Schon das dritte Mal in Folge kommen Judith und ich in der zweiten Maihälfte zum Marathon nach Würzburg. Die mit rund 127.000 Einwohnern siebtgrößte Stadt Bayerns liegt im sogenannten Maindreieck in einem Talkessel im mittleren Maintal. Die Hanglage und die klimatischen Bedingungen machen Würzburg zu einem bekannten Weinanbaugebiet. Die Stadt ist Sitz der Regierung von Unterfranken und Bischofssitz der gleichnamigen römisch-katholischen Diözese.
Erreichbar ist Würzburg sehr bequem über Autobahnen und mit dem Zug. Hotels gibt es ausreichend und es kommen auch ständig neue Bauten von Hotelketten hinzu. Trotz der fast kompletten Zerstörung der Altstadt am Ende des 2. Weltkriegs vor ziemlich genau 80 Jahren ist die Stadt dank der vielen erhaltenen oder rekonstruierten Gebäude und Schlösser immer einen Besuch wert. Heute, am Samstag, können wir bei schönem Wetter die Stimmung auf der alten Mainbrücke bei einem Glas Wein perfekt genießen.
Die Marathonmesse befindet sich wie jedes Jahr im Congress Centrum Würzburg. Die Startnummern und den Kleiderbeutel, bestückt mit Regenponcho, Energieriegel, Vitamingranulat, Duschgel und einem Informationsblatt, bekommen wir ohne langes Warten. Ein Veranstaltungsshirt konnte man hinzubestellen. Auf der Messe gibt es auch einen Sportartikelanbieter, dort wird Judith in Sachen Kompressions-Sleeves fündig. Ansonsten Stände von Sponsoren. Der Hauptsponsor, die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH, wird in diesem Jahr 60. Ich weise die Standbetreuung darauf hin, dass der WVV und ich also gleich alt sind. Aber damit genug.
Wir treffen auch M4Y-Chef Klaus samt Ehefrau. Wir gönnen uns in geselliger Runde noch einen Teller Pasta, der ebenfalls im günstigen Startpreis enthalten ist.
Unser Hotel liegt gleich am Marktplatz, sodass wir den Tag nicht zu früh beginnen müssen. Der Start der Bewerbe ist ab 9:00 Uhr am Congress Centrum vorgesehen. Es wird Startblöcke geben und der erste Block ist für das 10-km-Rennen reserviert. Aber keine Angst, die biegen nach ca. 800 Meter schon ab, so dass die schnellen Marathonis erst viel später auf die langsameren 10er treffen könnten.
Bei der Taschenabgabe in der Halle herrscht etwas Gedränge. Kein Wunder, denn über 5000 Läuferinnen und Läufer stehen in den Meldelisten (ungefähr doppelt so viele wie im Vorjahr), was den unermüdlichen Helferinnen und Helferm einiges abverlangt. Judith und ich kommen dennoch mit Zeitpuffer im letzten Startblock an und treffen natürlich viele bekannte Marathonis.
Leider hatte ich am Dienstag eine unvorhergesehene Augen-Operation, sodass ich heute nur mitgehen, aber nicht laufen darf. Ich plane einen Vierstunden-Spaziergang über die Runde, damit ich in Ruhe viele Fotos machen kann. Judith wird heute auch Fotos und Eindrücke beisteuern.
Der Zweirundenkurs verläuft als Schleife immer am Main entlang oder in der Nähe des Flusses. Zwischen km 16 und 20 bzw. 37 und 41 kommt eine Altstadtrunde hinzu, sodass man an vielen Sehenswürdigkeiten der Domstadt vorbeikommt.
Ich schaue am Startbogen vorbei. Martin Heilig, der frisch gewählte erste Grünen-Oberbürgermeister in Bayern, spricht das Grußwort. Das Elektro-Führungsfahrzeug eines chinesischen Herstellers verpasst fast seinen Einsatz, da der Fahrer noch letzte Anweisungen bekommt. Um 9:10 Uhr dann der Startschuss für den Marathon.
Erstes Highlight ist die „Brücke der deutschen Einheit“. Eine moderne Schrägseilbrücke, von der man links die Skyline von Würzburg mit der imposanten Festung Marienberg erblicken sollte. Aber wer denkt jetzt schon daran. Dafür bleibt auf der zweiten Runde immer noch Zeit. Erst mal nach Zellerau, diesmal mit einer kleinen Streckenoptimierung: Schon vor km 2 geht es auf einen Radweg am Main und dort flussabwärts. Nein, nicht bis zur fränkischen Faschingshochburg Veitshöchheim. Es geht durch viel Grün und noch sind dank der Halbmarathonis so viele LäuferInnen unterwegs, dass das Feld sich auf einen oberen und einen unteren Weg verteilt. Trommelgruppe und Verpflegungspunkt, später ein Stück Begegnungsstrecke und schon nach 3,6 Kilometern kommt die Wendestelle.
