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Laufberichte

Heiß ist’s im Seenland

 

Die Marathon-Sommerpause war bei mir lange, vielleicht zu lange. Meine letzten langen Läufe zogen mich im Mai und Juni nach Salzburg und in das Fürstentum Liechtenstein. Im Laufe des Juli zimmere ich für das restliche Jahr noch ein paar Termine fest. Der erste liegt gleich um die Ecke, ich will das fränkische Seenland bei Pleinfeld belaufen. Der Seenlandmarathon ist mein Heimatmarathon, auch wenn dort der fränkische Einschlag in der Sprache schon dominiert, und nicht mehr das Bayerische.

Der Seenlandmarathon wird unter der Leitung des OAI (Offroad Association International) veranstaltet. Unerfahren sind die nicht, denn sie führen im Herbst den Altmühltrail in Dollnstein und neuerdings in Garmisch den GaPaTrail durch. Der erstere ist seit Monaten ausverkauft, und der GaPa gilt als Geheimtipp für Trailrunner.

Das Programm am Samstag ist mit Knödelparty (Gutschein in den Startunterlagen), Tanzdarbietung für Teens, Bambiniläufen und Sportakrobatik gut ausgefüllt. Am Sonntag finden dann die restlichen Läufe statt, zu denen nach der Pandemie und dem zweimaligen Aussetzen schon wieder rund 2000 Athleten auf allen Strecken gemeldet haben. Man rechnet damit, dass in den nächsten ein bis zwei Jahren das Niveau vor Corona erreicht oder überschritten wird.

 

Der Marathontag

 

Gut eine Stunde vor unserem Start um 09.00 Uhr bin ich vor Ort. Feuerwehrleute haben den Job der Parkplatzeinweisung übernommen. Ich finde einen Platz nur ein paar Minuten zu Fuß entfernt. Auf dem Festplatz Pleinfeld ist es jetzt noch ruhig, denn das Gros der Halbmarathonläufer startet erst zwei Stunden später. So erhalte ich in wenigen Augenblicken meine Startertasche, die neben etwas Werbung die Startnummer (Einwegchip für die Zeitnahme) und ein Armschweißband enthält. Den beiliegenden Fragebogen sollte man ausfüllen und in die Losbox werfen, denn es werden wertvolle Preise verlost: Eine Reise nach Ägypten für zwei Personen, zwei VIP-Tickets für die Allianz Arena und ein Adventure Golf für zehn Personen. Ich könnte mir vorstellen, dass unser Chefredakteur bei den VIP-Tickets für den FC Bayern nicht nein sagen würde.

 

 

Wo liegt Pleinfeld? Im Dreieck von Ingolstadt, Ansbach und Nürnberg ist das Seenland gut zu erreichen. Auch mit der Bahn, denn Pleinfeld ist an das Schienennetz angebunden. Während ich noch einen Kaffee schlürfe, läuft mir der Roland über den Weg, der noch in diesem Jahr seine 250 Marathons voll machen will.

Dann begebe ich mich in den Startblock auf der Stirner Straße. Wer will, kann sich einem der Zeitläufer anschließen, es werden fünf Zielzeiten angeboten (3:30, 3:45, 4:00, 4.15 und 4:30 Stunden). Die Pacer tragen einheitliche Shirts. Im hinteren Bereich sehe ich noch den Anton aus Nürnberg. Ihr kennt ihn, es ist der, der für seinen Lauf immer eine Begleitung braucht, denn er ist blind. Als ich ihn begrüße, erkennt er mich sofort an meiner Stimme.

Es sind noch einige Minuten bis zum Start und ich schmuggle mich im etwa 200köpfigen Feld nach vorne und will noch ein paar Bilder schießen. Die Moderatoren, Landrat und Bürgermeister üben sich noch im Selfieschießen, während der Reporter aus der M4Y-Redaktion aus dem Hintergrund fotografiert.

