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Laufberichte

Warum Bottwartal?

 

Der Bottwartal Marathon wurde im vergangenen Jahr nicht zum ersten Mal zu Baden-Württembergs beliebtesten Marathon gewählt. Ich bin neugierig.  Was ist so besonders am Bottwartal Marathon? Wieso hebt er sich so deutlich von den vielen anderen Marathons im Land der Schwaben ab?

Ich kenne  das Bottwartal bisher nicht und so mache ich mich erst Mal schlau. Die Weinregion Bottwartal liegt zwischen der Landeshauptstadt Stuttgart, Heilbronn und Ludwigsburg. Namensgebend ist die Bottwar, ein Nebenfluss der Murr, die in den Löwensteiner Bergen entspringt und weiter in südwestlicher Richtung verläuft. Burgen und steil ansteigende Weinberge prägen die Landschaft im Bottwartal, es scheint also die richtige Gegend für einen tollen Landschaftslauf zu sein.

Der Bottwartal Marathon wird seit 2004 jährlich im Oktober ausgetragen und erfreut sich steigender Beliebtheit. Ausschlaggebend dürfte wohl das üppige Angebot an Distanzen sein. Bereits am Samstag finden mehrere Bambini- und Schülerläufe statt. Für den Sonntag stehen ein Lauf über 10 Kilometer, ein Halb-, sowie ein Dreiviertel Marathon, der Bottwartal Marathon selbst und der Urmensch-Ultra auf dem Programm. Beim Marathon kann man als Staffel oder im Team teilnehmen, zudem sind auch kürzere Distanzen für die Walker im Programm. Es dürfte also für jeden etwas dabei sein.

Auch prominente Namen kann der Bottwartal Marathon unter den Teilnehmern vorweisen. Vor zwei Jahren gewann eine gewisse Sabrina Mockenhaupt mit einem neuen Streckenrekord die Marathondistanz. In diesem Jahr stand auf der Siegerliste des 10-Kilometerlauf Arne Gabius ganz oben. Neben den Topsportlern sind natürlich auch zahlreiche Hobby-Läufer gemeldet, die mit dem Ausgang der Läufe nichts zu tun haben werden. Rund 1.500 sind es beim Halbmarathon. 350 Läufer haben sich, so wie ich, für den Marathon entschieden. Der Urmensch-Ultra ist mit 150 Teilnehmern ausgebucht. Bernie Manhard kann einen Startplatz ergattern und ist auf der 52 Kilometer langen Strecke unterwegs. Dazu gibt es einen separaten Laufbericht.

Wir reisen zusammen mit unseren Lauffreunden Charly und Jan bereits am Samstag an, um unsere Startunterlagen in der Riedhalle in Steinheim abzuholen. Jan will versuchen, noch einen Startplatz für den Ultra zu bekommen, was ihm jedoch nicht gelingt und so meldet er für den Marathon nach. Zahlreiche Aussteller sind in der Halle mit ihren Ständen vertreten und sorgen somit für eine tolle kleine Marathonmesse. Auch für die Bewirtung ist gesorgt und so fehlt es uns an nichts. Rechtzeitig machen wir uns dann ins Hotel auf, beziehen unsere Zimmer und lassen den Abend bei einem netten Italiener ausklingen.

Am nächsten Morgen krieche ich rechtzeitig aus den Federn, um mich für den Marathon fertig zu machen. Das ist inzwischen Routine und benötigt nicht viel Zeit. Doch wie ich feststellen muss, schleichen sich mit der Routine auch Fehler ein. Der Akku meiner Garmin hatte den Geist aufgegeben. Ein passendes Ladegerät ist auf die Schnelle nicht aufzutreiben und so muss ich wohl oder übel auf technischen Support während des Laufs verzichten.

Nach einem kurzen Frühstück machen wir uns dann auf den Weg nach Steinheim. Um 8:30 Uhr wird der Urmensch-Ultra gestartet. Die Teilnehmer des Bottwartal Marathons gehen eine Stunde später auf die Strecke. So bleibt mir Zeit  für Gespräche mit  vielen Bekannten, die man ja nicht alle Trage trifft.   Zu  ihnen zählt Kati, die erstmals als Pacerin bei einem Marathon an den Start geht.