Zurück und dann rechts abbiegen. Neu ist der Blick auf das Bürgerbräu. In Zellerau gilt es noch einige Straßen abzulaufen, auch am Alpenvereinsgebäude mit großer Kletterwand vorbei. Zuschauende gibt es einige. Ich freue mich immer auf das Eck mit dem Graffiti-verzierten Kiosk. Da ist immer viel los. Kurz danach klärt mich eine Frau auf, dass der stattliche Hund, der auf ihrem Arm vor sich hindöst, erst acht Wochen alt ist. Das wird wohl später ein riesiges Tier.
Bei Km 7,5 sind wir wieder am Main, unter der Friedensbrücke hindurch. Hier steht traditionell eine größere Trommlergruppe. Insgesamt sollen uns auf den 21 km 25 Musikdarbietungen erwarten. Oft unter Brücken oder regengeschützt unter Zelten. Heute herrscht perfektes Laufwetter: nicht zu warm, kaum Sonne und kaum Wind. Leider wird es im Laufe des Wettkampfs dann doch ein bisschen Nieselregen geben, aber alles wesentlich harmloser als vorhergesagt. Im Mai ist vieles möglich, wie die letzten Veranstaltungen zeigten: Von Wolkenbrüchen bis zu brütender Hitze war alles dabei. Heute haben wir also Glück.
Wieder leicht nach oben steht bald das nächste Highlight an: An der Alten Mainbrücke sieht man wieder viele Zuschauer, da hier eine Staffelwechselstelle ist und Touristen auf dem Weg zur Festung vorbeikommen. An einem Haus eine Wandmalerei mit unterschiedlichen Arbeitern, darunter ein Mann mit einem Schwein unter dem Arm. Hier rechts führt der Weg hinauf zur Festung. Davor die Kirche Sankt Burkhard, dann vor einer Überführung die Jugendherberge mit sehenswerter Fassade. Leicht rechts am Hang thront die Wallfahrtskirche Käppele aus dem 18. Jahrhundert mit Rokokoarchitektur, leicht verdeckt durch Bäume.
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(Klaus und Margot Duwe)
Unter der Ludwigsbrücke hindurch mit Sambaband, die sich schon auf die Pause vor der zweiten Runde freut. Über uns auf der Brücke ein großer Steinlöwe, daher wohl auch der Name Löwenbrücke. Die Läufer werden auf einen Weg neben der Straße geleitet. Man kann über den Kiesweg laufen oder den geteerten Radweg daneben benutzen. Rechts von uns die Straßenbahntrasse. Einige schöne Anwesen am Hang. Links zum Main viele Sportvereine, beispielsweise der Akademische Ruderclub. Der VP kommt wie gerufen.
Die Konrad-Adenauer-Brücke über uns beeindruckt durch viel Beton. Wir unten durch um eine Trambahnschleife herum. Unter der namenlosen Eisenbahnbrücke hindurch. Nun in großer Schleife unter einiger Anfeuerung hinauf zur Straßenbrücke. Wir haben den Fuß-/Radweg neben der Straße ganz für uns. Oben belohnt uns ein schöner Blick auf den Main. In einem Kreisel geht es zügig hinunter und kurz danach sind wir auf dem Theodor-Heuss-Damm am Fluss entlang. Zurück Richtung Zentrum, unterbrochen durch einen Schlenker in Sanderau. Am Abzweig ein fetziges Team mit Akkordeons und Gitarre. Man hat sich auf deutsche bzw. bayerische Schlager spezialisiert und manche Texte dem Thema „Laufen“ angepasst. Hier stehen wieder etliche Bewohner an der Laufstrecke und oft kommt auch Anfeuerung von oben, also aus den Fenstern. Besonders der kleine Platz an der Uhlandstraße ist ein Hotspot. Da kommt man gerne vorbei.
Kurz danach dann km 14. Un terzo, wie die Italiener nun rufen würden. Ein Drittel. Heute ist übrigens eine Pacerin aus Italien dabei, die zusammen mit „Zickezacke“-Thomas die 4:45-AspirantInnen betreut. Inzwischen hat das Pacerteam ein internationales Netzwerk aufgebaut. Da kann es passieren, dass ein deutscher Pacer in Mailand dabei ist. Thomas´ Temperament kommt sicher auch in Italien gut an. Und auch das Starterfeld ist international: Eine Bekannte, Daniela vom Marathon-Veranstaltungsteam in Verona und Florenz, wird heute Gesamt-Zehnte.
