Im Jahr 2014 nahm ich an der Rennsteigquerung teil. Damals startete das Rennen in Behringen (östlich von Eisenach) und endete in Bad Salzungen (südlich von Eisenach). Es musste halt genau geplant werden auf dem Punkt-zu-Punkt-Kurs. Angefangen beim Organisatorischen und aufgehört beim Persönlichen wie Autonachziehen oder Rückfahrt zum Start. Ich habe das seinerzeit ausführlich beschrieben.
In diesem Jahr hat das OK-Team vom Pummpälzweg e.V. unter Vorsitz von Werner Wolf den Kurs im positiven Sinn verändert. Wir werden den Rennsteig zwei Mal queren. Start und Ziel ist mittlerweile im Gumpelstadt, ein Shuttlebetrieb hat sich erübrigt. Der Ort gehört zur Gemeinde Moorgrund und dieser liegt unweit von Bad Salzungen und Eisenach, direkt an den westlichen Ausläufern des Thüringer Waldes. Durch diese Änderung lässt es sich alles einfacher organisieren.
Wir haben im Vorfeld eine Ferienwohnung gebucht, auf Zuruf von Werner, der hier alle Leute kennt und bekannt ist als umtriebiger Mensch. Vor allem ist er Ansprechpartner, wenn es um seine Laufveranstaltung oder um seine Wanderweltmeisterschaft geht, die hier im Mai 2019 stattfand. In Möhra sind Henny und ich untergekommen. Dass dieser Ort (600 Einwohner) Lutherstammsitz ist, habe ich nicht gewusst. Da sieht man, dass man lebenslang immer noch etwas Neues erfahren und lernen kann. Johann Wolfgang von Goethe wusste es damals schon und lebte auch danach: Die beste Bildung findet ein gescheiter Mensch auf Reisen. Ich sag einfach: „Hamma wieder was glernt!“
Wir reisen wieder mit der Bahn an, brauchen ein wenig mehr Zeit als mit dem Auto und können schon frühzeitig die Gegend zwischen Rhön und Thüringer Wald sehen. Ein Regionalbahnhof ist zwar zwei Kilometer von Möhra weg, aber wegen Gleisbauarbeiten ist kein Zugverkehr ab Bad Salzungen möglich. Der Autor schaut sich die Landkarte näher an und bemerkt, dass der Schienenersatzverkehr eigentlich durch Möhra fahren muss. Und so sprechen wir den Fahrer an, der uns dann am Zielort aus dem Bus steigen lässt. Am späten Nachmittag streifen wir durch den Ort und werden natürlich auch von den Einheimischen angesprochen. Besonders zu empfehlen für eine Besichtigung ist die aus dem 16. Jahrhundert stammende Lutherkirche, das Friedhofstor und das Lutherdenkmal (1861 eingeweiht) sowie der Lutherplatz. Am Friedhof finden wir noch einige Gräber von Luthers Nachfahren in 16. oder 15. Generation, wie uns ein Friedhofsbesucher berichtet.
Für den nächsten Tag haben wir uns ein Shuttle in das fünf Kilometer entfernte Gumpelstadt bestellt. Und so sind wir etwa 45 Minuten vor dem Start um 08.30 Uhr schon vor Ort, wo es noch sehr familiär zugeht. Viele Mitstreiter werden sich auf den Marathon mit 1300 Höhenmetern nicht begeben. Knapp 50 haben sich vorgemeldet, es wird wohl auf der Strecke sehr übersichtlich werden. Auf den beiden anderen Strecken (Halbmarathon- und Viertelmarathon) kommen noch einige hinzu. Wanderer dürfen auch auf beiden kurzen Strecken auch dabei sein.
Eigentlich ist es schade, dass die Veranstaltung nicht mehr Zuspruch hat, denn der Naturliebhaber würde sich auf den Höhen des Thüringer Waldes glücklich fühlen. Und wem es vielleicht beim Rennsteiglauf zu viele Läufer sind, für den wäre die Rennsteigquerung eine interessante Alternative. Wir werden fast nur Wald sehen, lediglich am Anfang und am Ende werden wir uns in schattenlosem Gelände mit Asphalt und der Sonne auseinandersetzen müssen. Es soll just am Wettkampftag sauheiß werden. Dabei geht es nicht um die 30-Grad-Marke, Thema wird sein, ob der absolute Temperaturrekord in Deutschland gebrochen wird.
