Zu diesem Resümee kann man kommen, denn die Teilnehmer- und Zuschauerzahlen liegen unter denen des Jahres 2005. Weil Sportler aber positiv denkende Menschen sind, sehen wir es so: mit 23.000 Anmeldungen (Veranstalterangaben) und 875.000 Zuschauern (offizielle Schätzung) ist der Karstadt Marathon eine der größten Laufsportveranstaltungen in Deutschland, wobei die Stimmung an der Strecke nur bei ganz wenigen anderen Läufen erreicht oder übertroffen wird. Auch das ganze Drumherum mit Messe und Shuttleservice, der bei einem Punkt-zu-Punkt-Kurs einen erheblichen Aufwand darstellt, hat Spitzenformat.
Einzig das „Carboloading“ passt nicht in dieses Bild und erinnert mich an den Witz, wo der Wirt den Koch anweist: „Mach noch Wasser in die Suppe, es kommt ein Bus“. Denn für den „Essen“-Bon bekommt man in einem Plastikbecher (!) eine so dünne Kartoffelsuppe, dass ich nachfrage, ob es sich dabei wirklich um das Essen und nicht um das Getränk handelt. Den Löffel kann man sich jedenfalls sparen. Wo der „Getränke“-Bon einzulösen ist, weiß niemand. Wenn es beim nächsten Mal nicht zu mehr reicht, sollte man lieber ganz darauf verzichten und den Läuferinnen und Läufer zu einem akzeptablen Preis einen Teller Nudeln verkaufen.
Mehr gibt es allerdings nicht zu meckern. Dass man den Kleiderbeutel nicht wie von anderswo gewohnt am Startplatz abgibt, sondern in den Messehallen in Essen, wo man ihn dann nach dem Zieleinlauf wieder in Empfang nimmt, steht in der Ausschreibung. Wer lesen kann, ist im Vorteil. Andere schauen dumm und wärmen sich mit den Plastikfolien, die es allerdings in ausreichender Menge gibt.
Natürlich kann man am Sonntagmorgen nicht mit dem Auto bis vor die Messehalle fahren. Verschiedene Zufahrtstraßen sind bereits weiträumig gesperrt. Gut beraten sind die, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen. Für mich ist das Hotel Bredeney schon zum Stammquartier geworden. Es ist sowohl beim Marathon Rund um den Baldeneysee, als auch beim Karstadt Marathon das offizielle Athletenhotel und macht am jeweiligen Marathon-Wochenende echte Sonderangebote. In nur 15 Minuten ist man bequem zu Fuß an der Grugahalle, vor der die Busse nach Oberhausen und Dortmund abfahren. Ich steige ein, und schon geht es los nach Dortmund, Starplatz der Strecke Ost.
Da ich in Gladbeck wohne und die Strecke durch meinen Wohnort führt, ist klar, wo es am Sonntag hingeht: Ruhr Marathon 2007, Strecke West.
07:30 Uhr: Wir fahren mit dem Auto nach Oberhausen. Nach nur 20 Minuten erreichen wir auch schon den Startplatz in der Bottroper Straße beim CentrO. Heute wird ein ganz besonderer Tag: Mein Bruder wird seinen ersten Wettkampf (und dann gleich einen Halbmarathon) laufen. Dad, meine Freundin und ich wollen ihn bis zum Ziel in Gelsenkirchen – Buer begleiten. Danach wollen wir noch beim Come-together-Point in Gelsenkirchen-Mitte Klaus treffen, der von der Oststrecke kommt. Mit etwas Glück kann das klappen.
Der Startplatz ist in der Provinzialstraße. Wollte der Name auf Provinz hindeuten, man könnte es verstehen. Der Dortmunder Stadtteil Lütgendortmund mutet nämlich durchaus so an. Sonst hat aber alles angemessenes Format. Wer an den Verpflegungstischen auf dem Sportplatz nicht das Richtige findet, wird nebenan in der Vereinsgaststätte schon am frühen Morgen mit Bier und Gegrilltem versorgt. Auch an der Tanke zeigt man Geschäftssinn und macht ganz ähnliche Angebote. Wer noch keine hat, kriegt eine Folie zum Warmhalten und einen Luftballon, damit es sich nachher leichter läuft.
Bald ist die ganze Straße ein einziges Menschenmeer. Fetzige Musik und attraktive Mädels animieren zur Gymnastik und der Sprecher informiert Aktive und Zuschauer mit den letzten Neuigkeiten rund um die Veranstaltung. Mit der Sonntagsruhe ist es für Bewohner vorbei. Folgerichtig verlassen sie ihre Häuser und stehen an der Straße.