Die Seniorinnen und Senioren aus dem Caritas-Heim lassen sich heute wohl durch das regnerische Wetter abschrecken und zeigen sich nicht an der Strecke. Unter der Ludwigsbrücke eine Trommelgruppe aus „best agern“. Die Damen und Herren sind voll bei der Sache. Der Blick auf die Festung Marienberg ist sehr schön. Aktuell hat kein Kreuzfahrtschiff am Kai angelegt, nur ein chinesisches Restaurantschiff. Inzwischen haben mich als Spaziergänger die Führenden auf der zweiten Runde eingeholt.
Bei km 15,5 drehen wir rechts auf die Alt-/Innenstadtrunde. In vier Kilometern kommen wir hierher zurück. Am Unicafé hat eine Band Stellung bezogen und unterhält sowohl Laufende als auch Frühstücksgäste. Die Neubaukirche aus dem Jahr 1591 mit dem markanten 91 m hohen Turm wird zu den bedeutendsten Renaissancekirchen nördlich der Alpen gerechnet. Die ehemalige Universitätskirche, inzwischen profaniert, dient heute als Aula. Rechtskurve. Früher war hier mehr los. Wo ist der fetzige Alleinunterhalter? Dafür als Highlight ein junger Ordner, der wirklich Stimmung macht und sich dabei wahrscheinlich die Stimme ruiniert.
Linksknick. An den Wallanlagen erreichen wir das Gebäude der neuen Universität. Oben sogar mit großer Skulptur. Auf einer Grünanlage ein Protestcamp. Auf den folgenden Metern säumen dann kleine Palästinafähnchen die Strecke. Links St. Michael an der alten Universität. Die Julius-Maximilians-Universität, die auf die 1402 gegründete Hohe Schule zu Würzburg zurückgeht, ist die älteste Institution dieser Art in Bayern.
Links ein kleines Denkmal für Balthasar Neumann, Baumeister der Residenz, die nun auf der rechten Seite hinter einem monumentalen Parkplatz zu sehen ist. Das imposante Bauwerk wurde 1781 fertiggestellt und war bis zur Auflösung der geistlichen Territorien durch die Säkularisation Sitz der Würzburger Fürstbischöfe. Die Würzburger Residenz ist laut UNESCO das einheitlichste und außergewöhnlichste aller Barockschlösser und steht in einer Reihe mit Schönbrunn in Wien und Versailles bei Paris. Im Jahr 1719 vom jungen und noch unbekannten Baumeister Balthasar Neumann begonnen, empfiehlt es sich für eine Besichtigung der nach dem Krieg restaurierten Prunkräume und besonders des unzerstört gebliebenen Treppenhauses mit einem Deckenfresko von Giovanni Battista Tiepolo. Beeindruckend auch die reich ausgestattete Hofkirche und der Hofgarten mit zahlreichen Gartenplastiken. Wie schon öfter erwähnt, finde ich den Parkplatz wirklich aus der Zeit gefallen. Mal sehen, ob sich mit dem grünen Oberbürgermeister etwas ändert.
Wieder Links Richtung Theater. Mal ein sehr stylischer, moderner Bau. Laute Musik vom DJ. Die Straße rechts heißt Rennweg. An der Kurve zur Semmelstraße zelebriert ein Glockenspiel gerade die volle Stunde. Am „House of Pain“ (Tattoos und Piercings) vorbei.
Hinein in die Heinestraße. Hier habe ich fast den Eindruck, in Florenz zu sein. Vor uns die riesige Kuppel des Stifts Haug. Die Kirche, die ein Kreuzigungsbild von Jacopo Tintoretto aus dem Jahr 1583 beherbergt, wird umrundet. Richtung Bahnhof mit schönem Blick auf die Weinhänge dahinter, dann in die Fußgängerzone der Stadt. Das von hier aus unscheinbar wirkende Juliusspital (medizinische Fakultät) an der gleichnamigen Haltestelle sollte man sich auch mal von der Gartenseite her ansehen. Kleine Baustelle. Hier werden die Straßenbahnen mittels einer mobilen Kletterweiche auf das Gegengleis geleitet. Gut abgesperrt, sonst wäre das eine perfekte Stolperstelle. Technikfans sollten sich das mal ansehen, wenn die Trambahnen fahren.
Rechts der Marktplatz, da kommen wir noch hin. Links das Neumünster und dann der Dom. Den sehen wir auch später noch mal. Der VP am Franziskanerplatz gibt noch mal Auftrieb. Generell sind die VPs gut organisiert: Wasser, Apfelschorle, Iso, Bananen und auf der zweiten Runde auch Cola-Mix. Alles gereicht von freundlichen Helferinnen und Helfern. Dazwischen auch noch Erfrischungspunkte, die ausschließlich Wasser anbieten, damit man auch bei Hitze immer genug Flüssigkeit bekommen würde.
