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Laufberichte

Der Urmensch-Ultra

20.10.13

 Zu einem Jubiläum lässt man sich üblicherweise etwas einfallen. Zum 10-jährigen Jubiläum des Bottwartal Marathon ist den Organisatoren im Bottwartal ein Ultra „eingefallen“.

Jetzt im Nachhinein, da ich ihn gelaufen bin, wundere ich mich, dass man nicht schon früher auf die Idee gekommen ist, denn für mich war dieser Lauf ein voller Erfolg und auch die Nachfrage war größer als die Zahl der angebotenen Startplätze. Aber der Reihe nach.

Premieren haben häufig etwas Anziehendes und als ich zufällig entdeckte, dass dieses Jahr beim Bottwartal Marathon auch ein Ultra angeboten wurde, war mir klar, dass ich da mit dabei sein musste. Beinahe aber wäre es schief gegangen, denn mit der Anmeldung ließ ich mir Zeit und als ich Angelika und mich anmeldete, waren bereits 96 der insgesamt 99 Startplätze vergeben – noch mal Glück gehabt!

Bei der Veranstaltung im Bottwartal ist es wie bei vielen Marathon-Veranstaltungen: Der Marathon dient als Namensgeber, die Masse der Teilnehmer aber läuft Halbmarathon oder kürzer. Hier bewegten sich die Teilnehmerzahlen in den letzten Jahren immer um die 4.000 und beim Marathon liefen etwa 400.

Auch in diesem Jahr war das so, nur kamen zu den 377 Marathonis noch 91 Ultras dazu und besserten das Verhältnis etwas auf!

Namensgeber des Ultras – MZ Urmensch Ultra - ist der 1933 in Steinheim gefundene Urmensch-Schädel, den man auf rund 300.000 Jahre alt datiert und der einem Vorläufer des Neandertalers zuordnet wird! Und da der Ultra in Steinheim startete, lag es nahe, diesen berühmten Urmenschen zum Namesgeber zu „ernennen“, zusätzlich zur Marbacher Zeitung (MZ), die sich wohl finanziell beteiligte. In der Tat waren dann beim Lauf auch einige Urmenschen mit dabei, die sich auf der Strecke recht achtbar schlugen.

Auf der Hinfahrt hatte es ziemlich geregnet, beruhigte sich dann aber und alle hofften wir, dass es so bliebe. In der Tat, als wir eine halbe Stunde vor den Marathonis um 9 Uhr starteten, war es noch immer trocken.

Den ersten Kilometer ging es sanft abwärts, dann aber links weg, die 10km-Schleife über Murr, die die Marathonis liefen, ließen wir aus. Kurz vor Kleinbottwar führte die Strecke von der Straße rechts weg und auf einem Wiesenweg kurz und steil bergauf. Schon waren wir mitten drin in der bunten, noch regenfeuchten Natur zwischen Weinreben und Feldern. Die Blätter zeigten sich hier in allen Herbstfarben, die uns beinahe vergessen ließen, dass es begonnen hatte, zu nieseln.

Auf einem Asphaltweg ging es nun die Weinberge hoch, vorbei an dampfenden Feldern und schon hatten wir einen Wald erreicht und dort bei km 5 die erste Verpflegungsstelle: Wasser, Iso, Bananen.

Die nächsten fünf Kilometer ging es dann durch den Wald auf Singletrails, aber auch auf breiten Waldwegen, tendenziell aufwärts, immer wieder aber verlor man einige Dutzend Höhenmeter, um sie dann wieder hoch zu laufen. Bessere Läufer als ich konnten hier alles joggen, ich aber musste immer wieder ein paar Schritte gehen.

Wir liefen zu dritt, hatten aber noch ein paar Teilnehmer hinter uns, ein gutes Gefühl. Der Weg durch den Wald war recht gut zu finden, Schilder an den Bäumen mit dem Mammut wiesen an Weggabelungen mit einem Pfeil die Laufrichtung und auf dem Boden waren an den kritischen Stellen blaue Richtungspfeile aufgesprüht. Leider aber waren die auf dem mit Blättern übersäten Untergrund durch die Läufer vor uns, oft bis beinahe zur Unkenntlichkeit „zerstört“, was eine kleine Gruppe vor uns auf Umwege brachte. Bis sie das bemerkten und umdrehten, lagen sie schon hinter uns und wir hatten eine Zeit lang ein paar Begleiter.

Bis jetzt war auf der abwechslungsreichen Strecke keine Langeweile aufgekommen und schon ging es kurz vor km 11 hinaus aus dem Wald und durch die Weinberge abwärts mit einer weiten Aussicht in das Land und hinunter auf Großbottwar.

