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Laufberichte

Schön gebaut und gut zu laufen

 

Man sieht dem Fränkischen Seenland nicht an, dass es am Reißbrett entstanden ist. Die Stauseen passen sich so harmonisch in die bewaldete und hügelige Landschaft ein, als wären sie schon immer da gewesen. 24 Jahre hat man gewerkelt und modelliert, bis im Jahre 2000 mit der Flutung des Großen Brombachsees das Projekt abgeschlossen wurde. Zum Seenland gehören noch der Kleine Brombachsee, Igelsbachsee, Altmühlsee und der Rothsee. Und noch was haben sie gemeinsam: an allen Seen finden auch Laufveranstaltungen statt.

Der Große Brombachsee liegt etwa 40 Kilometer südlich von Nürnberg. Bei einer Länge von 5 km misst er an seiner breitesten Stelle 2 km, somit kann er eine Uferlänge von 17,5 Kilometer aufweisen und die ist vollständig der Allgemeinheit zugänglich, kein Investor oder Privatmann darf etwas bauen. So werden hier nur Ausflügler, Camper, Kitesurfer, Segler und seit ein paar Jahren auch Läufer glücklich. Meist unmittelbar an der Wasserkante entlang führt ein Rad- und Wanderweg. Und das ist dann auch zum größten Teil unsere Laufstrecke. Findige Leser werden jetzt schnell bemerkt haben, dass das für einen Marathon noch nicht reicht. Mit einigen Anlaufkilometern von unserem Start- und Zielort Pleinfeld kommen wir fast auf 21 km, so ist die Strecke für einen Zwei-Runden-Kurs geradezu prädestiniert.

Wie könnte man es anders erwarten, auch hier ist der Halbmarathon mit fast 1100 Meldungen der teilnehmerstärkste Lauf. Für den Marathon liegen 250 Meldungen vor. Dazu kommen noch Marathon-Staffel, (Nordic) Walking, Schüler- und Hobbylauf. Mit den Bambiniläufen am Samstag kommt man summa summarum auf über 2000 Meldungen und hat damit einen schönen Rahmen für ein erstes kleines Jubiläum. 5 Jahre gibt es jetzt den Seenlandmarathon und das will man auch an diesem Wochenende etwas feiern.

Alle Läufe haben unterschiedliche Startzeiten. Als erstes dürfen wir Marathonis ran, um 9 Uhr erfolgt für uns der Start und 5 Minuten später dürfen uns die Marathon-Staffeln folgen. Der Halbmarathon wird erst zwei Stunden später, um 11 Uhr gestartet. Für Charly und mich bedeutet das früh aufstehen, von Augsburg haben wir ziemlich genau 100 km zurückzulegen. Aber heute Morgen scheint überhaupt niemand unterwegs zu sein, so sind wir in einer Stunde vor Ort. Der große Zeitabstand zum Halbmarathon macht sich für alle Marathonläufer positiv bemerkbar, die Parkplätze in unmittelbarer Nähe zum Festplatz am Ortsrand von Pleinfeld, wo die Veranstaltung untergebracht ist, sind noch wenig frequentiert und so brauchen wir nicht lange zu suchen.

Im Festzelt können die Startunterlagen abgeholt werden und Kurzentschlossene haben auch noch die Möglichkeit, sich bis kurz vor dem Start nach zu melden. Auch hier macht sich der zeitversetzte Start positiv bemerkbar, anstehen muss keiner. Das Festzelt bietet uns auch die Möglichkeit für ein zweites Frühstück, einen gemütlichen Plausch und einfach nur als Schutz vor den noch etwas frischen Temperaturen.

Auf der neben dem Festplatz vorbeiführenden Straße erfolgt pünktlich um 9 Uhr der Start. Ein Konfettiregen aus glitzernden Papierstreifen – wie bei den Champions-League-Sieger-Ehrungen – geht über uns hernieder. Erstmal ganz leicht ansteigend führt uns eine Teerstraße Richtung Brombachsee. Der mäßige Anstieg ist nur kurz, anschließend geht es angenehm abwärts, super zum Einrollen.

Nach zwei Kilometern passieren wir die Mandlesmühle. Sie ist als letzte übrig geblieben. Das prächtig renovierte Anwesen erinnert an die elf Mühlen, die sich entlang des kleinen Flüsschens Brombach reihten und die im Großen Brombachsee untergegangen sind. Jahrhundertelang wurde hier die Wasserkraft genutzt. Einige von ihnen hatten ihren Ursprung im 14.Jahrhundert, wie eben diese Mändlesmühle. Sie wurde 1315 erstmals urkundlich erwähnt und bis 1983 bewirtschaftet. Heute ist in ihr ein staatliches Mühlenmuseum untergebracht sowie eine Ausstellung über Bau, Sinn und Zweck des Seenlandes. An Stelle der Mühlen nutzt jetzt ein kleines Kraftwerk die Energie des Wassers. Die maximale Leistung entspricht einem Vielfachen der Gesamtleistung aller ehemaligen Mühlen.