Enrico ist verliebt und macht daraus kein Geheimnis. Ganz öffentlich fragt er per Aufdruck auf dem Shirt: „Steffi, willst Du mich heiraten?“ In einem umgearbeiteten Handyetui hat er einen kleinen Strauß dunkelroter Rosen am Arm befestigt. Ich bin neugierig und will wissen, wie seine Chancen sind.
„Sie wird JA sagen,“ ist er überzeugt.
„Weshalb bist Du so sicher?“
„Ich glaube, sie wartet darauf.“
Drei Kenia-Frauen starten mit ihren zwei männlichen Pacern bereits um 8.40 Uhr, also 20 Minuten vor den Eliteläufern in Oberhausen. Dank dieser Strategie kam es beim letzten Mal zu einem spannenden Zieleinlauf, bei dem im letzten Moment die Läuferin das Nachsehen hatte. Dafür, dass das kein reines Prestigeduell ist, sorgen 5.000 Euro Prämie für den oder die Erste, die das Ziel erreicht.
Pünktlich um 9.00 Uhr fällt dann der Startschuss, die blauen und roten Ballons steigen in den Himmel, das Rennen beginnt mit stürmischem Applaus der vielen Zuschauer und einer ersten Steigung, die manchen Pulsmesser schon jetzt zum Piepen bringt.
Mir ist aufgefallen, dass nicht ein einziger Läufer mit einem Schalke 04-Untensil zu sehen ist. Steckt denen die verspielte Meisterschaft noch in den Knochen? Ich teile meine Beobachtung einem anderen Läufer mit und werde sofort aufgeklärt: „Kein echter Schalke-Fan wird jemals hier in Dortmund starten, zumal die Weststrecke auch noch an ihrem Tempel, der Arena, vorbei führt.“ Alles klar, versteh ich. Ich verstehe auch die Freude des Schwaben, der mir mit seinem VfB-Schal direkt vor die Linse läuft.
Nach Langendreer laufen wir auf der B 226 eine lang gezogene Steigung (km 7), an deren Ende links eines der Bochumer Opel-Werke zu sehen ist. Großen Respekt bringe ich einer jungen Läuferin entgegen, die mit Beinprothese auf diesem schweren Abschnitt etlichen Konkurrenten das Nachsehen gibt.
Viele Zuschauer sind hier und bejubeln die bunte Läufermasse. Das ist aber erst der Anfang. Wir sind weiter Richtung Bochum-Mitte unterwegs, Grönemeyers „Gesang“ ist aus einigen Lautsprechern zu hören, als nach gut 9 Kilometern vor Altenbochum die Straße zunächst wegen einer Baustelle ziemlich eng wird. Dann machen hunderte von Zuschauern nicht nur einen Riesenlärm, sondern die Straße noch enger. Wie durch eine Gasse laufen die Marathonis, werden angefeuert, beklatscht und betascht. Als dann kurz vor 10.00 Uhr auch noch die Kirchenglocken läuten, entsteht eine unbeschreibliche Geräuschkulisse. Ich schaue links zur Liebfrauenkirche und sehe den Pfarrer auf der Kirchentreppe strahlen, als wollten alle hier gleich seiner Predigt lauschen.
Oberhausen, 09:00 Uhr: Pünktlich fällt der Startschuss, Luftballons färben den Himmel blau. Trotz der Größe der Veranstaltung benötigen wir vom Startblock C gerade einmal eine halbe Minute, bis wir über die Startmatte laufen.
Die ersten fünf Kilometer sind geschafft, als wir Bottrop-Mitte erreichen. Wir haben bereits die erste Steigung direkt hinter dem Start hinter uns. Hier in Bottrop-Mitte herrscht großer Zuschauerandrang. Eine Samba Band sorgt zusätzlich für viel Stimmung. Mein Bruder, der sonst nur im stillen Wald seine Runden dreht und eher am Lästern ist über die Laufjunkies, schwärmt plötzlich von dieser Atmosphäre. So schnell ändern sich die Zeiten. Wir liegen sehr gut in der Zeit, keiner hat Probleme.
09:54 Uhr, Kilometer 10. Wir befinden uns nun bereits auf „heimischem“ Boden. Sofort an der Stadtgrenze erkennen uns die ersten Leute und feuern uns an. Sie wissen, was uns erwartet: die „Gladbecker Bergwertung“. Durch ein Industriegebiet geht es zur Horsterstraße, die quer durch Gladbeck vom tiefsten bis zum höchsten Punkt der Stadt führt. Mein Bruder drosselt schon mal das Tempo und in seinem Gesicht kann ich ihm jetzt doch langsam die Beanspruchung ansehen.
