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Laufberichte

Oberhausen - Essen: 42 km

13.05.07

Das ganze Revier in Bewegung


Lange hatte ich überlegt, ob ich beim Rhein-Ruhr-Marathon in Duisburg oder beim Karstadt Marathon mitlaufen sollte. Duisburg ist für mich mit 14 Teilnahmen Tradition,  aber der Karstadt Marathon startet in meiner Heimatstadt Oberhausen. Nur zwei Wochen trennen die beiden Veranstaltungen. Noch nie bin ich so kurz hintereinander gestartet. Vielleicht nur den Halbmarathon laufen? Aber dann habe ich mich entschieden, doch bei beiden Läufen die Marathondistanz zu wählen.

 

Der Karstadt Marathon fiel im letzten Jahr leider aus. Der Sponsor hatte andere Sorgen. Aber in diesem Jahr ist er wieder da. Das Konzept des Twin-Marathons mit zwei Starts in Oberhausen und Dortmund wurde übernommen. Es macht die ganze Veranstaltung natürlich sehr aufwändig, hat aber den faszinierenden Vorteil, dass die Läufer einen großen Teil des Ruhrgebietes kennenlernen können.

 

Die Weststrecke startet in Oberhausen und verläuft durch Bottrop, Gladbeck und Gelsenkirchen. Am sogenannten Come-Together-Point trifft man die Läufer aus Dortmund. Diese haben bereits die Städte Bochum und Herne durchlaufen. Nun geht es gemeinsam ins Ziel nach Essen. So erfüllt sich das Motto „Zwei Starts, acht Städte und ein Ziel“, welches seit Wochen von den Plakatwänden und in den Zeitungen Reklame für diesen Lauf machte.

Fast 23.000 Teilnehmer hatten sich bei dieser Veranstaltung für die diversen Streckenlängen gemeldet. Neben den echten 5.000 Marathonläufer gibt es noch einen Halbmarathon, 10KM Lauf, FUNRUN, Firmenlauf, Schülerlauf, Walking- und Inlinewettbewerbe.

 

Nun ging es mit 12 Vereinsfreunden also an den Start in Oberhausen. Hatte es am Vortag noch immer wieder heftige Regenschauer mit Windböen gegeben, war es heute doch trocken und mit 15 Grad ganz angenehm. Wir konnten den Kundenparkplatz von Reinhards Apotheke nutzten und brauchten nur noch 400 Meter zum Start laufen. Unterwegs wurden wir von einer Gruppe Afrikaner überholt. Leichtfüßig und konzentriert liefen sie vorbei. Unter ihnen ist auch Moses Masai, der Sieger von 2005 (stieg bei Kilometer 26 aus). Wir wünschten ihnen viel Glück, denn sie würden heute um den Sieg laufen.

Die Männerelite startete in Oberhausen, während die Frauen bereits 20 Minuten vorher in Dortmund starteten. Somit wurde es nochmals spannend, wer nun als erstes das Ziel und somit eine Extraprämie kassieren konnte.

Im Startbereich herrschte bereits Gedränge, denn in Kürze sollte der Start der Inliner erfolgen. Pünktlich wurden sie dann auch von Oberbürgermeister Wehling auf die Strecke geschickt.

 

Nun konnten sich die Läufer aufstellen. Da alle Lauf- und Walkingteilnehmer zusammen starten sollten, wurde das Feld ziemlich groß. Nach aktueller Bestzeit war die Zuordnung zum Startbereich erfolgt und war auch entsprechend auf der Startnummer vermerkt. Die Helfer kontrollierten dies genau und wiesen jedem Teilnehmer seinen Bereich zu. Ich konnte mich mit Startbereich C ziemlich vorne aufstellen. Hier kannte ich doch eine Vielzahl der Läufer und es kam zu den üblichen Fragen. „Wie geht es Dir?“ und „Wie schnell willst Du heute laufen?“ Die Antworten waren in den meisten Fällen nicht ganz richtig. Ich kenne ja meine Pappenheimer und weiß, dass tief stapeln dazu gehört.

