste.

 

Und wo ist Haile? 11.00 Uhr, der Äthiopier passiert nach 1:58:07 Stunden die 40 km-Marke, ist 2:52 Minuten später bei km 41 und schafft es tatsächlich, ist nach 2:04:26 Stunden im Ziel, neuer Weltrekord, 29 Sekunden schneller als sein Freund Paul Tergat („Sorry, Paul“) 2004 an gleicher Stelle. Nur Minuten später hat er das Handy am Ohr, die Familie. Seinen Lauf hat man in ganz Afrika im Fernsehen sehen können. In Äthiopien ist Haile ein Held, längst unsterblich. Seine ersten Worte gehen auch an das tolle Berliner Publikum, das ihn sehr gut unterstützt habe. Berlin ist seine Lieblingsstadt, hier hat er noch nie ein Rennen verloren, und hier feiert er jetzt einen seiner größten Triumphe. Spätestens 2009 kommt er wieder, zur Weltmeisterschaft. Vielleicht als Olympiasieger, denn das ist der nächste Traum, den sich Haile Gebreselassie 2008 in Peking erfüllen will.

 

Irgendwie ist jetzt die Luft bei mir raus. Ich war ohnehin auch für meine Verhältnisse nicht schnell unterwegs, jetzt lasse ich es noch ruhiger angehen. Mir ist mehr nach Feiern als nach (schnellem) Laufen. Die Yorckbrücken (km 19) werden erreicht, das waren einmal 45 Eisenbahnbrücken, die auf einer Länge von 500 Metern die Yorckstraße gekreuzt haben. Weil davon nur noch 10 Brücken in Betrieb sind, hat man schon 12 abgerissen, der Rest soll folgen. Der Bahn sind die Unterhaltskosten zu hoch. Aber Denkmalsschützer wehren sich …

 

Heute ist das kein Thema, heute wird vor, unter und nach den Brücken gefeiert – sich, die Marathonis, Berlin und Hailes tollen Weltrekord. In der Grundewaldstraße wird die Halbdistanz erreicht. Wenig später sind wir in der Martin-Luther-Straße am Schöneberger Rathaus (km 22), bis zur Wende der politische Mittelpunkt West-Berlins. Hier hielt John F. Kennedy am 26. Juni 1963 die Rede mit dem berühmten Satz: „Ich bin ein Berliner“.

 

Der Innsbrucker Platz (km 23), schon immer stimmungsmäßig ein Höhepunkt, schießt diesmal den Vogel ab. Schon von weitem sind die Trommler in der Unterführung zu hören. Im Tunnel ist der Lärm Ohren betäubend. Der Schlagfrau genügt das nicht. Mit Megaphon animiert sie die vielen Zuschauer und auch die Läufer zu immer neuen Wellen. Kaum ist man dem Inferno entronnen, dröhnt Partymusik von den Balkons. Eine Gruppe entpuppt sich  als echte Hardcore-Fans. Sie haben ihre Balkonfassade mit den Streckenschildern der vergangenen Jahre verkleidet. Lautstark feuern sie die Marathonis an.

 

Zwischendurch ist es auch einmal etwas ruhiger, wie hier in Steglitz. Dann stehen die Menschen nicht ganz so dicht und zwischen zwei Trommel- oder Musikgruppen liegen etwas mehr als 500 Meter. Für alle, die es noch wissen, hält eine Frau eine Tafel hoch: „Neuer Weltrekord von Haile: 2:04:26“. „Streng dich an“, ruft sie mir zu und winkt mit der Tafel. „Zu spät,“ ich trabe gemütlich weiter.

 

Kurz darauf machen mir aber laute Rhythmen Beine. In der Lentzallee (km 27), einer an sich ruhigen Gegend, haben die Leute Lautsprecher an den Bäumen befestigt, aus denen die Live-Musik von der Aktionsbühne am Wilden Eber dröhnt. Keine schlechte Idee, denn jetzt stehen schon hier viele Zuschauer, die die Marathonis weiter treiben. Der Wilde Eber (km 28) selbst gleicht einer Arena. Unzählige Zuschauer säumen die Straße, zu den Rhythmen der bunt gekleideten Musiker tanzen die hübschen Girls von Nattys Dance Factory, Fotografen, Reporter und die Kameramänner des RBB liegen auf der Lauer. Das Ganze wird begleitet von den launigen Kommentaren des Speakers.

 

„Laß die Sau raus“, fordert ein Transparent über der Straße. Das haben etliche gleich nach dem Start getan. Jetzt läuft nichts mehr, sie setzen den Marathon als Walker fort. Auf dem Hohenzollerndamm geht’s Richtung Wilmersdorf, wo ab dem Olivaer Platz (km 32,3) wieder Hochstimmung herrscht, denn rechts laufen wir jetzt auf den berühmten Kurfürstendamm. Nur als gleich nach dem Ku’damm noch der Zieleinlauf war, standen hier ähnlich viele Menschen. Die Stimmung ist sagenhaft und das Ambiente mit den vielen Geschäften, Restaurants und Hotels großartig. Die Ruine der Gedächtniskirche ist für mich das Berliner Wahrzeichen schlechthin. Die zerschossene Fassade erinnert mich an Bilder der völlig zerstörten Hauptstadt.

 

Nicht weit weg davon in der Tauentzienstraße (km 34) sehen wir das KaDeWe, das 1907 von Adolf Jandorf mit einer Verkaufsfläche von 24.000 qm als sein sechstes Kaufhaus eröffnet wurde. Der Konsumtempel ist heute eines der größten und bekanntesten Kaufhäuser Europas.