Kilometer 15, es ist 10:23 Uhr, Gladbeck tobt. Die Sportstadt im Ruhrgebiet feiert die Marathonis wie kaum eine andere auf der West-Strecke. Am Rathausvorplatz stehen die Zuschauer dicht gedrängt in Dreierreihen. Der Chef eines Sportgeschäftes sorgt mit seiner Moderation für Stimmung. Mein Dad wird als „alter Gladbecker Hase“ angekündigt. Die Horsterstraße liegt nun schon hinter uns. Bein Bruder klagt über schwere Beine. Ich hoffe, er schafft auch die nächsten Anstiege bis in sein Ziel in Gelsenkirchen-Buer ohne Gehpausen. Die permanenten persönlichen Anfeuerungen die vielen Bekannten helfen nicht nur ihm.
Kilometer 10, wir sind noch immer auf der B 226. Obwohl das Ruhrgebiet reich an Sehenswürdigkeiten ist, viel davon gibt es an der Strecke nicht zu sehen. Abgesehen von den typischen Bergarbeitersiedlungen dominieren die austauschbaren Stadtbilder. Eine Ausnahme ist das Deutsche Bergbaumuseum (km 13). Mit über 400.000 Besuchern pro Jahr ist es eines der am meisten besuchten Museen in Deutschland, gleichzeitig eines der bedeutendsten Bergbaumuseen der Welt und ein renommiertes Forschungsinstitut für Montangeschichte.
Dass der Marathon durch das Ruhrgebiet dennoch ein Spaß- und Genusslauf ist, liegt an den Menschen hier, die als Bergarbeiter gelernt haben, dass der Eine den Anderen braucht, dass Zusammenhalt alles ist und dass Geselligkeit dazu gehört. So feiern sie, wie die Feste fallen. Gestern Fußball, heute Marathon. Manchmal setzen sie dabei auch Maßstäbe. Ich behaupte mal, dass an keiner Marathonstrecke mehr Bier ausgeschänkt wird, und dass nirgendwo die Kostüme der Samba-Mädels aus so wenig Stoff gefertigt sind.
Gleich habe ich die nächste fußballerische Begegnung, diesmal ist es ein Dortmunder.
„Na, schon fertig mit feiern,“ frage ich den Läufer mit dem großen BVB-Logo auf dem Rücken.
„Sieht man mir was an?“
„Ganz gerade läufst du nicht.“
„Kein Wunder, ich bin erst um 3.00 Uhr ins Bett. Aber den Halben bis Herne krieg ich hin.“
Ich laufe weiter und höre ihn noch skandieren: „Einmal schwarzgelb, immer schwarzgelb.“ Oder umgekehrt. Wenn einem selber nichts gelingt, reicht es manchmal, anderen die Suppe zu versalzen. So ist das eben …
Herne wird erreicht, die Zuschauer werden immer dichter. Auf der Gegenbahn kommen uns die Halbmarathonläufer entgegen. Noch einen Kilometer, dann sind sie im Ziel. Ich gönne ihnen den Triumph, habe aber selber noch nicht genug. Ich fühl mich wohl im Pott und will mehr.
Kann ich haben, zunächst geht’s wieder mal aufwärts über die A 43 und gleichzeitig wird es ruhiger - Zeit zum Durchatmen. Die Halbmarathon-Marke wird in der Holsterhauser Straße erreicht. 2:10 Stunden bin ich unterwegs, es wird nichts werden, Marcel ist bestimmt schneller, wir werden uns in Gelsenkirchen verpassen.
Genau 11:00 Uhr, wir sind bei Kilometer 20. Die letzten Kilometer auf der leicht ansteigenden Autostraße Richtung Gelsenkirchen-Buer sind doch recht einsam. Gerade jetzt könnte man etwas Zuschauerunterstützung gebrauchen. Viele Läufer werden zu Walkern. Auch mein Bruder hat seinen Tiefpunkt. „Ich kann nicht mehr“, muss ich öfters hören. Nur durch viel Zureden können Dad und ich ihn am Laufen halten. Tapfer quält er sich weiter.
Dann das Halbmarathonziel in Buer, dem Partystadteil von Gelsenkirchen. Hier ist wieder Jubel angesagt. Laute Musik und unglaublich viele Zuschauer feiern die Läufer. Mein Bruder kann sogar auf den letzten Metern noch einen kleinen Endspurt hinlegen und erreicht erschöpft aber glücklich das Ziel.
