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Laufberichte

„Wärmstens“ empfohlen

 

Puh, was für eine Hitze! Und dann auch noch mittags in der Innenstadt auf hügeligem Kurs unterwegs sein! Aber der Gegenwert ist hoch, man jammert ja gerne auf hohem Niveau: Die wunderschöne Strecke, angefangen vom tollen Ambiente des Start- und Zielbereichs, beeindruckt auch mich alten Hasen nachdrücklich. Auch an der Organisation gibt’s kaum etwas zu kritisieren. Kein Wunder, ich bin ja bereits im vergangenen Jahr hochzufrieden wieder heimgefahren.

Puh, was für eine Hitze! Die gleichen äußeren Bedingungen halten mich auch in diesem Jahr nicht ab, erneut die hessische Landeshauptstadt anzusteuern. Eine Sache allerdings hat sich geändert, und das nicht zu unserem Nachteil: So hat man, wie z.B. in Mannheim, den Start in die Abendstunden verlegt und bietet insofern einen Dämmermarathon mit Start im Hellen und Zieleinlauf im Dunklen an. Wenn man denn für die Marathondistanz gemeldet hat. Alle anderen, egal ob über 3, 5, 10 km oder Halbmarathon gemeldet, laufen bei Tageslicht ein.

 

 

Vom nahegelegenen Parkhaus am RMCC, das der Veranstalter, die Sporthilfe Wiesbaden e.V., ausdrücklich empfiehlt, schlendern wir in zehn Minuten gemütlich ins heutige Epi-Zentrum, dem Bowling Green im Kurviertel und genießen dabei schon etliche hochattraktive Gebäude, die der Stadt ein ganz besonderes Flair verleihen. Auch wenn im letzten Krieg etliches zerstört wurde, ist genug zum Staunen übriggeblieben. Wir Dörfler, also neben dem Autoren seine gesetzlich angetraute Gattin und Fred aus unserem Lauftreff, sind jedenfalls beeindruckt.

Weitere Neuerungen bewerte ich als hoch willkommen: Schmorte ich letztes Jahr noch auf der Wiese in der Schlange vor der Startnummernausgabe in der Sonne, wurde diese in die klimatisierten Kolonnaden verlegt. Ältere Herrschaften sitzen schon mal gerne, daher requirieren wir direkt einige der bereitstehenden Stühle und genießen das Defilee der Läuferinnen und Läufer aus Nah und Fern bei angenehmer Kühle.

Irgendwann ist das Draußen dann aber doch zu verlockend, daher besichtigen wir, was man für uns errichtet hat. Das Ganze vor dem Kurhaus mit seinen beiden Springbrunnen ist schon eine feine Sache. Klasse sind auch die zahlreichen Bäume, die willkommenen Schatten auf den vielen bereitstehenden Biertischgarnituren bieten. Hier kann fast jeder ein Plätzchen finden.

 

 

Doch die Stunde der Wahrheit rückt näher, auch wenn es für mich heute nur die halbe sein wird. Ich denke, ein Bericht von zwei der identischen Viertelmarathonrunden wird sich nicht entscheidend von einem über vier unterscheiden. Wir, die Halb- und Vollmarathoner, werden gemeinsam um 19 Uhr gestartet, die Zehner um 19:25 Uhr, was meinen Reisegenossen eine vielstündige Warterei bei einem evtl. Marathon auf meinen Zieleinlauf ersparen wird, ganz im Gegenteil wird unsere Wiedervereinigung nach dem Schweißvergießen kurz hintereinander erfolgen. Die etwas schrille Stimme der Moderatorin zählt auf Englisch herunter (verstehen die in großer Zahl teilnehmenden Amerikaner keine deutsche Zahlen?), dann schießt uns der Schirmherr und OB, Gert-Uwe Mende, in den Abend.

Auf der breiten Wilhelmstraße, rechts davon eine hübsche Allee nebst Grünanlage mit Denkmälern für Friedrich Schiller und Kaiser Willi I (dem fühle ich mich als Koblenzer durchaus verbunden), geht es mal nicht flott voran, denn die vier Fahrspuren sind gut gefüllt. Eben dies werte ich aber ganz gelassen als gutes Zeichen, denn, um es vorwegzunehmen, der Zuspruch ist enorm. Die Gesamtteilnehmerzahl hat sich, ganz entgegen dem allgemeinen Trend, gegenüber der Premiere erheblich erhöht.