Noch zehn Minuten, Werner ruft zum Start auf der Hauptstraße vor die Kulturscheune. Die Läufer stehen jetzt schon nur im Schatten. Das wird heute ein extremer Test, da bin ich mir sicher. Pünktlich wie die Maurer nimmt Werner eine Startklappe in die Hände und in Betrieb. Auf geht’s.
Recht gemächlich setzen wir uns in Bewegung. An der Spitze scheint es keine Eile zu geben. Ich lasse mir Zeit, mache ein paar Bilder und bin schon am Ende des Feldes. Egal, dann rolle ich halt das Ganze von hinten auf.
Knapp 1000 Einwohner hat Gumpelstadt. Nach ein paar Metern laufen wir an der evangelischen Georgskirche vorbei, die wohl im 15. Jahrhundert errichtet wurde. Wenn wir das Gotteshaus das nächste Mal sehen, dann haben wir nur noch ein paar Schritte zur Ziellinie. Wie wird es mir heute auf diesem hügeligen Kurs ergehen? Ein kleine Steigung als Apero, eine kleine als Dessert und dazwischen zwei große auf dem Kammweg des grünen Waldes. Und an den zwei langen Bergen werde ich meine Grenzen testen, da bin ich mir sicher.
Steigend verlassen wir Gumpelstadt nach fünf Minuten Joggen, ein Lauftempo wäre schneller. Aber heute müssen wir unser Tempo kontrollieren, sonst könnte es in die Hose gehen. Nach einigen Minuten, der Asphalt liegt längst hinter uns, sehe ich erste Fischweiher und dann weit vorne einen Schatten, der sich zu einem Teich hinbewegt. Da wird doch kein Läufer ins Wasser springen? So ganz sicher bin ich mir nicht. Ich sehe aber dann, dass sich eine Hundehalterin abmüht, ihren großen Hund wieder aus dem Wasser zu ziehen.
In dem Geländeabschnitt gab es hier früher Weltmeisterschaften im Moto-Cross mit bis zu 60.000 Zuschauern. Heute versucht man sich an Weltmeisterschaften im Wandern. Da könnt ihr auch mitmachen. Joggen darf man (glaube ich) auch, allerdings sind die zeiten gedeckelt. Fragt den Werner, wenn ihr Interesse habt. Das Motocross-Gelände wurde aufgelassen und die Natur hat sich diese zurückgeholt. Da kann man jetzt seltene Orchideen und Silberdisteln finden.
Wir nähern uns dem Wald mit großen Schritten. An der Wüstung Gauchsthal, einer ehemaligen Siedlung, rodeten vermutlich Franken vor rund 1000 Jahren die Waldungen und errichteten ihre Wohnstätten. Später verließen sie die Gegend. Spuren davon waren noch bis ins 18. Jahrhundert sichtbar. Heute sehen wir eine riesengroße Lichtung.
Weiter führt der gute Forstweg bergauf, selten wird er ruppig, aber er ist gut laufbar, nicht zu steil. An einigen Stellen muss ich kurz verschnaufen, um neben meiner fotografischen Arbeit ein paar Blicke auf die fernen, blauen Berge der Rhön wie Wasserkuppe und Kreuzberg zu werfen. Heute sind diese hessisch-bayerischen Anhöhen auch von hier wieder zu erreichen. Vor der Wende ging da gar nichts. Wir sehen auch einen künstlichen Berg, den Monte Salino oder Monte Kali, einen 500 Meter hohen Abraum der Kali und Salz AG.
Beim Blick nach Westen sehe ich Möhra, wo Martin Luther das Neue Testament übersetzt hat, und von wo am 04. Mai 1521 das von Thüringen ausgegangene Weltereignis der Reformation seinen Anfang nahm. Der erste kurze Anstieg endet oberhalb Waldfisch, ein Ortsteil von Moorgrund, die Strecke fällt rund 100 Höhenmeter hinunter. Von Reporterkollege Frank Albrecht habe ich mich schon am Anstieg verabschiedet, er will in Richtung sechs Stunden finishen.
An einem Eck endet das Gefälle und es beginnt der erste lange Anstieg auf dem Schindrasen. Vielleicht hat der den Namen deswegen, weil jeder Wanderer sich schinden muss, um Anstieg auf den 650 Meter hohen Kissel erfolgreich zu bewältigen.
50 Minuten bin ich unterwegs, dann wartet die erste Tankstelle mit Wasser auf uns. Ich schnappe mir einen großen Becher. Ein paar Meter weiter passieren wir das Jagd- und Forsthaus Kissel, gut sechs Kilometer haben wir hinter uns. Der Meininger Herzog Georg ließ das Forsthaus vor 150 Jahren im Blockhaus-Stil errichten, er ging hier auf Jagd nach Rotwild. Gleich daneben ist das Waldhaus Kissel, ein früheres staatliches Haus des Forstwirtschaftsbetriebes Bad Salzungen.
