Wenn ich an meine bisherigen Teilnahmen zurückdenke, habe ich hauptsächlich buntes Herbstlaub vor Augen, denke an ein paar lange Anstiege und einen großartig organisierten Lauf. Hinter dem Zeiler Waldmarathon stecken die „Roten Teufel“, die Kinderlaufgruppe des TV Zeil, deren Kopf der begeisterte Ultraläufer Hubert Karl ist. Er weiß worauf es bei einem Marathon ankommt und das merkt man in Zeil Jahr für Jahr wieder. Für mich also Grund genug, um auch bei der bereits 16. Austragung des Zeiler Waldmarathons wieder mit dabei zu sein.
Gut drei Stunden Fahrt haben Jan und ich vor uns. Doch das ist am frühen Samstagmorgen kein Problem. Die Straßen sind frei und wir erreichen frühzeitig das Rudolf-Winkler-Haus im unterfränkischen Zeil am Main. Bei meiner Fahrt durch die historische Innenstadt mit wunderschönen Fachwerkhäusern und vorbei am Hexenturm, kommt mir wieder in den Sinn, dass ich eigentlich mal einen Tag früher anreisen sollte, um von Zeil noch mehr zu sehen. Irgendwann wir es schon mal klappen, denn ich denke, dass ich nicht zum letzten Mal am Start bin.
Die Startnummernausgabe haben Jan und ich schnell erledigt. Wir lassen uns in der Mehrzweckhalle des Rudolf-Winkler-Hauses nieder, holen uns noch eine Tasse Kaffee und erledigen die üblichen Vorbereitungen auf den Lauf. Die Schuhwahl fällt heute auf die Trailer, denn es hat die Tage zuvor geregnet und die Strecke könnte teilweise ganz schön matschig werden. Apropos Wetter. Draußen ist es mit drei Grad noch lausig kalt, so dass erstmals auch die Handschuhe wieder zum Einsatz kommen. Es ist bewölkt und möglichweise soll es zwischendurch auch regnen.
Mit dem Shuttlebus lassen Jan und ich uns rund eine halbe Stunde vor dem Start in den Wald fahren. Denn in Zeil läuft man ausschließlich durch den Wald. Sogar der Start- und Zielbereich befindet sich mitten im Wald. Am Setzbachbrunnen im Laufpark findet man zudem noch ein Zelt für die Wechselkleidung, ein Sanitäter-Zelt und eine Verpflegungsstation.
Der Start kommt näher, es sind nur noch ein paar Minuten und die Läufer sammeln sich hinter der Startlinie. Da es nur eine Bruttozeitmessung gibt, stelle ich mich ein paar Meter vor dem Start auf, um diesen fotografieren zu können. Ich bin realistisch. Von den rund 170 Teilnehmern werde ich auf der Strecke nicht viele vor die Linse bekommen. Nach einer Erkältung werde ich heute einen möglichst entspannten Trainingslauf machen und sehe mich daher ziemlich weit hinten im Feld. Da sich dieses erfahrungsgemäß schon nach dem ersten Anstieg weit auseinanderzieht, werde ich wohl die meiste Zeit allein unterwegs sein.
Dann geht es los. Unspektakulär, aber mit einem gewissen Charme. Keine Böllergruppe, keine Starpistole, sondern eine Starklappe, wie ich sie noch aus Schulzeiten kenne, kommt schon seit Jahren beim Zeiler Waldmarathon zum Einsatz. „Auf die Plätze“ – „Fertig“ … Klatsch! Das war`s. Die Marathonis setzen sich in Bewegung, ich drücke ein paarmal auf den Auslöser und reihe mich dann ziemlich weit hinten im Feld ein. Nach dem Start geht es gleich nach links weg und der erste Anstieg liegt vor uns. Zwei lange Kilometer geht es nun bergan und der Puls schnellt gleich mal in die Höhe. In der zweiten Runde werde ich diesen Berg natürlich marschierend bewältigen, doch so kurz nach dem Start wird nur gelaufen. Ein paar Läufer um mich herum haben tatsächlich noch die Luft sich zu unterhalten und ich lausche den Gesprächen. Auch von Marathon4you ist die Rede - das freut mich. Um mich einzumischen, fehlt mir aber gerade die Luft.
Oben angekommen, verlassen wir kurz den Wald und es geht leicht nach unten. Zeit zum Durchzuatmen und es etwas laufen zu lassen. Ich fühle mich gut und bin erleichtert. Nach meiner Erkältung ist die Nase zwar noch etwas zu, aber es passt. Dennoch will ich nichts übertreiben. Ich laufe auf einen Mitläufer auf, der ein selbstgestaltetes 100-Marathon-Shirt trägt. Ich spreche ihn darauf an. Ian Odgers kommt aus England und reist für seine Marathons gerne um die Welt. Sein 100ster liegt schon etwas zurück. Zeil ist seine Nummer 189. Wir unterhalten uns noch etwas über den Dublin-Marathon, den wir beide schon gelaufen sind und ich empfehle ihn noch den Wexford Marathon in Irland. Danach wünschen wir uns noch alles Gute für den Lauf und er zieht mir langsam, aber sicher davon.
Etwas wellig geht es nun zurück in Richtung Wald. Über eine Wiese, in der die Läufer vor mir schon ihre Spuren hinterlassen haben, erreiche ich Kilometer drei. Nun geht es im Wald einen Kilometer nur bergab und ich laufe locker vor mich hin. Die erste Verpflegungsstation bei Kilometer 4 liegt vor mir und ich genehmige mir einen Becher warmen Tee. Bei diesem Wetter brauche ich da gar nicht lange zu überlegen. Kaltgetränke kommen heute nicht in Frage.
