Ein dicht gedrängtes Programm mit wenig Erholung (oder doch?) für mich. Urlaub in den herbstlich gewordenen Alpen, ein schneller Zehner und der Seenland Marathon quasi zum Auslaufen.
Zum dritten Mal findet unter der organisatorischen Leitung der OAI (Outdoor and Offroad Association International) der Seenlandmarathon statt. Und 2013 macht die Veranstaltung einen weiten Satz nach vorne. „Wir haben im Vergleich zu 2012 mit 1500 Teilnehmern in diesem Jahr einen Zuwachs um 60 Prozent auf 2400 Sportler. Den Zuwachs können wir in der Organisation noch auffangen, aber recht viel mehr hätten es nicht sein dürfen,“ so berichtet mir Veranstaltungsleiter Christian Weber.
Ich kann heuer keinen aus meinem Läuferkreis zum Marathon überreden, aber immerhin wollen fünf sich der halben Strecke stellen. Ja, am Laufsonntag ist für alle gesorgt: Für den Nachwuchs werden Bambiniläufe über 300 Meter und Schülerläufe über 1,5 Kilometer ausgesteckt. Hobbysportler dürfen sich über 4,5 Kilometer austoben, während die Halbmarathonis und die (Nordic) Walker eine große Runde um der Großen und Kleinen Brombachsee sowie um den Igelsbachsee drehen. Die Königsetappe über 42,195 Kilometer verläuft dann über zwei Runden um die Seen. Mittels einer Wendepunktstrecke werden dann die fehlenden (Kilo)Meter hinzugefügt. Aber keine Angst, diese fällt nicht lange aus und ist höchst interessant. Zwei bis sechs Freunde können sich auch für eine Marathonstaffel zusammenraffen (auch als Firmenlauf möglich).
Wo das Fränkische Seenland zu finden ist, wird sich mancher fragen. Nun, im Städtedreieck zwischen Ingolstadt, Nürnberg und Ansbach ist Pleinfeld (Start- und Zielort) gelegen, etwa 10 Kilometer nördlich von Weißenburg.
Für mich ist die Veranstaltung fast ein Heimspiel, da ich für die knapp 50 Kilometer Anfahrt nur rund 45 Minuten benötige. Parkplätze sind im Umfeld des Festplatzes zur Genüge vorhanden, man wird sogar von Helfern und Feuerwehrleuten eingewiesen.
Was mir ein wenig Sorge bereitet, ist das Wetter, da es bei der Anfahrt immer wieder geregnet hat. Die Prognose ist auch nicht besser. Zumindest ist es mit knapp 15 Grad nicht kalt. Wer hier eine gute Zeit rennen will, heute bietet sich da eine gute Gelegenheit. Schwierig wird es jedoch für mich, gescheite Bilder bei Nieselregen einzufangen. Nachdenklich haben mich auch meine schweren Beine werden lassen, denn am Vortag rannte ich im fränkischen Kemmern vermessene 10 Kilometer in gut 40 Minuten und der Bergwanderurlaub endete auch erst tags zuvor. Da ging es auf dem Meraner Höhenweg um die Texelgruppe. Ein Ausflug führte uns auf die 3480 Meter hohe Hohe Wilde. Viele Höhenmeter bergauf und bergab bescherten mir einen Restmuskelkater, der auch heute noch zu spüren ist.
Die Startnummer erhalte ich im Festzelt zügig überreicht. Ein Programmheft, eine Getränk sowie kleine Give-Aways sind in der Stofftüte enthalten. Den Gutschein für ein Startnummernband löse ich im Messezelt nebenan ein. Wer schon am Samstag sein Unterlagen abholt, kann den Gutschein auf der Pastaparty verfuttern.
Zehn Minuten vor dem Start verlasse ich mein Gefährt und begebe mich zum Startbereich vor dem Festplatz. Ein Einlaufen spare ich mir für die ersten Kilometer auf. Kurze Hose und kurzes Hemd reicht heute leicht als Laufausstattung. Wer mag, kann sich ja noch eine Funktionsjacke umbinden.
Recht kurzfristig entscheide ich, mich dem Zeitläufer von 4 Stunden anzuschließen. Weitere Pacemaker sind im 15 Minuten-Abstand von 3.30 bis 4.30 Stunden vorhanden. Und wenn es mir dann zu langsam wir, kann ich mich ja noch vorne verabschieden.
Pünktlich (wie die Maurer) werden wir um 09.00 Uhr nach einem Count-Down auf die Strecke losgelassen. Aus zwei Handkanonen werden blaue und grüne Papierschnipsel nach oben geschossen, die dann mit Sekundenverzögerung auf uns herunter segeln. Auf der Stirner Straße verlassen wir Pleinfeld. Das breite Asphaltband verlassen wir nach weniger als einem Kilometer nach links in den Wald.