 

Mitten im Startfeld interviewt ein Team von WDR3 Frank Busemann. Er ist ja das Aushängeschild des Karstadt Marathon und macht bereits zum vierten Mal den Marathon-Botschafter. Der sympathische ehemalige Zehnkämpfer kommt ja auch aus der Region und genießt als Olympiazweiter immer noch viel Respekt hier. Auch andere Promis sind am Start. So zum Beispiel Boxer Sven Ottke beim Halbmarathon und Eisschnellläuferin Gunda Niemann-Stirnemann beim Inlineskating. Am Nachmittag wird der WDR eine einstündige Zusammenfassung von dem Ereignis senden.

 

Bald werden die letzten Sekunden heruntergezählt und der Start erfolgt. Unter den Klängen der Läuferhymne „Chariots of Fire“ überquere ich nach 12 Sekunden bereits die Startlinie. Die letzten Walker werden ungefähr eine viertel Stunde brauchen.

 


Sofort ist eine leichte Steigung zu bewältigen und die Verkehrsinseln auf der breiten Straße werden durch fahnenschwingende Helfer gesichert. Nach einem Kilometer verlassen wir bereits Oberhausen und erreichen ansatzlos die Nachbarstadt Bottrop Auf der Stadtgrenze steht meine Frau mit einigen Freunden und feuert mich und die anderen Bergheider lautstark an.

 

Jede Stadt bemüht sich, die Läufer besonders lautstark zu unterstützen und hat in den Zentren sogenannte Eventpoints eingerichtet. Hier herrscht dann wirklich Volksfeststimmung und die Zuschauer haben Spaß daran, hier für Gänsehaut bei den Teilnehmern zu sorgen. Man kennt natürlich auch viele Teilnehmer und immer wieder wechseln Zurufe zwischen den Läufern und den Zuschauern. Nach offiziellen Schätzungen sollen fast 850.000 heute an der Strecke stehen.

 

Den ersten Höhepunkt gibt es jetzt am Bottroper Pferdemarkt. Trotz der frühen Stunde haben sich hier viele eingefunden und auch die Kirchgänger bleiben einen Moment stehen und feiern die Läufer. Kurz danach gibt es die erste  Verpflegungsstation und ich nehme einen großen Schluck Wasser, denn meine Kehle fühlt sich schon trocken an. Kein Wunder, denn die Strecke steigt immer noch leicht an.

 

Hier überholt mich Bernadina Kordel von Adler Langlauf Bottrop. Wir begrüßen uns kurz, dann zieht sie unaufhaltsam davon. Sie wird den Lauf in 3:24,03 beenden und damit nicht nur den Altersklassensieg in der W45 erzielen, sondern auch zweite Frau in der Gesamtwertung werden.

 

Kurz danach geht es schon über die Stadtgrenze nach Gladbeck. Die Städte gehen wirklich nahtlos in einander über. Vor mir läuft ein Läufer im Superman-Kostüm und erntet natürlich viel Zuspruch vom Straßenrand und von den anderen Läufern. Ich mache ihn noch mal auf die Regeln aufmerksam, dass er disqualifiziert wird, wenn er fliegen würde. Er verspricht lachend auf dem Boden zu bleiben.

 

Am Straßenrand tauchen immer wieder Schalkefahnen auf und auch einige Läufer laufen im Schalketrikot. Trotz der gestrigen Niederlage ausgerechnet in Dortmund hält man zu seinem Verein.  

 

Die nächste Station ist dann auch schon Gelsenkirchen. Hier zieht sich eine breite Straße endlos lange hin. Dazu ist es ziemlich ruhig und die Läufer sind mit ihren Gedanken mal alleine. Die Halbmarathonläufer schauen schon auf ihre Uhr und überlegen, wann sie den Endspurt anziehen sollen. Vorbei geht es an der Schalke Arena und am Vereinsheim des S04. Kein Dortmunder würde die Weststrecke laufen. Umgekehrt würde natürlich auch kein Gelsenkirchener in der verbotenen Stadt starten. Gut, dass die Läufer meistens tolerant sind.

 

Jetzt wird die Strecke etwas abschüssig und die Halbmarathonläufer geben Gas. Die Kilometertafeln zeigen ihnen, dass sie bald ihr Ziel erreicht haben. Hier ist noch einmal Kirmesstimmung, doch danach wird es für die Marathonläufer erst einmal still und einsam. Zu allem Überfluss steigt auch das Streckenprofil wieder an.