Nun liegt wieder ein etwas längerer Anstieg vor mir und erstmals verfalle ich ins Marschieren. Ich bin allein und genieße einfach nur den Wald um mich herum. Anders als bei mir zu Hause, wo es überwiegend Nadelwälder gibt, lauf ich hier durch einen Laubwald, der sich in allen Farben präsentiert. Es ist wunderschön. Obwohl es bewölkt ist und kaum Licht in den Wald kommt, scheint das Laub zu leuchten. Ich genieße das Ambiente und erreiche schließlich völlig entspannt das Lengenbachtal. Das heißt, ich bin Kilometer 10 angekommen und an einem kleinen Weiher wartet die nächste Verpflegungsstation auf mich. Mit einem weiteren Becher Tee in der Hand marschiere ich ein paar Meter, entsorge den Becher in einer Kiste am Wegesrand und nehme den nächsten leichten Anstieg wieder im Laufschritt.
Mein nächstes Ziel ist die Verpflegungsstation am Bischofsheimer See. 14 km sind dort erreicht. Aber das ist Nebensache. Die VP dort ist die mit der besten Versorgung. An dem reichhaltigen Büffet findet man jedes Jahr auch Mohrenköpfe (hoppla, das darf man doch nicht mehr sagen!), die es mir besonders angetan haben. Bis dahin habe ich aber noch einen wunderschönen Abschnitt vor mir.
Wellig geht es durch den Wald und die Sonne zeigt sich nochmal kurz. Das Farbenmeer um mich herum ist einfach nur traumhaft und ich genieße weiterhin jeden Meter. Als ich den Wald verlasse und der Bischofsheimer See unter mir liegt, lasse ich es einfach nur rollen und komme an meiner Lieblings-VP an. Das lasse ich natürlich auch den netten Helferinnen wissen und sie freuen sich riesig über mein Kompliment. Als ich wieder weiter trabe, wage ich einen kurzen Blick zurück, denn hier ist die Strecke ausnahmsweise einmal übersichtlich. Ich erkenne hinter mir noch ein paar Läufer, darunter auch Jan, der gerade den Berg heruntergelaufen kommt. Nach ein paar hundert Metern tauche ich wieder in den Wald ein und befinde mich nun auf dem Rückweg zum Start und Zielbereich. Die letzten sechs Kilometer der ersten Runde liegen vor mir.
„Ich bin der Berg! Los! Pack mich!!“, kann ich nun auf einem der vielen gelben Motivationsschilder lesen. Einmal geht es nun noch richtig bergan, bevor es den Rest der ersten Runde beinahe nur noch bergab geht. Oben angekommen, wird es nun auch kurzzeitig wieder etwas voller auf der Strecke. Schnelle Halbmarathonis, die eine Stunde nach uns gestartet sind, ziehen nun gelegentlich an mir vorbei. Zudem kommen mir auch einige Marathonläufer entgegen, die sich bereits auf der zweiten Runde befinden. Etwas Abwechslung, die nach der Ruhe im Wald tatsächlich guttut und so habe ich auch bald die Streckenteilung erreicht.
Rechts geht es für die Halbmarathonis ins Ziel und nach links geht es für uns Marathonis auf die zweite Runde. Ich zögere keine Sekunde und biege nach links ab. Kurz noch einen Berg hinab und schon liegt der Zielbereich am Setzbachbrunnen wieder vor mir. Ich greife wieder nach einem Becher Tee und schlängle mich kurz durch den Zielbereich, der gut besucht ist und mache mich auf die zweite Runde.
Wieder geht es zwei Kilometer den Berg nach oben, den ich diesmal natürlich nicht mehr laufe. Gelegentliche Blicke nach hinten und nach vorne zeigen mir, dass ich wirklich allein unterwegs bin. Egal, ich freue mich trotzdem auf die Runde Nummer 2 des Zeiler Waldmarathons. Bis kurz vor der Verpflegungsstation am Bischofsheimer See sehe ich nur gelegentlich Mitläufer zwischen den Bäumen, die entweder weit vor oder hinter mir liegen. Dennoch schließt Jan kurz vor der VP zu mir auf und wir entschließen den Marathon gemeinsam zu Ende zu laufen. Auf der letzten Bergab-Passage zieht er mir dann doch noch etwas davon und ich erreiche kurz hinter ihm das Ziel. Ich bin froh, dass es für mich so gut gelaufen ist und gönne mir einen letzten Becher Tee.
Gemeinsam mit Jan lasse ich mich durch den Shuttle-Service zum Rudolf-Winkler-Haus zurückfahren. Dort gönnen wir uns in der Sporthalle am Tuchanger eine ausgiebige, heiße Dusche. Für die Siegerehrung in der Mehrzweckhalle waren wir leider etwas zu spät dran, holen uns aber noch eine Flasche fränkischen Weins ab, die es für jeden Finisher neben der Medaille gibt.
Rückblickend war der Zeiler Waldmarathon wieder eine tolle Sache. Die anspruchsvolle Strecke mit gut 840 Höhenmetern durch den Zeiler Wald macht einfach Spaß. Die sechs Stunden Zeitlimit sind großzügig bemessen, so dass auch langsamere Genussläufer kaum Gefahr laufen, in Zeitnot zu kommen. Die Organisation und die zahlreichen Helfer der „Roten Teufel“ haben an diesem Wochenende wieder einen perfekten Job gemacht.
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