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Laufberichte

Der Lauf über die Dreikaiserberge

22.10.05

Die Bezeichnung Schwäbische Alb Marathon hat sich offensichtlich eingebürgert, ist aber irreführend, ...

 

... denn der Lauf ist 50 Kilometer lang, also in der Tat ein Ultralauf. Er führt über die drei Kaiserberge Hohenstaufen, Rechberg und Stuifen, alle nicht beeindruckend hoch, zwischen 700 und 800 Metern, aber sie ragen jeweils kegelförmig aus der Landschaft und sehen damit so aus, wie Kinder einen Berg malen würden. Bereits drei Mal bin ich hier gelaufen und jedes Mal war ich beeindruckt von der Schönheit der Landschaft und der anspruchsvollen Streckenführung.

 

Auch ein solch traditionsreicher Lauf wie der Schwäbische Alb Marathon, immerhin fand er zum 15. Male statt, muss sich dem Zeitgeist beugen, wenn er sich im Feld der Konkurrenz behaupten und vielleicht sogar die Teilnehmerzahl steigern möchte. Daher verlegte man bereits im Vorjahr den Start mitten in die Stadt auf den Marktplatz. Mich hat der Start am alten Ort nicht gestört, wenn die Verlegung aber hilft, den Lauf zu halten, soll’s mir auch recht sein. Nach wie vor ist die Logistik, also Startunterlagen, Übernachtungsmöglichkeit in der Turnhalle, kleine Marathonmesse, Verpflegung vor und nach dem Lauf, an alter Stelle etwas abseits vom Zentrum. Schwäbisch Gmünd ist nicht sehr groß, so dass der Fußmarsch dann zum Start vielleicht 5 bis 8 Minuten dauert, also kein Problem.


Das Wetter war etwas wendisch, vom blauen Himmel bis zu kurzen Schauern erleben wir innerhalb weniger Minuten alles. Als wir aber kurz vor dem Start auf dem Marktplatz sind, ist es trocken. Punkt 10 Uhr geht es dann auch los, über den Marktplatz, wo uns viele Zuschauer freundlich verabschieden. Durch die Stadt geht es dann wieder zurück und nach knapp einem Kilometer liefen wir an der Halle vorbei, an der wir kurz zuvor die Startunterlagen abgeholt hatten. Noch ein paar Minuten liefen wir durch die Ausläufer des Ortes und hatten dann die Häuser hinter uns gelassen.


Meine Bestzeit bei diesem Lauf hatte ich 2003 mit 5:06 Stunden erreicht, vergangenes Jahr war ich über eine Stunde langsamer. Für dieses Jahr hatte ich mir 5:30 Stunden vorgenommen. Leider machte mir eine Kieferoperation am Mittwoch vor dem Lauf einen Strich durch die Rechnung. Der Arzt hatte mir gänzlich vom Lauf abgeraten, ich entschloss mich trotzdem zu laufen, allerdings so langsam, dass es keine Komplikationen geben sollte. Da ich dieses Jahr endlich auch mal unterwegs fotografieren wollte, kam mir das natürlich entgegen. Auch ist es ein schönes Gefühl, wenn man keinerlei Zeitdruck hat, man genießt den Lauf viel intensiver, als wenn man stur nach der Uhr laufen muss.

 

Auch bei den Veranstaltern scheint ein moderneres Zeitalter angebrochen zu sein, denn endlich fand man auf der Homepage ein detailliertes Höhendiagramm – sehr lobenswert. Wie man dem Diagramm entnehmen konnte, ging es die ersten knapp vier Kilometer eben, ideal zum Einrollen, dann kam ein sanfter Anstieg, und ebenso sanft ging es anschließend wieder abwärts. Man lief auf Asphalt und dann auf gekiesten Waldwegen, bis etwa Kilometer sechs sah man rechts der Strecke die B 29 durch die Bäume hindurch.


Bald nach dem Start stieß Eugen zu mir, der wie immer ganz von hinten startete und mit dem ich dann den Lauf gemütlich anging. Angelika war weiter vorne, wie auch Bernhard, der wie immer zu schnell gestartet war. Eugen lief ganz gleichmäßig und auch an der ersten Steigung wurde er nicht viel langsamer. Ich hatte mich Bernd Seitz angeschlossen und wir unterhielten uns blendend, so dass ich vollkommen vergaß, Bilder zu machen.