Immer noch geht der Kurs zum Hohen Kissel bergan, bis wir an eine große Lichtung kommen, wo wir wieder einen fantastischen Ausblick auf die Landschaft unter uns haben. Dann geht es bergab, ich lasse es laufen. Man spürt die Höhe, die Hitze ist etwas erträglicher. Oder ist es nur das Lüftchen, das uns um die Ohren weht?
Auf dem Sallmannshäuser Rennsteig erreichen wir gefällig das Ruhlaer Häuschen (629 Meter). Eigentlich braucht da der Wanderer eine genaue Karte, denn an vielen Wegweisern werden nicht nur zwei Ziele angegeben, sondern manchmal gleich zehn. Ich kann mir gar nicht so viel merken. An dem Häuschen sehen wir den Rennsteig-Obelisken, ein historischer Stein am Rennsteig-Kilometer 14 und am Beginn des Sallmannshäuser Rennsteig.
Wir sind jetzt also auf dem Rennsteig, dem Premiumwanderweg schlechthin, und laufen in Richtung Eisenach. Die nächste V-Stelle betreiben meine Feuerwehrfreunde Etterwinden. Cola, Wasser, Schmalz- und Käsebrote sind gerichtet, hinter einem Baum steht eine Kiste Bier. So was riechen Floriansjünger. Ich bin wieder einmal erfolgreich beim Schnorren. Ja, ein Bier ist genehm, erst dann laufe ich weiter.
Nach wenigen Minuten erreiche ich den Ort „Am Jubelhain“ (551 Meter). Hier wurde eine Wasserleitung gegen Ende 1800 zur Wartburg gebaut, das Wasser war gut für die Burgbewohner. Wir können uns an einer Quelle ein paar Meter daneben erfrischen.
Wir passieren einen Freiplatz, den der Sturm Kyrill im Jahr 2007 geschaffen hat. Wer genau hinschaut, kann entdecken, dass sich die Natur das Gelände mit Mischwald langsam wieder holt.
Weitere 100 Höhenmeter verlieren wir hinunter zur Hohen Sonne (434 Meter), eine Waldsiedlung der Stadt Eisenach. Bis auf zwei Sendemasten und einem Wohnhaus besteht die Siedlung aus einer Ruine des früheren Jagdschlosses, das seit 1985 wegen nicht zu behebender Bauschäden geschlossen ist. Wie es da weitergehen soll, ist unbekannt. Zumindest steht es auf der Liste der 16 gefährdeten Schlösser Thüringens. Die Feuerwehr Wutha-Farnroda erwartet uns mit Getränken und Snacks. Wenn ich Zeit hätte, könnte ich den Ausblick auf die Wartburg genießen oder die Rostbratwürste, die auf dem Parkplatz angeboten werden. Die Drachenschlucht und Landgrafenschlucht wären ebenfalls besuchenswert.
Wir verlassen den Rennsteig und wenden uns nach rechts auf die Alte Weinstraße. Der Name hat weniger mit dem Getränk zu tun, viel eher mit der Pein und dem Weinen beim damaligen Überqueren des Rennsteiges. Marienblick nennt man den herrlichen Aussichtspunkt zur Wartburg. Ein Schild warnt jedoch: „Wer stehenbleibt, verliert (Zeit)!“ Zeit für einen Schnappschuss habe ich aber immer.
Weiter führt der Weg hinunter. Es rollt, obwohl es jetzt sogar im Wald spürbar wärmer wird. Die Ortschaft Mosbach sollen wir nach gut zwei Kilometer erreichen, wird signalisiert. Das Gelände wird offener und auf einer Weide drängen sich Kühe im Schatten des einzigen Baumes weit und breit. Es muss für sie in der Sonne mittlerweile unerträglich heiß sein. Im Ötztal habe ich einmal erlebt, dass Kühe von der heißen Almweide auf das kühle Gletschereis des Similaun geflüchtet sind.
Wir laufen an einem Schwimmbad vorbei, wo Liege- und Parkplätze begehrt geworden sind. Am Sportgelände des SV Mosbach schließe ich auf Matthias auf. Miteinander geht es einfacher und leichter bis zu einer privaten Wasserstation. „Für die Helden über 42 km“, steht auf einem Schild. Geboten wird frisches Wasser, das wir gerne nutzen. Ein toller Service einer lieben Anwohnerin.
