Nach drei Jahren zieht es mich wieder in die Weltkulturerbestadt Regensburg. Wie es mir und anderen ergangen ist, das erfahrt ihr hier. Schaut euch auch die vielen Bilder an, Petrus hat es da (fast zu) gut mit uns gemeint.
Häufig durfte ich hier auf Zeit laufen, Deutsche und Bayerische Meisterschaften sowie eine Europameisterschaft der Senioren wurden hier durchgeführt. Also wenig Zeit für einen Blick links und rechts der Strecke. Heute habe ich dafür genug Zeit mitgebracht.
„Laufen im Weltkulturerbe“, so heißt das Motto nicht nur auf der Ausschreibung, sondern es ist real und wirklich: Der Kurs führt kreuz und quer durch die historische Altstadt, die zusammen mit Stadtamhof seit 2006 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes steht. Eine Schleife führt weiter in den Osten Regensburgs mit einem speziellen Zuckerl. Ein schönes Sammelsurium auf der Piste findest du da. Von Musik aus allen Richtungen, vielen Zuschauern und Remmidemmi in der Altstadt bis hin durch eher ruhigere Teilen an der Straubinger Straße und im Businesspark sowie einem Spektakel auf einem Asphaltring. Doch dazu später mehr.
„Die richtige Mischung macht's aus“, besagt ein für den Event aufgelegtes Journal: Am Samstag läutet der Frühstückslauf der Mittelbayerischen Zeitung das Wochenende ein. Klar, dass an diesem Tag der Nachwuchs sein Können beweisen darf. Deutlich über 1500 Kinder stehen in den Startlisten. Für die Regensburger findet am Abend ein Konzert mit der Gruppe Luis Trinker's Höhenrausch am Haidplatz statt (Eintritt frei).
Am Sonntag laufen wir auf dem bekannten 21 Kilometer langen Rundkurs. Viertel-, Halb- und Marathon sind ausgeschrieben. Wer sich einen ganzen noch nicht zutraut, kann beim Dreiviertelmarathon mitrennen. So wie jedes Jahr rechnet man mit 5000 Teilnehmern. Der Halbmarathon boomt wie andernorts auch hier. Man rechnet mit bis zu 3000 Läufern in dieser Wertung. Beschäftige der Firmen Siemens und Infineon werden in einer eigenen Firmenwertung erfasst.
Da am Startgelände beim Westbad nur begrenzt Parkplätze zur Verfügung stehen, wird ein Shuttleverkehr eingerichtet, der vom KÖWE-Center und vom Parkhaus beim Zweirad Stadler angeboten wird. Einen weiteren Bus kann man vom Hauptbahnhof benutzen. Ich fahre dieses Mal mit dem Zug, denn ein wenig mehr als eine Stunde Fahrzeit dauert meine Reise bis zum Vorortbahnhof Regensburg-Prüfening. In wenigen Minuten bin ich dann vor Ort, wo am Startgelände schon voller Betrieb zu sehen ist. Die Tische und Bänke im Freien sind schon gut von den Läufern in Beschlag genommen. Es wird umgepackt, die Startnummern angeheftet und Riegel einsteckt. Gleich nebenan können die Kleidersäcke im Zelt (für die Halbmarathonis) oder in den Kleintransportern der DHL abgegeben werden. 30 Minuten vor meinem Start um 08.30 Uhr gebe ich meinen Rucksack ab.
Der erste, der mir im Anmeldezelt über den Weg läuft, ist der kilometerfressende Roland Krauss, erst vor ein paar Tagen hat er einen langen Kanten hingelegt. Mir läuft noch Vereinskollege Harry Frese, Roland Blumensaat, Anton Luber sowie einige Marathonis aus Rannungen über die Weg. Letztere haben es sich noch im Schatten zwischen den Lkws bequem gemacht. Aus gutem Grund, denn die Sonne strahlt makellos vom blauen Himmel. Es wird heute ein heißer Tanz werden, die Celsiussäule wird an der 30 Grad-Marke kratzen. „Trinkt genug und wartet nicht, bis ihr Durst bekommen“, weist Moderator Armin Wolf wiederholt hin. Und dann bekommen wir noch mit, dass zusätzliche Erfrischungsstellen eingerichtet wurden. Alle vier Kilometer werden wir versorgt und gekühlt.
Einen Schnellstart will ich nicht hinlegen, deswegen gehe ich in Richtung des 4-Stunden-Pacers (weitere Zeitläufer vorhanden). Ich werde mich da hinten dran klemmen und schauen, wie mein Rennen verläuft. Aber mit Gewalt hier eine bestimmte Zeit zu erreichen, das steht nicht auf meinem Plan. Es wird später schlicht zu heiß. Auch wenn es jetzt im Schatten mit rund 20 Grad noch angenehm temperiert ist.
Vom Start bin ich ein Stück weit weg, kriege aber den Countdown mit. Bürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer entlässt uns mit einem Schuss aus der Starterpistole auf die Strecke. Nur ganz langsam nähern wir uns den Zeitmessmatten. Mit einer Verzögerung von gut 1,5 Minuten gehe ich im Schlepptau des Vier-Stunden-Pacers auf den Parcours. Gut 3000 Läufer sind nun unterwegs.
Nach den ersten Abbiegemanövern auf der Puricellistraße und dem Hochweg, noch vor Kilometer eins, werden wir musikalisch von der Band „Second Unit“ unterhalten. Das ist aber nicht die einzige Musikdarbietung. In Regensburg sind 15 Band und zwei Moderatoren für die Streckenunterhaltung verpflichtet worden. Viele junge Musiker und auch ältere Musikanten sind da drunter. Von der Stilrichtung von Rock, Jazz und Quetschnrock ist alles vorhanden. Fast Freiburger Verhältnisse.