Wieder ging es aufwärts bis wir oben am Wegesrand bei km 13,5 den zweiten VP erreichten. Von dort aus ging es auf schmalen, auf breiten und manchmal auch rutschigen Wegen drei Kilometer lang in ständigem leichten Auf und Ab durch den Wald. Bereits 420 positive Höhenmeter  lagen hinter uns, wir waren gut in der Zeit und das Zeitlimit von vier Stunden bei km 29 in Gronau würden wir locker unterbieten.

Schon seit einiger Zeit regnete es immer wieder etwas stärker, ließ dann aber wieder nach. Zum Glück war es nicht kalt, so dass uns die Nässe wenig ausmachte. Lediglich die Pfützen wurden größer, ab und zu war der Untergrund rutschig und mein Kameraobjektiv wurde feuchter – wundert euch also nicht über die unmotivierten Flecken in den Bildern. Unsere gute Stimmung störte das Wasser von oben und unten überhaupt nicht.

Längst hatten wir den Wald verlassen, liefen zwischen Weinreben und sahen jetzt zum ersten Mal Burg Lichtenberg in der Ferne vor uns. Erbaut um die 1200, umgebaut im 15. Jahrhundert und nie zerstört, ist sie ein Wahrzeichen des Bottwartals, das ich bei meinen bisherigen Teilnahmen immer nur von unten bewundert hatte. Heute würden wir durch das Burgtor laufen!

Eine Wendepunktstrecke von vielleicht 500 m führte bis in den extra für uns Läufer geöffneten Burghof zur Verpflegungsstelle dort (km 18). Dann ging es wieder hinaus aus dem Hof, die Wendepunktstrecke wieder zurück und unterhalb der Burg weiter den Weinberg entlang, mit Blick auf Oberstenfeld und Hof und Lembach unten im Tal. Mehr als 50 Höhenmeter verloren wir hier, bis wir, immer noch durch die Weinberge, die Burg in großem Bogen umrundetet hatten und bald oberhalb wieder im Wald liefen.

Die folgenden drei Kilometer ging es aufwärts durch den Wald, oder am Waldrand entlang. Der Regen war jetzt stärker und vor allem ausdauernd geworden, das Blätterdach der Bäume reichte längst nicht mehr als Schutz.

Bei km 22 war die mit 400m höchste Stelle der Strecke erreicht, die meisten der insgesamt 790 Höhenmeter lagen hinter uns und der Rest war jetzt nur noch reine Fleißarbeit: Fünf Kilometer ging es auf mehr oder weniger guten Waldwegen immer leicht abwärts bis wir bei VP4 aus dem Wald kamen. Der Blick ins weite Land hinaus bis Beilstein entschädigte dafür, dass es an diesem VP nichts mehr gab, kein Wasser, keine Banane, kein Iso. Nun, das war zu verschmerzen, waren es doch nur noch gute zwei Kilometer abwärts nach Gronau auf die reguläre Marathonstrecke, wo es sicher gute Verpflegungsstellen gab.

Gronau war erreicht und wir wenigen Ultras die einzigen auf der Strecke. Die Läufer des Marathon waren hier alle längst durchgelaufen, die Halbmarathonis auch schon vor über einer Stunde gestartet und viele Kilometer vor uns – das würden einsame 21 Kilometer bis ins Ziel werden. Bei einer Neuauflage des Ultras könnte man dem begegnen, indem man den Start um eine weitere halbe Stunde vorzieht.

Die Halbmarathonmarke im Ort passierten wir recht einsam, ein paar hundert Meter später wurden wir dann aber mitten im Ort von vielen Zuschauern und dem Sprecher auf seinem Kranwagen begeistert empfangen und etwas später von der Trommlergruppe musikalisch aus Gronau „hinausbegleitet“.

Weiter ging es nach Beilstein, hindurch und an der Blaskapelle vorbei wieder hinaus Richtung Oberstenfeld. Auf dem Weg dorthin sahen wir hoch über uns noch eine zeitlang Burg Lichtenberg. Auch in Oberstenfeld waren noch Unentwegte, die dem Wetter getrotzt hatten und uns Beifall zollten.

Über Groß- und Kleinbottwar ging es Richtung Steinheim. Der Regen war schon länger einem leichten Niesel gewichen und hatte jetzt ganz aufgehört. Ganz wenige Ultras und Marathonis konnten wir auf unserem Rückweg noch überholen, bis es dann in Steinheim endlich den letzten Kilometer aufwärts bis ins Ziel ging.

Ein wirklich gelungener erster Urmensch Ultra. Die 27 Kilometer oberhalb des Bottwartals auf abwechslungsreichen Wegen, durch Wälder und Weinbergen entlang mit stimmungsvoller Herbstfärbung haben mir sehr gut gefallen. Wird dieser Lauf im kommenden Jahr wieder angeboten, ich bin dabei!

 

Informationen: Bottwartal-Marathon
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