Km 3, es geht rauf auf den Hauptdamm, die Feuerwehrkapelle spielt zur Begrüßung auf, ganz  „wia der Ernst Mosch“. Der imposanteste Damm, der den Großen Brombachsee nach Osten hin abschließt, ist 1,7 Kilometer lang und 34 Meter hoch, 137 Millionen Kubikmeter Wasser werden hier zurückgehalten. Kerzengerade geht es über den Damm, mit toller Übersicht über den gesamten Großen Brombachsee. Dichte Wolken trüben zwar etwas die Sicht, aber wer will bei diesem Sommer noch jammern. Die Temperaturen sind mittlerweile ganz angenehm, zumindest für uns Läufer.

An der Arche Allmannsdorf verlassen wir den Hauptdamm und den Asphalt, jetzt geht auf Naturwegen am nördlichen Seeufer weiter. Ganz eben ist die Strecke hier nicht, aber die leichten Wellen fallen kaum ins Gewicht. Immer wieder sind ein paar ganz moderne Kunstwerke Richtung See hin zu bewundern. Vor mir läuft der Gerhard Wally, der hatte einmal einen Traum: 500 Marathons. Die hat er mittlerweile aber schon längst erreicht, als Österreichischer Rekordsammler bringt er es bereits auf 552 Marathons und mehr. Wir hängen beide seit einiger Zeit hinter dem 4-Stunden-Pacer. Ob das für mich gut ausgeht, bin ich mir noch nicht so sicher.

In Enderndorf (km 8) ist mächtig was los, viele Zuschauer haben sich an diesem Hotspot eingefunden. Neben dem Wechselplatz für die Staffelläufer wird hier auch für unser leibliches Wohl gesorgt. Außer Getränken werden Melonen, Bananen, Riegel und auch Energy-Gels angeboten. Ein Sprecher in einer erhöhten Kabine begrüßt uns namentlich beim Durchlauf.

Direkt im Anschluss geht es in kurzen Abständen über die Dämme des etwas höher liegenden Igelsbachsees und des Kleinen Brombachsees. Aus diesen Vorsperren wird der Große Brombachsee befüllt. Im Waldstück zwischendrin unterhalten uns zwei Jungs mit dem donnerndem AC/DC-Sound. Die Stereo-Anlage steht auf Anschlag, die Schaufensterpuppe im Schiebedach ihres alten Daimler wippt im Takt der vollaufgedrehten Bässe. Geil.

Wir halten uns am Ende des Damms nach rechts, es geht jetzt auf ein zwei Kilometer langes Begegnungsstück am Südufer des Kleinen Brombachsees entlang. Finde ich ganz nett, so bekomme ich einige Spezl und Bekannte vor die Linse. Der erste ist Kraxi. Gestern war er noch beim Bodensee-Marathon in Kressbrunn und hat diesen auch gewonnen, heute hat er sich vor den Karren gespannt und bringt die 3:30-Läufer als Pacer ins Ziel.

Dann kommt Daniel, er ist gerade bei seinem 50. Marathon unterwegs. Einigen wird er vielleicht schon irgendwann einmal aufgefallen sein, er jongliert nämlich bei vielen seiner Läufe drei Bälle, vom Start bis ins Ziel. Nach gut 500 Metern kommt bereits eine Wende für die Halbmarathonläufer, sie müssen nicht so viele Kilometer ausgleichen um auf die korrekte Distanz zu kommen. Marathonis sollten sich nicht verleiten lassen und hier schon umdrehen. Per Zeitmessmatte wird alles überwacht, aber es steht auch ein Ordner da und passt auf, dass wir schön alle weiter laufen.

Meine Augsburger Landsfrau Sybille ist zweite Frau und kommt als nächstes. Super. Und Charly hängt hinten dran. Ja, das macht schon Spaß zu sehen, wo die Freunde so liegen und sorgt für eine schöne Abwechslung, außerdem kann ich einmal ein paar Läufer von vorne knipsen. Nach der Halbinsel im Kleinen Brombachsee dürfen auch wir wenden. Da liegt natürlich auch eine Matte. Auf demselben Weg geht es zurück. Jetzt ist es spannend zu sehen, wer die Verfolger sind.

Am 4:30-er Pacer hängt der Anton Reiter, M4Y-Lesern wohl bekannt, er berichtet immer von besonders exotischen Laufzielen. Er ist auch begeisterter Ländersammler und Mitglied im Country Marathon Club und kann 35 Länder abhaken. Ob er wohl spekuliert, dass ihm auch heute für den „Seenland“-Marathon ein Länderpunkt angerechnet wird?

