marathon4you.de

 

Laufberichte

Was wäre Bremen ohne Musikanten

 

Wer in Bremen den Marathon läuft, lernt die Stadt und die Umgebung besser kennen, als die  berühmten Musikanten. Die haben sie es ja nur bis zu einer Räuberhütte geschafft, die zufälligerweise in meinem Heimatkreis zwischen Brakel und Ovenhausen zu finden ist. Das Haus steht zwar nicht mehr, trotzdem erinnert man sich noch daran. Wie dem auch sei, ich freue mich auf die Hansestadt, von der im Märchen so geschwärmt wird. Überliefert aus dem Paderbörnschen von der Familie von Haxthausen. Mit meiner besseren Hälfte reise ich bereits am Samstag an, um mich an die freie Stadtluft zu gewöhnen.

Zuerst einmal die Startunterlagen beim SportScheck, dem großen Sportartikelhändler, abholen. Der Andrang ist enorm. Kein Wunder, nach überwundener Coronakrise steigen die Teilnehmerzahlen erfreulicherweise wieder. Nach Erhalt des Starterpakets gibt es noch einen kleinen Bummel durch die Innenstadt. Der Marktplatz ist schon gut besucht. Hier wird morgen der Start- und Zielbereich sein, dann wird noch deutlich mehr Betrieb sein. Jetzt ist es noch überschaubar, sodass mich Michaela entdeckt und anspricht. Im letzten Jahr haben wir den Bad Harzburger Bergmarathon zusammen unterhaltsam und locker gemeistert. Da bietet es sich an,  auch Bremen gemeinsam läuferisch zu entdecken. Treffpunkt ist der 10 m Roland vor dem Rathaus, Wahrzeichen von Bremen und seit 1404 Wächter über die Freiheit und Rechte der Stadt.

 

 

Doch vorerst trennen sich unsere Wege. Gemeinsam mit Silke erkunde ich das kulinarische Angebot der weltoffenen Hansestadt. Frisch gestärkt geht es zeitig ins Bett, um ausgeruht an den Start zu kommen. Dabei kann ich sehr gut ausschlafen, denn der Start ist erst um 9.30 Uhr.

Der Weg zum Start ist bei der gewählten Unterkunft kurz. Nur über den alten Stadtgraben, schon ist das Rathaus fast erreicht. Das Treffen mit Michaela klappt vorzüglich. Sie fällt mit dem Shirt vom Burgwald Märchenmarathon besonders auf, denn auf der Rückseite sind die Bremer Stadtmusikanten abgebildet. Auch Leonhard fällt das offenbar auf und so kommt es einem kurzen Interview für Radio Bremen. Im Gegenzug werden wir über  Highlights des Strecke informiert. Viel Abwechslung erwartet uns, weshalb wir zwar nicht ungeduldig aber sehr gespannt an den Start gehen. Vorher noch Maria und und Gerd, den ich dessen 1.000 Marathon auf Helgoland ich dabei sein durfte, begrüßt und dann geht es auch schon pünktlich auf die Strecke.

 

 

Langsam setzt sich das Feld in Bewegung. Die Masse lässt nur ein gemütliches Antraben zu. Kommt uns nicht ungelegen, denn zu schnell wollen wir es nicht angehen. Wie orientieren uns dabei an den auch hier gestellten Brems- und Zugläufern. Wir ordnen uns bei 4:30 Stunden ein und verlassen den Marktplatz. Schnell dominieren moderne Geschäftshäuser die Szenerie, immer unterbrochen von historischem Bauwerken. Nach nicht einmal einem Kilometer haben wir den ersten Schwenk Richtung Süden/Südosten vollzogen, zwei weitere folgen wir dem Stadtgraben. Kurze Zeit später haben wir den alten Kern von Bremen entgegen dem Uhrzeigersinn umrundet.

Mittlerweile hat sich uns Manfred angeschlossen. Genau wie Michaela war er erst letztes Wochenende beim Rekordmarathon in Berlin unterwegs. Wenn man nicht Jubiläumsläufer ist, muss man dort auf sein Losglück hoffen. Das hat Michaela offensichtlich, denn auch den heutigen Start konnte Michaela so bekommen. Ich freue mich mit ihr, denn nur deshalb sind wir heute gemeinsam unterwegs.

Erstmals überqueren wir die Weser. Die Aussicht ist diesig, die Temperaturen dafür angenehm. Trocken wird es auch bleiben, damit bin ich sehr zufrieden. So kann ich noch frischen Mutes der Strecke nach Südosten folgen. Wester- und Osterstraße sind breit angelegt. Das Feld hat sich schon weit auseinander gezogen, jeder hat sein Tempo gefunden. So überqueren wir kurz darauf die Brücke über die kleine Weser. Weiter geht es nach rechts, am Ufer des Flusses  entlang. Rechterhand kommt der alte Wasserturm in den Blick. Zu bewundern war er schon von der anderen Uferseite aus. Im Volksmund wird er Kommode genannt, denn vor einem Rückbau soll er tatsächlich wie eine umgedrehte Kommode ausgesehen haben. Originelle Bezeichnungen halten sich lange.