Einige Zug- und Bremsläufer geben Orientierung, meinen aber zu erreichen ist anfangs unmöglich. Auch wenn es nicht wirklich wichtig ist, habe ich mal bzgl. einer evtl. Zielzeit in die letztjährige Ergebnisliste geschielt: Der Median beim Halben lag bei 2:04 Std. Dies, gepaart mit einer 1:51 Std. aus dem vergangenen März in Palma de Mallorca, sollte doch trotz etlicher Höhenmeter zu erreichen sein. Folglich schiele ich nach dem 2:00-Stunden- Läufer, doch der entschwindet rasch nach vorne, denn zahlreiche Fotostops bremsen mich vorerst aus.

 

 

Ah, Streckenänderung: Hatten wir hier im vergangenen Jahr eine 180°-Wende, biegen wir heute rechts ab und steuern den Schloßplatz früher an. Von Restaurantgästen angefeuert, erreichen wir als erstes das Dernsche Gelände, eine große innerstädtische Freifläche, und bewundern zur Linken die neugotische, backsteinerne evangelische Marktkirche. Rechts grüßen der „hessliche“ Landtag im ehem. Schloßgebäude, links das neue Rathaus. Vorbei an attraktiven Bürgerhäusern kommt nach kaum einem km die erste Möglichkeit, den bereits vergossenen Angstschweiß auszugleichen.

Die Marktstraße als vermutete Haupteinkaufsstraße ist mittig für uns abgesperrt. Rechts und links läuft der Fußgängerverkehr weiter, was ungeteilte Aufmerksamkeit und so manchen Beifall ob unserer bis dahin schier unmenschlichen Leistung garantiert. Wie im vergangenen Jahr locken regionale Spezialitäten vom Grill, uns leider vergebens. Wir kehren ans neue Rathaus und über die Marktkirche zum Startbereich zurück. Die größte Kuckucksuhr der Welt, halb verdeckt von Bauplanen, sehe ich wohl im Gegensatz zu den meisten anderen, denn an die erinnere ich mich gerne.

Das Starttor in umgedrehter Richtung passierend drehen wir eine Minirunde um das Denkmal zu Ehren Kaiser Friedrichs III, unseres (nur) 99-Tage-Kaisers. Überraschung: Hier feuern Elke und Fred an, deren 10 km-Start um 19:25 Uhr bevorsteht. Jetzt gibt’s endlich Platz, der erste von zwei Aufstiegen beginnt.

 

 

Zwar moderat, aber recht lange und für Flachlandtiroler deutlich zu spüren, geht es den Neroberg als Wiesbadener Hausberg hinauf. Nach einem Oval um eine grüne Lunge namens Neropark herum werden wir bald wieder hier sein. Vorerst geht es aber weiter bergan, den Park zur Rechten und durchaus mondäne Villen der Schönen, Reichen und ganz schön Reichen zur Linken. Schneller als mir in Erinnerung geblieben ist, erreiche ich mit der Bergstation der Nerobergbahn den ersten Scheitelpunkt. Die verbindet als historische Standseilbahn seit 1888, 438 m lang und 83 HM überwindend, den Gipfel mit dem Nerotal.

Abwärts läufts sich’s dann irgendwie doch flüssiger. Das Oval ist vollendet, als es unmittelbar vor dem Startgelände wieder zu trinken und auch etwas zu knabbern gibt. Wie gewonnen, so zerronnen: Kaum wieder unten, kommt die nächste Steigung, diesmal auf den Sonnenberg. Auch hier gibt es zwischen Grün und Villen viel zu sehen, langweilig wird mir nicht. Knapp zwei km weiter verlieren wir die erarbeiteten Höhenmeter schon wieder. Länger begleite ich einen Vater mit seinen Töchtern auf deren vermutet ersten Halbmarathon. Dritter VP, weiter oben ist eine Zeitmessung erfolgt. 

