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Laufberichte

Das Ruhrgebiet war wieder in Bewegung

18.05.08

Von Oberhausen nach Essen

Wer auf die Landkarte schaut, entdeckt das Ruhrgebiet als eine Ansammlung von vielen Städten, welche teilweise nahtlos in einander übergehen. Das Klischee von der reinen Industrielandschaft mit Zechen und Hochöfen ist schon längst überholt. Spätestens 2010 wird der Rest der Republik hoffentlich bemerken, dass die Region sehr viel mehr zu bieten hat. Dann nämlich wird das Ruhrgebiet als Kulturhauptstadt auftreten.

Klar, dass man auch bei den Sportveranstaltungen gerne das Ruhrgebiet als Ganzes präsentieren möchte. So kam man auf die Idee einen Marathon von Dortmund nach Essen zu veranstalten. Da hierbei immer noch weite Teile der Region unberührt blieben, wurde dann später hieraus ein Twin-Marathon. Die Idee war neu. 

Gleichzeitig starten die Läufer an zwei verschiedenen Punkten, nämlich in Oberhausen und Dortmund. Dann treffen sich die Strecken in Gelsenkirchen, um gemeinsam ins Ziel nach Essen zu laufen. Acht Städte werden so insgesamt in den Marathon einbezogen. Logistisch ist eine solche Organisation natürlich nicht einfach, aber man ließ sich von den Schwierigkeiten nicht abschrecken und der Erfolg gab den Veranstaltern recht. 

Im letzten Jahr waren über 20.000 Läufer und 850.000 Zuschauer dabei, und der Lauf wurde bei marathon4you zum beliebtesten Marathonlauf in NRW gewählt. Im gesamten deutschsprachigen Raum war es Platz 4.

 In diesem Jahr findet der Karstadt Marathon zum fünften Male statt. Die Anfangsschwierigkeiten hat man überwunden und kann bereits auf eine eingespielte Organisation zurückgreifen. Die Teilnehmerzahlen sind trotzdem auch hier leicht rückläufig. 3500 Marathon- und 8500 Halbmarathonläufer werden heute starten.

Insgesamt werden Marathon, Halbmarathon, Firmenlauf, 10 KM, Fun-Run, Schülerlauf, Inline-Skater-Marathon, Inline-Skater-Halbmarthon und Rennrollstuhl-Handbiker-Marathon angeboten. 

Walker können sich bereits am Samstag im Rahmen des „National walking day“ auf Strecken bis zur Halbmarathondistanz austoben. So kommt man auch in diesem Jahr wieder auf fast 20.000 Teilnehmer.

Als Oberhausener ist für mich die sogenannte Weststrecke mit Start in Oberhausen natürlich die einfachste  Lösung. Zwar gilt die Weststrecke vom Höhenprofil als etwas schwieriger, aber es bleiben immer 42,195 KM und die größten Steigungen in Essen sind sowieso für alle gleich.

 


Am Samstag hole ich die Startunterlagen in den Essener Messehallen ab. Hier gibt es auch eine große Marathonmesse auf der man über den neuesten Stand der Laufprodukte informiert wird. Die Informationsflut ist groß und zusammen mit den Messerabatten und Sonderangeboten verlockend. Hier treffe ich auch Manfred Steffny an seinem Stand. Der Herausgeber des Laufmagazins Spiridon ist sicher einer der besten Kenner der deutschen Laufszene.

Der Zielbereich ist in unmittelbarer Nähe und wir müssen heute bereits unsere Wechselkleidung hier deponieren, denn ein Kleidungstransport vom Startort ist nicht vorgesehen.

Statt Pasta wird hier kostenlos Kartoffelsuppe bei flotter Musik angeboten und Regina Halmich gibt Interviews und Autogramme.

Am Sonntagmorgen treffen sich alle Bergheider auf dem Parkplatz an Reinhards Apotheke. Von hier aus sind es nur noch 500 Meter bis zum Startbereich. Schon von weitem hören wir die Musik und die Lautsprecherstimmen. Die Inliner machen sich für ihren Start um 9:20 Uhr bereit. Mit kräftigem Beifall werden sie pünktlich auf die Strecke geschickt.