Mit einem Kuss verabschiedet sich meine Freundin und mit Dad werde ich die zweite Hälfte laufen. Wir wollen mal sehen, ob wir vielleicht wie die Profis die zweite Hälfte etwas schneller laufen können. Außerdem liegen wir sehr gut in der Zeit, um Klaus bei Kilometer 28 zu treffen.
Km 25, Kurt-Schumacher-Straße, Veltins-Arena und der Stadtteil Schalke liegen hinter uns. Als Schalke Fans haben wir nach dem verlorenen Revierderby und der wahrscheinlich verspielten Meisterschaft heute keine Lust auf diese Sehenswürdigkeiten. Ich werde mich auch nicht weiter äußern.
Die beiden Brücken auf dieser Straße machen uns nach der ersten, für uns etwas langsamen Hälfte keine Probleme. Andere Marathonis dagegen erklimmen gehend die Brückengipfel. Ob sie wissen, dass das auf dem letzten Drittel weitere „Überraschungen“ auf sie warten?
Genau um 11:46 Uhr sind wir am „Come Together Point“. Hier treffen wir auf die Läufer der Ost-Strecke. Wahnsinns Stimmung. Eine Band peitscht uns durch die Florastraße am Musiktheater Gelsenkirchen. Nachdem wir auf den letzten 10 km fast eingeschlafen sind, sind wir jetzt hellwach. Trotzdem können wir Klaus nicht entdecken. Wir sind wohl doch ein kleines bisschen zu schnell gewesen. Nachdem wir uns von den Zuschauern haben feiern lassen, geht es weiter.
Hier auf der Schnellstraße sind jetzt kaum Zuschauer, ich konzentriere mich aufs Laufen, gebe etwas Gas und merke, dass meine Möglichkeiten heute mehr als sonst limitiert sind. Der nächste Aktionpoint am Sportplatz Bickern (km 24) kommt mir wie gerufen: Fotostopp. Einen Kilometer weiter wird das Ortsende von Herne angekündigt. Selten genug, dass man hier im Ruhgebiet zur Kenntnis nimmt, wenn man eine Stadt verlässt und die nächste erreicht.
Wir sind im Grünen bei einer Kleingartenanlage. Wißt ihr, dass es in Deutschland ein Kleingartengesetz gibt? Wie üblich ist in § 1 geregelt, was ein Kleingarten überhaupt ist. Keine Frage, der Kleingarten wurde in Deutschland „erfunden“. Allerdings in Leipzig, und das schon 1864 von den Pädagogen Hauschild und Schreber. Daher der Name Schrebergärten.
Hier wehen auch einige Schalke-Fahnen, aber keineswegs auf Halbmast.
Gelsenkirchen wird erreicht, die Zuschauer stehen immer dichter, der Lärm und der Jubel werden lauter. Schließlich wird beim „Come-together-Point“ der bisherige Höhepunkt erreicht.
Es ist kurz vor 12 – High Noon. Unbeschreiblich, was sich auf der großen Kreuzung beim Zusammentreffen der beiden Marathonstrecken aus Oberhausen und Dortmund (km 28/29) abspielt. Die Zuschauer würden ein mittelgroßes Stadion füllen und ihr Lärm lässt nur Tote ruhen. Zuerst fallen die Cheerleader der DEG (ich sollte mir doch einmal ein Eishockeyspiel ansehen) ins Auge, dann die brasilianischen Samba-Tänzerinnen, die auf ihrem Gebiet die gleiche Klasse erreichen, wie ihre Landsmänner beim Fußball. Nur dass sie hübscher sind.
Ich schaue nach allem, nur nicht nach Marcel. Er ist sicher auch schon durch. Schade, ich muss weiter. Mit einem deutlichen Motivationsschub mache ich mich auf zum letzten Drittel. In Essen-Katernberg geht es zunächst noch mal abwärts und ich lasse es gemütlich rollen. Dann kommt die Hallostraße und das, was ich vergessen hatte: der härteste Teil der Strecke steht bevor. Mir scheint, Essen ist auf 100 Hügeln gebaut. Dauernd geht es rauf, nie bergab. Ok, ein Berglauf ist es nicht, aber ein Weltrekord wird hier nie gelaufen.
Irgendwann bekomme ich dann doch Gelegenheit, mich bei einem bekennenden Schalker Fan nach dem Spiel gestern zu erkundigen. Es ist ein junges Mädchen, das ich ganz unschuldig nach dem Ergebnis gestern frage.