Als es dann bei Kilometer fünf abwärts ging, ließ ich Bernd und seine Freundin zurück und schloss wieder zu Eugen auf. Jetzt würde bald der moderate Anstieg hoch zum Wäscherschloss kommen, etwas mehr als hundert Höhenmeter auf vier Kilometer. Kein Problem für uns, gleichmäßig hielten wir unser Tempo auf dem Weg hoch durch den Wald. Hier traf ich auch Sina und Reinhard, die ich dieses Jahr in Biel, Davos und in Bellheim getroffen hatte.


Etwa bei Kilometer 10 passierten wir dann das Wäscherschlößle, der Anstieg war kurz danach zu Ende und wir liefen durch den idyllischen Weiler Wäscherhof, hinaus in eine schöne Wiesenlandschaft. Die Sonne schien, die Temperatur war läufergerecht, die Strecke war eben, genau so hatte ich mir das vorgestellt. Bald hatten wir Wäschenbeuren erreicht, das wir aber nur ganz kurz „streiften“, um dann wieder hinaus und auf asphaltierten Wegen weiter durch die Wiesen zu laufen. In stets abwechselnden flacheren und steileren Anstiegen über Wiesen, am Waldrand entlang näherten wir uns dem Hohenstaufen. Das gemütliche Traben war dann auch bald vorbei, jetzt mussten knapp 230 Höhenmeter hoch auf den Berg überwunden werden. Der Weg wurde zu einem schmalen Waldpfad, mit einer Steigung immer wieder mal im zweistelligen Prozentbereich.

 

Hier kamen uns die schnelleren Läufer entgegen. Sie waren bereits oben um den Wendepunkt gelaufen und auf dem Weg hinunter. Etwa acht Minuten dauerte diese Schleife, während der man neidisch auf die Entgegenkommenden schaute. Dann endlich hatte auch ich den Gipfel des Berges erreicht, Kilometer 17, Höhe 684 Meter. Kurz genoss ich die Aussicht, machte ein Bild und lief dann rum um den Wendepunkt und wieder abwärts. Leider war es zu steil, als dass ich hätte schnell laufen können, es war eher eine erste Bewährungsprobe für Knie und Oberschenkel.


Kurz bevor es nach links von der Begegnungsstrecke wegging kamen mir Hanne, Ute, Dagmar und Bernhard entgegen – gar nicht so langsam die Vier. Noch ein paar hundert Meter führte der Weg steil abwärts durch den Wald, bis wir den Wald hinter uns und wieder freien Blick über die Landschaft hatten. In der Ferne vor uns sah man zwei weitere Kegelberge, ganz eindeutig der Rechberg und der Stuifen, die wir heute beide noch überwinden mussten.


Rechts weiter unten sah man noch ein paar Häuser vom Ort Hohenstaufen und bald liefen wir auf einem Radweg parallel zur Verbindungsstraße, die hinunter nach Ottenbach führte, querten nach etwa einem Kilometer die Straße und waren dann wieder fern von aller Zivilisation.

 

Die nächste Verpflegungsstelle war erreicht. Wie auch die bisherigen wurde Wasser, Iso, Tee und Bananenstückchen angeboten, nicht üppig, aber vollkommen ausreichend. Zusätzlich wurden hier noch Flaschen mit vermutlich Apfelschorle angeboten. Eugen und ich hatten uns bisher nie lange an den Stationen aufgehalten, kurz zwei oder drei Becher getrunken, ein Stück Banane genommen und schon waren wir auch jetzt wieder auf der Strecke.


In sanftem Auf und Ab ging es auf einem geteerten Feldweg durch Wiesen, stets der Rechberg vor uns. Ich musste kurz hinter einen Busch und verlor dadurch den Anschluss an Eugen. War wohl auch besser so, sonst hätte ich mich womöglich noch mitziehen lassen, was sicher nicht gut gewesen wäre.