Danach formieren sich die Läufer. Gemäß ihren aktuellen Bestzeiten können sie sich in den Startblöcken aufstellen. In Oberhausen startet die Frauenelite. Die Männerelite, welche fast vollständig aus Kenia kommt, wird in Dortmund starten. Man  möchte den NRW Streckenrekord gerne wieder aus Düsseldorf zurückholen.
Neben meinen Vereinsfreunden kann ich eine Menge Bekannte begrüßen. Wer einigermaßen fit ist, hat sich zu einem Start entschlossen. Wenn es noch nicht zur Marathondistanz reicht, startet man eben über die halbe Distanz. 

Mehrere Fernsehteams machen ihre Aufnahmen. Der Lokalsender Center TV interviewt sogar unseren Vereinsvorsitzenden Willi Dickhoff. Der WDR wird in der aktuellen Stunde abends eine Zusammenfassung bringen. 

Auch einige Prominenz hat sich eingefunden. Von Anfang an war Frank Busemann das Aushängeschild des Karstadt Marathon. Der sympathische Zehnkämpfer genießt hier als Olympiazweiter viel Respekt. In den vergangenen Wochen war er als Marathonbotschafter ständig unterwegs und hat Reklame für die heutige Veranstaltung gemacht. Auch er muss natürlich für die Marathonstrecke trainieren. Im letzten Jahr hat ihn noch ein Wadenkrampf kurz vor dem Ziel erwischt. Heute kann er aber durchlaufen und mit 3:58:41 die vier Stunden knacken.

Auch Andreas Niedrig hat sich als Tempoläufer für den Bereich 3:30 gemeldet. Für den Toptriathleten dürfte dies wohl kein Problem darstellen. Er wird auch mit 3:29:45 eine Punktlandung hinlegen. Eisschnellläuferin Gunda Niemann-Stirnemann betreut die Inliner und Boxikone Regina Halmich konnte für den Startschuss und zur Moderation auf der Zielbühne verpflichtet werden.

Das Wetter ist heute mit trockenen 12 Grad ideal. Zeitgleich mit dem Start in Dortmund werden wir pünktlich um 10 Uhr auf die Strecke geschickt. Da wir die Straße in ihrer vollen Breite nutzen können, bin ich nach 1:41 über die Startlinie. Die Zeitmessung erfolgt mit dem Champion Chip. Keine Panik also, es wird die Nettozeit festgehalten. 

Die Strecke steigt leicht an und bereits nach einem Kilometer verlassen wir das Oberhausener Stadtgebiet und erreichen sofort Bottrop. Ich treffe meinen Jugendfreund Klaus Kordel von Adler Langlauf Bottrop, welche auch mit einem großen Aufgebot vertreten sind. Klaus will heute nur den Halbmarathon laufen und wird von seiner Frau auf dem Rad begleitet.

Kurz hinter der Stadtgrenze steht meine Frau unter den Zuschauern und hält auch diesen Lauf wieder fotografisch fest. Am Pferdemarkt in der Stadtmitte ist der erste Eventpoint und hier geht es trotz der frühen Stunde schon hoch her. Viele Zuschauer kennen die Teilnehmer und sind immer wieder begeistert, wenn sie jemanden aus der Masse herausfinden. Kurz danach kommt bereits die erste Verpflegungsstelle, welche auch von Adler Langlauf Bottrop betreut wird.  

 


Bei Kilometer 8 verlassen wir Bottrop und kommen nun nach Gladbeck. Zuerst geht es noch durch ein ruhiges Industriegebiet, bevor wir dann Richtung Innenstadt laufen. Am Wegesrand kann ich einen Arbeitskollegen entdecken. Er war ganz verwundert, dass man für die Teilnahme am Marathon eine Startgebühr zahlen muss. Aber jetzt lässt er sich von der Atmosphäre anstecken und klatscht begeistert mit. 

In der  Innenstadt ist wieder ein Eventpoint. Hier werden die Zuschauer über den Rennverlauf unterrichtet und mit Musik und Tanzgruppen unterhalten. Schon herrscht  eine ausgelassene Partystimmung von der auch die Läufer profitieren. Die Zuschauer lassen für 200 Meter nur eine enge Gasse, so müssen sich die Radrennfahrer bei der Tour de France fühlen.

Da es fast immer durch dicht besiedeltes Gebiet geht, gibt es auch viele Zuschauer. Und das Ruhrgebiet ist für seine Sportbegeisterung bekannt. Auch wenn die Sportart Fußball hier den größten Stellenwert hat, zollt man den Marathonläufern großen Respekt und versucht sie auf jede Weise zu unterstützen.

