Bis 1929 stand direkt am Rhein der sog. Königsstuhl, auf dem man gerade hier und jetzt gerne ein kleines Päuschen eingelegt hätte, wenn ihn die Rhenser nicht auf die Rheinhöhe über der Stadt verlegt hätten. Dieser ist ein steinerner, zweistöckiger Achteckbau als vergrößerte Darstellung eines Throns, an dem im Mittelalter mehrfach die Wahl zum Römisch-deutschen König durchgeführt wurde. Hier nämlich trafen die Territorien der vier rheinischen Kurfürsten seligen Angedenkens zusammen. Der heutige König kommt aus der Pfalz, regiert von Mainz aus und baut Wolkenkuckucksheime in der Eifel. Das heute zu besichtigende Bauwerk ist ein Neubau aus dem Jahre 1842 nach Zerstörung des Originals durch die Franzosen im Jahre 1795.
Die einzige wirklich nennenswerte Steigung befindet sich am Ortsausgang von Rhens und provoziert erste Wanderungen. Einer meiner Favoriten ist das linkerhand gelegene Schloß Stolzenfels, das wie die gleichnamige Siedlung bereits zum Koblenzer Stadtgebiet gehört. Die ehemalige Burg (gegenüber liegt die Lahneck) war Anfang des 19. Jahrhunderts stark zerstört und verfallen. Die Stadt Koblenz, gar nicht blöd, machte sie im Jahre 1815 dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, dem späteren König Friedrich Wilhelm IV. und Sohn Königs Friedrich Wilhelm III., zum Geschenk, der unter anderem die Burg als Schloß und Sommersitz wieder aufbaute. Leider bekomme ich in der Dunkelheit nichts davon mit.
Ganz profan, aber nicht minder interessant wird es kurze Zeit später: Am Königsbach wird seit 1885 jede Menge Bier gebraut, die Gaststätte ist ein großes regionales Ausflugsziel, die kupfernen Braukessel stimmungsvoll beleuchtet. Erstaunlich genug, daß die Brauerei es nicht für nötig hält, hier aus Imagegründen eine Verpflegungsstelle zu betreiben. Ich glaube, hier hätte so manche(r) zugegriffen. Es ist wirklich absolut nichts los. Für mich völlig unverständlich.
Meinen Füßen geht es übrigens noch prima, was nicht unbedingt selbstverständlich ist. Denn ich habe einen Tabubruch begangen (ja, liebe Kinder, nicht nachmachen, was der Onkel da tut!): Ich laufe in funkelnagelneuen Schuhen, weil ich in Biel mit leichten, aber gut erhaltenen, unterwegs sein möchte. Und die will ich vorher getestet haben. Sie enttäuschen mich nicht. Es ist dunkel, kaum jemand auf der Strecke, fast geräuschlos und wer mental nicht stark ist, kann hier große Probleme bekommen. Ich nehme es positiv, begebe mich schon mal virtuell in die Schweiz und stelle mir meinen einsamen Kampf in und gegen die Nacht vor.
Abweichend von der üblichen Streckenführung laufen wir als Ausgleichsmaßnahme noch eine kleine Schleife von 1,52 km auf der (ehemaligen) Insel Oberwerth, denn aufgrund der Baumaßnahmen im Vorfeld der Bundesgartenschau 2011 kann der Zieleinlauf in diesem Jahr nicht in der „BuGa-Kernzone“ am Deutschen Eck mit dem herrlichen Reiterstandbild Willis I. stattfinden. Ich freue mich auf einige belebte Oberwerther Straßen, muß aber leider feststellen, daß man uns über den ödesten Teil zur und von der Sporthalle führt. Im übrigen kann ich am Wendepunkt keinerlei Kontrolle feststellen und es wäre ein Leichtes gewesen, hier abzukürzen.
Wir haben in diesem Jahr bereits in der Mainzer Straße nach letzten 200 m leichtem Anstieg, die so manchem noch mal richtig weh tun, aber erfreulicherweise einigen Applaus einbringen, kurz vor dem ehemaligen Mainzer Tor der Stadtbefestigung fertig. Auch nicht gerade schlecht wegen der breiten Straße, optisch aber sicherlich nur zweite Wahl gegenüber sonst. Der Moderator, Arthur Schmidt, wenn ich es richtig gesehen und gehört habe, hat für jeden ein nettes Wort übrig. Mir fällt ein, daß an dieser Stelle in den 90er Jahren mal eine Etappe der Tour-de-France endete. Mit zehntausenden Zuschauern...