Übrigens, ganz flach ist die Strecke nicht, denn im Startbereich, im Businesspark und an der Steinernen Brücke warten einige sanfte Wellen, die gerade in der zweiten Runde machen Athleten zu einer Gehpause zwingen. Aber man kann hier dennoch schnelle Zeiten rennen.
Das Jakobstor bildet die westliche Grenze der Regensburger Altstadt. An vier Portalen konnte man im Mittelalter die Reichsstadt betreten. Aus dem 13. Jahrhundert stammt die Stadtbefestigung und wir dürfen heute da hineinlaufen. Das Feld ist weiterhin dicht zusammen, ein wenig Konzentration braucht man, damit man dem Vordermann nicht auf die Fersen steigt.
Am Bismarckplatz unterhält uns Queens Beat. Im Mittelalter standen hier ein Zeug- und ein Kornhaus. Links sehen wir das Stadttheater, das im Klassizismus vor rund 200 Jahren erbaut wurde. Wir laufen in die Gesandtenstraße, es wird enger. Rechts sehen wir die Dreieinigkeitskirche (früher: Kirche zur Heiligen Dreifaltigkeit). Das Gotteshaus wurde in den Jahren 1627 bis 1631 von Hanns Carl im frühbarocken Stil erbaut. Sie war eine der ersten evangelisch-lutherischen Kirchen.
Eine oder zwei Minuten weiter: Der Neupfarrplatz mit der gleichnamigen Kirche. An diesem Platz wurden in den 90er Jahren Reste von zerstörten Häusern des Judenviertels gefunden. Die Juden wurden im 16. Jahrhundert vertrieben. Kurz danach wurde der kriminelle Vorgang vom städtischen Rat legitimiert, eine Marienkirche wurde an der Stelle erbaut. Die Wallfahrt zur „Schönen Maria“ dauerte allerdings auch nur ein paar Jahre an.
Unsere Wallfahrt führt uns nach einem Schlenkerer am Alten Kornmarkt und einer kurzen Einkehr an der ersten Tankstelle (Wasser, Isogetränke) in Richtung Domplatz. Die Helfer sind schwer beschäftigt mit dem Ansturm und haben alle Mühe, unseren Wünschen nachzukommen. Ich bemerke nun meinen Lapsus. Ich habe den Wasserschwamm in der Startertüte liegengelassen.
Den Dom St. Peter umlaufen wir zur Hälfte. Übrigens, ganz so schlimm mit dem Kopfsteinpflaster in der Altstadt ist es nicht. Ich schätze, dass zwischen ein bis zwei Kilometer gepflastert sind. Auf dem Domplatz steht eine Statue mit Ludwig I auf einem Pferd sitzend. Vor gut 100 Jahren wurde die hier errichtet, die Nationalsozialisten hatten es im Dritten Reich in die Bahnhofsallee verbracht. Erst vor einigen Jahren wurde das Reiterstandbild nach einer Restaurierung wieder hier aufgestellt.
Der westliche Teil des Domplatzes heißt Krauterermarkt. Anzusehen wären Stiftskirche St. Johann, die Patrizierburg Haus an der Heuburg, die Adler-Apotheke (älteste Apotheke in Regensburg) und der Adlerbrunnen von 1680. Und natürlich der Dom. Wer noch nie in Regensburg war, der sollte sich einer Stadtführung anschließen.
Es geht nun ein paar Meter hinunter an die Donau zur Thundorfer Straße, geradeaus sehen wir die historische Wurstkuchl, eine Wurstbraterei unweit der Steinernen Brücke. Seit über 850 Jahren werden hier für die Einheimischen und Touristen frische Würste mit Kraut, hausgemachten süßem Senf und Schwarzer-Kipferln serviert.
Der Altstadtkurs führt nun am Kolpinghaus St. Erhard vorbei, wo ein Moderator versucht, möglichst viele Läufer zu benennen und abzuklatschen. An der Ecke zeigen Cheerleader-Mädchen ihr Können. Eine kleine Welle bringt uns nun hoch zum Schwanen- und zum Dachauplatz. Die Freifläche diente hier früher dem Militär, daher der Name Exerzierplatz im 19. Jahrhundert. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde im Gedenken an die Opfer des NS-Regimes die Fläche Dachauplatz genannt. Der Domprediger Dr. Johann Maier, der Lagerarbeiter Josef Zirkl und der Polizeiinspektor Michael Lottner wurden hier in den letzten Kriegstagen von den NS-Schergen umgebracht, weil sie die Stadt den Amerikanern kampflos überlassen wollten. Ein Mahnmal erinnert an das fürchterliche Unrecht. Das Historische Museum, das Neue Rathaus und die Minoritenkirche umrahmen den Dachauplatz.
Im Minoritenweg erfrischen sich viele Läufer mit Wasser, eine Feuerwehr hat einen Schlauch mit einer Sprinkleranlage verlegt. Das Rolli Bohnes Quintett bietet uns feinen Jazz an. Ein späterer Querweg bringt uns dann direkt vor das Ostentor, das um 1300 als Schutz der östlichen Altstadt errichtet wurde. In den Obergeschossen des fünfgeschossigen Turmes können wir noch Schießscharten sehen. Und genau am Ostentor endet die kurzweilige und interessante Tour durch das Weltkulturerbe.