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Laufberichte

Geballte Olfaktorik bei der Mutter aller Ultras

12.06.10

Jetzt geht es wirklich in die Wallachei. Vermutlich ist es gut und ein Vorteil der Nachtlauferei, daß man kaum nach vorne sehen und das vor einem Liegende nicht einschätzen kann. So wird halt einfach Fuß vor Fuß gesetzt und km für km genommen. Leider verlieren wir Jörg und Heinz an der nächsten Verpflegungsstelle und laufen alleine weiter. Das Verpflegungsangebot ist hervorragend. Niemand muß etwas mitschleppen, völlig überflüssig. Das Sortiment ist von Stelle zu Stelle leicht unterschiedlich, aber reichhaltig und abwechslungsreich. Ich erinnere mich an Wasser, Iso, Pfirsichtee, Bouillon, Cola, Brot, Bananen, Orangen, Äpfel, div. Riegelsorten und Süßigkeiten. Bestimmt habe ich noch etwas vergessen. Wer hier nichts Passendes gefunden hat, dem ist wahrlich nicht zu helfen.

Klasse anzusehen ist das Schwedenfeuer, das an einer Stelle fröhlich vor sich knistert. Auch der erste von zwei unterwegs angekündigten Kontrollposten wird erreicht, unsere Startnummern abgestempelt und schon dürfen wir weiter. Eine gute Sache, die Betrug bestimmt nicht gänzlich verhindern, aber zumindest eindämmen wird. Wobei es mir nach wie vor ewig ein Rätsel bleiben wird, wie man sich an einem „getürkten“ Ergebnis erfreuen kann.

Km 30 passieren wir nach 3:19 Std und sind damit noch immer vergleichsweise schnell. Für einige km finden wir uns mit Jörg nochmals zusammen, aber dann verlieren wir ihn und Heinz an der nächsten unübersichtlichen Tränke leider endgültig. Weiter geht es durch das Limpachtal durch ein Waldgebiet bis Oberramsern.

Oberamsern – Kirchberg (km 38 - 56)

Oberramsern ist nach 38,5 km Marathonziel und zweiter Stafettenwechsel. Hier ist auch die erste „Cut off-Stelle“, wie es so schön neudeutsch heißt. Um 5.15 Uhr muß man hier durch sein; damit sollten, wenn überhaupt, nur reine Wanderer ein Problem haben. Die müssen wenigstens einen knappen 5 km-Schnitt pro Std. hinbekommen, wenn sie in der geforderte Zeit von 21 Std. durchkommen wollen. Einundzwanzig Stunden. Meine Güte!

Gleichzeitig ist hier auch die erste von drei offiziellen Ausstiegsmöglichkeiten, an denen man mit der gelaufenen Strecke gewertet wird. Das ist dann zumindest ein kleines Trostpflaster, falls es nicht bis zum Ende klappen sollte. KM 40 erreichen wir nach 3:19 Std. Es folgt bei km 42 ein langer Anstieg, der alle wieder zu demütigen Wanderern werden läßt. Na prima, gerade den ersten Marathon geschafft und schon wird man den Berg hochgejagt. Interessant ist wirklich das Verschieben der Perspektiven: Ist man beim Marathon nach 42 km oftmals physisch und psychisch am Ende, empfinde ich die 42 km an dieser Stelle der 100 km wirklich nur als Zwischenetappe. Und bin froh darüber, daß es so ist.

Schon lange warte ich darauf, müde zu werden. Und damit ist auch wirklich zu rechnen, den mein Biorhythmus ist um 22 Uhr normalerweise auf Bubu machen eingestellt. Nichts dergleichen erfolgt. Ich laufe konzentriert, bin wach und fühle mich frisch. Sehr sonderbar. Aber das zeigt, wie unterschiedlich Läufer reagieren und vermutlich ist das das bei den Wiederholungstätern auch jedes Jahr unterschiedlich. Schön anzuschauen, nützlich und von den Läufern gerne genutzt sind die zahlreichen Brunnen und Wassertröge, die sich vor etlichen Bauernhäusern befinden und angenehme Kühle spenden. A propos Kühle: Die Temperatur fällt wohl kaum unter 15° und ich werde am Ende die Jacke umsonst mitgeschleppt haben, denn außer ein paar Tröpfchen werden wir vom angedrohten Wolkenbruch glücklicherweise nichts abbekommen.

Bei km 50 feiern wir nach 5:40 Std. Bergfest. Wir sind demnach wahnsinnig schnell. Ich kann das gar nicht richtig einordnen, denn noch fühle ich mich wirklich gut und keinesfalls ausgelaugt. Wahrscheinlich verpflege ich auch vernünftig. Ich trinke an jeder Stelle mindestens drei Becher, fast immer ist einer mit Bouillon (Salz!) dabei und esse auch, am liebsten Banane mit Brot, das rutscht gut. Ich wundere mich auch darüber, daß der Magen keine Zicken macht, denn mitten in der Nacht hat der in der Regel auch nichts zu arbeiten.

Bei km 56 ist die zweite Cut off-Stelle (muß um 10.45 Uhr passiert sein) und zweite offizielle Ausstiegsmöglichkeit. Aussteigen müssen hier auch die Begleitradler, denn die dürfen nicht mit auf den jetzt folgenden Emmendamm.

Emmendamm (km 56 – 65)

Was wurde schon alles über den Damm entlang der Emme, besser als „Ho Chi Minh-Pfad“ seligen Angedenkens an den nordvietnamesischen Revolutionär bekannt, geschrieben. Steinig, schlammig, eng, Zweige hängen herunter, dunkel selbst in der Dämmerung, so wird er beschrieben. Wobei Ho Chi Minh ja „Der die Erleuchtung bringt“ bedeutet, davon ist leider nichts festzustellen. Es ist dunkel wie im Bärenpopo. Die Originalausgabe diente als Straßennetzwerk der logistischen Unterstützung eigener Truppen von Nord- nach Süd-Vietnam, teils über die Gebiete von Laos und Kambodscha. Ich habe mich, ich gebe das ehrlich zu, auf diesen Abschnitt gefreut. Klar, keine Ahnung von nichts, aber so war’s trotzdem. Ungewöhnliches mache ich gerne, auch wenn es schwerfällt.

 
 

Informationen: Bieler Lauftage
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