Dann beginnt der Count-Down um 08.58 Uhr und Punkt 09.00 Uhr werden wir auf die Strecke gelassen. Aus zwei Handkanonen werden blaue und grüne Papierschnipsel nach oben geschossen, die dem Startvorgang eine gewissen Touch verleihen. Nach ein paar Bildern mache ich mich dann auch auf die Socken. Mein Plan: Eigentlich habe ich keinen. Aber ich schiele auf die vier Stunden, das Zeitziel wird aber schwer werden, denn der Wetterfrosch hat heute einen Spätsommertag bis 28 Grad versprochen und das ist kein Laufwetter. Nichtsdestotrotz werde ich mich dem Pacer für die 4 Stunden anschließen.

 

 

Die Landstraße in Richtung Stirn ist für den Autoverkehr gesperrt, lediglich auf dem parallelen Weg sind vereinzelt Radfahrer unterwegs und ein paar Zuschauer stehen auch noch anfangs am Rand und applaudieren. Nach ein paar Hundert Meter Strecke finden jeder seinen Platz, die anfängliche Enge im Feld löst sich auf. Wie mag es sein, wenn in zwei Stunden die knapp 1000 Halbmarathonläufer ins Rennen gehen?

Nach einen guten Kilometer verlassen wir die Landstraße und erreichen mit Kilometer zwei die Mandlesmühle. Die aus dem 18. Jahrhundert stammende Mühle fiel nicht dem Bau des Staudammes zum Opfer. Stattdessen hat der Freistaat Bayern hier ein Informationszentrum installiert, wo interessierte Besucher ihre Neugier zum Thema „Fränkisches Seenland“ befriedigen können. Mein Tempo passt, die ersten zwei Kilometer habe ich jeweils in 5.45 Minuten geschafft, das würde wohl in Richtung vier Stunden ausgehen. Und der Pacer für diese Zeit ist nur ein paar Meter vor mir unterwegs.

Den nächsten Kilometer sollte man sich zügeln, denn in einem Linksbogen nähern wir uns dem Hauptdamm und der will auch noch erklommen werden. So rund 30 Höhenmeter schätze ich die Differenz ein, ein wenig Defensive schadet jetzt nicht. Oben an der Ecke des Hauptdammes können wir schon das erste Mal trinken. „Aqua miserabile“ steht auf dem Plan. Ich laufe weiter, weil ich weiß, dass am Ende des Dammes die nächste Tränke wartet.

Feinster Asphalt sorgen bei mir für etwas höheres Tempo, ich gehe an dem Pacer vorbei. Unten im Wasser ziehen schon erste Ruderer ihre Bahn. 1,7 Kilometer lang ist der Hauptdamm, der 56 Millionen Kubikmeter Wasser aufstaut. Wir wissen, dass diese Region für den Großraum Nürnberg ein wichtiges Naherholungsgebiet darstellt. Wassersport wie Segeln und Surfen kann man hier betreiben und heute vielleicht auch noch Schwimmen.

Am Ende das Hauptdammes trommeln uns die Musiker der Gruppe Ghanais weiter zur Tränke an der Arche Allmannsdorf. Iso, Wasser, Cola, Bananen, Melonen, Riegel, Gel und zum Ende der Runde wird auch Hopfenhaltiges angeboten. Wer verdurstet ist selber schuld. Ich greife mir einen Becher Iso und laufe dann weiter.

 

 

Kilometer neun. Ich erreiche zusammen mit Max, den ich gerade kennenlernen durfte, den Hafen von Enderndorf. Schnell sind die paar Kilometer vergangen, wir haben uns ausgetauscht, welche Pläne wir für dieses Jahr noch haben und dass für uns beide der Metropolmarathon 2024 ein „Must Be“ sein wird, denn der Lauf wird die Städte Färddh und Nämberch verbinden. Die DJs Frederik & Heiko unterhalten Aktive und Zuschauer aufs Beste. Seit geraumer Zeit überholen uns die Staffeln, die mit einem Zeitversatz von 20 Minuten gestartet sind. Ich bin erstaunt, wie „laut“ die Schnellen vorbeirennen und frage mich, ob es an den Carbon-Schuhen legen kann?