 

Bei km 36 sind wir auf der Potsdamer Straße, zwei Kilometer weiter am Potsdamer Platz, wo zu Zeiten der Mauer der Todesstreifen breiter und stärker gesichert war als anderswo. 1989 fiel die Mauer, einige Mauerelemente hat man zur Erinnerung aufgestellt. Touris stellen sich davor und lassen sich fotografieren. SonyCenter, Bahn- und Kollhoff-Tower, Quartier DaimlerChrysler und Beisheim-Center bestimmen die Optik des Potsdamer Platzes, der heute den Marathonis und den Fans gehört. Auch hier bestätigt sich mein Eindruck, dass dieses Jahr noch mehr Menschen an der Strecke sind als sonst. Später ist in offiziellen Mitteilungen wieder von 1 Mio Zuschauer die Rede.

 

Die Leipziger Straße schließt sich an, rechts steht das Bundesratsgebäude (km 38), auch  der Fernsehturm ist wieder zu sehen und dann der Palast der Republik, oder das, was von ihm übrig ist: ein Gerippe aus  rostigen Stahlträgern. Wie lange der Rückbau noch dauert? Auf dem Schlossplatz soll das Stadtschloss wieder aufgebaut werden. Im Krieg wurde es stark beschädigt und Walter Ulbricht ließ es abreißen.

 

Wiederaufbau und aufwendige Renovierung hat der Berliner Dom schon hinter sich. Über die Schlossbrücke kommen wir zum Denkmal für Friedrich dem Großen und schließlich auf die Prachtstraße Unter den Linden (km 41), wo sich die teuersten und nobelsten Geschäfte der Stadt befinden. Und eines der nobelsten Hotels (6 Sterne): das Adlon. Dieses Jahr feiert man doppeltes Jubiläum, denn das historische Hotel Adlon wird 100 Jahre alt und das „neue“ Hotel Adlon Kempinski feiert seinen 10. Geburtstag. Ein Doppelzimmer kostet ab 420 €, eine Suite gibt es ab 800 €. Frühstück geht extra, aber eine Tageszeitung ist im Preis inbegriffen. Das hab' ich aus dem Internet, nicht dass jemand glaubt, ich hätte dort übernachtet.

 

Es fühlt sich phantastisch an, umjubelt über den Pariser Platz zum Brandenburger Tor zu laufen und dann die letzten 200 Meter entlang der noch immer dicht besetzten Tribünen zum Ziel am sowjetischen Ehrenmal.

 

Berge von Medaillen liegen für die Finisher bereit, freundliche Helfer legen mir eine Folie um. Der Rote Bulle weckt entschwunden geglaubte Kräfte. Fragt eine Dame: „Habt ihr auch Tee?“. Das Mädel unter dem auffallenden Red-Bull-Schirm ist nicht nur hübsch, sondern auch gut geschult. Nur einmal muss sie kurz schlucken, dann kommt ein höfliches „100 Meter weiter.“

 

Statt der sonst üblichen zig Verpflegungstische gibt es einen Beutel mit Getränk, Banane, Keks und Riegel. Das geht schneller, ist aber (vom Inhalt her) vielleicht für den einen oder anderen nicht ganz so optimal oder zu "sparsam". Die Rückgabe der Kleiderbeutel erfolgt problemlos. Alles in allem wird das Mammut-Event Berlin Marathon erstaunlich reibungslos abgewickelt.

 

Ich nehme mir spontan vor, jetzt Stammläufer hier zu werden. Und wenn ich einmal nur noch einen Marathon im Jahr laufe, wird es der in Berlin sein.

 

Was gibt es noch zu Ergebnissen zu sagen? Haile Gebrselassie siegt in Weltrekordzeit vor drei Kenianern, Philip Manyim, Sieger von 2005, wird Vierter. Bester Deutscher ist auf Platz 23 Falk Cierpinski (2:19:04).

 

Bei den Frauen siegt Gete Wami erwartungsgemäß und verausgabt sich angesichts ihres geplanten Starts in fünf Wochen in New York nicht. Den zweiten Platz belegt überraschend Irina Mikitenko, die gleich bei ihrem ersten Marathon mit 2:24:51 die Olympiaqualifikation schafft und stark eingeschätze Läuferinnen aus Kenia, Rußland und Japan hinter sich läßt. Nach dem gelungenen Debüt will sie nun beim Marathon bleiben und hält noch wesentlch bessere Zeiten für möglich.

 

Die Erstplatzierten Männer:

1. Gebrselassie, Haile (ETH) 02:04:26 
2. Kirui, Abel (KEN)  02:06:51
3. Kipsang, Salim (KEN) 02:07:29
4. Manyim, Philip (KEN) 02:08:01
23. Cierpinski, Falk (DEU)  02:19:04

 

Die Erstplatzierten Frauen:

1. Wami, Gete (ETH) 02:23:17
2. Mikitenko, Irina (DEU) 02:24:51
3. Kirop, Helena (KEN) 02:26:27

 

Streckenbeschreibung:
Rundkurs durch die Bundeshauptstadt. Absolut flach mit vielen Sehenswürdigkeiten. Asphaltiert. Super Stimmung.


Auszeichnung:
Medaille, Urkunde und Erlebnisheft per Post, Soforturkunde aus dem Internet oder nach dem Lauf.


Verpflegung:
Internationaler AIMS-Standard. Alle 5 Kilometer Verpflegungsstellen, ab 12,5 Kilometer zusätzliche Wasserstellen. Im Ziel Wasser, Red Bull und Verpflegungsbeutel mit Wasser, Banane, Riegel und Keksen.


Zeitnahme:
Champion-Chip.


Logistik:
Mit U- oder S-Bahn empfehlenswert.  Kleiderbewachung, Duschmöglichkeiten, Massagen.

 

 


 
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