 
Bald hatte ich dann den Ort Rechberg erreicht. Hier wurde man der Hauptstraße entlang bis beinahe ans andere Ende geführt, bis dann die 180 Grad Wende kam und der Weg abrupt steil hoch auf den Gipfel des Berges führte. Diesen Aufstieg hatte ich recht gemischt in Erinnerung, vor allem der Aufstieg auf den letzten paar hundert Metern und der steile Abstieg hatten bei meinen bisherigen Teilnahmen tiefen Eindruck hinterlassen. Der asphaltierte Weg führte erst durch Obstwiesen, dann durch den Wald hoch. Nach wenigen Minuten kam eine Kehre nach rechts. Immer steiler wurde der Weg, er führte jetzt in gerader Linie nach oben. Links und rechts von uns immer wieder eine Abbildung der insgesamt 14 Stationen des Kreuzweges Jesu. In der Tat war mir das im vergangenen Jahr auch so etwas wie ein Leidensweg gewesen, dagegen fühlte ich mich heute bestens. Trotzdem joggte ich nicht mehr, weil mich mein Verstand mahnte, mich hier nicht unnötigerweise zu verausgaben.


Oben in der Burganlage war das Ziel der 25 km-Läufer und auch eine Verpflegungsstelle für die 50-km-Läuferinnen und Läufer. Hier gab es auch das erste Mal Cola und ich konnte mein Getränk mixen: je einen halben Becher Haferschleim und Cola gemischt - Farbe scheußlich, Geschmack prima, Wirkung super. Im Gehen trank ich leer und rannte dann den Pfad wieder hinunter. Der Abstieg dauerte vielleicht 5 Minuten, aber er war so steil und so anstrengend, wie ich ihn Erinnerung hatte. Ein schmaler, asphaltierter Weg. Das Bremsen der Geschwindigkeit kostete derart viel Kraft in den Oberschenkeln, ging so in die Knie, dass ich mehr gehen musste, als ich laufen konnte. Dazu kamen noch die 25 km-Läufer, die sich langsam nach unten zur Bushaltestelle bewegten und ständig im Weg waren. Ich verfluchte den Weg, nützte aber alles nichts, ich musste runter.

 

Endlich – der Berg lag hinter mir, die Häuser waren erreicht. Die 25 Kilometer-Läufer, warteten hier auf den Bus, der sie zurück nach Schwäbisch Gmünd brachte, ich aber freute mich, dass ich noch weiter laufen durfte. Ein paar hundert Meter liefen wir auf der Straße aus dem Ort hinaus, bis wir dann nach links auf einen asphaltierten Feldweg weg geführt wurden. Wieder ging es durch eine typische Alblandschaft, Hangwiesen, ab und zu Bäume und vor uns der bewaldete Stuifen, der letzte der drei Kaiserberge, mit 720 Metern aber auch der höchste.


Der Weg führte uns beharrlich hoch und bald war der Wald erreicht. Hier begegnete man kurz den Läuferinnen und Läufer, die die folgende große Schleife hoch auf den Berg bereits hinter sich hatten. Nur kurz wurde es steiler, dann ging es auf einem nahezu ebenen Weg weiter, bis dann der Wurzelweg kam, den ich noch schlecht in Erinnerung hatte. Kein Vergleich aber zu 2002 und 2003! Wie auch im Vorjahr war es die vergangene Woche schönstes Herbstwetter und nur wenig Regen hatte den Weg erreicht. Anfänglich noch etwas matschig und rutschig, konnte man im Weiteren problemlos laufen. Trotzdem hielt ich mich zurück und unterhielt mich mit Marcel über den Deutschlandlauf. Erst als es richtig steil hoch ging, setzte ich mich schnellem Schritt ein wenig ab.

 

Die letzten paar hundert Meter bis zur Wende ging es dann eben. Hier kam mir auch Sina entgegen und rief mir im Vorbeigehen zu, ich solle doch mal mit Reinhard sprechen, er wolle einfach nicht auf sie hören. Der kam einige Meter hinter ihr und sah nicht mehr aus wie noch vor 20 Kilometern. Den rechten Arm hatte er in einer Schlinge aus seinem Startnummernband. Der musste sich verletzt haben! Schnell lief ich zum Wendepunkt, bekam dort meinen Stempel und rannte, um die Beiden einzuholen. Gar nicht einfach, denn auch hier ging es wieder steil abwärts und offensichtlich bin ich kein guter Abwärtsläufer, denn ich kam beiden nicht näher. Schon lag der Wald hinter mir, auch die Stelle, wo man sich begegnete hatte ich passiert und man lief wieder auf Asphalt. Jetzt musste bald die nächste Verpflegungsstelle kommen, da würde ich Reinhard einholen.