 

 

Ich halte kurz, um hier nach 5 KM das erste Wasser zu fassen. Ausreichend Verpflegung werden wir bis ins Ziel bekommen, wobei der Abstand der Verpflegungsstellen sich ab KM 30 von 5 auf etwa 2,5 KM verkürzen wird. Neben Wasser, Iso Äpfeln und Bananen wird noch Cola hinzukommen. Vereinzelt sogar Knabergebäck für den Salzhaushalt.

Noch grüßt uns links die Weser, aber nicht mehr lange, denn schon queren wir die Halbinsel zurück in Richtung kleine Weser. Wir verlassen das Wohngebiet und befinden uns direkt unter Bäumen im Grünen. Ein kurzer Anstieg, nicht der Rede wert, und schon ist dieser Abschnitt des Flusses im Blick. An beiden Ufern ist er bis kurz vor Kilometer 10 jetzt unser Begleiter. Erst Richtung Nordwesten, über eine Brücke, dann Richtung Südosten. Hinter der Brücke idyllisch gelegen ein großes Wohngebiet. Der Zuspruch der zahlreichen Zuschauer ist groß. Ansonsten bietet dieser Streckenabschnitt viel Landschaft. Links das Wasser und rechts die Bäume.

An der Verpflegungsstelle sind wir zurück im Wohngebiet. Die Anwohner nehmen großen Anteil am Lauf. Das Schlagzeug ist aufgestellt und flotte Rhythmen treiben uns an. Die Deutschlandfahne mit den Wappen der Bundesländer erinnert an den kommenden Tag der Deutschen Einheit. Wir auf einen kleinen Damm ab, dahinter sind Wiesen, voraus des Ende der kleinen Weser, die hier auch Werdersee heißt. Am Ufer entlang und darüber hinaus führt die Strecke nach Nordosten zurück zur Weser. Im Gegensatz zu den meisten anderen Flüssen hat sie selbst keine Quelle, denn sie entsteht bei Hannoversch Münden aus dem Zusammenfluss von Fulda und Werra. Ist bis hier ein ganz schön großer Fluss draus geworden, so dass sich die Erzeugung von Strom durchaus lohnt. Das Wehr des Wasserkraftwerkes, das wir bis KM 14 queren,  lässt auf viel erneuerbare Energie schließen. Ein Hingucker ist das Bauwerk auch und die Überquerung beschert uns weitere Höhenmeter. Gut, ganz so viele kommen heute nicht zusammen, aber es läppert sich.

 

 

Jedenfalls sind wir zurück auf der rechten Weserseite, die wir bis ins Ziel nicht mehr verlassen werden. Bis KM 21 führt die Strecke jetzt fast ausschließlich nach Norden. Die zahlreichen Wohngebiete bieten viel für’s Auge. Die Straßen sind gesäumt von Bäumen, die Architektur ist gefällig und abwechslungsreich. Die ältesten Gebäude dürften noch aus der Zeit vor dem letzten Krieg stammen. Die Anwohner sind gut aufgelegt und feuern kräftig an. Der Belag der Strecke wechselt zwischen Pflaster und Asphalt. Weitere Abwechslung bietet der botanische Garten, den wir bei der Halbmarathonmarke durchlaufen. Leider nur kurz ist dieser Streckenabschnitt und so verabschieden wir uns schnell von der üppigen Natur, bevor auf dem Weg zurück zur Innenstadt durch weitere Wohngebiete kommen. Schöne Kombination.

Die nächsten Kilometer führen durch den Ortsteil Horn-Lehe und vorbei an der Universität. Meine Beine werden langsam schwer und kurz vor einer kleinen Schleife bei KM 24 muss ich Michaela nach vorne ziehen lassen. Ich sehe sie mit ihrem Shirt mit den Bremer Stadtmusikanten noch eine ganze Weile. Dieses Märchen ist übrigens das einzige der Gebrüder Grimm, das mit einer Ortsbezeichnung versehen ist. Der Märchenforscher Professor Rölleke hatte dazu die Theorie, dass die Familie Haxthausen den Bremern eins auswischen wollte, denn die stolzen Hansestädter hatten es als erste gewagt, ein eigenes Orchester zu unterhalten. Ein Privileg, das seinerzeit dem Adel vorbehalten war. Was vor langer Zeit spöttisch gemeint war, ist heute eine weltweit bekannte Attraktion.