Wir verlassen den fröhlichen Ort Enderndorf und die Strecke verläuft nun auf einen Damm, der die Vorsperre Igelsbachsee vom Großen Brombachsee abtrennt. Immer wieder sehe ich Motivationsschilder, die in unregelmäßigen Abständen an der Seite angebracht sind. „Kleine Schritte sind besser als keine Schritte“, heißt es da. Oder gleich danach: „Schweiß fließt, wenn die Muskeln weinen!“ Nun, die Muskeln weinen (noch) nicht, dennoch tropft mir das Wasser von der Birne. Wahrscheinlich leuchte ich schon wie eine „Osram“. Ich muss mich kühlen und ab sofort Wasser über den „Kopp“ schütten.

Gleich nach Absberg geht es über die Staumauer, die den Kleinen vom Großen Brombachsee trennt. Der Pacer der vier Stunden ist dicht hinter mir und läuft absolut gleichmäßig. Gut elf Kilometer, ein Viertel des Marathons, liegen hinter uns. Ich fühle mich gut, aber ich merke, dass die Temperatur bereits deutlich gestiegen ist. Wenigstens liegen immer wieder Teile des Kurses im Schatten.

 

 

Am Ende der Staumauer beginnt die Wendepunktstrecke, die uns anfangs noch an einem Wildschweingehege, später am Munitionslager Langlau entlang führt. Der Umkehrpunkt der Halbmarathonläufer ist etwa 500 Meter entfernt und wir müssen noch einen guten Kilometer weiter rennen, bis wir wenden dürfen. Ich liebe solche Teile, denn du kannst die Entgegenkommenden oder die Verfolger beobachten. Hier winkt man sich mit Freude zu oder klatscht sich ab, das hat man sonst eher selten. Unser Wendepunkt wird frühzeitig angekündigt, eine Zeitmessmatte liegt auch da, zur Kontrolle und Zeitnahme. Der Wendekurs endet bei Kilometermarke 15, die Betreiber der Tanke machen gute Stimmung. Ja, die Helfer muss ich loben, denn mit viel Manpower betreiben sie ihr Geschäft. Ich habe in der Frühe gehört, dass der Veranstalter ganze Hundertschaften akquiriert hat.

Nach der Tränke sollten wir das Tempo reduzieren, denn es warten einige Höhenmeter (Kilometer 16 bis 17) auf unserem Kurs. Danach bekommen wir wieder die Höhenmeter zurück und der 18. Kilometer ist bei mir sogar der Schnellste mit 5.18 Minuten. Max muss schließlich abreißen lassen, das ist für ihn zu schnell . Vielleicht kann er den alten Hasen wieder schnappen, sollten diesem am Ende die Körner ausgehen.

Wir erreichen Ramsberg (Kilometer 19), die Einkehrstätten haben noch nicht viel zu tun. Wie wird das bei unserer zweiten Runde sein? An der Anlegestelle Ramsberg stehen einige Feuerwehrleute, sie sollen später den Verkehr zwischen Schifffahrtstouristen, Radfahrern und Läufern regeln. Mittllerweile kann ich auf einige Marathonis auflaufen. Ich werde doch nicht überpacen, das ist meine Sorge, aber ich fühle mich weiterhin in guter Form.

Nach Kilometerstein 21 endet die erste Runde an der Ecke des Hauptdammes. Ich schütte mir wieder Getränke in den Rachen und dann mache ich mich ausgiebig nass, denn die fast zwei Kilometer Strecke auf dem Hauptdamm liegen nun in gleißendem Sonnenlicht.

Ich schaue mehrmals nach unten in Richtung Mandlesmühle, ob nicht die Halbmarathonis schon kommen. Ich sehe jedoch nichts, es dauert wohl noch ein wenig. Erst im Bereich des 25. Kilometer kommt ein Radler, der uns bittet, rechts zu laufen. Der erste Halbmarathoni hat einen großen Abstand zum Verfolgerfeld, ich denke, dass er sich den Sieg nicht mehr nehmen lässt.

 

 

Dann kommt die Wendepunktstrecke. Mein „heut komm ich nimmer“ sorgt für einen Lacher beim Helfer. Seit geraumer Zeit merke ich, dass ich die Hitze nicht mehr vom Körper wegbringe. An der Verpflegungsstelle trinke ich richtig viel. Das hilft aber nicht wirklich, denn die folgende Steigung muss ich den Gehschritt einschalten und hochmarschieren. Die Kilometerschnitte steigen auf über 7.00 Minuten, der Pacer für die 4.00 Stunden ist längst auf und davon. Mit Geh- und Laufeinheiten kann ich zumindest noch einigermaßen Strecke machen.