An der Mathesmühle entdecke ich ein Schild, das mir bisher nicht aufgefallen ist. „Der Seenländer'“ ist ein neuer Wanderweg im Fränkischen Seenland, der auf 146 Kilometer Altmühlsee, Brombachsee und Rothsee verbindet. Teilweise verläuft er auf naturnahen und pfadigen Wegstrecken mit Steigungen. Er tangiert kleine fränkische Städtchen wie Hilpoltstein, Georgensgmünd, Spalt und Pleinfeld, lässt dabei aber auch den Römischen Limes und die Felsenschlucht „Schnittlinger Loch“ nicht aus. Dabei brauchen aber Gaumenfreuden nicht zurückstehen, denn Biergärten und traditionsreiche Wirtschaften warten auf einen Besuch.
Asphaltiert, aber verkehrsfrei führt uns der Weg nun Richtung Dammkrone. Ein Läufer weiter hinten jammert wegen den paar Steigungsmetern. Dann mach halt langsam, mein Ratschlag. Oben am Hauptdamm sehen wir die Spitze des Feldes davoneilen.
Wer schon Durst hat, an der Ecke wartet die erste Tankstelle mit Wasser im Angebot. Insgesamt 13 Verpflegungsstellen warten, die meisten haben Vollpension mit Wasser, Iso, Cola, Früchten und Riegel auf dem Speisezettel stehen. Und eine wartet mit etwas Speziellem, davon später mehr.
Am Ende des Hauptdammes applaudieren ein paar Zuschauer. Viele werden es heute nicht werden, falls nicht Petrus seinen Hahn zudreht. Die zehn Staffelläufer stehen etwas geschützt an einem Dachvorsprung und trauen sich auch nicht heraus. Eine Staffel hat mich überholt, die haben die fünf Minuten spätere Startzeit schon herausgelaufen. Die folgende V-Stelle an der Arche Allmannsdorf (Kilometer 4,9) hat nun das volle Programm für die Verpflegung zu bieten.
Mittlerweile habe ich die Gruppe um Zeitläuferin Kerstin Schumann verlassen, denn das Tempo war mir ein wenig zu langsam. Die schnellere 3.45er Gruppe konnte ich noch am Hauptdamm sehen. Nach zwei, drei weiteren Kilometern, ich bin am Überholen, will ich einen an der Holzbrücke fotografieren. Der Weg biegt im 90 Grad-Winkel nach links ab und den kurz zuvor erfreuten Läufer zieht es auf dem rutschigen und glatten Holzbelag die Füße weg. Wenigstens hat er sich nicht gröber verletzt. „Es muss und wird auch weiter gehen“, so versichert er es mir.
Am Yachthafen Enderndorf unterhält wie im Vorjahr ein Moderator Zuschauer und Läufer. Das Nieseln hat aufgehört, so dass jetzt doch einige Zuschauer am Streckenrand stehen. Und ohne Regenschirm lässt sich gleich viel leichter Stimmung mit Klatschen und Trommeln machen, stimmt's? Fast zehn Kilometer liegen schon hinter uns. Es geht kurz über einen Damm, der den Igelsbachsee vom Großen Brombachsee absperrt.
Als Helfer an der Strecke und im Ziel haben die Organisatoren mehrere Feuerwehren, Sportvereine, Teams des Bayerischen Roten Kreuzes, Pfadfinder und die Lebenshilfe auf Ehrenamtsbasis verpflichtet. Und die machen ihren Job richtig professsionell. Die Teilnahme zum Helferfest ist für sie damit mehr als verdient.
Schnell für eine PB ist die Strecke nicht, aber wer Natur, Landschaft und Wasser liebt, der hat richtig gewählt. Am Abend wird dann Bayern wissen, ob auch der Landtagswahl richtig gewählt ist. Einige Politiker werden da bestimmt wieder abgewatscht.
Nach dem Vorsperrdamm vom Kleinen zum Großen Brombachsee beginnt die Wendepunktstrecke. Während die Halben bereits nach etwa 500 Meter wenden, ist unser Turning-Point einen Kilometer weiter entfernt. Solche Begegnungsstrecken mag ich, man kann das Feld gut beobachten. So sehe ich dann die führende Senbete Gelane und später Helmut Hussendorfer, der sich als Gustl Mollath verkleidet hat. Später kommt mir Gerhard Petermann, Chef des Bottwartal Marathons, entgegen. Er führt wie im Vorjahr die 4.15 Gruppe. „Was machst du da vorne?“ höre ich im Vorbeilaufen. Abkürzen an der Wende wird bestraft, denn Helfer beobachten und eine Zeitmessmatte liefert den Beweis.
Kurz danach passiert unser Kurs ein Wildschweingehege. Die Frischlinge nehmen zuerst Reißaus, kommen dann mit der Muttersau neugierig quiekend zurück. Für das folgende Laufstück sollte man an der Steigung bei Kilometer 14 das Tempo ein wenig zurücknehmen. Gut 30 Höhenmeter warten.
Der Biergarten am Seestern ist verwaist, das Geschäft mit Weißwürsten, Brezn und Weißbier geht schlecht. Stattdessen haben es sich zwei Jugendliche mit den Füßen auf dem Tisch bequem gemacht. Kurz nach Kilometer 21 sind wir am Hauptdamm angelangt. Und an der Tankstelle kann man wieder auftanken, aber nicht mit Wasser, sondern mit einer alk-freien Hopfenkaltschale. Da greife ich erfreut zu.