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Laufberichte

Geballte Olfaktorik bei der Mutter aller Ultras

12.06.10

Der erste Abschnitt ist leicht zu laufen, ist ein schmaler, heller Kiesweg. Dann aber taucht er in einen Waldabschnitt ein und es wird richtig dunkel. Ich bin froh, erstens meine und zweitens genau diese Stirnlampe dabei zu haben. Sie ist sagenhaft hell und leuchtet den Weg phantastisch aus. Etwas schwieriger zu belaufen sind dann die Teile, die über Wurzeln und Kieselsteine führen. Aber wiederum ehrlich und ohne Angabe: ich habe mir das aufgrund einiger Beschreibungen wesentlich dramatischer vorgestellt. Wer nicht nur auf Asphalt läuft, sondern einigermaßen landschaftslauferfahren ist, wird keine Probleme bekommen. Es sei denn, man ist schon so erschöpft, daß nur noch ein Stolpern möglich ist.

Super ist auch, daß gerade die Dämmerung beginnt. Das zunehmende Vogelgezwitscher ist herrlich anzuhören. Wann erlebt man das schon mal derart intensiv? Und dann gibt es tatsächlich einige Helden, die sich die Ohren mit Musik volldröhnen. Keine Frage – ich kann das auch gut haben, aber doch nicht hier! Eine tolle Verpflegungsstelle ist unter einer Brücke plaziert. Die Helfer werden hier nie naß und sicher von vielen anderen darum beneidet. Überhaupt Helfer: Sagenhaft, was die leisten! So lange auf und nie sehe ich mürrische Gesichter. Danke, liebe Schweizer Freunde! Der Läufer freut sich halt immer aufs nächste Happahappa. Km 60 kommt bei 6:59 Std.

Dann, irgendwann, verlassen wir den Wald und den Ho-Chi-Minh-Pfad, denn der Rest des Emmendamms, der für zwei bis drei km schnurgeradeaus weiterführt, hat diese Bezeichnung nicht mehr verdient. Dafür sehen wir jetzt um so besser und lange Geraden sind nichts wirklich Tolles, besonders zu diesem Zeitpunkt.

Ende Emmendamm – Bibern (km 65 – 76)

Nach dem Emmendamm kann ich die Landschaft gut überblicken und leider auch wieder Entfernungen einschätzen. Da muß ich halt jetzt durch, es hilft ja nichts. Schön ist nun, daß immer wieder Brücken zu überqueren sind, die Abwechslung in die Lauferei bringen. Langsam beginne ich, Tempo einzubüßen und fange an, mich auf jede Steigung (= Gehen) zu freuen. Dann muß ich auch den einen oder anderen Meter mal aufs Laufen verzichten und versuche so, wieder Kräfte zu sammeln. Viel kommt aber nicht mehr. Interessant: Müde fühle ich mich noch immer nicht, nur zunehmend saft- und kraftlos. Aber das ist nach über 70 km (8:16 Std) sicher nichts ungewöhnliches.

Es folgt ein langer Anstieg von Gerlafingen bis kurz hinter Bibern, die wir erneut zum Gehen und damit Regenerieren nutzen. Hatte ich vorher noch groß getönt, die Konditorei in Lüterkofen bei km 72 zum Kaffeetrinken und Croissantessen nutzen zu wollen, winke ich am Ort des Geschehens nur noch müde ab. Mann, bin ich ein Schlaffsack. In Bibern befindet sich dann die dritte und letzte Cut off-Stelle, hier muß man um 15.15 Uhr durch sein. Wie auch bei den beiden anderen offiziellen Ausstiegsmöglichkeiten verschwende ich an ein vorzeitiges Ende keinen Gedanken, mental bin ich wirklich top drauf. Nur der Rest halt...

Schön ist, daß selbst zu diesem Zeitpunkt noch Leute auf sind und feiern. Nein, teilen sie auf Nachfrage mit, sie haben nicht geschlafen und sind früh aufgestanden, haben also mit uns durchgehalten. Danke, Freunde. Da sei der eine oder andere dämliche alkoholbedingte Kommentar überhört.

Bibern – Büren (km 76 – 90)

Brutal ist dann der lange Anstieg von Arch, steil und heftig, gerade bei der jetzigen Erschöpfung. Aber: wo ein Anstieg ist, kommt irgendwann ein Scheitelpunkt und der erholsame Abstieg. Ach, Du meine Güte, von wegen erholsam. Meine Oberschenkel quietschen beim Abbremsen und wenn ich versuche es rollen zu lassen, muß ich fürchten, mich zu überschlagen. Also geht es relativ vorsichtig oberschenkelintensiv diese lange, lange Strecke bergab. Km 80 wird nach 9:34 Std. passiert. Ich merke, daß Markus besser drauf ist und schicke ihn an der nächsten Flachpassage bei etwa km 82 vor. Er ziert sich erst etwas, zieht aber dann schnell ab und ist fast sofort aus meinem Blickwinkel verschwunden. Auf diesen letzten 18 km wird er eine gute halbe Stunde herauslaufen. Respekt, mein Lieber!

 
 

Informationen: Bieler Lauftage
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