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Laufberichte

Sport und Romantik

 

 

Am Forggensee und am Lech


 
Am bekannten Kreisverkehr lotsen uns Helfer des THW auf die andere Straßenseite. Es geht zum Festspielhaus Füssen. Der Veranstaltungskalender der Einrichtung bringt in regelmäßigen Abständen Konzerte, Kabarettabende und zum Jahreswechsel Darbietungen aus dem Bereich Musical und Ballett. Nur die Parkanlage könnte einen Arbeitseinsatz vertragen, denn gut gepflegt schaut anders aus. Aber wie andernorts sind auch hier Gelder knapp.

An der folgenden V-Stelle überreicht mir ein Bub einen Wasserschwamm. Der Junge schaut interessiert, als ich den Schwamm über meinem Kopf ausdrücke. Der weitere Weg führt nun auf einem Uferweg am Lech entlang zur Lechstaustufe, wo wir den Fluss überqueren. Recht dreckig und ruhig kommt er daher. Nicht weit von hier, fast an der Grenze zu Österreich zeigt er uns seine Kraft am Lechfall. Wie mag es da erst zugehen nach schweren Regenfällen oder bei Hochwasser.

Kurz danach im schattigen Wald haben wir die Hälfte schon geschafft. Wir durchlaufen ein modernes Tor, Zwischenzeitnahme, ich lese eine 1.52 Minuten. Der Zugläufer ist jetzt gut 200 Meter voran, vielleicht ein wenig zu schnell für die erste Hälfte. Übrigens, es wird ein Einmal-Chip verwendet, Kaution fällt hierfür nicht an.

Es geht für ein paar Kilometer am Forggensee entlang. Die  Versorgungsstellen sind nun zahlreicher. Alle 2,5 Kilometer wechseln sich die Wasserstellen mit den Futterplätzen ab. Noch ein Wort zu den Helfern. Die machen ihren Job toll. Rund 200 haben sich zur Hilfe verpflichtet. Und immer wieder sind Kinder eifrig am Getränkeverteilen. Ältere Semester versorgen uns dann bei der fünften V-Stelle unterhalb der Pfarrkirche von Waltenhofen, die St. Maria und Florian geweiht ist.

Kurz nach der Waldspitze unweit des Campingplatzes bei Brunnen verlassen wir den Forggensee. Nur wenige Camper sitzen im Freien beim Frühstück, und die uns applaudieren, die kann man fast einzeln per Handschlag begrüßen. Viele Zuschauer werden wir heute nicht sehen, so ist das halt bei einem Landschaftslauf.

 

Romantische Schlössertour

 

Mit Sicht in Richtung Tegelberg wird es richtig romantisch. Vor uns, noch im Dunst, liegt Schloss Neuschwanstein auf einem vorgelagerten Höhenzug. Ja, wenn ich nicht die genaue Lage wüsste, wäre das Märchenschloss kaum zu erkennen. Aber wir werden uns dem Bau annähern.

Mittlerweile habe ich die Gruppe um den 3.45-Pacer überholt, denn wenn ich ein gutes Motiv entdecke, wären ein paar Läufer so im Bild nicht schlecht. Aber Günthers Team hat Auflösungserscheinungen. Zu Beginn liefen noch rund 20 Sportler im Schlepptau, mittlerweile sind es grad noch fünf. Am parallelen Radweg der Bundesstraße nehme ich Fahrt auf und laufe mit Schwung durch die Unterführung.

Nach der Tankstelle, wo sich die Helfer schon mit Strohhut und Sonnenschirm gegen die Einstrahlung schützen, führt der weitere Weg zur Wallfahrtskirche St. Coloman. Sie ist dem irischen Pilger Koloman geweiht, der im 11. Jahrhundert bei seiner Reise ins Heilige Land just hier gerastet haben soll. Der Füssener Maurermeister Hieronymus Vogler hat das jetzige Gotteshaus ab 1673 gebaut. Im Mittelalter wurden die Pesttoten hier bestattet. Die Kirchentür ist offen, ich sehe jemand vor dem Altar stehen, habe aber keinen Mut, kurz hineinzugehen in meinem verschwitzten Zustand.

Der weitere Weg führt uns wieder in den Wald. Nicht nur ich bin froh über jedes Stückchen Schatten. An der folgenden Wasserstelle reicht mir eine Helferin einen Wasserbecher, in der anderen Hand hält sie ihr Kleinkind, toll. Wir verlassen den Wald und rennen auf dem Gipsmühlweg Richtung Alterschrofen. Jetzt müsste man einen Blick in den Rückspiegel werfen, denn Schloss Neuschwanstein ist jetzt nahe wie nie.