 

 

Apropos Start. Der Start- und Zielbereich befindet sich seit 2015 am Steinheimer Kreisverkehr, auf dem „Steppi“  thront. Steppi ist seit 2010 das Wahrzeichen von Steinheim. Das nahezu fünf Meter hohe, vier Meter lange und viereinhalb Tonnen schwere stählerne Gerippe eines Steppenelefanten, der vor rund 250.000 Jahren durch das Bottwartal trabte, ist heute ein beliebtes Fotomotiv bei den Läufern. Näheres über „Steppi“ und dessen reale Vorgänger erspare ich Euch an dieser Stelle. Da mir Bernie bereits im Auto einen ausführlichen Vortrag über Steppenelefanten und Mammuts gehalten hat, vermute ich mal, dass er sich bereits im Vorfeld des Bottwartal Marathons gewissenhaft über deren Geschichte vorbereitet hat und ihr in seinem Bericht über den Urmensch Ultra alles Wissenswerte darüber erfahren werdet.  

Um 9:30 Uhr ist es dann soweit. Der Bottwartal Marathon wird gestartet und ich bin wirklich froh. Die Temperaturen sind noch im einstelligen Bereich und mir ist inzwischen kalt. Später soll sich das allerdings noch ändern. Ein wunderbarer Spätsommertag wird uns versprochen und der strahlend blaue Himmel lässt mich auch daran glauben. An der Startlinie bestätigt sich, dass der Mensch ein Gewohnheitstier ist. Instinktiv will ich meine Laufuhr starten, wo sie doch ohne saft- und kraftlos im Reisegepäck verstaut ist. Ich muss lachen und versuche mich an den Pacern zu orientieren, um den richtigen Laufrhythmus zu finden.  Dazu brauche ich auch nicht lange.

 

 

Wir drehen erst einmal eine kleine Schleife durch Steinheim und finden uns schon nach wenigen hundert Metern an „Steppis“ Kreisverkehr wieder. Zum zweiten Mal werden wir nun von den Zuschauern verabschiedet und noch bevor wir den zweiten Kilometer absolviert haben, verlassen wir Steinheim und machen uns auf den Weg nach Murr, das wir nach rund fünf Kilometern erreichen werden. Dort erwartet uns auch die erste Verpflegungsstation und ich nutze die Zeit, um mich im Feld richtig einzusortieren. Ich lasse den Pacer für 4:30 Stunden langsam ziehen, steckt mir doch der München Marathon von vor sieben Tagen noch etwas in den Beinen. Stattdessen  achte ich darauf, dass mir Kati mit ihrer 4:45-Truppe nicht zu nahekommt. Am Ortseingang von Murr erwarten uns die ersten Stimmungsmacher, die beim Bottwartal Marathon ganz wichtig sind und auch zum Flair der Veranstaltung beitragen. Zweihundert Liter alkoholfreies Bier erwarten den Sieger bei der Wahl der stimmungsvollsten der acht Ortschaften, die wir im Laufe des Marathons durchqueren werden.

 

Bei Kilometer 6 haben wir den Ortskern von Murr erreicht. Dort verpasse ich gleich mal die erste Verpflegungsstelle, da ich mich zu sehr dem Plaudern mit Mitläufern widme und die Verpflegungsstelle zwischen den Anfeuerungsrufen der Zuschauer einfach nicht wahrnehme. Angesichts der noch kühlen Temperatur sollte dies aber kein Problem darstellen. Es warten ja noch genügend weitere Verpflegungsstellen auf mich. Durch ein Wohnviertel nähern wir uns bald dem Ortsrand von Murr und überqueren schließlich einen Holzsteg, der uns wieder raus in die Natur bringt. Am Sportgelände von Murr gibt eine Band „Metallica“ zum Besten und durchbricht auf angenehme Weise die Ruhe zwischen den meist bereits abgeernteten Feldern.