"Verloren! - 2:0!!- Gegen Dortmund!!!" Gegen Dortmund, das schien mir das Schlimmste zu sein.
"Wie geht es denn jetzt mit de Meisterschaft weiter?" Ich lege bewußt den Finger in die Wunde.
"Abwarten, Samstag ist Schicht, nicht heute." Sie kennt sich aus. Ich laufe weiter und höre noch ihren Gesang: "Steht auf, wenn ihr Schalker seid ..."
Es geht Richtung City. Nach dem Porscheplatz sehen wir links die 1913 eingeweihte Synagoge und nehmen gleich darauf den Anstieg zum Hauptbahnhof.
Kilometer 30, wir sind Richtung Essen unterwegs. Auf der Strecke ist es durch die „Dortmunder Kollegen“ etwas belebter, dafür ist es am Streckenrand jetzt etwas ruhiger. Ich glaube auch, dass die Marathonstrecke von Dortmund etwas beliebter ist, weil sie nicht ganz so profiliert ist. Viele Läufer sind am Marschieren, besonders an den Steigungen in Katernberg. Dad und ich versuchen, ein paar aufzumuntern und auch das Publikum zu mehr Aktivität zu ermuntern. Mancher kriegt auch wieder Schwung, aber ich weiß wie schwer es ist.
Auch den guten Frank Busemann hat es erwischt, das Filmteam und die Zuschauer bekommen lediglich einen müden Fußgänger zu sehen.
Stopenberger Straße (km 37), Schützenbahn, Porscheplatz (km 38), nie ist es eben. Wir sind am Hauptbahnhof, noch zwei Kilometer. Hier in Rüttenscheid mit den vielen Kneipen und Nachtclubs weiß man zu feiern. Musik und begeisterte Zuschauer empfangen uns. Gut, wer das noch genießen kann – wie Dad und ich. Übermütig springen wir umher. „Ihr seid verrückt,“ ruft meine Mutter, als sie uns so sieht. Kann sein, aber was soll’s, so etwas erlebt man nicht alle Tage.
Ich hab’s geschafft, ich habe mich auch die letzte Steigung am Hauptbahnhof laufend hoch gequält. Soooo hatte ich das nicht mehr in Erinnerung. Links die Philharmonie, vor uns die Verwaltungstürme von Versicherungen und der RWE.
Dann endlich der Triumphlauf durch die Fußgängerzone. Jubel, Musik und Zurufe, da tut nichts mehr weh.
Gleich hinter dem Ziel gibt es die Medaille und ein Folie gegen Auskühlung. Dann kommt ein Verpflegungsbereich, der keine Wünsche offen lässt. Dabei haben die meisten nur einen Wunsch: ein (oder zwei, drei) Erdinger.
Das ist für mich ja auch ein Phänomen. Ich war in Bayern bei der Bundeswehr und auch mit einigen Westfalen zusammen. Was haben die über das Bayerische Bier geschimpft und gleichzeitig ihr Pils gelobt. Nie hätte ich es angesichts dieser Erfahrung für möglich gehalten, was ich heute und bei anderen Marathonläufen erlebe. Qualität setzt sich eben durch. Das sage ich manchmal auch in einem anderen Zusammenhang.
Marcel treffe ich nicht, ich habe ihn in Gelsenkirchen um 9 Minuten verpasst und hier im Ziel und in der Halle kann man nur zufällig oder mit fester Verabredung jemanden treffen. Es ist viel zu viel Betrieb.
Im Anschluss erfahre ich dann noch, dass zwei Teilnehmer bei der Ausübung ihres liebsten Hobbys gestorben sind. Die Nachricht macht mich traurig, ich spreche den Angehörigen mein aufrichtiges Beileid aus.
Punkt-zu-Punkt-Kurs mit zwei Startplätzen in Oberhausen und Dortmund, und Ziel in Essen. Welliger Kurs mit einigen lang gezogenen Steigungen.
Champion-Chip.
Attraktive Messe „run, ride, skate“
Halbmarathon, Skaten, Rolli und Walken
Medaille, Urkunde, T-Shirt
Messe Essen mit Auto und öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. Kleiderabgabe in der Messehalle - vor der Fahrt im Shuttlebus zum Startplatz. Reibungslose Organisation.
Alle 3 - 5 km Getränke (Wasser, Iso), Bananen, teilweise Riegel und Gel, am Schluß Cola.
Nach offiziellen Schätzungen sollen 875.000 Menschen an der Strecke gewesen sein.