Gerade als ich ankam, lief er aber schon wieder weiter. Schnell mixte ich mir meine Schleim-Cola-Mischung, trank noch einen weiteren Becher Cola, rannte dann weiter und hatte beide auch bald eingeholt. Reinhard war beim Abstieg vom Rechberg ausgerutscht und auf den Ellbogen gefallen. Dabei hatte es irgendwo geknackst und er vermutete, dass er vielleicht das Schulterblatt gebrochen hatte. Schmerzen habe er keine und er wollte auf keinen Fall aufhören. Er schickte Sina weiter, sie solle nicht wegen ihm langsam machen. Ich lief noch ein Weilchen mit ihm zusammen, verabschiedete mich dann auch, da ich annahm, dass er nicht mehr schnell laufen wolle und könne.


Jetzt kam das lange Wendepunktstück, hinaus auf einer verkehrsfreien Straße, tendenziell leicht ansteigend, am Ende dann noch mal ein steiles Stück, vorbei an der Reiterleskapelle, dann ein paar hundert Meter eben bis zum Wendepunkt und dann das Ganze wieder zurück. Insgesamt vielleicht knapp sechs Kilometer. Hier begegneten mir dann nacheinander alle meine Bekannte und Freunde - und Reinhard verfolgte mich. Trotz Handicap ließ er sich nicht abschütteln. Also liefen wir ab hier vollends gemeinsam die letzten 17 Kilometer bis ins Ziel.


Das Wetter hatte sich entschieden. Vor dem Start Sonnenschein und Regen, unterwegs immer wieder mal total blauer Himmel, dann wieder bewölkt und auch mal ganz kurz ein wenig Regen, immer aber angenehme Temperaturen. Jetzt jedoch setzte sich die Sonne endgültig durch, gerade jetzt, wo doch diese letzten Kilometer nicht mehr viel Schatten boten.


Die Unterhaltung mit Reinhard lenkte ab, so dass der nächste Abschnitt bis Waldstetten recht kurzweilig verging. Allerdings musste ich hier erleben, dass auch ein Invalide ein ordentliches Tempo laufen kann. Reinhard rannte derart schnell die lange Abwärtspassage Richtung Waldstetten hinunter, dass er mir auf diesen vielleicht zwei Kilometern mindestens zweihundert Meter voraus war. Sack Zement, wie der da wohl erst gelaufen wäre mit gesundem Arm! Auf der Ebene dann aber konnte ich ihn wieder einholen.


Bei jeder Verpflegungsstelle trank ich jetzt zwei Becher Cola, denn trotz langsamer Geschwindigkeit (ca. 7 - 7:30 min/km) merkte ich leichte Schwächen. Und da waren ja auch noch die drei unangenehmen Kilometer hinter Waldstetten. Die Straße schlängelte sich dort durch bäuerliche Landschaft, Viehweiden, ab und zu ein paar Kühe, ein oder zwei Bauernhöfe und vor allem kurze, steile Wegstücke. Hier hätte ich mir Schatten gewünscht, leider vergeblich. Aber zum Glück war es trotz Sonne nicht mehr sehr warm.

 

Endlich hatten wir Kilometer 45 erreicht. Ab jetzt ging es auf einer ehemaligen Bahntrasse, umgebaut zum Fahrradweg, stets sanft abwärts bis Gmünd. Tatsächlich liefen wir da über eine Minute pro Kilometer schneller. Hier war ich froh, dass Reinhard mit mir lief, ich hätte mich sonst sicher von den Läufern, die wir überholten, anstecken lassen und wäre auch das eine oder andere Stück marschiert. So aber konnte ich mir keine Blöße geben und hielt tapfer mit bis ins Ziel – vielen Dank Reinhard!


Wieder lag ein schöner Lauf durch eine schöne Landschaft hinter mir und dank der deutlich langsameren Geschwindigkeit hatte ich auch keinerlei Beschwerden. Leider war dieses Jahr die herbstliche Färbung noch nicht so spektakulär, wie sonst, aber alles andere stimmte. Diesen Lauf kann ich jedem empfehlen. Die 1.100 Höhenmeter sollten nicht schrecken, wenn man die Strecke respektvoll angeht, sich keine Zeit vornimmt, schafft das auch ein durchschnittlicher Marathonläufer.


Nachklapp: Die Verletzung von Reinhard stellte sich glücklicherweise als nicht so schwerwiegend heraus, kein Bruch, sondern der Abriss von einigen Muskelfasern. Noch Mal Glück gehabt!

 

Informationen: Sparkassen Alb Marathon
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