Tag der Emotionen, Tag der großen Gefühle beim 13.Transalpine-Run, der am Freitagmorgen ein einzigartiges Jubiläum feierte: der Start zur 100. Etappe seit der Premiere im September 2005. Die Jubiläumsetappe führte von Scuol im Unterengadin nach Prad am Stilfserjoch, 44 Kilometer lang und mit der Passage der spektakulären Uina Schlucht. Eine würdige Streckenführung.
Und mittendrin ein Athlet, der von der ersten Minute an dabei war. Holger Schulze, der 50-jährige Münchner. Kein anderer Läufer hat jeden Transalpine-Run mitgemacht (13), dabei jede einzelne Etappe mit seinem Teampartner zu Ende gelaufen (100) und rund 3.450 Kilometer und gut 190.000 Höhenmeter bewältigt. Eine Leistung, die man gar nicht hoch genug bewerten kann.
Holger Schulze wurde am Start in Scuol mit einem speziellen Leadershirt gefeiert. 44,1 Kilometer weiter im Ziel in Prad am Stilfserjoch feierte er zum zweiten Mal. Seinen ersten Etappensieg beim Transalpine-Run überhaupt und die Rückeroberung der Führung in der Kategorie Senior Master Men. Die 100. Etappe selbst ging an das sensationell starke Master-Duo Florian Holzinger/Stefan Holzner (GER/GER), die nach 4:10.10 Stunden ins Ziel kamen und vor den wiedererstarkten Matthias Baur/Lukas Sörgel (GER/GER, 6.30 Minuten zurück) den prestigeträchtigsten Tagesabschnitt des 13. Transalpine-Run dominierten. Die Führenden heißen aber weiterhin Benjamin Bublak/Christoph Lauterbach (GER/GER), die das Ziel als Zweite in 4:20.51,5 Stunden erreichten und ihren Vorsprung auf komfortable 58.53 Minuten auf Stephan Hugenschmidt/Matthias Dippacher (GER/GER) ausbauten.
Doch ehe am Mittag in Prad am Fuße des legendären Stilfserjochs bei warmen 25 Grad und blauem Himmel gefeiert wurde, ging es morgens für die 508, von ehemals 584, Startern bei knackigen Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt emotional zur Sache. Holger Schulze musste sich die ein oder andere Träne verdrücken, als ihn die große „TAR-Familie“ hochleben ließ und er vom Veranstalter-Ehepaar Uta und Heinrich Albrecht ein spezielles Leader-Shirt für seine 100. Etappe übergestreift bekam.
„Ich kann mich noch genau an die Zeit erinnern“, erzählte Holger Schulze, der damals, im September 2005, eigentlich Bergwanderer und Marathonläufer war: „Der Transalpine-Run schien mir so weit weg wie der Mond.“ Doch Jürgen Kurapkat, zu der Zeit Chef von Holger Schulze, der in der damaligen für den TAR zuständigen PR-Agentur für die Finanzen verantwortlich war, ließ nicht locker. Im zweiten Anlauf schaffte es Kurapkat. Und Schulze, der Marathon-Mann von der Straße, startete mit seinem Partner Lothar Schiller in der Nordic-Walker-Klasse. „Wir sind gegangen und nicht gelaufen“, schmunzelte Schulze.
Zwölf Jahre später wird aber gelaufen. Und wie, denn es ging am Freitag um jede Sekunde. Freimoser/Schulze erreichten nach 4:37.01,1 Stunden das Ziel, Schreiber/Miksch 5.55,8 Minuten später. Das sollte reichen. Holger Schulze riss die Arme in die Luft und konnte sein Glück kaum fassen. Mit dem Mini-Vorsprung von 44 Sekunden durften sich Freimoser/Schulze erneut das Leadertrikot überstreifen. Und dann sprudelte seine Freude nur so aus ihm heraus: „Das ist der Höhepunkt meiner Laufbahn, der TAR hat mein Leben verändert, ich habe hier neue Freunde gefunden, der Transalpine-Run ist der Event, auf das ich mich das ganze Jahr vorbereite.“ Um sich anschließend mit den Worten „jetzt brauche ich aber erst mal ein Bier“ Richtung Verpflegungsstand zu verabschieden.
Das schnellste Team auf der Strecke war erneut das Master-Duo Florian Holzinger/Stefan Holzner (GER/GER), die in Prad ihren sechsten Tageserfolg feierten und sensationell stark und konstant sind. „Wir haben es durchgedrückt“, kommentierte Holzinger, der auch als Triathlet erfolgreich ist, den Rennverlauf. Hinter dem Master-Team Holzinger/Holzner sorgten die wiedererstarkten Matthias Baur/Lukas Sörgel - mit 23 bzw. 21 Jahren das drittjüngste Team des Feldes – für eine mittlere Sensation mit Rang 2 in der Tageswertung. „Wir haben gezeigt, dass wir vorne mitlaufen können. Und wenn wir nicht so einen schlechten Tag erwischt hätten, dann wäre vielleicht sogar noch was in Sachen Leader-Trikot drin gewesen“, meinte Matthias Baur. Zufrieden zeigte sich auch Lukas Sörgel nach dem dritten Platz am Vortag und dem zweiten Rang in Prad: „Wir sind bewusst langsam angegangen, haben unser perfektes Tempo gefunden. Dafür, dass wir schon fast draußen waren, bin ich sehr zufrieden.“
Freud und Leid lagen aber auch am Freitag in Prad wieder eng zusammen. Denn hinter dem souveränen Spitzenteam Bublak/Lauterbach bauen die Verfolger mehr oder weniger ab. Matthias Dippacher, der Partner von Stephan Hugenschmidt, Sieger des TAR 2014, musste den Anstrengungen der Vortages Tribut zollen. Völlig ausgelaugt erreichte Dippacher das Ziel, hatte aber Angst, dass im Downhill „die Muskeln nicht mehr mitmachen“ würden: „Ich kam an meine Grenze, habe mich extrem angestrengt, es war nicht der perfekte Tag.“ Der Rückstand von 58.53 Minuten auf die Spitze spricht eine klare Sprache.
Zum ersten Mal echte Probleme hatten am Freitag auch die beiden Schwedinnen Lina und Sanna El Kott Helander. Fünf Tage lang lächelten und siegten sie unangefochten. Auf der 6. Etappe aber litten sie beide an einer schmerzhaften Knöchelentzündung und konnten die letzten neun Kilometer bis ins Ziel fast nur noch gehen. Dennoch reichte es zum 6. Etappensieg in 5:27.00,8 Stunden vor Müller/Schwarz (GER/GER).
Für die Athleten geht es am Samstag ab 7.00 Uhr auf die Schlussetappe von Prad am Stilfserjoch nach Sulden am Ortler über 31 Kilometer und 2.600 HM. Auf der sogenannten „Originalroute“ wird mit der 2886 m hohen Tabarettascharte der höchste Punkt des gesamten Rennens überquert.
Alle Ergebnisse der 6. Etappe gibt es hier