Ein Wegweiser zeigt später auf einem Pfad das Hölltal an. Wir laufen in den Ort, wo uns eine Mutter mit Tochter nochmals mit Wasser versorgt. Vielen Dank, ihr seid Spitze. Der Kurs hat nun nach Süden gedreht, wir joggen am Mosbach leicht bergan. Ich bin froh, dass es nun wieder in den Schatten geht und frage mich, wo denn die nächste V-Stelle steht, wo es das Bier geben soll. Eine Halbe will ich mir „eini“ schütten.
Doch dann Frust: „Ihr befindet euch auf dem Bierweg, aber keine falschen Hoffnungen machen“, ist auf einem Schild zu lesen. Hat man uns verarscht? Ich weiß noch genau, dass ich beim letzten Mal am Ortsausgang an einer V-Stelle tatsächlich Bier kredenzt bekam.
200 Meter weiter die Rettung, die V-Stelle betreiben die Kameraden der Feuerwehr Mosbach, die mit ihren Fahrzeugen, Wasserpumpe, Stehtischen und anderem Gerätschaften auf die durstigen Läufer warten. Beim Wasser wird kaum zugegriffen, dafür schon eher beim Bier. Auf die Frage nach dem besten Löschstoff kommt es von der Feuerwehrkommandantin (Respekt!) wie aus einer Pistole geschossen: „Wasser, Schaum und Kohlensäure“. Ich genehmige mir eine Halbe Rhöner Fahrtbier und mache mich dann weiter auf den Weg, die Höllwand hinauf. Da fallen mir Eiger Nordwand, Fleischbank oder Grandes Jorasses ein. Nichts davon würde ich schaffen. Und jetzt die Höllwand?
350 Höhenmeter geht es die nächsten zehn Kilometer hinauf, Erholungsstücke Fehlanzeige. Hat der Genussläufer genug Reserven getankt, damit er hinauf kommt? Ganz langsam kann ich hoch traben. Gabi vom WSV Ilmenau, das ist im südlichen Thüringer Wald, kennt das Mittelgebirge wie ihre Westentasche. Sie lässt mich stehen, denn mittlerweile muss ich spazieren gehen. Oben am Todtemann kann ich ein wenig verschnaufen, die Steigung nimmt ab und ich kann wieder anlaufen.
Mittlerweile sind wir wieder am Rennsteig an dem Wegstück, wo wir vor gut 1,5 Stunden hinuntergebrettert sind. Jetzt lassen es Radfahrer mit Startnummern laufen, dass es staubt. Mit unserer Veranstaltung haben die nichts zu tun, da gibt es einen anderen Wettbewerb. Die Tankstelle der Kameraden aus Etterwinden kommt gerade recht, es gibt wieder gescheites Bier. Und mache den Joe, nur dass er die Halbe in der halben Zeit vernichtet hätte. Nach drei Minuten mache ich mich auf den weiteren Weg.
Weit oben in einem Baum sehe ich einen überdimensionalen Schlüssel hängen. „Am Schlüssel“ heißt die Stelle dann auch logischerweise. In einer Baumhöhle soll einst der Schlüssel zum Ruhlaer Häuschen versteckt gewesen sein. Nach einigen Minuten sind wir dann auch am besagten Häuschen (630 Meter) angekommen.
Die Schlauchentalwiesen, wieder eine große Lichtung. Der Name stammt sicher von dem hier vorkommenden Wiesenknöterich, dessen Blätter Schlauchen genannt werden. Tief unten liegt Ruhla, eine Bergstadt mit 5.500 Einwohnern, die bekannt war wegen ihrer Pfeifen- und Uhrenproduktion. Heute macht man mit dem Tourismus mehr Geschäfte. Und wer Thüringen schnell kennenlernen möchte, kann in den Park mini-a-thür gehen, denn dort werden über 100 Sehenswürdigkeiten Thüringens in klein gezeigt.
Wieder geht es steil hinauf, ich kann nicht mehr laufen und verliere natürlich Zeit. Anderen geht es auch nicht besser, denn ich sehe niemanden vor oder hinter mir. Nicht nur einmal denke ich, ich bin auf einem falschen Weg. Ein weiterer Biker avisiert mir dann eine Trinkstelle in 100 Meter. Diese wird von der Bergwacht Thüringen am Waldhaus Auerhahn betrieben.
An der Großen Meistersleute (671 Meter) verlassen wir zum zweiten Mal den Rennsteig. Und es wird historisch. Denn wir rennen da hinunter, wo Martin Luther nach seiner Scheingefangennahme herauf und zur Wartburg gebracht wurde. So ganz bin ich mit dieser Geschichte vertraut. Ich bin ja katholisch.