 

 

 

Nicht mehr weit und wir befinden uns erneut in Steinheim. Die erste 10 Kilometer lange Runde südlich von Steinheim haben wir nun hinter uns. Zwischen zahlreichen schönen Fachwerkhäusern hindurch näheren wir uns wieder Steppi. Eine erneute Runde durch den Kreisverkehr und wir werden nun in Richtung Norden entlassen. Unser nächstes Ziel heißt Kleinbottwar. Doch am Ortsausgang von Steinheim werde ich noch auf einen ganz besonderen Fan aufmerksam. Eine Schaufensterpuppe sitzt auf einem Gartenstuhl und trägt ein altes, leicht verwaschenes Laufshirt. Sein Besitzer erklärt mir stolz, dass er schon vor 50 Jahren an diversen Laufveranstaltungen im Bottwartal teilgenommen hat und auch bei der Erstaustragung des Bottwartal Marathons am Start gewesen sei. Heute laufe er zwar nicht mehr, sei jedoch immer noch davon begeistert, dass der Marathon direkt an seiner Haustüre vorbeiführt.

Rund zwei Kilometer laufen wir auf einer Landstraße bis nach Kleinbottwar. Die Straße säumen herbstlich gefärbte Bäume. Das Läuferfeld hat sich inzwischen weit auseinandergezogen und ich gönne mir wieder etwas Ruhe. Kleinbottwar hat zwar nur etwas über 1.600 Einwohner, trotzdem säumen mehrere Partyzelte die Strecke und die Stimmung hier ist wirklich gut. Es dauert jedoch nicht lange und wir haben die kleine Ortschaft hinter uns gelassen.

 

 

Wir folgen weiter der Landstraße in Richtung Großbottwar, das wir jedoch erst auf dem Rückweg im Ortskern durchlaufen werden. Wir haben jetzt 15 Kilometer hinter uns. Nun geht es erst mal durch ein weniger attraktives Industriegebiet, wo wir aber die nächste Verpflegungsstation finden. Auf einer schmalen Teerstraße führt uns die Strecke nach Hof und Lembach. Bei Hof und Lembach handelte es ursprünglich um zwei Dörfer, die jedoch 1971 zusammengeführt wurden, dennoch trägt das 800-Seelen-Dorf heute noch beide Namen. Die Bewohner nutzen den Marathon für einen Frühschoppen und scheinen mir jede Menge Spaß zu haben.

Unser nächstes Ziel heißt Gronau. Der Weg führt weiter durch die schöne Landschaft des Bottwartal. Inzwischen hat die Sonne die morgendliche Frische vertrieben und wir dürften uns der 20 Grad Marke nähern. Da es zudem stetig leicht bergan geht, merkt man einigen Teilnehmern die Anstrengung bereits an. Auch bei mir ist von der Lockerheit vom vergangenen Wochenende nichts zu merken.

 In Gronau wurde um 11:00 Uhr der Halbmarathon gestartet, der nun auf der identischen Strecke mit dem Marathon zurück nach Steinheim führt. Doch erst geht es noch auf eine längere Schleife östlich von Gronau, die recht kurzweilig ist, da es sich um eine Begegnungsstrecke handelt. Ich suche das Läuferfeld nach bekannten Gesichtern ab werde häufig fündig. Kurz vor dem Wendepunkt ist der Untergrund trotz der Teerdecke äußerst uneben und schlecht zu laufen. Von hinten naht 4:45-Kati – ich muss sie leider ziehen lassen. Als Pacerin kann sie natürlich auf mich keine Rücksicht nehmen und wir verabreden uns für später im Ziel. Gehend erreiche ich den Wendepunkt und es geht nun auf einer Landstraße zurück Richtung Süden. Wir befinden uns praktisch auf dem Heimweg. Da es nun auch stetig leicht bergab geht, kann ich wieder gut laufen. Doch der direkte Weg zurück nach Steinheim wird uns zunächst noch verwehrt. Wir machen erst noch einen kurzen Abstecher nach Beilstein.

