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Laufberichte

Happy-End für meine Laufschuhe

21.09.08

Nach einer netten, aber langen Autofahrt erreiche ich Karlsruhe und finde schnell das Hotel Rio. Von Insidern empfohlen, liegt es sehr günstig in der Nähe der Europahalle – dem Ort des Geschehens. Ein schneller Ritt mit der Straßenbahn bringt mich zum Veranstaltungsort.

Im Gegensatz zum Rest der Stadt ist es hier lebendig und Dank einer guten Ausschilderung finde ich schnell alles, was mein Läuferherz begehrt. Die Startunterlagen in der Hand, betrachte ich noch ein wenig das Treiben am Vortag des Marathons. Der Nachwuchs erstürmt gerade das Läuferparkett, stolze Eltern schicken ihre Bambini auf die Strecke und ich denke mit Erfurcht an meinen morgigen Start. Etwas ruhebedürftig schaue ich mir noch eine Weile die Stadt an.

Die Karlsruher haben sich etwas einfallen lassen: Unter dem Titel „Culinaritäten zum Baden-Marathon“ beteiligen sich einige Gaststätten an einer außergewöhnlichen Pasta-Party. Für 5 € bekommt jeder Läufer einen Teller leckere Nudeln und ein Getränk in netter Restaurantatmosphäre. Sonst eher ein Fan von Pasta-Partys im Marathonzelt, bei denen man schnell ins Gespräch mit anderen Teilnehmern kommt, genieße ich heute die Ruhe. Mir gegenüber setzt sich ein freundlicher älterer Mitläufer und wir leisten uns eine Weile Gesellschaft. Er hat wenig trainiert und Knieprobleme, aber trotzdem will er sich den Lauf nicht nehmen lassen und nimmt es in Kauf, unter Schmerzen zu laufen. Ich wünsche ihm alles Gute, denke dabei an Klaus und hoffe, dass er bald wieder laufend unterwegs sein wird. Aber bitte ohne Schmerzen!

Informationen: Baden-Marathon
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Vor dem Start

Gut ausgeschlafen mache ich mich auf den Weg zur Europahalle, gebe mein Gepäck in einer Schule direkt am Gelände ab und begebe mich in meinen Startblock. Gestartet wird von zwei Seiten entlang der Hermann-Veith-Straße. Links die Schnellen, halbwegs Schnellen und gemütlich Schnellen um 9:00 Uhr, rechts die gemütlichen Genießer, Power-Walker und diejenigen, die zum ersten Mal einen Marathon laufen um 9:10 Uhr.

Die ersten 10 Kilometer

Pünktlich um 9:00 Uhr geht es also los. Die Masse bewegt sich auf großen Straßen in den Südosten von Karlsruhe. Auf der Durlacher Allee zieht das Läuferfeld über Brücken an Bahnschienen und der Autobahn vorbei. Nach acht Kilometern wird die Strecke etwas spannender, Zuschauer singen, klatschen und freuen sich. Hier in Durlach heißt man die Läufer willkommen. Eine schöne Überraschung: Renate, die ich vor einigen Wochen beim Monschau-Marathon bei eisigem Wind kennen gelernt habe, läuft mir über den Weg. Heute ist es alles andere als kalt. Ideales Laufwetter. Die Sonne zeigt sich immer wieder, es sind etwa 17 Grad und kein böser Wind hält auf. Hinaus geht’s durch den Oberwald in Richtung Rüppurr.

Kilometer 10 bis 20

Zunächst bleibt es eine Weile schön grün. Allerdings werden die Wege plötzlich wieder sehr eng. Das Teilnehmerfeld hat sich noch immer nicht auseinander gezogen, so dass ich aufpassen muss, niemanden in die Fersen zu hüpfen. In Rüppurr angekommen, hat jeder wieder Platz und kann die Stimmung genießen. Ein Laufvirus begleitet mich ein Stück meines Weges. Fröhlich und toll bemalt läuft eine mutige, nahezu nackte Läuferin an mir vorbei. Bodypainting gehört schon seit einigen Jahren zum Baden-Marathon. Neben mir brummelt ein humorloser Läufer: „Da bin ja froh, dass ich ein T-Shirt tragen darf.“ Was für eine arme Reaktion für soviel Witz und Mut. Später unterhalte ich mich mit dem Virus, sie macht das schon ein paar Jahren, wurde als Mitglied im FKK-Verein angesprochen und hat großen Spaß daran. Nur die Farbe geht beim Duschen etwas beschwerlich runter.