 

Autobahnen, Kanal-  und Eisenbahnbrücken müssen überquert werden. Hinter mir höre ich „Was für eine Sch….strecke“. Oho Freunde, gleich wird es wieder besser. Von weitem höre ich schon die Musik am Treffpunkt des Twin-Marathons, wo die Läufer aus Oberhausen und Dortmund Strecke zusammen kommen.

 

Die Oststrecke soll etwas leichter sein. Ich kann es nicht beurteilen, da ich immer die Weststrecke gelaufen bin. Das Streckenprofil deutet allerdings auch darauf hin. Nun geht es aber für alle gleich schwer weiter. Sobald wir das Essener Stadtgebiet erreicht haben, machen die Stadtteilnamen Stoppenberg und Katernberg auf einmal Sinn.

 

Hier bei Kilometer 32 sind solche Steigungen nochmals eine echte Prüfung. Aber die Zuschauer treiben die Läufer an. Wer will in einer solchen Stimmung schon gehen. Nur an den Verpflegungsständen halte ich jetzt nach Cola Ausschau und trinke den Becher in Ruhe leer.

 

Immer weiter geht es nun Richtung Grugagelände. Hier an der Messe ist das Ziel. Am Hauptbahnhof geht es nochmals durch einen langen Tunnel. Vor mir läuft langsam ein junges Paar. Sie hat anscheinend Probleme und bleibt stehen. Er versucht sie zu motivieren. „Es sind nur noch 4 Kilometer und wir schaffen es noch unter 4 Stunden“. Da kommt wieder Hoffnung auf und sie läuft wieder an. Doch nach 150 Metern ist das Feuer wieder erloschen. Das Knie tut mir so weh, höre ich noch.

 

Je mehr wir uns dem Grugagelände nähern, desto dichter stehen die Zuschauer. Hier vergisst man alle Anstrengung und fühlt sich nur noch als Held. Schon wird der letzte  Kilometer angezeigt und ab hier ist wirklich die Hölle los. Wer jetzt keine Gänsehaut bekommt, muss aus Stein sein.

Meine Frau ist mit der Fangruppe des VfL Bergheide mitten im Getümmel und fotografiert mich. Meine Uhr zeigt 3:58,52 an, als ich die Ziellinie überquere. Das ist Platz 5 in meiner Altersklasse M60. Ein nettes Mädchen hängt mir die Medaille um.

 

Schon bald treffen meine Vereinsfreunde ein. Unter ihnen ist auch Danny Haesters, welcher heute seinen ersten Marathonlauf absolvierte. Mit 4.02,38 und Platz 35 in der Hauptklasse ist er auch sehr zufrieden.

 

Die Zielverpflegung ist gut und wir lassen uns Zeit, bevor wir unsere Kleiderbeutel wieder in Empfang nehmen. Nachdem wir uns noch das Finishershirt und eine Soforturkunde besorgt haben, begeben wir uns zum Ausgang wo wir unsere Angehörigen wiederfinden. 

 

Auf unserem Weg zum Auto geht es noch einmal an der Strecke lang. Ich kann beobachten, dass auch die späten Läufer und Walker immer noch begeisterten Beifall erhalten. Die Zuschauer werden nicht müde auch ihre Leistung zu feiern.

 

Die Sieger kommen übrigens aus Kenia. Bei den Männern siegte Josphat Keiyo in 2:13,28 und bei den Frauen verbesserte Mary Pitkany den Streckenrekord um eine Sekunde auf 2:30,05. Damit sicherte sie sich auch die Extraprämie von 5.000 Euro da Keiyo den 20-Minuten-Vorsprung nicht mehr einholen konnte.

 

Getrübt wurde das tolle Erlebnis, als wir auf der Rückfahrt von den tragischen Ereignissen an der Strecke erfuhren. Leider waren zwei Todesfälle zu beklagen. Trotz aller ärztlichen Mühe waren ein Inlineskater und ein Läufer lnicht mehr zu retten. Betroffen und nachdenklich fuhren wir nach Hause.

 

Informationen: Karstadt Marathon
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