34 Kilometer haben wir hinter uns, als wir am Verwaltergebäude des Schloss Bullachberg vorbeilaufen. Seit geraumer Zeit bin ich nur noch am Überholen, weil ich einen Tick schneller geworden bin.

 

Endspurt nach Füssen

 

Nur kurz laufen wir über Wiesenland, dann geht es wieder in den schattigen Wald. Ein längeres Stückchen springen wir an einem Bach entlang, leicht steigend. Springen, so sagen die Schwaben und Schweizer zum Laufen, wieder was glernt. Einige Mitstreiter sind schon schwer am Schnaufen und Kämpfen.

Noch vier Kilometer. Ein Hinweisschild besagt 20 Minuten Wanderei zum Schwansee. Ich bin überrascht, dass ich diesen schon nach fünf Minuten sehe. Und wie vor drei Jahren höre ich nun schon am Südufer des Sees die Alphornbläser, die sich am Parkplatz im Nordteil positioniert haben. Ein paar Badegäste liegen im Gras beim Sonnen und Lusen. Ein anderes Wort für Zuhören. Der Lusen ist auch ein Berg, aber wo anders, ratet mal, wo.

Das Königssträßchen bringt uns in den Ort Alterschrofen, und den verlassen wir sogleich. Die Ortstafel besagt zwei Kilometer nach Füssen und das 39er-Schild liegt schon hinter uns. Jetzt gibt es nur mehr ein Gas – Vollgas!

Auf dem Lechsteg überqueren wir den schwäbischen Fluss, Füssens Altstadt kommt auf den Parkwegen immer näher. Rechts sehe ich Franziskanerkirche, die Heilig Geistkirche und Kloster Mang. Die nächsten Gegner müssen dran glauben. Dann kommt die letzte Steigung auf dem Faulenbachgäßchen. Links liegt die Kirche St. Max. Letzte Rechtskurve, die Morisse führt nochmals durch den Durchlass zwischen Kobel und Baumgarten. Und dann nehme ich noch die Sybille Brücklmayr mit ins Ziel. Ihr Mann Hermann kommt mit ein paar Minuten Verspätung herein. Ich empfehle da mit Grinsen ein paar heimliche Trainingseinheiten, damit er  demnächst mit seiner  Liebsten mithalten kann.

 

Im Ziel

 

Perfektes Timing im Ziel, denn nach der Medaillenübergabe der beiden Helferinnen im Dirndl  stellt sich Herbert für ein Bild dazu. Die Dame in die Mitte, so seine Vorgabe. Bei der Verpflegung mangelt es an nichts, wobei es mich sofort zum Freibier zieht. Weizen und Bier ohne Umdrehungen und dann später ein Weizencola, mehr braucht es nicht bei mir. Kuchen, Melonen, Obst etc. wartet auch auf Abnehmer.

Toll finde ich es, wie die gehörlosen Sportler im Ziel betreut werden. 18 Läufer mit diesem Handicap laufen im Rahmender Deaflympics mit. Sie fallen nur auf, wenn sie sich in ihrer in Gebärdensprache unterhalten.

Die Duschen sind im Bundesleistungszentrum für uns geöffnet und wer eine Massage braucht, die Olga wartet auf Kundschaft im Festzelt.

Die Siegerehrung setzt die Integration der Läufer mit Handicap fort. Die Moderation wird simultan in Gebärdensprache übersetzt. Und gelernt habe ich, wie die Gehörlosen Applaus verstehen. Das schaut so aus, wie wenn man eine Glühbirne aus der Fassung dreht.

Geldpreise nehmen die Deaflympics-Teilnehmer nicht an. Wer von ihnen auf einem Prämienplatz landet, wie z. B. die bekannte Schweizer Läuferin Jackie Keller als 3. Frau,  gibt den Preis weiter. Die Tombola-Gewinne werden aber strahlend entgegen genommen.

Im Ziel unterhalte ich mich mit Organisationsleiter Herbert Hiemer. Wie anderswo auch beklagt er das Ausbleiben von Sponsoren.  Schade, denn 547 Marathon-Finisher sind eine ganze Menge und ein deutlicher Hinweis darauf, dass hier gute Arbeit geleistet wird, von der auch die Region was hat.

  

Marathonsieger

Männer

1  Daniel Kiptum Kenya Sports Federation of the Deaf 02:24:45 
2  Peter ToroitichKenya Sports Federation of the Deaf 02:28:44
3  Kohichiro Yamanaka Japan Deaf Sports Federation 02:39:09

Frauen

1  Linda Vanlommel 03:08:50
2  Anja Jakob Klingenthal/Vogtland  03:10:31
3  Jacqueline Keller Schweizerischer Gehörlosen Sportverband 03:17:02

547 Finisher

12
 
 

Informationen: Königsschlösser Marathon
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