Trommler, Hausbands, ein inbrünstig singender Sambasänger und ein einsamer Bassgeiger bieten einiges an Abwechslung auf diesem Streckenteil. Mir tut mein linker Fuß weh und mein Schuh macht merkwürdige Geräusche. Was soll das denn? Sehr befremdlich!

Kilometer 20 bis 30

Jetzt muss ich wirklich nachdenken. Gab es hier bei der Halbmarathonweiche nicht eine Möglichkeit auszusteigen? Sich einfach so aus dem Staub zu machen? Mit Wertung? Also Quasi ohne Schmach? Fatale Versuchung für eine müde, alte Läuferin mit neuerdings Fußschmerzen. Und sagte ich nicht gestern beim Nudelessen zu meinem Tischnachbarn, dass es mir echt zu blöd wäre, unter Schmerzen zu laufen? Hm, ich muss mal ganz scharf überlegen… Mitten in meinen doch so verlockenden Gedanken sehe ich einen alten Bekannten am Wegesrand stehen. Stephan ist seinen ersten Halbmarathon gelaufen  - in einer tollen Zeit von 1:41. Glückwunsch! Schade, ich würde gerne noch kurz plaudern, aber ich muss weiter. Marathonlaufen! Also weg mit den unnützen Fluchtgedanken. Der Fuß tut auch schon nicht mehr weh. Es ist wohl auch nicht der Fuß, sondern der Schuh, der herumzickt. quietscht und jammert!

Nach der Weiche und dem Wegfall der Halbmarathonis wird es ein wenig ruhiger auf der Strecke – und schöner! Auch ergeben sich nun viele Gespräche. Joachim läuft um mich herum und erzählt: zum 20. Mal ist er nun schon beim Baden-Marathon, ein Handtuch hat er als Belohnung dafür bekommen. Ein Vielläufer. So insgesamt ist ihm die Zielzeit ja völlig egal – Hauptsache: es steht eine 3 vor den ganzen anderen Minuten. Wenn wir so weiterlaufen, meint er, kommen wir mit 3:50 ins Ziel. Da kennt er meinen Kilometer 32 nicht! Nee, da mach ich nicht mit. Wir sind gerade bei Kilometer 26 und ich genieße jetzt erstmal die Gegend.

Immer wieder geht’s durch kleine Parkanlagen, dann wieder durch Siedlungen, die nicht hübsch sind, aber durch die Showeinlagen der Bewohner zu unverhofftem Glanz kommen.

Kilometer 30 bis 40

Mein linker Schuh macht mir inzwischen etwas Sorgen, das Quietschen wird inzwischen von einem Schleifen begleitet. Irgendetwas droht abzufallen. Inzwischen ist die Sonne richtig herausgekommen und mir ist es fast schon zu warm. An einer Verpflegungsstelle im Schatten tanke ich ordentlich Wasser nach, schmeiße ein Stück Schuhsohle in den Mülleimer und warte geduldig auf meinen 32. Kilometer. Der fühlt sich meist an, als wäre er dreimal so lang. Der Puls schnellt in die Höhe, mein Gesicht brennt, der Kopf ist wie leergefegt, die Beine werden schwer. Das ganze dauert ungefähr vier Minuten und dann läuft’s wieder. Puls und Temperatur wieder runter, die Beine nehmen wieder ihre Arbeit auf, nur das mit dem leeren Kopf hält sich noch bis zum Ziel.