Dann wieder Richtung Main, mit Gegenverkehr. Wir genießen den schönen Blick auf die Festung Marienberg auf der anderen Mainseite. Rechts an der neuen Hochwasserschutzwand stehen die Markierungen der Höchststände der letzten Jahrhunderte. Eine Schulkapelle spielt auf. Danach eine Sambaband.
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(Klaus und Margot Duwe)
Unter der Alten Mainbrücke hindurch und dann noch mal ins Getümmel. Am Rathaus vorbei. Vor uns die markante Doppelturmfassade des Doms St. Kilian. Das viertgrößte romanische Kirchengebäude Deutschlands fungiert als Bischofskirche des römisch-katholischen Bistums Würzburg. Auf jeden Fall lohnt es sich, den Dom auch von der Rückseite anzusehen, da man dort die Größe besser wahrnimmt.
Kilometer 20/41 ist erreicht. Wir halten uns links zum Markt. Die Marienkapelle ist eine farbenfrohe Kirche mit hohem Turm. Über die Karmelitenstraße Richtung Weiche. Eine Band erwartet das Läuferfeld. Die Halbmarathonis laufen geradeaus ins Ziel. Für den Marathon Gemeldete, die aufhören wollen und nach 21,1 km die Zielmarke überqueren, kommen in die HM-Wertung.
Für die Marathonis wird es ohne die „Halben“ nun sehr viel einsamer. Das Feld hat sich deutlich auseinandergezogen. Bei Kilometer 21,1 Zeitmessung. Davor das Heizkraftwerk, links auf der Terrasse zwei chinesische Löwen. Dann zurück auf die bekannte Straße und bald danach zur Brücke der Deutschen Einheit. Nach der Biegung Richtung Zellerau stehen einige Streckenposten und feuern an, ebenso wie beim Übergang zu den Grünanlagen am Main, wo der Moderator zum Sound von Nenas „99 Luftballons“ jeden einzelnen der noch im Rennen Verbliebenen abklatscht.
Jetzt ist reichlich Platz für alle, Verpflegung und Trommelgruppe sind auch noch aktiv. Bei der Begegnungsstelle nach km 24 entsteht mit Blick auf die 4:30-Pacer und ihr „Gefolge“ kurzzeitig noch mal der Eindruck von Fülle. Dann geht alles den schon von der ersten Runde her bekannten Gang, mit weniger Publikum, aber mit immer noch sehr engagiertem VP-Personal.
Während sich ab km 30 die Trommelteams langsam auf den Feierabend vorbereiten, sind die Senioren und die Schlager-Combo in Sanderau noch voll bei der Sache. Auch Richtung Altstadt noch einige Stimmungsnester und eine private Grillrunde mit kleinem Gastro-Zelt. 4:45-Pacer Thomas, der mit seiner italienischen Kollegin ordentlich auf die Tube gedrückt hat, fragt, ob man ihm eine Wurst übriggelassen hätte. Aber für einen ausgiebigen Imbiss fehlt jetzt eigentlich die Zeit.
Noch ein paar Schlenker durch die Innenstadt, ein Abstecher zum Main, ein kurzer Anstieg und mit letzter Aufmunterung durch „Marathon-Maskottchen“ Michel aus Frankreich ist das Ziel erreicht.
Judith wird als Siegerin der AK angekündigt. Ein paar Meter hinter der Startlinie geht es links in das Congress Centrum. Dort warten alkoholfreies Bier, Getränke, Obst, Laugengebäck und Kuchen auf die Finisher. Alles ist noch ausreichend vorhanden. Massagen gibt es auch, die Kleiderbeutelabholung dahinter. Ein Duschcontainer wartet auf der anderen Straßenseite.
Wir treffen noch einige Marathonsammler. Csilla vom 100 MC Österreich hat heute ihren 100. geschafft.
Fazit:
Ein abwechslungsreicher Zweirundenkurs durch Würzburg. 25 Actionpoints auf 21 Kilometern. Flach, bis auf einige Wellen bei Brücken. Viel Publikum besonders auf der ersten Runde. Auf der zweiten Runde sind Marathonis unter sich und haben einen besseren Überblick über die „Konkurrenz“. Außerdem kann man sich dann Dinge noch mal genauer ansehen, wie Heiko, ein Erstteilnehmer, uns im Ziel erklärte.
Die Läufe waren heuer ausgebucht.
Siegerinnen Marathon
1. GREWE Mona 2:46:18
2. JÜRGENS Lavinia 2:55:01
3. ATZMÜLLER Rebecca 2:58:38
Sieger Marathon
1. KOCH Florian 2:38:30
2. HOFMANN Edmont 2:38:56
3. DALLER Dominik 2:41:02
Finisher
Marathon: 808
Staffeln: 60
Halbmarathon 2.844
10k: 726