Unseren Freund Norbert Wilhelmi, seines Zeichens einer DER Sportfotografen, wirkt als Sozius auf einem ADAC-Motorrad etwas deplaziert, freut sich über die Grüße und wird uns in der Runner’s World mit seinen Bildern wieder erfreuen. Ich stehe ziemlich weit hinten und wundere mich über zwei Zugläufer für 4:00 und 4:20 Std., die zusammen stehen, starten und laufen. Weit vor mir. Selbst den 4:20er habe ich nicht mehr gesehen; was der sich gedacht hat, wird wohl für immer sein Geheimnis bleiben.
Schon nach 3 km ist die Loreley, der sagenumwobene, 132 m hohe Schieferfelsen, erreicht. Angeblich saß auf ihm eine Nixe, die mit ihrem schönen Gesang und mit dem Kämmen ihres langen goldenen Haars den Schiffern zum Verhängnis wurde, weil sie in der gefährlichen Strömung nicht mehr auf den Kurs achteten und mit ihren Fahrzeugen an den Felsenriffen zerschellten. Diese Gefahr ist für uns doch eher gering, denn die B 9 ist ja erstens komplett gesperrt und zweitens breit genug.
Wir passieren die schönen Burgen Katz und Rheinfels, die zu kurtrierischen Zeiten einen wirksamen Zollriegel bildeten. Von St. Goar blicke ich auf das gegenüberliegende St. Goarshausen. Noch im März bin ich dort beim Rheinsteig-Erlebnislauf nach Rüdesheim unterwegs gewesen und durfte die sagenhafte Aussicht auf die heutige Laufstrecke genießen.
Ein ehemaliges Stimmungsnest, Boppard, zugleich Startpunkt des Halbmarathons, kündet schon vom weiteren Verlauf des Zuschauerzuspruchs. Der Halbmarathon ist aber schon lange unterwegs, so daß nur noch wenige Leute dort stehen und uns anfeuern. Damals war das ganz anders: Der Start stand noch bevor und die Halben durften Jagd auf uns machen. An die Stadt schließt sich der sog. Bopparder Hamm, eine ertragreiche Weinlage, an. Die ewig langgezogene Rechtskurve scheint nicht enden zu wollen. Hier wurde man bei den früheren Morgenstarts regelmäßig von der Sonne gebraten.
Ich bekomme mit, daß meine Halbmarathonzeit etwa 2:12 Std. beträgt. OK, das könnte so in etwa mein Biel-Tempo sein. Auf 4:30 Std. am Ende habe ich keinen Bock, es wird dunkel, es ist relativ wenig los, deshalb löse ich die Handbremse etwas und laufe zügiger. Das folgende ständige Einsammeln belebt die Szenerie etwas.
Bei km 23 steht endlich eine Ein Mann-eine Frau-Band, die uns Country-Musik spielt, dankbar meinen Applaus entgegennimmt und sich über das Foto freut, das ich von ihnen mache. Wenige Minuten später beginnt es zu tröpfeln. Wie im vergangenen Jahr ist in Spay die meiste Stimmung, viele Leute sitzen vor ihren Häusern, feiern und machen jede Menge Remmidemmi. Hier ist wieder ein Moderator, wie an drei anderen Stellen auch, und belebt die Szenerie zusätzlich. In Brey nochmals etwas Stimmung, vor allem fällt mir die nette Frau auf, die uns mit einem selbstgemalten Schild über den Stand des Fußball-Länderspiels auf dem laufenden hält.
Wenn ich „etwas Stimmung“ sage, bezieht sich das auf das Gesamtbild, also das, was hätte sein können. Die Leute, die draußen sitzen oder stehen und später teilweise im Regen ausharren, sind nicht hoch genug zu loben! Auch die vielen Helfer an den zahlreichen Verpflegungsstellen sind immer hoch motiviert und verbreiten gute Stimmung.
Rechterhand glänzt die Marksburg über der Stadt Braubach im letzten Büchsenlicht, DIE Ritterburg schlechthin und hochbeliebtes Ausflugsziel für Groß und Klein. Die Kamera habe ich dann weggesteckt, das Licht ist zu schwach und interessante Fotomotive werden immer rarer. Ein optisches Erlebnis ist dann der Einlauf in Rhens nach 30 km. Höhepunkt ist das Durchlaufen eines alten Stadttors, hinter dem die zu diesem Zeitpunkt schon recht müden Athleten vor dem sehr schönen Hintergrund alter Fachwerkhäuser früher von einer größeren Zuschauermenge bejubelt wurden. Heute ist leider vergleichsweise kaum jemand da, der rührige Moderator gibt sein Bestes. Sicher liegt es, von der Uhrzeit abgesehen, auch daran, daß es sich eingeregnet hat.