Der Vergleich mit Luxemburg und Mannheim fällt eindeutig aus: Luxemburg ist mehr ein Stadtmarathon und hat daher und überhaupt wesentlich mehr Stimmung und auch in Mannheim, besser gesagt auf der zweiten Hälfte in Ludwigshafen, ist jenseits der Rheinbrücke deutlich mehr gebacken.
Nach 4:14 Std. bin ich relativ entspannt im Ziel eingetroffen, aber auch froh, es für heute mal wieder geschafft zu haben. Wenn ich mir vorstelle, zu diesem Zeitpunkt noch 58 km durch die Nacht vor mir zu haben, wird mir allerdings ganz anders. Aber eine Jahr für Jahr erkleckliche Zahl von Biel-Finishern beweist, daß diese Strecke auch für mich zu schaffen sein sollte, wenn ich vernünftig bleibe und mich nicht verletze. Es wird sicherlich darauf ankommen, mit Hirn zu laufen: Im Tempo wohl dosiert und die Strecke auf mehrere überschaubare Abschnitte aufgeteilt.
Leider haben sich die Teilnehmerzahlen des Marathons noch immer nicht ansatzweise verbessert. Betrugen sie bei der ersten Austragung 2005 noch 3.365, waren es 2007 nur noch schlappe 782. 2009 dann 671 und heuer nur noch 523. Ich habe es an anderer Stelle schon einmal gesagt: Der organisatorische Aufwand ist beträchtlich und wird sicher an den Teilnehmerzahlen gemessen, die auch insgesamt deutlich hinter den Erwartungen zurückbleiben. Es wäre schade um die Veranstaltung auf dieser schönen Strecke, die den Vergleich mit dem Oberelbe-Marathon von Königsstein nach Dresden (sehr zu empfehlen!) eigentlich nicht zu scheuen braucht.
Was fehlt diesem Marathon, um wieder auf die Beine zu kommen? Denn ein Prozentsatz von 7-8, gemessen an der Gesamtteilnehmerzahl aller Wettbewerbe, muß für den Veranstalter inakzeptabel sein. Ein früherer Starttermin (Uhrzeit), Halbmarathon wieder nach dem Marathon starten, und alles versuchen, damit der Marathon die Chance bekommt, in Koblenz überhaupt zur Kenntnis genommen zu werden. Dazu gehört unabdingbar eine Messe im Herzen der Stadt. Mir als gebürtigem Koblenzer, der vergleichsweise viel herumkommt und entsprechend viel anderes sieht, tun diese Erkenntnisse in der Seele weh. Hoffentlich bringt die Bundesgartenschau 2011 den notwendigen Aufschwung.
Streckenbeschreibung:
Überwiegend flach und fast völlig asphaltiert, über weite Strecken entlang des Rheins, vermessen.
Wettbewerbe:
Running Marathon, Running Team-Marathon, Running Halbmarathon, Skating Marathon, Skating Halbmarathon, Nordic-/ Walking Halbmarathon,
Startgeld Marathon:
Je nach Anmeldezeitpunkt 40 bis 62 €, Ummeldung 5 €.
Zeitnahme:
Champion-Chip
Leistungen:
Funktionsshirt, (Sonder-)Bahnfahrt zum Start, Medaille, Pastaparty für 3 €, individuelles Weißbierglas und 1 Flasche Weißbier, eine Dose Frubiase (440 g), kostenlose Massage, Urkunde zum Herunterladen.
Logistik:
Start- und Zielgelände mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Pkw (nicht über die B 9!) gut erreichbar. Kleiderabgabe am Start, Ausgabe am Ziel.
Verpflegung:
Alle 5 km Wasser und Iso, ab km 15 zusätzlich Bananen und Riegel, ab km 35 Cola. Zusätzlich ab km 7,5 Wasserstellen. Wasserbottiche für Schwämme.
Zuschauer:
In den Orten teilweise gute Stimmung.
Marathonsieger
Männer
1 Diehl, Marco (DEU) Laufarena LaufKulTour 02:33:03
2 Schönberger, Martin (DEU) sebamed 02:38:33
3 Schneider, Torsten (DEU) LAZ Puma Troisdorf/Siegbu... 02:39:21
Frauen
1 Günther, Marlen (DEU) LLG St. Augustin 03:08:53
2 Lennartz, Birgit (DEU) LLG St. Augustin 03:12:04
3 Walter, Iris (DEU) TV 1848 Meisenheim 03:13:08
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