Auf dem Weg dahin treffe ich auf den ein oder anderen Teilnehmer des Urmensch-Ultras, die sich die Strecke nun für ein paar Kilometer mit uns teilen. In Beilstein angekommen, weckt eine Burg, unübersehbar auf einem Hügel über dem Dorf stehend, mein Interesse. Es handelt sich um die Burg Beilstein. Sie wurde um 1200 errichtet und trägt aufgrund des 23 Meter hohen Bergfrieds den Spitznamen „Langhans“. Heute findet man dort ein Restaurant und kann zudem Flugvorführung einer Falknerei bestaunen. Während mein Blick immer wieder zum Langhans geht, durchquere ich Beilstein. Dann geht es endgültig zurück in Richtung Steinheim.

 

 

Zunächst erreichen wir aber Oberstenfeld, wo wir über den Marktplatz laufen. Die Open-Air-Gastronomie hat Hochbetrieb. Jeder Läufer wird lautstark angefeuert. Die zahlreichen Fachwerkhäuser hier gefallen mir wirklich gut. Am Ortsende von Oberstenfeld wartet auch noch ein etwas skurriler Streckenabschnitt. In einer Spirale geht es hoch auf eine Brücke, die uns über eine Verkehrsstraße führt. Genauso spiralförmig geht es wieder hinab. Auf dem weiteren Weg nach Großbottwar bei Kilometer 34 lese ich einen der Sprüche, die die meisten Kilometerschilder zieren: „Du merkst, dass du Läufer bist, wenn Du Dich ohne Stoppuhr nackt fühlst“. Der war wohl an mich gerichtet. Ich erwische ich mich immer mal dabei, wie ich auf meine nicht vorhandene Uhr schauen will.

Aber auch ohne Garmin erreiche ich Kilometer 37 und damit Großbottwar. Durch einen Bogen in der Stadtmauer laufen wir in die historische Altstadt mit den zahlreiche Fachwerkhäusern aus dem 15. bis 17. Jahrhundert. Das historische Rathaus aus dem Jahr 1556 ist das Wahrzeichen der Kleinstadt und wirklich sehenswert. Obwohl sich das Teilnehmerfeld inzwischen ziemlich ausgedünnt hat, ist in Großbottwar noch ordentlich was los. Hier wird wohl bis zum letzten Teilnehmer gefeiert.

Die letzten fünf Kilometer liegen nun vor mir. Über Kleinbottwar, das wir ja schon vom Hinweg kennen, geht es zurück ins Ziel. Für mich verlaufen die letzten Kilometer zäh. In der prallen Sonne ist es ziemlich warm und meine Beine werden immer schwerer. Oft überholen mich nun Teilnehmer des Ultras, darunter auch einige bekannte Gesichter, so dass ich noch etwas Abwechslung habe. Dann endlich lese ich auch das Hinweisschild: Noch 1000 Meter bis zum Ziel. Ich gebe im Rahmen meiner Möglichkeit das Beste und überquere ziemlich erledigt die Ziellinie.

 


 

Doch  das Medaillen-Mädl zaubert mir gleich wieder ein Lächeln ins Gesicht. Kati, die ihre Aufgabe als Pacerin perfekt bewältigt hatte, lässt es sich nicht nehmen, mir die Finisher-Medaille umzuhängen. Weil das Finisher-Bier aus ist, muss eine Apfelschorle herhalten.

Was ist nun dran am Bottwartal Marathon? Wie ist die Strecke? Sie ist schön, trotz einiger  Schleifen durch Gewerbegebiete. Wie ist die Organisation? Perfekt! Läufer wissen, was Läufer mögen. Und die Stimmung?  Klasse! Ein typischer Landschaftslauf ist der Bottwartal  Marathon nicht.  Man kommt in viele Ortschaften und in jeder wird stimmungsvoll für Abwechslung gesorgt. Die Bottwartaler lieben ihren Marathon und das spürt man.

 

Informationen: Bottwartal-Marathon
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