Wenn ich unter Bekannten und Sportfreunden herumfrage, weiß kaum einer, wo Zeil liegt. Aber unter Läufern ist sehr wohl bekannt, dass dort im November der Waldmarathon und im Oktober der Abt-Degen-Lauf in den Weinbergen stattfinden.
Zeil liegt ziemlich genau in der Mitte zwischen Bamberg und Schweinfurt. Zu erreichen ist das Städtchen recht einfach über die Autobahn 70 (Anschlussstelle Eltmann oder Knetzgau nur fünf Kilometer entfernt) oder über die Bahnlinie Würzburg – Bamberg (stündlicher Anschluss).
Wer eine weite Anfahrt hat, kann sich in den Pensionen und Hotels günstig einmieten. Ich reise erst am Lauftag an, denn zwei Stunden hinter dem Steuer gehen sich gerade noch aus. Und früh am Samstag ist noch nicht viel Verkehr unterwegs.
Rund 1,5 Stunden vor dem Marathonstart fahre ich am Mittelpunkt des 5500 Einwohner zählenden Städtchens vorbei, dem Marktplatz. Der viergeschossige gotische Turm der Stadtpfarrkirche St. Michael dominiert das Stadtbild. Die Sakristei und der Turm im Kern stammen aus dem 14. Jahrhundert. Wer um das Gotteshaus herumgeht, findet an der Südseite die Ölbergkapelle, eine Figurengruppe über dem Heiligen Grab aus dem 18. Jahrhundert.
Ein paar Schritte bergab läuft der Tourist dann durch den Zugang zum Marktplatz, wo einige Fachwerkhäuser zu bestaunen sind. Gleich links an der Ecke ist ein dreigeschossiger Satteldachbau mit Fachwerk zu sehen. Bürgermeister Thomas Stadelmann residiert hier im Rathaus.
Wer Zeit hat, der kann im Hexenturm sich über die Hexenverfolgung ausführlich informieren. Zwischen 1616 und 1631 verloren geschätzte 400 Menschen ihr Leben. Der damalige Bürgermeister Johann Langhans führte eine Chronik über die Opfer und die dadurch notwendig gewordenen Vormundschaften über die zurückgebliebenen Kinder. 1628 wurde er selbst angeklagt und nach einer Behandlung mit Daumenstock und Spanischem Stiefel gestand er den Bund mit dem Teufel und wurde hingerichtet.
Parkplätze sind in der Umgebung des Rudolf-Winkler-Hauses zur Genüge vorhanden. An der Nummernausgabe erhalten wir unsere Unterlagen in Sekundenschnelle. Startnummer, Infoblatt und eine Tüte mit Getränken wechseln ihre Besitzer. Ja, und nach dem Lauf erhält jeder noch eine Flasche Frankenwein, um sein Erlebnis gebührend zu feiern. Für die Sieger warten Sachpreise und Gutscheine. Die teilnehmerstärksten Mannschaften können ihre Siegerparty gleich mit Bierfässern aus der Fünf-Liter-Klasse, Schinken und Hausmacherwurst bereichern. Dübbisch frängisch halt.
Was ist alles geboten? Eine 21,1 Kilometer lange Strecke mit 420 Höhenmeter, Wald und Natur satt, nur wenige Meter Asphalt, meist gut befestigte Wege. Für den Marathoni wartet dann eine nicht ganz einfache Strecke, aber die rund 200 gemeldeten Langsteckler wissen, auf was sie sich einlassen. 500 Läufer auf dem Halben komplettieren den Wettbewerb. Zahlreiche Walker und NordicWalker dürfen ohne Zeitnahme das Drumherum über 21,1 und 7,5 Kilometer ebenfalls genießen.
Rund 900 Sportler kommen hier an einem trüben Novembersamstag zusammen, an dem man eher wegen der schlechten Wetterprognose das Haus nicht verlassen würde. Doch Petrus hat sich das am Vortag noch ein wenig anders überlegt, denn auf der Fahrt mit den Shuttlebussen zum Startgelände am Setzbachbrunnen (rund 1,5 Kilometer entfernt von der Stadtmitte) scheint bereits zaghaft die Sonne.
Der lange Kanten kostet 24 EUR und beinhaltet die Orga zum Rennen, Medaille, Urkunden aus dem Internet und die kostenlose Benutzung des Hallenbades. Für den Halben nimmt man 15 EUR, Nachmeldungen sind noch am Starttag möglich. Und viele haben ihre Absicht erst kurz vor dem Ende der Meldefrist kundgetan.
Wer sich zum Startort einlaufen will, der kann dieses ohne große Orientierungsübungen erledigen, denn der Weg ist ausgeschildert. Am Setzbachbrunnen haben sich schon einige versammelt, laufen kurz ein, führen einen Ratsch mit Bekannten oder sichern sich gleich eine gute Ausgangsposition an der Startlinie wie Klaus Neumann.
Für das Umkleiden und für das Aufbewahren der Wechselklamotten stehen zwei Zelte bereit. Die Bierbänke sind zahlreich besetzt. Warum denn stehen, wenn wir noch sitzen können, scheint sich Dieter Ehrenberger zu denken, der auf den langen Kanten oft zu sehen ist. Der Erlanger John Stackmann, hier ist der agile und fitte 60er bekannt wie ein bunter Hund, freut sich auf einen weiteren Marathon. Kaum einer kennt ihn als Gedichteschreiber, in denen es meist um unser liebstes Hobby geht.
Ohne große Drängeleien geht es zur Startaufstellung, wozu die Läufer erst über Lautsprecher aufgefordert werden müssen. Ich muss mir dann noch vom grinsenden Boss der „Roten Teufel“ Hubert Karl ein „ja nicht die Startlinie übertreten“ anhören, als ich mich auf eine Leitersprosse am Berghang hocke, um eine bessere Übersicht als Fotograf zu haben.