 

 

Unbedingt erwähnt werden müssen die vielen begeisterte Zuschauer, die die Läufer entlang der abwechslungsreichen Strecke motivieren und anfeuern. Ein Eyecatcher ist das muschelförmige Gebäude vom Universum Bremen, einem Mitmach-Museum, in dem Wissenschaft für Groß und Klein verständlich vermittelt wird. Irgendwann werde auch ich die beliebteste Kultureinrichtung der Stadt besuchen. Doch jetzt muss ich aufpassen, denn gerade überholen mich die Pacemaker für 4:45 mit ihrem Pulk. Ich versuche dranzubleiben, aber nicht für lange ….

Ich komme mit Thomas ins Gespräch, dem ich leidlich bis etwa KM 28 folgen kann. Es ist heute seine Marathonpremiere, die einer Thekenlaune entsprungen ist. Dafür hält er sich prächtig, während wir gemeinsam den Bürgerpark queren. Doch dann trennen sich am Torfkanal unsere Wege. Auch er setzt sich langsam nach vorne ab. Da wir den idyllischen Kanal umrunden, hat Michaela noch einmal die Chance, mir zuzuwinken.

Ich bemühe mich, die folgenden Kilometer locker zu laufen, was mir trotz zahlreichem und lautstarkem Zuspruch kaum gelingen will. Zum Glück gibt es auch in Findorff zahlreiche Zuschauer, die mich anfeuern. Dem Moderator gefallen meine bunten Socken, wenigsten etwas. Das Feld ist ziemlich ausgedünnt, als ich kurz vor KM 33 einen toten Seitenarm der Weser erreiche. Am Ufer führt die Strecke kurz entlang in ein Industriegebiet. Hier kommen also meine geliebten Frühstücksflocken her. Bei KM 34 sind wir wieder an der Weser angekommen. Ich grüße die freundlichen Polizisten, die heute zahlreich die Strecke sichern. Ohne sie wäre ein Stadtlauf nicht möglich.

 

 

Wie zur Belohnung öffnet sich der Blick nach Süden. Bis kurz vor KM 39 darf ich jetzt der Weser folgen. Aufgemuntert werde ich von Romy, die bei ihrem ersten Marathon den Blick für ihre Mitläufer nicht verliert. Da komme sogar ich wieder besser ins Laufen und erreiche den Uferbereich an der Innenstadt. Hier wartet bereits Silke, um mich auf die finalen Kilometer zu schicken. An der Verpflegungsstelle gibt es Cola, damit kann ich ja jetzt den Turbo starten. So zumindest der Gedanke.

Ich treffe auf Thomas und bewundere Romy und ihn, wie sie gleichmäßig  laufen, während ich Dampf mache, um dann wieder eine Gehpause einzulegen. Während ich noch am Ufer auf die Heimstätte des 4fachen Deutschen Meisters (und derzeitigen Tabellenzwölften)Werder Bremen zulaufe, sind die Mitläufer oberhalb auf der Straße bereits auf dem Weg zurück zum Ziel am Marktplatz. Sie haben den Durchlauf des Stadions bereits hinter sich, den auch ich schließlich genießen darf. Ausgerufen vom Stadionsprecher kann ich mich selbst auf der großen Leinwand sehen. Die reine Freude ist das nicht.

Außerhalb des Stadions hat man die Möglichkeit, sich für den Endspurt zu stärken. Hinauf zum Osterdeich, die paar Höhenmeter sind schnell geschafft, dann geht es geradewegs in Richtung Innenstadt. Romy und Thomas  sind wieder an meiner Seite. Die Stimmung ist gelöst, denn das Ziel wird greifbar. Kurz vor dem letzten KM noch einmal durch die Unterführung, die wir schon vom Hinweg her kennen.

 

 

Meine Begleiter lassen mich förmlich stehen und so quere ich solo die Passage zur Obernstraße, biege nach rechts ab und habe das Ziel endlich vor Augen. Im Hintergrund grüßt der St. Petri Dom aus dem 11. Jahrhundert. Seine  mächtigen Türme ragen förmlich in den Himmel. Und genau dort fühle ich mich, als ich die Ziellinie passiere. Wieder einmal bin ich gesund angekommen. Ich werde von Silke in Empfang genommen und habe sogar noch die Möglichkeit, Romy und Thomas zu ihren Leistungen zu gratulieren. Ein gelungener Abschluss einer sehr schönen Veranstaltung.

 

 

Impressionen

(Silke Pitz)

 

 

Informationen: Bremen Marathon
Veranstalter-WebsiteE-MailErgebnislisteFotodienst HotelangeboteOnlinewetterGoogle/Routenplaner

 
NEWS MAGAZIN bestellen
Das marathon4you.de Jahrbuch 2024