Bei km 15 sind wir wieder an der Einmündung zum Damm zurück, jetzt geht es natürlich am Südufer des Großen Brombachsee geradeaus weiter. Der ist aber auf dem nachfolgenden 3 km langen Abschnitt durch den Wald nicht mehr sichtbar. Dazu gilt es auch eine kleine Steigung zu bewältigen.

Seltsame Verkehrsschilder wecken meine Neugier. Ich interpretiere das mal so: Noch 1000 Meter, dann gibt’s Regen? Die Auflösung erhalten wir in Ramsberg. Eine Spedition hat hier eine Stimmungshochburg errichtet mit einer spektakulären Container-Konstruktion mit Wasserdusche. Wer sich nach links einordnet wird klatschnass, nach rechts bleibt man furztrocken. Das hätte ich mir und wahrscheinlich auch einige andere bei den heurigen tropischen Sommerläufen gewünscht, heute kann ich keinen ausmachen, der die freiwillige Dusche in Anspruch nimmt. Dazu gibt’s noch Freibier für Läufer und Zuschauer, das habe ich wiederum irgendwie unabsichtlich verpasst.

Einige Schleifen direkt an der Wasserkante entlang führen uns wieder an den Ausgangspunkt am Hauptdamm. Wir müssen jetzt aber nicht erst wieder nach Pleinfeld zurück, sondern es geht gleich direkt wieder über den Hauptdamm in die zweite Runde. Genau 2 Stunden zeigt meine Uhr bei km 21. Das ist super für mich …aber, ich fürchte dass ich das Tempo nimmer lang halten kann.

Zur Hälfte über dem Hauptdamm kann ich unterhalb schon die Meute des Halbmarathons ausmachen. Sie sind vor ein paar Minuten gestartet und werden uns Marathonis jetzt bald überrollen. Nach 25 km ist es dann soweit, die ersten der Halbmarathonläufer haben mich geschluckt. Das ist etwas ungewohnt, weil man ja meistens gemeinsam mit dem HM startet, aber es belebt die Strecke und als Marathoni sollte man sich nicht verleiten lassen, über Niveau zu laufen. Für mich kommt das jetzt eh nimmer in Frage, ich muss schon etwas beißen. 
Bei den Freuden des gepflegten Hardrock läuft immer noch AC/DC. Die spielen wohl ihre gesamte Sammlung ab, das Repertoire der Band würde ja locker einen Marathon füllen.

Gerade läuft der Trimaran in Enderndorf ein. Eine Rundfahrt auf dem Großen Brombachsee dauert etwa 1,5 Stunden, da wird einiges geboten. Das 750 Passagiere fassende Schiff verfügt über 3 großzügig angelegte Decks, verglaste Salons und einer gastronomischen Oase. An manchen Tagen kann man an einer Rock-Party teilnehmen oder jetzt im September das Oktoberfest auf See mit typischem Wiesn Flair genießen.

Ich freue mich gerade die Station mit den Energy-Gels zu entdecken, vielleicht verhelfen sie mir wieder zu etwas Auftrieb. Die sub 4 sind für mich heute nicht drin. An der Begegnungsstrecke kann ich ein Gehege mit Wildschweinderl entdecken. Das bremst zwar noch mehr meine Zeit, aber der Fotostopp muss sein.

Am Ende der Begegnungsstrecke (km 34) ist es jetzt wieder ruhiger geworden, die schnelleren Halbmarathonis sind durch. Die, die jetzt noch unterwegs sind, laufen in etwa mein Tempo. Dann werde ich aber doch noch überholt …von einem Geher. Der läuft …äh geht zwar nur den HM, hat aber trotzdem einen Affenzaun drauf. Auf seinem Shirt meine ich irgendwas von einem Geher-Nationalmannschaftskader lesen zu können. Das ist dann auch keine Schande für mich. Anschließend  gibt es für mich aber ein paar Zweikämpfe mit den schnellsten der Nordic Walker auszufechten. Die sind auch sauschnell unterwegs, aber es motiviert mich auch und es läuft wieder besser.

Nach 40 km sind beide Seenrunden beendet. Zurück am Hauptdamm geht es jetzt nach rechts Richtung Pleinfeld. Ein kurzer Anstieg ist noch zu bewältigen, dafür führt der Schlusskilometer fast nur mehr ganz sachte bergab. Die Zielgerade ist probenvoll und jeder Ankömmling wird bejubelt. Für jeden Finisher gibt es eine schöne Medaille.
Daniel hat auch seinen 50. Marathon jonglierend gefinished und feiert mit einer kleinen selbstgebackenen Torte. Direkt im Anschluss an den Zieldurchlauf steht das offizielle Verpflegungszelt, da gibt es wieder Kuchen. Bier ist leider aus, das ist dann doch noch ein kleiner Wermutstropfen bei diesem schönen Lauf und dem wirklich gelungenen Jubiläum.

 

Informationen: Seenlandmarathon
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