Herrlich bescheuert laufe ich also weiter. Meine Lieblingskilometer. Sorgenfreie Kilometer. Nichts und niemand kann mich ärgern. Hier in Karlsruhe schmückt das riesige Schloss meinen unbeschwerten Zustand. Die Läufer kreiseln durch den Schlosspark. Links am Schloss vorbei, dann rechts, dann wieder links, noch eine Schleife und noch eine Acht, dann wieder rechts... Karlsruhe muss ja zeigen, welch schöne Seiten es hat, also hält man sich hier halt ein wenig länger auf. Mich wundert´s, dass man nicht auch noch durch das Schloss hindurch läuft, aber ich befinde mich ja, wie erwähnt, im Zustand geistiger Umnachtung. Möglicherweise bin ich ja auch einmal zuviel herumgelaufen. Dem Drehwurm entkommen, ziehe ich quietschend durch die Fußgängerzone, am Kongresszentrum und dem Zoo vorbei und durch die Beiertheimer Allee wieder zum Ausgangsort zurück.

Das Ziel

Das Gelände rund um die Europahalle nimmt mich herzlich auf, Musik spielt, Zuschauer freuen sich, der Ansager tut was er kann, um möglichst viele namentlich zu erwähnen, lachende, wohlwollende Gesichter auf Seiten der Zuschauer, freudestrahlende Finisher, die sich in den Armen liegen, kaputte Finisher, die am Boden liegen – geschafft!

Geschafft haben es glücklicherweise auch meine treuen Laufschuhe. Quietschend haben sie Karlsruhe platt gemacht und das knochenharte Pflaster zu ihrem Freund gemacht. Wir haben einiges gemeinsam überstanden, heftige Steigungen und gemeines Geröll. Nun haben sie ihr Happy-End verdient.

Fazit

Der Baden-Marathon ist bestens organisiert, alles ist auf kurzen Wegen leicht zu finden. Die Verpflegung auf der Strecke ist vielseitig und wird von Anwohnern mit Kuchen, Brezeln und Schokolade getoppt. Sanitäter gibt es an jeder Ecke, ausgestattet mit Defibrilatoren sind sie auf alles vorbereitet.

Am Anfang wird man etwas aufgehalten durch das volle Läuferfeld, allerdings ist die Strecke bis zum Schluss sehr gut gefüllt und auch die langsamsten Läufer fühlen sich am Ende nicht alleine gelassen. Durch die verschiedenen Staffelläufer bleibt die Strecke auch nach dem Abbiegen der Halbmarathonis belebt.

Im Ziel wird man überschüttet mit Glückwünschen und freundliche Helfer bieten Tee, Brühe, Joghurt, Kuchen, Rosinenbrot, Äpfel, Bier und vieles mehr an.

Karlsruhe hat vermutlich alles an vorhandenen Grünflächen für den Marathon bereitgestellt. Es gibt Begeisterung, viel warmherzige Anfeuerung und jede Menge Kreativität dabei, aber manchmal (vor allem in Bereichen, wo man es bei einem Stadtmarathon erwartet, wie z.B. in der Fußgängerzone) würde man sich auch wünschen, dass die Karlsruher etwas mehr hinter ihrem Marathon stehen, anstatt ihn zu ignorieren.

Sieger Marathon

Männer

1  Kimwole, Ben (KEN)  02:14:16 
2  Loywapet, Samson (KEN)     02:15:45 
3  Mutai, David (KEN)      02:21:24 

Frauen

1  Cherop, Irene (KEN)  02:35:56 
2  Chepkonga, Phylis Chelagat (KEN) 02:50:19 
3  Rauschenberg, Eve (DEU) 02:57:56 

Sieger Halbmarathon

Männer

1  Ngolepus, Charles (KEN)  01:02:48
2  Sauter, Tobias (DEU)    TSV Eltingen 01:05:47 
3  Lindner, Benjamin (DEU)    SG Spergau 0 01:06:51

Frauen 

1  Schleifer, Christine (DEU)    Tri-Team Heuchelberg  01:14:53
2  Maissenbacher, Simone (DEU)    LSG Karlsruhe  01:15:35 
3  Breitschmid, Jenny (CHE)    Goldwurst-Power 0 01:17:13

 

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