Ich kann hinunter joggen und die restlichen Kilometer nehmen wieder etwas schneller ab. Immer weiter laufe ich entlang der Schweina, einem kleines Gewässer, das nach zwölf Kilometer in die Werra mündet. Wir haben auf den letzten Kilometern 300 Höhenmeter verloren. Die Luft ist heiß und trocken.
Unten die Wende. Nach einer kurzen Getränkepause, die Bergwachtaler lassen sich die Riesenbratwürste schmecken, geht es kurz hinaus aus dem Wald und über die Schweina, dann führt der Kurs nach oben in den Silbergrund. Nach einem guten Mahl folgt jetzt das eingangs erwähnte Dessert, auf das ich aber verzichten könnte. 100 Höhenmeter hinauf zur Alten Warth, ein teilweise bewaldeter Berg.
Ewig dauert der Anstieg, dann möchte ich am Beginn des Gefälles anlaufen. Sofort fährt mir ein Krampf in die linke Wade. Ich muss aufpassen, dass ich nicht das Gleichgewicht verliere und ich mich in den Brennnesseln wiederfinde. Zum Glück hat mich keiner gesehen. An der zusätzlich eingerichteten Trinkstelle setze ich mich nieder und bekomme prompt in der anderen Wade einen Krampf. Nur noch ein kurzes Stück, meint der Helfer.
Es geht aus dem Wald hinaus und auf eine Art Trockenwiese, buckelig und bergab. Ich sehe am Anfang Gumpelstadt noch nicht, ich muss weiter hinunter. Ich komme mir vor wie im Mittleren Westen der USA, die Luft ist zum Schneiden und heiß wie in der Hölle. Wer sich da hinlegt, wird vom Planeten gegrillt. Schritt für Schritt plage ich mich weiter, sehe zuerst Gumpelstadt und dann noch eine Infotafel. Stehenbleiben traue ich mich nicht, nicht dass ich noch aus den Latschen kippe. Ich jogge in den Ort hinein, wo es auf einer Straße 100 Meter ansteigend geht. Wieder marschieren. Fast oben, spüre ich, wie sich jemand von hinten nähert. Der Kurs schwenkt nach links, ich kann laufen und denke noch: „Den lasse ich nicht vorbei“. Und schon bin ich im Ziel an der Kulturscheune.
Ich muss mich setzen, der Kreislauf geht abwärts und eine Helferin nestelt den Zeitmesschip von der Startnummer weg. Ein Wasser soll ich trinken. Cola wäre mir lieber. Noch besser ist das Pummpälzpils, das mir Werner bringt.
Vom Zeitnehmer bekomme ich dann noch einen Ausdruck, vergleichbar einem Bon von der Supermarktkasse. 4.46 Stunden stehen drauf, wegen einer nicht umgestellten Winterzeit müssen wir eine Stunde dazurechnen. Kann ich noch verstehen. Aber ich gebe mich ungläubig, als ich Platz eins der Kategorie lese. Aber das stimmt tatsächlich, hurra. Ich muss also doch ganz gut gelaufen und Kobold Pummpälz zufrieden mit mir sein. Jedenfalls hat er mich nicht abgewatscht.
Später kommt auch Henriette ins Ziel, sie hat ihren 25. Marathon gefinished und ist hochzufrieden. Ein Lob auch der Marathonnovizin Johanna aus Meiningen, die sich genau im Mittelfeld der Frauen platziert hat, sowie dem Laufurgestein Hagen, der in der AK 75 unterwegs ist.
Mein Fazit:
Werner, das hast du mit deinen Helfern gut gemacht. Top auch, dass noch eine zusätzliche Wasserstelle bei Kilometer 41, oder war es vielleicht schon 42, eingerichtet hast. Der Kurs muss länger gewesen sein. Mich hat die Freundlichkeit der Helfer restlos begeistert. Schade, dass so wenige Leute mitlaufen. Da gibt es Nachholbedarf.
Ergebnisse:
Männer:
1. Swen Thorhauer, Lauffeuer Fröttstädt, 3.58.15
2. Christian Koch, Lauffeuer Fröttstädt, 4.04.21
3. Norman Linke, Lauftreff Friedrichroda, 4.07.31
Frauen:
1. Gabi Thiele, WSV Ilmenau, 5.09.44
2. Renate Warnstedt, Triathlon Gera, 5.14.55
3. Tina Herrmann, Rennschnecken Bunkersdorf, 5.28.27