Blauweiße Fahnen am Straßenrand zeigen uns an, dass wir Gelsenkirchen erreicht haben. Die Halbmarathonläufer werden jetzt immer schneller, denn sie haben ihr Ziel schon fast erreicht.  Im Zielbereich des Halbmarathons ist nochmals Party angesagt. Ich entdecke meinen Vereinsfreund Dieter Biegert, der hier bereits im Ziel ist. Doch für die Marathonläufer geht es einfach nur weiter. Meine  Uhr zeigt 1:51. Das Feld wird jetzt merklich dünner und die Strecke steigt mal wieder an. 

Bis zum Zusammentreffen der beiden Strecken bei Kilometer 28 wird es jetzt etwas trist. Autobahnen, Kanal- und Eisenbahnbrücken müssen auf breiten Straßen überquert werden. Weiter geht es Richtung Schalke Arena und S04 Vereinsheim. Zuschauer gibt es leider nur wenig. Da muss man als Läufer einfach durch. Entweder versinkt man in seine Gedanken oder versucht ein Schwätzchen mit den Mitläufern. Ich laufe zur 3:45 Gruppe auf. Die sind alle noch gut drauf.

Von weitem höre ich dann schon die Musik und die Lautsprecherstimmen am Treffpunkt der beiden Laufstrecken. Hier an der Florastraße gibt es ein dichtes Zuschauerspalier welches im Rhythmus der Sambagruppen mitklatscht. Sofort wird jetzt das Feld wieder dichter und zusammen mit den Läufern aus Dortmund geht es nun weiter nach Essen. 

Kilometer 32 ist erreicht. Hier wird es aber auch gleich schwerer, denn die Essener Stadtteile Stoppenberg und Katernberg heißen nicht zufällig so. Wohl dem, der vor dem Lauf schon einmal auf das Höhenprofil geschaut hat, sonst wird er hier eine unangenehme Überraschung erleben.

Zum Glück  haben die Zuschauer erkannt, dass hier für sie ein interessanter Abschnitt ist. Sie stehen dichtgedrängt und feuern die Läufer an. Sie merken, dass hier Unterstützung gebraucht wird. Immer öfter muss ein Läufer jetzt plötzlich gehen, und versucht die Waden und Oberschenkel zu dehnen. Ich bekomme irgendwie die zweite Luft und kann fast nur noch überholen. Solche Läufe liebe ich.

Am Hauptbahnhof muss ein langer Tunnel durchlaufen werden, und der Aufstieg tut wieder weh. Aber je näher man nun dem Grugagelände kommt, desto lauter werden die Zuschauer. Der letzte Kilometer ist erreicht und ab hier  stehen die Zuschauer dichtgedrängt und machen einen Höllenlärm. Meine Frau winkt mir schon von weitem entgegen und meine Füße werden wieder leicht. 

Dann sehe ich plötzlich meinen Vereinsfreund Reinhard Schlutius 50 Meter vor mir auftauchen. Den hatte ich schon längst im Ziel vermutet. Nichts ist mit Zieleinlauf genießen. Ich setzte nochmals zu einem richtigen Endspurt an und kann ihn tatsächlich noch vor dem Ziel einholen. Gemeinsam laufen wir über die Ziellinie. Durch die bessere Nettozeit werde ich sogar vor ihm gewertet.  

Nach 3:47:55 bin ich im Ziel. Das ist Platz 7 in der AK 60 und ich erhalte eine schöne Goldmedaille. Die Zielverpflegung wird jetzt ausgiebig genutzt. Nach und nach finden sich auch die anderen Bergheider wieder und berichten von ihren Erlebnissen. Bernd Thülig hat sogar den zweiten Platz in der AK 70 erreicht.
Zusammen holen wir unsere Kleiderbeutel und das Finishershirt ab. Wer will kann sich massieren lassen. Ich gehe lieber weiter und genieße die Dusche. 

Vor den Messehallen finde ich wie verabredet meine Frau mit ihrer Freundin. Eine Frau fragt mich noch, wo man die schönen Medaillen kaufen könnte. Gnädigste, die kann man nicht kaufen, dafür muss man mindestens 42,195 KM laufen! 

Der NRW Streckenrekord bleibt übrigens in Düsseldorf. Henry Cherona aus Kenia siegte heute in 2:11:08. Seine Landsmännin Mary Piktany konnte bereits zum dritten Male hintereinander gewinnen. Sie benötigte 2:36:09.

 

Informationen: Karstadt Marathon
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