Dann wieder Neues: Wir biegen in ein umzäuntes Gelände ab und umrunden den Kurparkweiher, wo sich Heerscharen invasiver Gänsefamilien und sonnenhungriger Zweibeiner gegenseitig das Leben schwermachen. Über eine breite, gekieste Fläche laufen wir an der arbeitslosen Konzertmuschel vorbei. Tip fürs nächste Mal: Da eine Heavy Metal-Band reingestellt, dann geht der Punk ab. Zumindest für mich, Ihr kennt die Szenen mit dem headbangenden Dödel.

Wieder aus dem umzäunten Gelände heraus erreichen wir das spätere Zielgelände und können einen Blick sowohl auf den Zieleinlauf als auch die schrille Moderatorin werfen. Unterm Starttor hindurch sind die ersten 10,55 km abgearbeitet und ich bin auf der zweiten Runde.

Knappe 58 Minuten habe ich benötigt, das sieht hinsichtlich einer sub 2 Std. gut aus. Das meiste mir interessant Erscheinende habe ich abgelichtet, daher bekommt die Kamera eine weitgehende Erholungspause, während der alte Mann versucht, das Tempo zu halten. Das gelingt ihm leidlich, auch wenn die Steigungen – unverändert weder dramatisch hoch noch lang – schwerer zu fallen beginnen. Trotzdem zahlt sich das Training im rheinischen Westerwald aus: Bergab hat der alte Sack wenig zu melden, aber bergauf kann er in seiner Preisklasse glänzen.

 

 

Nach guten 20 km sind wir schon verdächtig nah am Ziel. Die werden doch nicht? Doch, sie tun es, und jagen uns nochmals um den Teich, beide Runden sind also komplett identisch. Das Ziel vor Augen, wagen es doch tatsächlich drei Unfaire, den Star des Abends noch zu überholen. Der aber freut sich doppelt: Erstens ist er unter 1:56 Std. geblieben und zweitens wird er von einer optisch bekannten Person mit der schönen Medaille (die gleiche wie im Vorjahr) dekoriert. Sibelle, Repräsentantin und Personalleiterin Deutschland des Titel- und Hauptsponsors, steht wieder gleichermaßen fröhlich wie blumengeschmückt an der beliebtesten Stelle eines jeden Wettkampfs und strahlt mit der untergehenden Sonne um die Wette. Irgendetwas Nettes scheine ich zu ihr gesagt zu haben, denn ihr Strahlen ist nachhaltig. Und wenn sie verspricht, im nächsten Jahr wieder dabei zu sein, steht einer dritten Teilnahme meinerseits wohl wenig im Wege.

Ein sehr gutes Konzept, glücklich gewählte Startzeiten, eine Bomben-Location und ein wirklich schöner Kurs sind überzeugende Argumente, hier ganz gegen meine Gewohnheit auch ein drittes Mal zu erscheinen. Ja, Sibelle ist auch eines.

Das Konzept und die Erfahrungen der ersten Ausgabe scheinen viele Menschen überzeugt zu haben: So beträgt das Plus beim Marathon und beim Halbmarathon jeweils stolze 54% (122 ggü. 79 Erfolgreiche im letzten Jahr bzw. 928 ggü. 602), beim Zehner 42% (522 ggü. 388) und beim Fünfer gar 59% (515 ggü. 324). Läufer stimmen mit den Füßen ab. Alles richtig gemacht, weiter so!

 

Streckenbeschreibung:

Sehr attraktive 10,55 km-Stadtrunde mit hohem Grünanteil und zwei Steigungen mit insgesamt knappen 90 HM.

 

Startgebühr:

Je nach Anmeldezeitpunkt 55 bis 72 € für den Marathon, 31 bis 42 € für den Halben.

 

Veranstaltungen:

Marathon und Halbmarathon, 10 und 5 km sowie 3 km-Kinderlauf.

 

Leistungen/Auszeichnung:
Medaille, Urkunde, kostenloser Fotodienst, Shirt (12 €) beim Marathon inkludiert.

 

Logistik:
Alles perfekt am Bowling Green/Kurgelände.

 

Verpflegung:

4 VP (einer davon doppelt anzulaufen) mit allem Notwendigen.

 

Zuschauer:

Mit steigendem Bekanntheitsgrad weiter ausbaufähig, aber durchaus jetzt schon bestehendes Interesse.

 

Informationen: Ikano Bank City Marathon Wiesbaden
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