Aber dann verliere ich weiter Tempo, die App sagt nun bei Kilometer 38 Zeiten von über acht Minuten ein. Der 4.15-Zeitläufer geht vorbei. Einigen Konkurrenten geht es noch schlechter, ich sehe einen auf dem Weg sitzen, der sich erst nach Zureden einer Läuferin wieder in Bewegung setzt. Diese informiert dann auch noch einen Sani, der an der nächsten Tränke Wache schiebt.

Kilometer 40 habe ich hier an der Ecke des Hauptdammes geschafft. Auf meine Nachfrage nach meinen persönlichen Lebenselixiers werde ich auf den letzten Tisch verwiesen, da wird tatsächlich ein kühlen Blondes ausgeschenkt. Ich ziehe mir zwei Becher rein.

Die letzte Steigung wartet, etwa 600, 700 Meter lang, und abermals muss ich marschieren. „Der Schmerz vergeht, der Stolz bleibt“ -  alter Spruch, aber wahr. Ich trabe wieder an. Gleich danach beginnt der letzten Kilometer, der uns hinunter führt und dann aus dem Wald heraus. Dort warten ein paar Mädels mit aufmunternden, aber nicht jugendfreien Sprüchen („du geile Sau“). Ein paar Meter muss ich noch gehenderweise ausschnaufen, dann trabe ich zuerst auf der Landstraße, dann auf dem Festplatz hin zum Zieltransparent auf blauem Teppich. Jeder wird angekündigt, Feierabend, 4.18 Stunden zeigt die Uhr, erledigt ist der Marathon und der Läufer. In Anbetracht der Sommerwärme eine gute Zeit. Im Ziel wird mir eine Medaille umgehängt. Der Punkt für Nachhaltigkeit geht an den Veranstalter, die Medaille ist nämlich aus Holz.

 

 

Im Ziel stoppe ich die Zeit und gehe dann in das Verpflegungszelt, um mir etwas zu trinken zu holen. Jede Menge leckerer Kuchen liegt auf den Tischen. Ich muss aber gleich wieder raus, um noch ein paar Fotos zu schießen. Später liege ich im Schatten und relaxe. Ich muss nicht gut ausgeschaut haben, denn eine schnelle Läuferin des Halbmarathons erkundigt sich nach meinen Befinden („Geht es dir gut?“). Ja, denn obendrein hat es sogar zu einem dritten Klassenplatz gereicht.

 

Fazit:
Familiäre Organisation mit gutem Preis-Leistungsverhältnis. 400 Helfer mit einem großartigen Engagement, da muss ich wieder hin. Der Marathon hat mehr Teilnehmer verdient. Auch der Staffelmarathon könnte deutlich mehr Teams vertragen. Aber es ist nicht jedes Jahr so heiß wie heuer.Ich habe mich sehr gefreut, dass ich vom Marathon berichten durfte.

Der nächste Seenlandmarathon ist am 14./15.09.2024

 

Ergebnisse Männer
1. Matthias Ries, Herrieder Aquathleten, 2.41.32
2. Andreas Sichert, TriTeam Stopfenheim, 2.41.44
3. Markus Raab, Geh-Punkt Weißenburg, 2.58.59
4. Markus Gemmel, 1. FC Kalchreuth, 3.04.15
5. Philipp Pasch, Powerbärs-Geburtstagskind-Rednitzhembach, 3.06.07

Ergebnisse Frauen
1. Heike Kersten, Feucht, 3.18.26
2. Rebecca Schuster, TV 06 Thalmässing, 3.34.29
3. Petra Miedl, TSV Neufahrn 1908, 3.37.46
4. Cathrin Arden, FitterTec, 3.43.16
5. Simone Herzog, TV Goldbach, 3.56.32

Finisher:
Marathon: 172
Marathon-Staffeln: 48
Halbmarathon: 719
Hobbylauf: 115
Nordic Walking: 53

 

Informationen: Seenlandmarathon
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